Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Katharina DAVID über die Beschwerde der XXXX , Betriebsnummer XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes des Geschäftsbereichs II der Agrarmarkt Austria vom 10.01.2023, Zahl II/4-DZ/22-22212210010, betreffend Direktzahlungen 2022, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei stellte mit Formblatt vom 16.05.2022 für das Antragsjahr 2022 einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA), beantragte die Gewährung von Direktzahlungen, machte Angaben zu den von ihr gehaltenen Tieren und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.
2. Am 31.01.2022 fand auf dem Betrieb der beschwerdeführenden Partei eine Vor-Ort-Kontrolle statt, bei der unter anderem die Schaf- und Ziegenkennzeichnung (SZKZ) kontrolliert wurde. Dabei wurde festgestellt, dass die kastrierten Ziegenböcke in der Stichtagsbilanzierung nicht angeführt worden seien.
3. Mit angefochtenem Bescheid des Vorstandes des Geschäftsbereichs II der Agrarmarkt Austria (in der Folge: belangte Behörde oder AMA) wurden Direktzahlungen gewährt, aufgrund von CC-Verstößen wurde die errechnete Prämie jedoch um EUR 164,14 gekürzt.
Im Anhang "Cross Compliance-Berechnung " – dessen Ausführungen gemäß angefochtenem Bescheids Seite 1 für die Berechnung des Prämienbetrages einen ergänzenden Bestandteil desselben bilden – sind die folgenden Anforderungen bzw. Standards angeführt, bei denen im Zuge von Vor-Ort- oder Verwaltungskontrollen im Kontrollzeitraum 2022 Verstöße festgestellt worden seien, die bei der Berechnung des Kürzungsprozentsatzes von insgesamt 1 % im Rahmen von Cross Compliance berücksichtigt worden seien:
4. In der dagegen binnen offener Frist erhobenen Bescheidbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass auf dem Betrieb seit 2006 Kaschmirziegen als Hobbytiere gehalten würden, die weder gemolken noch geschlachtet würden, also nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt seien. Da keine Tiere geschlachtet würden sondern einzig die Hobbyhaltung im Mittelpunkt stehe, würden männliche Kitze durch eine Tierärztin kastriert, damit diese auch weiterhin zusammen mit den weiblichen Tieren in der Herde gehalten werden könnten. Sämtliche erforderlichen Aufzeichnungen (z.B. Bestandsregister) und Meldungen (z.B. Zu- bzw. Abgänge) würden aktuell und seien in der Vergangenheit nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt worden, so auch die Meldung der Tiere mittels Tierliste jeweils zum Stichtag 1. April des entsprechenden Jahres im Rahmen des Mehrfachantrages (MFA) an die AMA. Bei der am 31.01.2022 durchgeführten Kontrolle sei angemerkt worden, dass die Stichtagsbilanzierung für Ziegen zum 1. April des Kontrolljahres unvollständig sei, da kastrierte Ziegenböcke in der Stichtagsbilanzierung (Tierliste des MFA) nicht angeführt worden seien. Da in der von der AMA übermittelten Tierliste bei der Tierart Ziegen eine Meldung kastrierter Tiere nicht vorgesehen sei und sich die angeführten Meldemöglichkeiten ausschließlich auf weibliche Tiere bzw. Ziegenböcke ab 1,5 Jahren beziehen würden, seien mangels entsprechender Zuordnungsmöglichkeit kastrierte Tiere nicht angeführt. Dieser Umstand sei auch in der Vergangenheit bei AMA-Kontrollen ein Thema gewesen, jedoch sei ihre Vorgehensweise bestätigt worden, da auch die Kontrollorgane der AMA der Meinung gewesen seien, dass wenn keine entsprechende Zuordnung zu den in der Tierliste angeführten Merkmalen möglich sei, keine Meldung von kastrierten Tieren vorgesehen sei. Im Merkblatt mit Ausfüllanleitung zum Mehrfachantrag-Flächen 2015 finde sich auf Seite 41 zum Thema "Fachliche Erläuterungen zum Ausfüllen der Tierliste" folgende Feststellung:
"Um die betroffenen Betriebe zu entlasten, wurden jene Merkmale, die im Rahmen der VIS-Jahreserhebung gemeldet werden müssen, in die Tierliste des Mehrfachantrages integriert. Somit haben jene Betriebe, die mit dem MFA-Flächen eine ausgefüllte Tierliste abgegeben haben, ihre Meldeverpflichtung im Rahmen der VIS-Jahreserhebung erfüllt."
Da sämtliche von der beschwerdeführenden Partei gehaltenen Tiere mit den entsprechend in der Tierliste angeführten Merkmalen auch gemeldet worden seien (mit Ausnahme der kastrierten Tiere mangels vorgesehener Meldemöglichkeit) habe ich die Meldeverpflichtung im Rahmen der VIS-Jahreserhebung erfüllt und somit keine Rechtsvorschriften verletzt. Auf Rückfrage bei der VIS-Hotline am 22.12.2022 sei die Vorgehensweise ebenfalls als korrekt bestätigt worden.
5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte im Zuge der Vorlage zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass aufgrund einer Vor-Ort-Kontrolle am 31.01.2022 im Rahmen der Cross Compliance (CC) gemäß Art. 39 VO (EU) Nr. 640/2014 im Bereich „Gesundheit“ von einem fahrlässigen Verstoß gegen die SZKZ-Anforderung 2: Schafe/Ziegen: Bestandsregister des Rechtsaktes „Schaf- und Ziegenkennzeichnung, SZKZ“ ausgegangen worden sei. Konkret sei festgestellt worden, dass die Stichtagsbilanzierung (= Tierliste) unvollständig gewesen sei, da die 25 am Betrieb vorgefundenen kastrierten Ziegenböcke nicht in der Tierliste angeführt worden seien. Für den festgestellten Verstoß sei ein Kürzungsprozentsatz von 1 % (Ausmaß 1, Schwere 1, Dauer 1) vergeben worden. In der Beschwerde werde im Wesentlichen vorgebracht, dass in der Tierliste eine Meldung kastrierter Tiere nicht vorgesehen sei und daher mangels entsprechender Zuordnungsmöglichkeit die kastrierten Tiere von der Beschwerdeführerin nicht angeführt worden seien. Laut dem Beschwerdevorbringen sei ihr diese Vorgehensweise auf Rückfrage beim Veterinärinformationssystem (VIS) als korrekt bestätigt worden. Aufgrund dieses Vorbringens habe die belangte Behörde mit dem VIS Rücksprache gehalten, ob bzw. unter welcher Kategorie aus Sicht des VIS kastrierte Ziegenböcke in der Tierliste zu erfassen sind. Laut Auskunft des VIS seien unter der Kategorie „Ziegenböcke ab 1 ½ Jahren“ ebenfalls kastrierte Ziegenböcke zu verstehen, da es in keiner Tierart eine separate Kategorie für Kastraten gebe. Genau diese Auskunft werde laut VIS auch erteilt, wenn Meldepflichtige Kontakt zur VIS-Hotline aufnehmen würden. In der Folge dürfte es Kontakt zwischen dem Ehemann der beschwerdeführenden Partei und dem VIS gegeben haben. Zu diesem Mail werde festgehalten, dass sich die in der Tierliste angefragten Kategorien/Altersstufen im Wesentlichen aus den jeweiligen Förderungsvoraussetzungen im Rahmen einzelner Fördermaßnahmen ableiten ließen. Die vom Ehemann der beschwerdeführenden Partei vermutete Einteilung unter dem Aspekt fortpflanzungsrelevanter Fragen spiele dabei keine Rolle. Unabhängig vom Zustandekommen der einzelnen Kategorien/Altersstufen seien jedoch alle AMA-Antragsteller im Zusammenhang mit der jährlichen VIS-Erhebung verpflichtet, die Felder betreffend die Tierhaltung und somit die Tierliste mit Stichtag 01.04. auszufüllen. Diesbezüglich wichtig sei, dass eine vollständig und richtig ausgefüllte Tierliste vorliege, vgl. § 5 Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009. Unter anderem sei aus dem auf der AMA-Homepage veröffentlichten Benutzerhandbuch Online-Erfassung Mehrfachantrag (bis MFA 2022) klar ersichtlich, dass der gesamte Tierbestand in der Tierliste vom jeweiligen Tierhalter zu erfassen sei, vgl. Punkt 2.2.3. Für den Fall, dass die gehaltene Tierart nicht in der Auswahl vorhanden sei, werde im angeführten Benutzerhandbuch im Punkt 2.2.3 darauf hingewiesen, dass diese Tiere als „Sonstige“ zu erfassen seien. Dieser Hinweis verdeutlicht, wie wichtig eine vollständig ausgefüllte Tierliste sei. Unter anderem würden die Daten aus der Tierliste für bestimmte Fördermaßnahmen benötigt bzw. würden diese der Berechnung der Einhaltung der Stickstoffgrenzen zu Grunde gelegt. Würden wie im vorliegenden Fall nicht alle Tiere angegeben, könne auch die Einhaltung der Nitrat-Vorgaben gemäß Nitrat-Aktionsprogramm-Verordnung nicht ordnungsgemäß überprüft werden. Aufgrund dieses Anlassfalles sei nach Rücksprache mit dem VIS – auch wenn es bislang keine vergleichbaren Fälle gegeben habe – eine diesbezügliche Klarstellung in das Merkblatt „Mehrfachantrag 2024“ (Stand Oktober 2023) aufgenommen worden. Aus Sicht der belangten Behörde müsse dennoch bereits aufgrund der im Beschwerdejahr geltenden Vorgaben davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführende Partei beim Ausfüllen der Tierliste nicht sorgfältig genug gewesen sei und daher aufgrund der Außerachtlassung der nötigen Sorgfalt die kastrierten Ziegenböcke nicht in der Tierliste angeführt habe, obwohl es sich um eine größere Anzahl von Tieren gehandelt habe. Aus Sicht der belangten Behörde hätte von einem sorgfältigen Landwirt erwartet werden können, dass im Falle von Unklarheiten rechtzeitig vor der Abgabefrist des Mehrfachantrages zumindest bei der belangten Behörde bzw. beim VIS nachgefragt werde, ob die geplante Vorgehensweise den Vorgaben entspreche, wobei sowohl aus der TKZVO 2009 als auch aus den veröffentlichten Merkblättern klar ersichtlich sei, dass immer der gesamte Tierbestand in der Tierliste anzuführen sei. Der behauptete Anruf bei der VIS-Hotline am 22.12.2022 sei zu spät bzw. lägen dazu widersprüchliche Angaben vor. Die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei, wonach die VIS-Hotline am 22.12.2022 keine Auskunft darüber hätte geben können, ob bzw. wie Kastraten zu melden sind, stehe im Widerspruch zu den Ausführungen in der Beschwerde, wonach die Vorgehensweise der beschwerdeführenden Partei vom VIS bestätigt worden sei und auch im Widerspruch zum Schriftverkehr zwischen der belangten Behörde und dem VIS. Für den festgestellten fahrlässigen Verstoß gegen die SZKZ-Anforderung „2: Schafe/Ziegen: Bestandsregister“ sei der geringste CC-Kürzungsprozentsatz von 1 % vergeben worden. Dieser Kürzungsprozentsatz wäre auch dann zu vergeben gewesen, wenn es sich nur um 11 und nicht wie tatsächlich festgestellt um 25 Kastraten gehandelt hätte.
6. Auf hg. Nachfrage bei der Veterinärdirektion des Amtes der Burgenländischen Landesregierung wurde mitgeteilt, dass aus veterinärmedizinischer Sicht unter „Ziegenböcke ab 1 ½ Jahre“ geschlechtsreife für die Zucht geeignete Ziegenböcke zu verstehen seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführende Partei bewirtschaftete im Antragsjahr 2022 einen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Tierliste des Mehrfachantrag-Flächen füllte sie bezüglich der dort angegebenen Kategorien "Ziegen" und "Sonstige" wie folgt aus:
Auf dem Betrieb wurden zusätzlich zu den Angaben in der Tierliste 25 kastrierte Ziegenböcke gehalten.
Das Benutzerhandbuch Mehrfachantrag-Flächen Version 26, datiert mit 23.02.2022 lautet auszugsweise:
„2.2.3 TIERLISTE
Sind Tiere am Betrieb vorhanden, muss deren Bestand je Teilbetrieb erfasst werden. […] Auch in der Tierliste können mit dem Button „Vorjahresdaten holen“ die Erfassungen vom Vorjahr als Vorschlag in den aktuellen Antrag geholt werden. Tiere werden mit dem Link „Tierart wählen“ hinzugefügt. In der Spalte „Anzahl zum Stichtag 01.04.“ ist immer der Tierbestand per 01.04. einzutragen. Betriebe, bei denen der Tierbestand voraussichtlich von dem am Stichtag abweichen wird, müssen zusätzlich die „Anzahl im Jahresdurchschnitt“ für alle Kategorien angeben. […] Die Statistikdaten werden automatisch vorgeschlagen. Änderungen können vorgenommen werden. Wird bei den Statistikdaten der Klammerausdruck „(VIS)“ angezeigt, bedeutet dies, dass das Feld im Vorjahr angekreuzt war. Beim Löschen der Beilage werden nur die bereits erfassten Daten der „Nichtrinder“ gelöscht. Die Statistikdaten sind weiterhin sichtbar, es besteht aber kein Handlungsbedarf. Ist die gehaltene Tierart nicht in der Auswahl vorhanden, so kann diese als „Sonstige“ erfasst werden. Einige seltener gehaltene und damit nicht direkt auswählbare Tierarten entsprechen für die Förderabwicklung aber in etwa den auswählbaren Kategorien und können daher in folgenden Kategorien erfasst werden:“
Unter dem Begriff Ziegenbock sind veterinärmedizinisch geschlechtsreife für die Zucht geeignete Ziegenböcke zu verstehen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zur Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebs im Antragsjahr ergibt sich aus dem Mehrfachantrag-Flächen. Die Feststellung zur ausgefüllten Tierliste ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Mehrfachantrag-Flächen. Die Feststellung zum Inhalt des Benutzerhandbuchs Mehrfachantrag-Flächen ergibt sich aus der Einsicht in die Homepage der AMA vom 09.12.2024 (https://www.ama.at/getattachment/749ecc12-6a93-4417-923a-754abd6d5f59/Online_Handbuch_2022_Version_26.pdf). Die Feststellung zur veterinärmedizinischen Bedeutung des Begriffs Ziegenbock ergibt sich aus der Anfragebeantwortung des Amtes der Burgenländischen Landesregierung, Abteilung Veterinärdirektion und Tierschutz, vom 04.09.2024.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. I 1992/376 i.V.m. § 6 Marktordnungsgesetz 2021 (MOG 2021), BGBl. I 2007/55 erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die Agrarmarkt Austria (AMA) im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
Zu A)
3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Die Verordnung über die Kennzeichnung von Schweinen, Schafen, Ziegen und Equiden sowie die Registrierung von Tierhaltungen (Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009, in der Folge: TKZVO 2009) BGBl. II 2009/291 lautet auszugsweise:
Jährliche VIS- Erhebungen
§ 5. (1) Im Zuge von jährlichen VIS- Erhebungen haben Tierhalter von Schweinen, Schafen und Ziegen auf Anfrage des Betreibers des VIS Angaben zu den Stamm- und Betriebsdaten gemäß § 8 Abs. 3 Z 1 und 2 TSG mitzuteilen. Hierfür hat der Betreiber des VIS diesen Tierhaltern das entsprechende Formular jährlich spätestens Mitte März zu übermitteln. Diese übermittelten Formulare sind von den Betriebsinhabern oder von dessen Beauftragten mit dem Stichtag 1. April vollständig und richtig ausgefüllt bis spätestens 15. April zurückzusenden.
(2) Alle Verantwortlichen für von dieser Verordnung erfasste Betriebe und Haltungen, die von der Agrarmarkt Austria (AMA) den „Mehrfachantrag Flächen“ zugesendet bekommen, müssen die Felder betreffend Tierhaltung ausfüllen. Die Meldepflicht gemäß Abs. 1 gilt als erfüllt, sofern die erfragten Angaben zu den Stamm- und Betriebsdaten im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 und 2 TSG innerhalb der dafür vorgesehenen Frist im Rahmen des „Mehrfachantrages Flächen“ im Wege der örtlich zuständigen Landwirtschaftskammer der AMA gemeldet werden. Die Daten dieser Betriebe und Haltungen sind von der AMA dem Betreiber des VIS zur Verfügung zu stellen. Jene Betriebe, die einen „Mehrfachantrag Flächen“ zugesandt bekommen, aber keinen Förderungsantrag stellen, müssen diese Daten ebenfalls innerhalb der im Rahmen des „Mehrfachantrag Flächen“ vorgesehenen Frist an den Betreiber des VIS – wahlweise im Wege der örtlich zuständigen Landwirtschaftskammer“ – übermitteln.
[…]“
Das Gesetz vom 6. August 1909, betreffend die Abwehr und Tilgung von Tierseuchen (Tierseuchengesetz, in der Folge TSG) RGBl. 1909/177, lautete in der hier anwendbaren Fassung auszugsweise:
„III. Abschnitt.
Maßregeln zur Verhinderung der Weiterverbreitung und zur Tilgung von Tierseuchen im Geltungsgebiete dieses Gesetzes.
A. Allgemeine Vorschriften.
Elektronisches Veterinärregister
§ 8.
[…]
(3)
Im Register sind für jeden Betrieb folgende Angaben zu erfassen:
[…]
2. Betriebsdaten:
a) die Art der Nutzung (Tätigkeit des Tierhalters/Betriebsart);
b) Tierbestand der gemäß § 8a Abs. 1 Z 7 zu erfassenden Tierart zum Erhebungsstichtag;
c) Einstallungskapazitäten und Verbringungsmeldungen für die gemäß § 8a erfassten Tierarten, soweit eine derartige Meldung vorgeschrieben ist;
e) bei landwirtschaftlichen Betrieben Anzahl der nicht untersuchungspflichtigen Schlachtungen von Schweinen, Schafen und Ziegen;
f) bei Schlachtbetrieben Art und Anzahl der geschlachteten Tiere gemäß § 8 Abs. 1 Z 7;
g) bei Betrieben gemäß § 3 TMG Art und Menge des verarbeiteten Materials gemäß 8a Abs. 1 Z 7.
[…]
Registrierungs- und Meldepflichten für Tierhalter und Betriebe
§ 8a.
(1) Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend hat nach Einrichtung des für die jeweilige Tier- oder Betriebsart vorgesehenen Teilbereiches des Registers gemäß § 8, durch Verordnung festzulegen, ab welchem Zeitpunkt sich Halter von Tieren der in Anhang A genannten Arten, einschließlich Betreiber von Brütereien, Besamungsstationen, Embryotransfereinrichtungen und Samendepots, sowie Inhaber von Schlachtbetrieben und zugelassenen Betrieben gemäß § 3 TMG, unter Angabe folgender Daten im Register anzumelden haben:
[…]
7. Anzahl und Art der gehaltenen oder der geschlachteten Tiere, gegebenenfalls Kennzeichnung der Tiere oder Art und Menge des verarbeiteten Materials.
[…]“
Die Verordnung (EU) 2013/1306 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr 352/78, (EG) Nr 165/94, (EG) Nr 2799/98, (EG) Nr 814/2000, (EG) Nr 1290/2005 und (EG) Nr 485/2008 des Rates, ABl L 2013/347, 549 (in der Folge VO (EU) 2013/1306) lautet auszugsweise:
„Abschnitt III
Unregelmässigkeiten
Artikel 54
Gemeinsame Bestimmungen
(1) Die Mitgliedstaaten fordern Beträge, die infolge von Unregelmäßigkeiten oder Versäumnissen zu Unrecht gezahlt wurden, von dem Begünstigten innerhalb von 18 Monaten nach dem Zeitpunkt zurück, zu dem ein Kontrollbericht oder ähnliches Dokument, in dem festgestellt wird, dass eine Unregelmäßigkeit stattgefunden hat, gebilligt wurde und gegebenenfalls der Zahlstelle oder der für die Wiedereinziehung zuständigen Stelle zugegangen ist. Die betreffenden Beträge werden zeitgleich mit dem Wiedereinziehungsbescheid im Debitorenbuch der Zahlstelle verzeichnet.
(2) bis (5) […]“
„TITEL V
KONTROLLSYSTEME UND SANKTIONEN
KAPITEL I
Allgemeine Vorschriften
Artikel 58
Schutz der finanziellen Interessen der Union
(1) Die Mitgliedstaaten erlassen im Rahmen der GAP alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere um
a) sich zu vergewissern, dass die durch die Fonds finanzierten Maßnahmen rechtmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind;
b) einen wirksamen Schutz vor Betrug insbesondere in Bereichen mit einem höheren Betrugsrisiko sicherzustellen, der für eine abschreckende Wirkung sorgt und bei dem den Kosten und dem Nutzen sowie der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen Rechnung getragen wird;
c) Unregelmäßigkeiten und Betrug vorzubeugen, aufzudecken und entsprechende Korrekturmaßnahmen zu treffen;
d) gemäß dem Unionsrecht oder in Ermangelung solcher Vorschriften gemäß dem nationalen Recht wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zu verhängen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten;
e) zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten.
(2) bis (4) […]“
Die Delegierte Verordnung (EU) 2014/640 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance, ABl L 2014/181, 48 (in der Folge VO (EU) 2014/640) lautet auszugsweise:
„KAPITEL II
BERECHNUNG UND ANWENDUNG VON VERWALTUNGSSANKTIONEN
Artikel 38
Allgemeine Vorschriften betreffend Verstöße
(1) „Wiederholtes Auftreten“ eines Verstoßes liegt vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen. Für den Zweck der Bestimmung des wiederholten Auftretens eines Verstoßes sind die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 festgestellten Verstöße zu berücksichtigen, und ist insbesondere der in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 aufgeführte GLÖZ 3 der GAB 2 in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in ihrer am 21. Dezember 2013 gültigen Fassung gleichzusetzen.
(2) Das „Ausmaß“ eines Verstoßes wird insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist.
(3) Die „Schwere“ eines Verstoßes hängt insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist.
(4) Ob ein Verstoß von „Dauer“ ist, richtet sich insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen.
(5) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten Verstöße als „festgestellt“, sofern sie sich als Folge jedweder Kontrollen nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung ergeben oder der zuständigen Kontrollbehörde bzw. Zahlstelle auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sind.
Artikel 39
Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen bei Fahrlässigkeit
(1) Ist der festgestellte Verstoß auf Fahrlässigkeit des Begünstigten zurückzuführen, so wird eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich in der Regel auf 3 % des Gesamtbetrags der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.
Auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 kann die Zahlstelle jedoch beschließen, den genannten Prozentsatz auf 1 % des in Unterabsatz 1 genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf 5 % dieses Betrags zu erhöhen oder aber keine Kürzung vorzunehmen, wenn die Vorschriften über die betreffende Anforderung oder den betreffenden Standard einen Ermessensspielraum lassen, den festgestellten Verstoß nicht weiterzuverfolgen, oder wenn die Förderung gemäß Artikel 17 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gewährt wird.
(2) Beschließt ein Mitgliedstaat, gemäß Artikel 97 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 keine Verwaltungssanktion zu verhängen, und hat der Begünstigte innerhalb einer von der zuständigen Behörde festgesetzten Frist keine Abhilfemaßnahmen getroffen, so wird die Verwaltungssanktion verhängt.
Die von der zuständigen Behörde festgesetzte Frist endet spätestens mit Ablauf des Jahres nach dem Jahr der Feststellung des Verstoßes.
(3) Macht ein Mitgliedstaat von der Möglichkeit gemäß Artikel 99 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 Gebrauch und hat der Begünstigte innerhalb einer von der zuständigen Behörde festgesetzten Frist keine Abhilfemaßnahmen getroffen, so wird rückwirkend für das Jahr der ersten Feststellung, für das das Frühwarnsystem angewendet wurde, eine Kürzung von mindestens 1 % gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels vorgenommen, wenn festgestellt wird, dass der Verstoß nicht innerhalb einer Frist von höchstens drei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren, einschließlich des betreffenden Jahres, abgestellt wurde.
Die von der zuständigen Behörde festgesetzte Frist endet spätestens mit Ablauf des Jahres nach dem Jahr der Feststellung des Verstoßes.
Ein Verstoß, der vom Begünstigten innerhalb der in Unterabsatz 1 festgesetzten Frist abgestellt wurde, gilt für die Zwecke der Feststellung eines wiederholten Verstoßes gemäß Absatz 4 nicht als Verstoß.
(4) Unbeschadet der Bestimmungen für vorsätzliche Verstöße ist bei einem Verstoß im ersten Wiederholungsfall die gemäß Absatz 1 angewendete Kürzung mit dem Faktor drei zu multiplizieren.
Bei weiteren Wiederholungsfällen wird der Multiplikationsfaktor drei jeweils auf das Kürzungsergebnis für den vorangegangenen wiederholten Verstoß angewendet. Die höchstmögliche Kürzung darf jedoch 15 % des in Absatz 1 genannten Gesamtbetrags nicht übersteigen.
Ist der Höchstsatz von 15 % erreicht, so weist die Zahlstelle den betreffenden Begünstigten darauf hin, dass bei erneuter Feststellung desselben Verstoßes davon ausgegangen wird, dass der Begünstigte vorsätzlich im Sinne von Artikel 40 gehandelt hat.
Artikel 40
Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen bei vorsätzlichen Verstößen
Ist der festgestellte Verstoß vom Begünstigten vorsätzlich begangen worden, so ist der in Artikel 39 Absatz 1 genannte Gesamtbetrag in der Regel um 20 % zu kürzen.
Auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 kann die Zahlstelle jedoch beschließen, den genannten Prozentsatz auf nicht weniger als 15 % des genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf bis zu 100 % dieses Betrags zu erhöhen.“
3.3. Rechtliche Würdigung:
Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insbesondere der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. „Greeningprämie“), abgelöst.
Im Rahmen der Einreichung von Mehrfachanträgen-Flächen ist auch das Formblatt „Tierliste“ auszufüllen. Im vorliegenden Fall ist fraglich, ob vom Begriff „Ziegenböcke ab 1 ½ Jahre“ in der Tierliste auch kastrierte Ziegenböcke umfasst sind und ob deren Nichtanführung zu Recht erfolgte.
Zunächst ist festzuhalten, dass die von der AMA zur Verfügung gestellten Formulare verpflichtend zu verwenden sind (vgl. BVwG 27.04.2020, W104 2220395-1/3E).
Das hg. Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass aus veterinärmedizinischer Sicht unter Ziegenböcken nur für die Zucht geeignete, also nichtkastrierte Tiere zu verstehen sind. Die durch die beschwerdeführende Partei gehaltenen kastrierten Ziegen waren somit in der Tierliste nicht in der Kategorie „Ziegenböcke ab 1 ½ Jahre“ (Nr. 275) zu erfassen.
Ein Landwirt muss jedoch über die ihn als Tierhalter treffenden gesetzlichen Bestimmungen Bescheid wissen, hier über die notwendigen Meldungen gemäß TKZVO 2009 und TSG. Aus diesen oben auszugsweise wiedergegebenen Bestimmungen geht klar hervor, dass der gesamte Tierbestand zu melden ist. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen im von der belangten Behörde aufgelegten Benutzerhandbuch Mehrfachantrag-Flächen Version 26, datiert mit 23.02.2022: Einerseits erklärt die belangte Behörde dort die Eintragung des Tierbestandes, andererseits geht aus der Formulierung
„Ist die gehaltene Tierart nicht in der Auswahl vorhanden, so kann diese als „Sonstige“ erfasst werden.“ (S. 22)
hervor, dass die im Formblatt angeführten Tierarten nicht die einzigen zu meldenden Tierarten sind, das Formblatt somit nicht den Anspruch der Vollständigkeit erhebt.
Mit Wissen um seine Meldepflichten hätte der beschwerdeführenden Partei bewusst sein müssen, dass sie in der Meldung an die belangte Behörde auch die von ihr gehaltenen kastrierten Tiere zu melden gehabt hätte. Für solche Fälle sieht das Formular „Tierliste“ zwei leere Zeilen (Nr. 460 und 465) vor, in welche die kastrierten Ziegen hätten eingetragen werden müssen.
Die Höhe der verhängten Verwaltungssanktion ist nach Ansicht des Gerichts angemessen, es handelt sich auch um den niedrigstmöglichen Kürzungsprozentsatz.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass bezüglich der von der belangten Behörde aufgelegten Formblätter und deren Auslegung nur Auskünfte und Rechtsansichten der belangten Behörde relevant sind. Wie hier vom VIS eingeholte Auskünfte wären also auch unbeachtlich gewesen, wenn sie vor Einreichung des Mehrfachantrags-Flächen schriftlich oder mündlich eingeholt worden wären.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523.
Der Entscheidung der belangten Behörde war somit nicht entgegenzutreten und war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es liegt auch dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 29.07.2015, Ro 2015/07/0095).