JudikaturBVwG

W260 2281207-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
EU-Recht
17. Dezember 2024

Spruch

W260 2281207-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Michael HEINDL und Alexander WIRTH als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , VSNR. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Jägerstraße vom 31.10.2023, betreffend Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 25.10.2023 mangels Zuständigkeit gemäß §§ 44 und 46 AlVG und Art. 1 lit. f iVm Art. 65 Abs. 2 der EG-VO Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit idgF, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.11.2024, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 25.10.2023 stellte XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer), Staatsangehöriger der Slowakei, beim Arbeitsmarktservice Wien Jägerstraße (im Folgenden: AMS) einen Antrag auf Arbeitslosengeld.

2. Am 31.10.2023 gab er einen ausgefüllten Fragebogen „Fragen zur Zuständigkeit des AMS“ bei der belangten Behörde ab.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31.10.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 25.10.2023 gemäß § 44 AlVG und gemäß Art 65 Abs. 2, 3 und 5 der VO EG Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit mangels Zuständigkeit des AMS zurückgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer während seiner letzten Beschäftigung bei der Firma Bauunternehmen XXXX mindestens einmal wöchentlich in seinen Heimatstaat Slowakei zurückgekehrt sei. Die Ermittlungen hätten weiters ergeben, dass sich seine Familie in der Slowakei aufhalte. Da er zudem nur einen Nebenwohnsitz in Wien habe wäre er als „echter Grenzgänger“ anzusehen und sei daher die Slowakei für die Leistungsgewährung zuständig.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.11.2023 fristgerecht Beschwerde. Begründend führte er aus, dass er seit zehn Jahren in Österreich arbeite. Er würde die meiste Zeit in der XXXX verbringen. Da seine Frau beruflich flexibler sei, könne sie öfter in Wien bleiben als er in der Slowakei. Alle seine Interessen würden in Österreich liegen. Er würde hier Zölle, Steuern und Versicherungen zahlen. Er hätte eine Lebensversicherung, eine Unfallversicherung, einen Kredit und einen Hausarzt in Österreich. Er würde kaum in der Slowakei bleiben. Er hätte die Pendler-Flatrate nie genutzt, da er selten in die Slowakei fahre. Er hätte sich einmal um eine staatliche Wohnung beworben, wäre aber abgelehnt worden, da sein Einkommen zu hoch wäre. Deshalb würde er immer noch bei seiner Tante leben, wo ihn seine Frau und seine Tochter besuchen. Er wäre bereits in der Vergangenheit beim Arbeitsamt gemeldet gewesen, wo ihm auch eine Leistung gewährt worden wäre. Er hätte immer versucht, so schnell wie möglich einen Job zu finden. Der Beschwerdeführer würde hauptsächlich in Österreich einen Job suchen und beabsichtige, hier weiterzuarbeiten.

5. Der Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 14.11.2023 durch die belangte Behörde elektronisch übermittelt und gab die belangte Behörde eine ausführliche Stellungnahme ab.

6. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.03.2024 das Vorlageschreiben der belangten Behörden vom 14.11.2023 zum Parteiengehör und stellte dem Beschwerdeführer frei, innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme zum Beschwerdevorlageschreiben der belangten Behörde einzubringen.

7. Der Beschwerdeführer gab innerhalb der Frist und bis dato keine Stellungnahme ab.

8. Am 12.11.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers durchgeführt, der unentschuldigt nicht erschienen ist. Die Ladung vom wurde durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt und binnen dieser Frist nicht vom Beschwerdeführer behoben.

9. Der Beschwerdeführer teilte dem BVwG telefonisch am 14.11.2024 mit, dass er die Ladung erst jetzt behoben hätte. Er würde nun für eine tschechische Firma arbeiten, in der Slowakei leben und hätte einen gebrochenen Fuß. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert die telefonisch gemachten Angaben schriftlich dem Gericht zu übermitteln (vgl. Aktenvermerk 9Z).

10. Beim Bundesverwaltungsgericht langten bis zur Abfertigung dieses Erkenntnisses keine Unterlagen des Beschwerdeführers ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist slowakischer Staatsangehöriger und stellte beim AMS am 25.10.2023 einen Antrag auf Arbeitslosengeld.

Der Beschwerdeführer war von 13.01.2014 bis 31.10.2015 erstmals in Österreich vollversicherungspflichtig beschäftigt.

In weiterer Folge stand er von 01.11.2015 bis 09.02.2016, von 10.02.2016 bis 21.03.2016, von 26.03.2018 bis 13.12.2018, von 18.03.2019 bis 22.03.2019, von 13.05.2019 bis 12.09.2019, von 14.10.2019 bis 10.03.2023 und von 03.04.2023 bis 01.06.2023 in vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnissen in Österreich.

Vor seiner gegenständlichen Antragstellung auf Arbeitslosengeld vom 25.10.2023 stand der Beschwerdeführer in Österreich zuletzt in der Zeit von 19.06.2023 bis 24.10.2023 beim Dienstgeber Bauunternehmen XXXX in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis.

Der Beschwerdeführer ist seit 09.01.2014 bis laufend an der Adresse XXXX nebenwohnsitzgemeldet.

Als Unterkunftgeber an dieser Adresse scheint XXXX auf. Es handelt sich bei dieser Adresse um eine Wohnung in der Größe von 50m², in welcher der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Tante in einer Wohngemeinschaft lebt. Es handelt sich um eine Hauptmietwohnung.

Der Beschwerdeführer hat seinen Hauptwohnsitz in XXXX , Slowakei.

Die Ehefrau und die achtjährige Tochter des Beschwerdeführers leben an dieser Adresse in der Slowakei.

Die Distanz zwischen der Meldeadresse des Beschwerdeführers in Österreich zu der Adresse in der Slowakei, an der er seinen Hauptwohnsitz hat und an der seine Ehefrau und seine Tochter leben, beträgt ca. 112 Kilometer (über die A4, schnellste Route) und die Fahrtzeit mit dem Auto beträgt ungefähr 1 Stunden und 22 Minuten. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln beträgt die Fahrzeit je nach gewähltem Verkehrsmittel und nach Tageszeit ca. 2 Stunden und 49 Minuten bis ca. 3 Stunden und 13 Minuten.

Der Beschwerdeführer übt in Österreich keine ehrenamtliche unbezahlte Tätigkeit bei sozialen, kulturellen oder sonstigen gemeinnützigen Trägern aus.

Der Beschwerdeführer ist im Zeitraum seiner letzten Beschäftigung in Österreich von 19.06.2023 bis 24.10.2023 wöchentlich in die Slowakei gefahren.

Es wird festgestellt, dass der Lebensmittelpunkt und das Hauptinteresse des Beschwerdeführers im Zeitraum 19.06.2023 bis 24.10.2023 in der Slowakei gelegen sind.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld sowie aus einem ZMR-Auszug.

Die Feststellungen zur Arbeitslosmeldung ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Antragstellung auf Arbeitslosengeld.

Die Beschäftigungen des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus einem Sozialversicherungsdatenauszug vom 14.11.2023.

Die Beschäftigung des Beschwerdeführers in Österreich ist im eingeholten Sozialversicherungsauszug dokumentiert.

Die Meldeverhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus der Abfrage aus dem zentralen Melderegister.

Die weiteren Feststellungen zur Wohnung in der XXXX ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Fragebogen „Fragen zur Zuständigkeit des AMS“ vom 31.10.2023.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Hauptwohnsitz in der Slowakei hat, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben, insbesondere auch aus seinen eigenen Angaben im Fragebogen „Fragen zur Zuständigkeit des AMS“ vom 31.10.2023.

Die Feststellung zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers erfolgt aufgrund des unbedenklichen Akteninhalts und seiner Angaben im Fragebogen „Fragen zur Zuständigkeit des AMS“ vom 31.10.2023.

Die Feststellung zur Distanz sowie zur Fahrtzeit vom Nebenwohnsitz des Beschwerdeführers in Österreich zu seinem Hauptwohnsitz in der Slowakei ergeben sich aus einer Zusammenschau der Angaben des Beschwerdeführers im Fragebogen „Fragen zur Zuständigkeit des AMS“ vom 31.10.2023 mit einer Recherche auf Google Maps.

2.2. Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren keine Unterlagen vorgelegt, die darauf hindeuten würden, dass er sich regelmäßig an den Wochenenden in Österreich aufgehalten hätte.

Eigenen Angaben zufolge übte er beispielsweise keine ehrenamtlichen Tätigkeiten bei sozialen, kulturellen oder sonstigen gemeinnützigen Trägern aus (Freiwillige Feuerwehr, Rettungsorganisationen, Musikverein, Sportverein etc.) bzw. machte auch keine sonstigen Angaben, die etwa – über die Arbeit hinaus – auf allfällige private Anknüpfungspunkte in Österreich hindeuten könnten.

Der Beschwerdeführer führte lediglich aus, dass sein Lebensmittelpunkt in Österreich liege, da er hier überwiegend wohne und mehrheitlich arbeite. Neben der Beschäftigung und dem – bedingt durch die Entfernung zum eigentlichen Wohnsitz – Wohnen an Arbeitstagen in Österreich konnte der Beschwerdeführer jedoch keine Nahebeziehung zu Österreich anführen.

2.3. Zur Feststellung, wonach der Beschwerdeführer im Zeitraum seiner letzten Beschäftigung in Österreich von 19.06.2023 bis 24.10.2023 wöchentlich in die Slowakei gefahren ist, ist beweiswürdigend wie folgt auszuführen:

Im Formular „Fragen zur Zuständigkeit des AMS“ vom 31.10.2023 hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er während seiner letzten Beschäftigung wöchentlich („zu wochenende“) in die Slowakei zurückgekehrt sei.

In der Beschwerde bestritt er dies insofern, als er ausführte, dass er seit zehn Jahren in Österreich arbeiten und die meiste Zeit in der XXXX verbringen würde. Da seine Frau beruflich flexibler sei, könne sie öfter in Wien bleiben als er in der Slowakei. Alle seine Interessen würden in Österreich liegen. Er würde hier Zölle, Steuern und Versicherungen zahlen. Er hätte eine Lebensversicherung, eine Unfallversicherung, einen Kredit und einen Hausarzt in Österreich. Er würde kaum in der Slowakei bleiben. Er hätte die Pendler-Flatrate nie genutzt, da er selten in die Slowakei fahre. Er hätte sich einmal um eine staatliche Wohnung beworben, wäre aber abgelehnt worden, da sein Einkommen zu hoch wäre. Deshalb würde er immer noch bei seiner Tante leben, wo ihn seine Frau und seine Tochter besuchen.

In diesem Zusammenhang ist beweiswürdigend auf die ständige Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach die Erstaussage die Vermutung für sich hat, dass sie der Wahrheit am nächsten kommt (VwGH vom 04.09.1986, 86/16/0080, zuletzt VwGH vom 09.09.2004, 2001/15/0086).

Die belangte Behörde hat in ihrem Vorlageschreiben zu Recht ausgeführt, dass es auch im Fall des temporären Aufenthalts in Österreich während der Arbeitswoche als naheliegend erscheine, dass der Beschwerdeführer bei Bedarf Ärzte an seinem Arbeitsort in Österreich aufsuche statt am Wochenende Ärzte in der Slowakei zu konsultieren (sofern solche, abgesehen von Notfällen, an Wochenenden überhaupt zur Verfügung stehen würden).

Dem Beschwerdeführer wurde dieses Schreiben im Rahmen des Parteiengehörs bereits am 14.03.2024 und hat sich der Beschwerdeführer dazu nicht geäußert.

Es wäre am Beschwerdeführer gelegen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht dem entgegenzutreten, was er jedoch nicht getan hat.

In einer Gesamtschau der dargelegten beweiswürdigenden Erwägungen konnte sohin dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er seltener als einmal pro Woche in die Slowakei gefahren sei, nicht gefolgt werden und war von einer wöchentlichen Rückkehr des Beschwerdeführers in die Slowakei im Zeitraum seiner letzten Beschäftigung in Österreich auszugehen.

Die Feststellung, wonach der Lebensmittelpunkt und das Hauptinteresse des Beschwerdeführers im Zeitraum 19.06.2023 bis 24.10.2023 in der Slowakei gelegen sind, stützt sich auf eine Gesamtbetrachtung der im gegenständlichen Erkenntnis getroffenen Feststellungen und ist dazu überdies auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung zu verweisen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:

"ARTIKEL III Verfahren

Zuständigkeit

§ 44. (1) Die Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (in den übrigen Bestimmungen „regionale Geschäftsstellen“ genannt) und der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (in den übrigen Bestimmungen „Landesgeschäftsstellen“ genannt) richtet sich

1. soweit Rechte und Pflichten des Arbeitgebers betroffen sind, nach dem Sitz des Betriebes;

2. soweit Rechte und Pflichten der arbeitslosen, beschäftigten oder karenzierten Person betroffen sind, nach deren Wohnsitz, mangels eines solchen nach deren gewöhnlichem Aufenthaltsort; nach Beendigung des Bezuges einer Leistung nach diesem Bundesgesetz bleibt die bisherige Zuständigkeit auch bei Wechsel des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltsortes, insbesondere betreffend den Widerruf oder auch die Rückforderung von Leistungen, so lange aufrecht, bis ein neuer Anspruch geltend gemacht wird. …

Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld

§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind. … “

Artikel 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 24.09.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. (EG) L 166, enthält folgende Definition:

"Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck 'Grenzgänger' eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den sie in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückkehrt;"

Artikel 65 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 24.09.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. (EG) L 166, lautet auszugsweise wie folgt:

"Arbeitslose, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt haben

(1) […]

(2) Eine vollarbeitslose Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat und weiterhin in diesem Mitgliedstaat wohnt oder in ihn zurückkehrt, muss sich der Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats zur Verfügung stellen. Unbeschadet des Artikels 64 kann sich eine vollarbeitslose Person zusätzlich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, in dem sie zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.

Ein Arbeitsloser, der kein Grenzgänger ist und nicht in seinen Wohnmitgliedstaat zurückkehrt, muss sich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten haben.

(3) Der in Absatz 2 Satz 1 genannte Arbeitslose muss sich bei der zuständigen Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats als Arbeitsuchender melden, sich dem dortigen Kontrollverfahren unterwerfen und die Voraussetzungen der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats erfüllen.

(4) […]

(5) a) Der in Absatz 2 Sätze 1 und 2 genannte Arbeitslose erhält Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, als ob diese Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gegolten hätten. Diese Leistungen werden von dem Träger des Wohnorts gewährt.

b) Jedoch erhält ein Arbeitnehmer, der kein Grenzgänger war und dem zulasten des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten haben, Leistungen gewährt wurden, bei seiner Rückkehr in den Wohnmitgliedstaat zunächst Leistungen nach Artikel 64; der Bezug von Leistungen nach Buchstabe a ist während des Bezugs von Leistungen nach den Rechtsvorschriften, die zuletzt für ihn gegolten haben, ausgesetzt."

3.3. Strittig ist im Beschwerdefall, ob die belangte Behörde zur Beurteilung des Arbeitslosengeldanspruchs des Beschwerdeführers zuständig ist.

Gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a der Verordnung (EG) 883/2004 unterliegt eine Person (grundsätzlich) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, in dem sie eine Beschäftigung ausübt (lex loci laboris). Der für Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständige Mitgliedstaat ist somit der Mitgliedstaat, in dem zuletzt eine Beschäftigung ausgeübt worden ist, sodass grundsätzlich dieser Mitgliedstaat diese Leistungen zu gewähren hat (vgl. die zu Art. 13 Abs. 2 lit. a der Verordnung Nr. 1408/71 ergangenen Urteile des EuGH vom 7. März 1985, Rs 145/84, Cochet, Rn 14, vom 13. März 1997, Rs C-131/95, Huijbrechts, Rn 24 bis 26, und vom 6. November 2003, C- 311/01, Königreich Niederlande; vgl. grundsätzlich zur Ermittlung der Zuständigkeit nach der neuen Rechtslage Vießmann, Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten gemäß Verordnung (EG) Nr. 883/2004 im Fall der Vollarbeitslosigkeit de lege lata - neuere Entwicklungen, ZESAR 2015, S 149ff, 200ff).

Allerdings sieht die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 u. a. für Arbeitslose, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat (in einem anderen als dem Beschäftigungsmitgliedstaat) gewohnt haben, Ausnahmen von diesem Grundsatz vor. So unterliegt eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaates (iSd Art. 65 Abs. 2 iVm Art. 1 lit. r und s der Verordnung (EG) Nr. 883/2004) Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Art. 65 der Verordnung (EG) 883/2004 erhält, gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. c der Verordnung (EG) 883/2004 den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates (lex domicilii). Personen im letztgenannten Sinnzusammenhang sind echte Grenzgänger, die jeweils während ihrer letzten Beschäftigung in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt haben.

Gemäß Art. 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ist ein echter Grenzgänger eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den sie in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückgekehrt. Art. 1 lit. j leg. cit. definiert den "Wohnort" als den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes einer Person.

Eine Person, die in einem Mitgliedstaat ein Beschäftigung ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den sie nicht mindestens einmal wöchentlich zurückkehrt, wird in der Terminologie des Art. 65 der Verordnung 883/2004 dagegen als „kein Grenzgänger“, „unechter Grenzgänger“ oder „Nicht-Grenzgänger“ bezeichnet (vgl. VwGH 06.05.2020, Ro 2018/08/0015).

Voraussetzung für den in Art. 65 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 vorgesehenen Statutenwechsel ist, dass der Ort der letzten Beschäftigung und der Wohnort der (voll)arbeitslosen Person auseinanderfallen. Als Wohnort gilt nach der Definition des Art. 1 lit. j der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person. Dieser ist nach der Rechtsprechung des EuGH dadurch gekennzeichnet, dass es sich um den Ort handelt, in dem sich der gewöhnliche Mittelpunkt der Interessen der betreffenden Person befindet. Ein Indiz zur Feststellung dieses Ortes ist etwa der Wohnort der Familie (vergleiche das Urteil des EuGH vom 17.02.1977, Rs 76/76, Di Paolo, Rn 17 und 20 sowie Felten in Spiegel [Hrsg], Kommentar zum Zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrecht, Art. 65 VO 883/2004, Rz 7 [2013]). Neben den familiären Verhältnissen sind, um festzustellen, ob ein Mitgliedstaat der Wohnstaat eines Arbeitnehmers ist, obwohl dieser in einem anderen Mitgliedstaat im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist, die Dauer und Kontinuität des Wohnorts bis zur Abwanderung des Arbeitnehmers, die Dauer der Abwesenheit - unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände jedes Einzelfalls - und deren Zweck, die Art der in dem anderen Mitgliedstaat aufgenommenen Beschäftigung sowie die Absicht des Arbeitnehmers, wie sie sich aus den gesamten Umständen ergibt, zu berücksichtigen (vergleiche die Urteile des EuGH vom 13.11.1990, Rs C-216/89, Reibold, und vom 11.11.2004, Rs C-372/02, Adanez-Vega, Rn 37 sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.06.2009, Zl. 2009/08/0066, und vom 22.02.2012, Zl. 2009/08/0293).

3.4. Im gegenständlichen Fall stand der Beschwerdeführer vor seiner gegenständlichen Antragstellung auf Arbeitslosengeld vom 25.10.2023 in Österreich zuletzt in der Zeit von 19.06.2023 bis 24.10.2023 beim Dienstgeber Bauunternehmen XXXX in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis.

Wie festgestellt, hatte der Beschwerdeführer aufgrund seiner Wohnverhältnisse und seiner Familiensituation seinen Lebensmittelpunkt in der Slowakei und war das Hauptinteresse des Beschwerdeführers in der Slowakei gelegen.

Im Lichte der o.a. Literatur folgt für den gegenständlichen Fall daraus, dass der Beschwerdeführer – trotz seines beruflichen Naheverhältnisses zu Österreich – seinen Lebensmittelpunkt in der Slowakei hatte; dies insbesondere aufgrund der dortigen Anwesenheit seiner Ehefrau und seiner Tochter und da der Beschwerdeführer in der Slowakei seinen Hauptwohnsitz hat.

Es liegen keine begründeten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich über persönliche oder soziale Bindungen verfügt, die über jene zu seinem Wohnort in der Slowakei, wo seine Familienangehörigen leben, hinausgehen. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich nicht mitgewirkt.

Die Lebensinteressen des Beschwerdeführers in der Slowakei überwiegen sohin seine Arbeitsinteressen in Österreich. Wohnort und Ort der letzten Beschäftigung vor der Antragstellung fallen somit fallgegenständlich auseinander.

Wie festgestellt, ist der Beschwerdeführer im Zeitraum seiner letzten Beschäftigung in Österreich von 19.06.2023 bis 24.10.2023 wöchentlich in die Slowakei zurückgekehrt. Er ist daher als „echter Grenzgänger“ anzusehen.

Die Zuständigkeit des AMS betreffend den Antrag des Beschwerdeführers auf Arbeitslosengeld vom 25.10.2023 ist daher nicht gegeben.

3.5. In diesem Beschwerdeverfahren gilt es hervorzuheben, dass im Verfahren auf Zuerkennung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bei Umständen, die der persönlichen Sphäre des Arbeitslosen zuzurechnen sind, eine spezifische Mitwirkungspflicht der Partei besteht, weil die genaue Kenntnis dieser Umstände der Behörde ohne Mitwirkung der Partei naturgemäß verschlossen bleibt (VwGH 21.12.2011, 2008/08/0196, mHa VwGH 20.10.1992, 92/08/0019, 19.01.2011, 2008/08/0020, und 25.05.2011, 2008/08/0236).

Dieser Mitwirkungspflicht ist der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht nachgekommen.

Er äußerte sich nicht zu dem im Rahmen des Parteiengehörs übermittelten Vorlagebericht der belangten Behörde, ist nicht zur mündlichen Verhandlung am 12.11.2024 erschienen und hat entgegen seiner telefonischen Zusage vom 14.11.2024 entsprechende Unterlagen vorzulegen, keine Beweismittel vorgelegt. Eine Krankmeldung wegen des angegebenen gebrochenen Fußes wurde ebenso nicht vorgelegt.

3.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Der Ausspruch der Unzulässigkeit der Revision beruht auf dem Umstand, dass anhand der ständigen Rechtsprechung zu Grenzgängern im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Einzelfallfragen insbesondere zu den Themen Wohnort und Lebensmittelpunkt in Bezug auf klare gesetzliche Bestimmungen zu klären waren. Es handelte sich um eine Frage der Beweiswürdigung im Einzelfall.