JudikaturBFG

RV/6100358/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
25. August 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Thomas Bründl, Mondseerstraße 5, 5204 Straßwalchen, über die Beschwerde vom 7. Juni 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 15. Mai 2024 über die Festsetzung von Aussetzungszinsen für den Zeitraum 1.2.2022 bis 15.5.2024 zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

Mit Haftungsbescheiden vom 21.12.2021 nahm das Finanzamt Österreich (im Folgenden: "belangte Behörde") den Beschwerdeführer gemäß § 9a Abs 1 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten (Glücksspielabgaben) der ***Limited1*** in Höhe von insgesamt 795.324,60 Euro als Haftungspflichtigen in Anspruch. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.1.2022 wurden für die betreffenden aushaftenden Abgabenschuldigkeiten gegenüber dem Beschwerdeführer Säumniszuschläge iHv insgesamt 15.906,56 Euro festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 26.1.2022 erhob der Beschwerdeführer ua gegen die Haftungsbescheide der belangten Behörde vom 21.12.2021 das Rechtsmittel der Beschwerde und stellte er den Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Haftungsbeträge (Glücksspielabgaben). Mit weiterem Schriftsatz vom 26.1.2022 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Säumniszuschläge.

Die belangte Behörde gab den Anträgen statt und bewilligte mit Bescheiden vom 1.4.2022, vom 4.4.2022 und vom 27.6.2022 die Aussetzung der Einhebung.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 15.5.2024 wurde die Beschwerde gegen die Haftungsbescheide vom 21.12.2021 als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid vom 15.5.2024 verfügte die belangte Behörde den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Glücksspielabgaben und der Säumniszuschläge. Mit weiterem Bescheid vom 15.5.2024 setzte die belangte Behörde Aussetzungszinsen gemäß § 212a Abs 9 BAO im Betrag von EUR 74.241,74 Euro fest.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den jeweils angeführten aktenkundigen Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 212a Abs 9 BAO sind ab dem Zeitpunkt des Einlangens eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung 1. bis zu dessen Ab- oder Zurückweisung oder2. bei Bewilligung für die Dauer des ZahlungsaufschubesAussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld bis zur Verfügung des Ablaufes (Abs 5, Abs 5a) anlässlich der rechtskräftigen Erledigung der Bescheidbeschwerde (Abs 1) hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Der Aussetzungszinsenanspruch entsteht dem § 4 Abs 1 BAO zufolge laufend während jener Zeit, in der der Zahlungsaufschub in Anspruch genommen wird (vgl VwGH 19.2.1997, 95/13/0046; 26.1.2017, Ra 2015/15/0005).

Die Festsetzung von Aussetzungszinsen ist gesetzliche Folge des verfügten Ablaufes der Aussetzung der Einhebung von Abgabenschulden (VwGH 24.10.2009, Ra 2018/15/0062; 28.5.2002, 96/14/0157; 21.7.1998, 98/14/0101, mwN).

§ 212a Abs 5 lit a BAO sieht ua die Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung vor. Die Pflicht, anlässlich der Beschwerdevorentscheidung den Ablauf zu verfügen, erlischt auch dann nicht, wenn zwischenzeitig der Vorlageantrag gestellt wird und ein neuerlicher Aussetzungsantrag eingebracht wird (vgl VwGH 31.3.1998, 93/13/0225; Ritz/Koran, BAO8 § 212a Rz 28 mwH).

Ob gegen den Bescheid der belangten Behörde über die Verfügung des Ablaufes der bewilligten Aussetzung der Einhebung eine Beschwerde eingebracht wurde, ist für die erfolgte Festsetzung von Aussetzungszinsen - entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht - ohne Bedeutung, da gemäß § 254 BAO die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides durch Einbringung einer Bescheidbeschwerde nicht gehemmt wird (vgl VwGH 27.5.1998, 98/13/0044).

Bemessungsgrundlage der Aussetzungszinsen ist der für die Aussetzung in Betracht kommende Abgabenbetrag, der im Antrag darzustellen ist (vgl § 212a Abs 3 BAO), bzw die im Aussetzungsbescheid angeführte Abgabenschuldigkeit (VwGH 26.1.2017, Ra 2015/15/0005). Mit dem Bescheid über die Aussetzung der Einhebung wird der Betrag der ausgesetzten Abgabenschuldigkeit mit Rechtskraftwirkung festgesetzt; eine allfällige Unrichtigkeit des ausgesetzten Abgabenbetrages könnte daher allein gegen den Aussetzungsbescheid, nicht aber gegen den auf dessen Grundlage ergangenen Aussetzungszinsenbescheid eingewendet werden (VwGH 15.1.1997, 95/13/0186).

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand eines anhängigen Beschwerdeverfahrens gegen die Haftungsbescheide, mit denen der Beschwerdeführer gemäß § 9a Abs 1 BAO als Haftungspflichtiger in Anspruch genommen wurde, auf das hier gegenständliche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht keinen Einfluss hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Nebengebühren (Säumniszuschlag, Stundungs- und Aussetzungszinsen) setzt die Pflicht zur Erhebung dieser Nebengebühren nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern einer formellen Abgabenschuld voraus (VwGH 18.9.2003, 2002/16/0256; 30.5.1995, 95/13/0130). Sollte im Beschwerdeverfahren gegen die Haftungsbescheide eine nachträgliche Herabsetzung der Abgabenschuld erfolgen, hätte durch das Finanzamt gemäß § 212a Abs 9 BAO die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen (rückwirkende Zinsaufrollung; s dazu auch ErläutRV 1534 BlgNR XXVII. GP 42).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angeführten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden war.

Salzburg, am 25. August 2025