Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margit MÖSLINGER-GEHMAYR als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 28.08.2024, OB: XXXX , betreffend Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Frau XXXX , geboren am XXXX , (in der Folge: BF) beantragte am 06.12.2023 die Ausstellung eines Behindertenpasses. Im dazu eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 24.02.2024 führte die beauftragte Sachverständige, DDr.in XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, nach einer persönlichen Untersuchung der BF am 21.02.2024 Nachfolgendes aus: „…………..
Anamnese: Lumbago therapieresistente Epicondylitis links Kopfschmerzen ISG Arthralgie bds Dm Typ ll insulinpfl., seit 8 Jahren bekannt, insulinpflichtig seit 5 Jahren Asthma bronchiale Art. Hypertonie
Derzeitige Beschwerden:
‚Die meisten Beschwerden habe ich im Bereich der Lendenwirbelsäule und Kniegelenke, vor allem links. Es ist eine ASK im linken Kniegelenk geplant. Schmerzen habe ich im linken Ellbogen und linken Sprunggelenk, eine Verletzung hatte ich nicht.
Mache derzeit Physiotherapie. Mit dem Zucker bin ich nicht gut eingestellt. Kann den Ramadan nicht einhalten, war schon 2 x mit dem Krankenwagen im KH deswegen. Kur oder Rehabilitation hatte ich noch nicht. Hergekommen bin ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln.‘
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel: Medikamente: Victoza 6mg/ml Fpen 3mi,1,8mg/tgl Amlodipin/vals +Ph 5/80 30ST 1-0-
0-0, täglich Atorvastatin 1a 40mg 30ST 0-0-1-0, täglich Legalon 140mg 30ST Synjardy
12,5/ 850mg 60ST 1-0-1-0, täglich Lipcor 200mg 30ST 0-0-1 -0, täglich Pantoprazol +Ph
40mg 30ST 1-0-0-0, täglich Magnosolv Gran 6,1g 30ST 1x1 Seractil Ftbl 400mg bei
Bedarf Voltaren Emulgel-Gel 40G Concor Cor 1,25mg 20ST 1-0-0-0, täglich Oleovit D3 Tr 12,5ML 1 x Woche 40gtt
Allergie: 0, Nikotin: gel., Hilfsmittel: 0, Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX , 1100
Sozialanamnese: Geschieden, 4 Kinder, lebt mit Kind in Wohnung im 1.Stwk Berufsanamnese: Rechtsanwältin im Irak bis 2008 bis 2015, seither 2016 nicht berufstätig
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Ambulanzbesuch Neurologie NOT 26.11.2023 (Anamnese: rel. Sprachbarriere (Arabisch) von Interne zugewiesen in der Nacht bereits ho bei Kopfschmerzen vorstellig gewesen gestern in der Früh nach dem Aufstehen Kopfschmerz (holocephal, frontalbetont NRS bis 7-8/10 drückend, kein Donnerschlagcharakter), begleitend leichter Schwindel mit Schwarzwerden vor den Augen und Übelkeit (bislang kein Erbrechen), keine Photo/Phonophobie, keine Sehstörung, keine Sprach/Sprechstörung, keine Schluckstörung, keine sensomotorischen Defizite in Ruhe/im Liegen kein Schwindel, Auftreten des Schwindels beim Aufsetzen, dann auch Schwarzwerden vor den Augen, Herzrasen)
Gruppenpraxis Dr. XXXX 23. Mai 2023 (therapieresistente Epicondylitis links ESWT Ellbogen links zu empfehlen) Dr. XXXX 14.04.2023 (Dm Typ ll+insulinpfl., Lumbago, Hypertonie,
Hepatopathie, Vit D Mangel, Magnesiummangel, Idyperlipidämie, Vertigo, Allg.Schwäche, Konzentrationsschwierigkeiten, Asthma bronchiale, ISG Arthralgie bds)
Dr. XXXX Facharzt für Lungenkrankheiten 12.03.2019 (Asthma bronchiale)
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut, 47 a; Ernährungszustand: gut; Größe: 164,00 cm, Gewicht: 80,00 kg
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor. Halsvenen nicht gestaut. Thorax: symmetrisch. Atemexkursion seitengleich, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar. Integument: unauffällig Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. DS linker Ellbogen radial Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig. Kraft, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar. Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich, Zehenballen-, Fersen- und Einbeinstand möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine trophischen Störungen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
endlagige Beugeschmerzen linkes Kniegelenk, retropatellare Schmerze auslösbar. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse.
Mäßig Hartspann. Klopfschmerz über der unteren LWS und DS paralumbal rechts. Aktive Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 20 cm, Rotation und Seitneigen 30°, Lasegue bds. negativ.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, mit angelegtem Lumbotrain, Epitrain links, Genutrain links, das Gangbild ist hinkfrei und unauffällig.
Bewegungsabläufe beim Hinlegen auf die Untersuchungsliege und Aufstehen nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig, euthym
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung: -
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
kein Vorgutachten vorliegend
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten: -
X Dauerzustand
………………………………..“
1.2. Auf Grund der Einwendungen der BF gegen das Gutachten vom 24.02.2024 im Rahmen des Parteiengehörs wurde eine ergänzende Stellungnahme der beauftragten Sachverständigen eingeholt. DDr.in XXXX führte darin auf Basis der Akten vom 07.04.2024 Folgendes aus:
„……………….
AW erklärt sich mit dem Ergebnis der Begutachtung nicht einverstanden. Sie sei Diabetiker, habe ständig Schwindel, Konzentrationsschwäche und Ohnmachtsanfälle, Schmerzen, Krämpfe und Herzrasen, Asthma, Schmerzen im unteren Rückenbereich.
Vorgelegte Befunde:
Dr. XXXX Arzt für Allgemeinmedizin 14.04.2023 (Dm Typ ll+insulinpfl., Lumbago, Hypertonie, Hepatopathie, Vit D Mangel, Magnesiummangel, Hyperlipidämie, Vertigo, Allg. Schwäche, Konzentrationsschwierigkeiten, Asthma bronchiale, ISG Arthralgie bds)
Stellungnahme:
Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden sind objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde. Im Rahmen der Untersuchung wurden sämtliche objektivierbaren Funktionseinschränkungen nach den Kriterien der EVO eingestuft.
Die vorgebrachten Argumente und der nachgereichte Befund beinhalten keine neuen Erkenntnisse, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten bzw. eine Erweiterung der Beurteilung erforderlich wäre, sämtliche aufgelisteten Symptome sind in der Einschätzung erfasst, sodass das Ergebnis aufrecht gehalten wird.
……………………..“
1.3. Mit Bescheid vom 08.04.2024 wurde der Antrag der BF vom 06.12.2023 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die BF erfülle mit einem Grad der Behinderung von 30% die Voraussetzung dafür nicht. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf das eingeholte Gutachten vom 24.02.2024 samt Stellungnahme der beauftragten Sachverständigen DDr.in XXXX , die einen Bestandteil der Bescheidbegründung bilden würden. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
2. Am 22.08.2024 stellte die BF neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte dazu medizinische Unterlagen vor.
2.1. Dr.in XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, gab auf Anfrage der belangten Behörde eine sofortige Stellungnahme am 27.08.2024 ab. Darin führte sie Nachfolgendes aus:
„…………………
Die neu vorgelegten Befunde ergeben keine offenkundige anhaltende Verschlechterung des Leidenszustandes. Die therapieresistente Epicondylitis links wurde im SVGA von 21.02.2024 unter Leiden 3 mitberücksichtigt und korrekt eingestuft und Asthma bronchiale und Diabetes mellitus Typ 2 wurden im gleichen SVGA jeweils unter Leiden 2 und Leiden 1 eingestuft. St.p. Hysteroskopie + Curettage bei Menometrorrhagie und Z.n, nach PAP IIID erreicht bei fehlender Funktionseinschränkungen keinen Grad der Behinderung.
Eine neuerliche Begutachtung, innerhalb der Jahresfrist, ist daher nicht gerechtfertigt.
………………………“
2.2. Mit Bescheid vom 28.08.2024 wurde der Antrag der BF vom 22.08.2024 zur Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 Abs. 2 Bundesbehindertengesetz 1990 (in der Folge BBG) zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, bereits mit Bescheid vom 08.04.2024 sei über die Ausstellung eines Behindertenpasses rechtskräftig entschieden worden. Eine offenkundige Änderung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen habe von der BF nicht glaubhaft gemacht werden können. 2.3. Mit Schreiben vom 27.09.2024 erhob die BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.08.2024. Begründend brachte die BF vor, das Vorliegen von Durchblutungsstörungen sei verneint worden. Sie leide nicht an einer Sehschwäche, sondern an auf Krebsknoten in der Gebärmutter zurückzuführende Blutungen, wofür Unterlagen vorgelegt worden seien. Die vor zwei Monaten durchgeführte Operation habe Schwindelgefühle, Ohnmachtsanfälle und Konzentrationsverlust zur Folge gehabt. Ohne Brille könne sie nicht klar sehen. Der ursprünglich festgestellte GdB von 30% entspreche nicht ihrem Gesundheitszustand. Sie habe auch nur die öffentlichen Verkehrsmittel zum Sachverständigen zur persönlichen Untersuchung benützen können. Ansonsten könne sie sich meistens nicht alleine fortbewegen. Sie beantragte eine neuerliche Überprüfung ihres Antrages.
3. Am 03.10.2024 wurde der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Frau XXXX , geboren am XXXX , ist irakische Staatsbürgerin mit Wohnsitz im Inland.
1.2. Am 06.12.2023 beantragte die BF erstmalig die Ausstellung eines Behindertenpasses. Es wurde das oben wiedergegebene medizinische Sachverständigengutachten vom 24.02.2024 von DDr.in XXXX , basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF, eingeholt.
Die BF leidet an folgenden Funktionseinschränkungen, die länger als sechs Monate andauern werden:
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
1.3. Da die von der BF vorgebrachten Einwendungen gegen das Gutachten vom 24.02.2024 zu keiner Änderung ihres festgestellten Gesamtgrades der Behinderung von 30% führten, wurde der Antrag der BF vom 06.12.2023 mit Bescheid vom 08.04.2024 abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
1.4. Die BF beantragte bereits am 22.08.2024 abermals die Ausstellung eines Behindertenpasses ohne eine offenkundige Änderung ihrer oben genannten Funktionseinschränkungen glaubhaft zu machen. Dies bestätigte auch die von der belangten Behörde in Auftrag gegebene sofortige Beantwortung durch Dr.in XXXX .
1.5. Die Abweisung des neuerlichen Antrages der BF vom 22.08.2024 auf Ausstellung eines Behindertenpasses – damit innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des letzten abweisenden Bescheides vom 08.04.2024 über den zuletzt am 06.12.2023 gestellten Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses – mit Bescheid vom 28.08.2024 erfolgte zu Recht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Abweisung des Antrags vom 06.12.2023 auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 08.04.2024 ergeben sich ebenso wie die neuerliche auf Ausstellung eines Behindertenpasses gerichtete Antragstellung am 22.08.2024 mit der Zurückweisung dieses Antrages mit Bescheid vom 28.08.2024 aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung, dass von der BF keine offenkundige Änderung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen glaubhaft gemacht wurde, basiert auf der von der belangten Behörde oben wiedergegebenen, eingeholten Stellungnahme von Dr. XXXX vom 27.08.2024. Basierend auf den vorgelegten Befunden der BF stellte sie schlüssig und nachvollziehbar fest, dass damit keine offenkundige Änderung im Hinblick auf die neuerliche beantragte Ausstellung eines Behindertenpasses belegen wird. Dazu legte die genannte Sachverständige nachvollziehbar dar, dass die therapieresistente Epicondylitis links bereits unter Leiden 3 mitberücksichtigt und korrekt eingestuft wurde. Auch die Asthma bronchiale-Erkrankung der BF wurde unter Leiden 2 sowie die Diabetes Mellitus Typ2-Erkrankung unter Leiden berücksichtigt. Schlüssig führte die genannte Sachverständige auch aus, dass der Zustand nach der Hysteroskopie- und Curettage-Behandlung bei Menometrorrhagie und nach PAP IIID keinen Grad der Behinderung erreichen kann, da es an Funktionseinschränkungen fehlt. Aus dem vorgelegten, erst kürzlich ausgefertigten Entlassungsbericht des Klinikums XXXX vom 14.08.2024 zur durchgeführten Hysteroskopie und Curettage auf Grund der belegten PAPIIID mit Menometrorrhagie und HPV negativ geht auch ein stabiler Entlassungszustand der BF hervor.
Das Vorbringen der BF in ihrer Beschwerde vom 27.09.2024 war damit jedenfalls nicht geeignet, eine Änderung der ergangenen und von der BF bekämpften Entscheidung vom 28.08.2024 herbeizuführen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. In der gegenständlichen Sachverhaltskonstellation liegen die Voraussetzungen für eine meritorische Entscheidung vor (Vgl. VwGH vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063; VwGH vom 10.09.2014, Zl. Ra 2014/08/0005).
3.1. Zu Spruchpunkt A)
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind gemäß § 45 Abs. 1 BBG unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist nach § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Im gegenständlichen Fall wurde das Verfahren über den von der BF gestellten Antrag vom 06.12.2023 auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.04.2024 rechtskräftig abgeschlossen.
Bereits am 22.08.2024 stellte der BF nunmehr erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Ein erneuter Antrag binnen eines Jahres ab der letzten rechtskräftigen Entscheidung ist nach dem Wortlaut des § 41 Abs. 2 BBG jedoch zurückzuweisen, sofern nicht eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft gemacht wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind „offenkundig“ solche Tatsachen, deren Richtigkeit – unter Bedachtnahme auf die Lebenserfahrung – der allgemeinen Überzeugung entsprechen bzw. allgemein bekannt sind. „Offenkundigkeit“ bringt es mit sich, dass eine Tatsache erkennbar ist, ohne dass eine Prüfung der individuellen Situation erforderlich ist (vgl. VwGH 16.09.2008, 2008/11/0083).
Die von der BF in den neu vorgelegten Befunden bescheinigten Leiden wurden bereits im von der belangten Behörde zur rechtskräftigen Entscheidung zum Antrag vom 06.12.2023 herangezogenen Sachverständigengutachten vom 24.02.2024 berücksichtigt. Dies spricht auch dafür, dass somit keine offensichtliche Änderung der Funktionseinschränkung seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung abgeleitet werden können. Es handelt sich daher nicht um eine offenkundige Änderung der Funktionsbeeinträchtigung. Von der BF konnte nicht glaubhaft gemacht werden, dass sich ihr Leidenszustand seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung durch die belangte Behörde vom 08.04.2043 nunmehr offenkundig im Sinne des § 41 Abs. 2 BBG geändert hat.
Die belangte Behörde hat daher den Antrag auf neuerliche Ausstellung eines Behindertenpasses rechtmäßig im Sinne des § 41 Abs. 2 BBG zurückgewiesen. Es war die Beschwerde daher spruchgemäß abzuweisen.
3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Im vorgelegten Fall war zu klären, ob die Zurückweisung des Antrages der BF durch die belangte Behörde rechtmäßig war und ob eine offenkundige Änderung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen vorliegt, wodurch der neuerliche Antrag als zulässig zu werten wäre. Die Klärung dieser Frage ergibt sich aus der von der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme von Dr.in XXXX vom 27.08.2024 in Zusammenhang mit den von der BF vorgelegten medizinischen Befunden. Da aus den vorgelegten Befunden keine offenkundige Verschlechterung der Funktionsbeeinträchtigungen der BF abgeleitet werden konnte, die eine Antragstellung binnen eines Jahres ab der letzten rechtskräftigen Entscheidung rechtfertigen würde, war der Sachverhalt als geklärt anzusehen und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
3.3. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vorgenommen wurde.