JudikaturBFG

RV/5100272/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
28. Juli 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ornezeder & Partner GmbH & Co KG Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung, Hauptstraße 91, 4890 Frankenmarkt, über die Beschwerde vom 16. Jänner 2025 gegen den Bescheid des ***FA*** DS ***3*** vom 14. Jänner 2025 betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 14.01.2025 des FAÖ DS ***3*** wurden der Bfin. gegenüber Anspruchszinsen gem. § 205 BAO in Höhe von 109,08 € festgesetzt, da mit gleichem Tag die Einkommensteuer 2022 mit einer Nachforderung von 1.497,00 € veranlagt wurde.

Am 16.01.2025 langte über Finanzonline beim Finanzamt eine Beschwerde nur gegen den Anspruchszinsenbescheid 2022 ein. Darin wurde Folgendes ausgeführt: "Text: Für die Einkommensteuer 2022/2023 wurde am 25.10.2024 ein Erklärungswechsel übermittelt. Am 18.12.24 wurde lt. Auskunft vom Finanzamt/Steuerbüro der Erklärungswechsel noch nicht durchgeführt ,da noch eine Beschwerde von 2021 (Anspruchszinsen) offen ist und man sollte die Erklärung als sonstiges Anbringen senden, alles das wurde gemacht und jetzt werde ich wieder mit Anspruchszinsen in der Höhe von € 109,08 belastet. Ich bitte um Abschreibung der Anspruchszinsen über € 109,08 …. Ich bitte um Bearbeitung und würde mich über eine positive Erledigung freuen. Mfg, die Bfin."

Die gegen den Bescheid betreffend Anspruchszinsen 2022 eingebrachte Beschwerde vom 16.01.2025 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.02.2025 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde folgendes ausgeführt:

"Die in § 205 BAO normierten Anspruchszinsen sind weder Sanktionen noch Druckmittel oder Strafe, sondern sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben. Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Die Festsetzung von Anspruchszinsen liegt nicht im Ermessen der Behörde. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. Ihrer Beschwerde betreffend Anspruchszinsen 2021 wurde bereits am 10.01.2025 abgewiesen."

Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag v. 19.02.2025 wurde Folgendes vorgebracht:

"Ich möchte einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde stellen. Am 25.10.2024 wurde ein Erklärungswechsel für die Einkommensteuer 2022, 2023 durchgeführt. Nachdem die Bearbeitung nicht erfolgte habe ich 2x am Finanzamt angerufen und es wurde mir gesagt dass es noch nicht bearbeitet wurde. Am 18.12.2024 habe ich das Steuerbüro kontaktiert, Frau ***2*** hat sich telefonisch mit dem FA in Verbindung gesetzt und es wurde ihr erklärt, dass der Erklärungswechsel aufgrund von offenen Anspruchszinsen 2021 (Nachsichtansuchen v. 25.10.24, Aussetzung der Einhebung vom 18.12.24) nicht durchgeführt wurde. Die Erklärung wurde dann als sonstiges Anbringen gesendet. Nun konnte das Steuerbüro endlich die Einkommensteuer 2022, 2023 durchführen. Ich sehe von meiner Seite kein Versäumnis und bitte höflichst um Abschreibung der Anspruchszinsen in der Höhe von € 109,08. Bis zur vollständigen Bearbeitung bitte ich um Aussetzung der Einhebung gern. § 212 a BAO Über eine positive Erledigung würde ich mich freuen. MfG , die Bfin".

Am 08.04.2025 wurde die Beschwerde vom FAÖ DS ***3*** an das Gericht zur Entscheidung vorgelegt. In der Stellungnahme führte das FAÖ DS ***3*** aus:

"Die Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben. Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 ist daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgte. Die Verzinsung unterscheidet somit nicht, ob der Abgabepflichtige die Steuererklärung innerhalb der gesetzlichen (allenfalls durch Bescheid verlängerten) Erklärungsfrist einreicht, oder ob die Festsetzung der Einkommen- (Körperschaft-)steuer wegen Verletzung der Pflicht des Finanzamtes, über die Abgabenerklärung ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, relativ spät erfolgt. Die Festsetzung der Anspruchszinsen liegt nicht im Ermessen (... [Vgl. Ritz/Koran, BAO, 7.Aufl., § 205, Rz 2-4] Auf Basis der ausgeführten Erläuterungen beantragt das Finanzamt Österreich Dienststelle ***1***, die Abweisung der Beschwerde betreffend den Anspruchszinsenbescheid 2022."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Strittig ist die Festsetzung der Anspruchszinsen für das Veranlagungsjahr 2022. Die Bfin. bzw. ihre stl. Vertretung führten aus, dass sie ihrerseits kein Versäumnis sehe, weshalb die Festsetzung der Anspruchszinsen zu Unrecht erfolgt sei.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere aus dem Einkommenssteuerbescheid 2022 v.14.01.2025, dem Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2022 v.14.01.2025 , der Beschwerdevorentscheidung v. 06.02.2025 sowie dem Vorlageantrag vom 19.2.2025.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 205 BAO in der im Streitjahr (Veranlagung 2022 am 14.01.2025) maßgeblichen Fassung lautet:

(1) Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus

a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,

b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,

c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.

(2) Die Anspruchszinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.

(3) Der Abgabepflichtige kann, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 BAO am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig. Wird eine Anzahlung in gegenüber der bisher bekannt gegebenen Anzahlung verminderter Höhe bekannt gegeben, so wirkt die hieraus entstehende, auf die bisherige Anzahlung zu verrechnende Gutschrift auf den Tag der Bekanntgabe der verminderten Anzahlung zurück. Entrichtete Anzahlungen sind auf die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerschuld höchstens im Ausmaß der Nachforderung zu verrechnen. Soweit keine solche Verrechnung zu erfolgen hat, sind die Anzahlungen gutzuschreiben; die Gutschrift wird mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam. Mit Ablauf des Zeitraumes des Abs. 2 dritter Satz sind noch nicht verrechnete und nicht bereits gutgeschriebene Anzahlungen gutzuschreiben.

(4) Die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) wird durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert. Anzahlungen (Abs. 3) mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.

(5) Differenzbeträge zu Gunsten des Abgabepflichtigen sind nur insoweit zu verzinsen (Gutschriftszinsen), als die nach Abs. 1 gegenüberzustellenden Beträge entrichtet sind.

....

Anspruchszinsenbescheide sind an die Höhe der im Bescheidspruch des Stammabgabenbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden sind. Wegen dieser Bindung ist der Zinsenbescheid nicht mit Aussicht auf Erfolg mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (VwGH 29.07.2010, 2008/15/0107, Ritz, BAO 7, § 205 Rz 33 und 34).

Erweist sich der Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid; es erfolgt daher keine Abänderung des ursprünglichen - wirkungslos gewordenen - Zinsenbescheides (VwGH 31.01.2019, Ro 2018/15/0005, VwGH 28.05.2009, 2006/15/0316, Ritz, BAO 6 , Rz 35 zu § 205). Die Notwendigkeit einer derartigen Anpassung der Anspruchszinsenfestsetzung ergibt sich bereits aus der formellen Akzessiorität eines Nebenanspruches bezüglich seiner zugrundeliegenden Stammabgabe (VwGH 27.08.2008, 2006/15/0150).

Weiters hat das Gericht bei Beschwerden, soferne nicht einer der Gründe des § 278 BAO vorliegt, gemäß Abs. 2 leg. cit. immer in der Sache selbst zu entscheiden und ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäss den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Zur Berechnung der streitgegenständlichen Anspruchszinsen darf angemerkt werden, dass die Verzinsung laut § 205 Abs. 1 BAO (frühestens) ab 1. Oktober des Jahres beginnt, das auf das Jahr, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, folgt. Die Anspruchszinsen sind jeweils für die Zeit bis zur Bekanntgabe des zur Nachforderung führenden Bescheides festzusetzen. Nach § 205 Abs. 1 BAO sind jeweils Differenzbeträge zu verzinsen, insbesondere jene, die sich aus einer Gegenüberstellung einer neuerlichen Abgabenfestsetzung mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben.

Wie im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar dargestellt, wurden die Anspruchszinsen für die Zeit vom 01.10.2023, dem 1. Oktober nach dem Jahr 2022, in dem der Abgabenanspruch für die zu veranlagenden Einkommensteuer 2022 (vgl. § 4 Abs. 2 BAO) entstanden ist, bis zum 14.01.2025, dem Tag der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2022, festgesetzt.

Dabei wurde der Differenzbetrag von € 1.497,00 im maßgeblichen Zeitraum verzinst. Die Berechnung stellt sich somit unter Berücksichtigung der Nachforderung v. 14.01. 2025 im Detail wie folgt dar:

ZeitraumDifferenzbetragentrichtete AnzahlungenBemessungs- grundlage TageZinssatzZinsen
01.10.2023 - 17.09.20241.497,000,001.497,003530,016185,08
18.09.2024-17.01.20241.497,000,001.497,00910,013818,80
18.12.2024-14.01.20251.497,000,001.497,00280,01245,20
Abgabenschuld109,08

Anspruchszinsen gleichen die Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile aus, die für einen Abgabe-pflichtigen dadurch entstehen, dass für eine bestimmte Abgabe der Abgabenanspruch immer zum selben Zeitpunkt, im gegenständlichen Fall für die veranlagte Einkommensteuer 2022 mit Ablauf des Jahres 2022 entsteht, die Festsetzung der Abgabe jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten, diesfalls mit Bescheid vom 14.01.2025, erfolgt.

Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Warum die Festsetzung der Abgabe später erfolgt, ist nicht entscheidend. Die Festsetzung von Anspruchszinsen liegt nicht im Ermessen der Behörde (siehe auch die Begründung in der BVE v. 06.02.2025).

Die Berechnung entspricht den gesetzlichen Vorschriften gem. § 205 BAO .

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall folgt das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht (Berechnung von Anspruchszinsen gem. § 205 BAO) der in dieser Entscheidung dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im Übrigen stellen Berechnungsfragen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung dar.

Linz, am 28. Juli 2025