JudikaturBFG

RV/3100445/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
12. August 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Hermann Rupert Zittmayr, Kreuzgasse 2, 6330 Kufstein, über die Beschwerde vom 9. Jänner 2024 gegen die Bescheide des ***FA*** vom 5. Jänner 2024 betreffend Umsatzsteuer 2021, Einkommensteuer 2021 und Anspruchszinsen 2021 zu Steuernummer *** nach der mündlichen Verhandlung am 12. August 2025 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2021 und gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwer de gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2021 wird als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt erließ von Amts wegen am 5.1.2024 den Umsatzsteuerbescheid 2021, den Einkommensteuerbescheid 2021 und den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2021. Dabei setzte es die Bemessungsgrundlagen zur Umsatzsteuer und zur Einkommensteuer im Schätzungswege fest. In der Begründung zum Umsatzsteuerbescheid 2021 und zum Einkommensteuerbescheid 2021 führte das Finanzamt aus, die Beschwerdeführerin habe keine Abgabenerklärungen eingereicht und auch sonst nicht im Verfahren mitgewirkt.

In ihrer Beschwerde vom 9.1.2024 und deren Ergänzung vom 20.6.2024 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Vermietungseinkünfte im Jahr 2021 ihrem geschiedenen Ehegatten zuzurechnen seien. Die Vermietungseinkünfte würden ihr ab 04/2022 zufließen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 19.9.2024 wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2021, den Einkommensteuerbescheid 2021 und den Anspruchszinsenbescheid 2021 ab und verwies darauf, dass weder eine Beschwerdebegründung noch mehrfach angeforderte Unterlagen vorgelegt worden seien.

Die Beschwerdeführerin beantragte am 17.10.2024 die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Sie brachte vor, dass sie aufgrund der Ehescheidung keinen Zugriff auf das ursprünglich gemeinsam mit dem Gatten geführte Konto habe. Sie könne daher nicht beweisen, dass ihr im Jahr 2021 keine Mieteinnahmen zugeflossen seien. Es müsse ihre diesbezügliche Behauptung zur Glaubhaftmachung genügen.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am 17.7.2025 dem Bundesfinanzgericht vor, beantragte deren Abweisung und brachte Folgendes vor: "Die Liegenschaft wurde am 07.02.2019 von Hrn. H an seine Gattin, Frau ***Bf*** (jetzt ***Bf***) unentgeltlich im Wege einer Schenkung, übertragen und blieb bis zum 02.06.2023 in ihrem Eigentum. (siehe Grundbuchsauszüge EZ ***) Die Einkunftsquelle ist daher im beschwerdegegenständlichen Zeitraum der Sphäre der ***Bf1*** zuzurechnen. Die Feststellungen hinsichtlich der Mietzuflüsse in den Jahren 2021 und 2022 sind durch das "oder" Konto des geschiedenen Ehepaares, vorgelegt durch die steuerliche Vertretung des H, dokumentiert. Die Mieteinkünfte aus der Liegenschaft L sind in diesem Zeitraum (7.2.2019-2.6.2023) nach Angaben des Ex-Ehemanns Fr. ***Bf*** zugeflossen.

Frau ***Bf*** hatte zumindest bis zum 31.12.2022 eine Verfügungsvollmacht über das Konto mit dem IBAN AT**, auf dem die Mieteinkünfte nachweislich eingingen. Da Sie im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Eigentümerin der Liegenschaft war und die Weiterleitung der Gelder auf andere Konten in ihrer Verfügungsmacht stand, ist bei Weiterleitung von einer Mittelverwendung (BFG 10.10.2018, RV/7103509/2017), dieser Gelder auszugehen. Im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen über die Einkünftezurechnung geht die Finanzbehörde entsprechend der vorliegenden Aktenlage in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die in Streit stehenden Mieteinkünfte der Bf zuzurechnen sind."

Am 12.8.2025 fand die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht statt. Die Beschwerdeführerin und ihr Vertreter sind nicht erschienen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht geht von folgendem, durch die in Klammern genannten Beweismittel belegten und aufgrund der nachfolgend dargestellten Beweiswürdigung als erwiesen angenommenem Sachverhalt aus:

Aufgrund des Schenkungsvertrages vom 7.2.2019 wurde die Beschwerdeführerin alleinige Eigentümerin der ÈZ ***. Am selben Tag wurde zugunsten ihres ehemaligen Gatten H das Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB auf der Liegenschaft einverleibt (vgl. Grundbuch und Urkundensammlung).

Aufgrund des vor dem Bezirksgericht K am 2.6.2023 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs zu GZ *** (vlg. Aktenstück 11 und Urkundensammlung des Grundbuchs) wurde das Eigentum an der Liegenschaft EZ *** an den ehemaligen Gatten der Beschwerdeführerin, H, rückübertragen. Dazu finden sich im Vergleich folgende Bestimmungen: "Die Liegenschaft EZ *** wird von der Erstantragstellerin an den Zweitantragsteller rückübertragen und - übergeben und der Zweitantragsteller übernimmt die Liegenschaft in sein alleiniges Eigentum. … Die körperliche Übergabe durch Aushändigung von Verwaltungsunterlagen und Schlüssel erfolgt am 30.06.2023. Festgestellt wird, dass die Erstantragstellerin über keine Kautionen der Mieter des Hauses verfügt. …"

Zwischen den ehemaligen Ehegatten haben abgesehen vom Schenkungsvertrag vom 7.2.2019 und dem gerichtlichen Vergleich vom 2.6.2023 und insbesondere im Streitjahr 2021 keinerlei Vereinbarungen die Liegenschaft EZ *** betreffend bestanden.

Die Beschwerdeführerin hat im Streitjahr 2021 die Liegenschaft EZ *** samt dem darauf befindlichen Wohnhaus an Dritte vermietet.

Die Mieteinnahmen sind (auch) im Jahr 2021 auf das Konto Nr. AT** bei der Raiffeisenbank W geflossen. Dieses Konto lautete während des gesamten Jahres 2021 auf "Ing. H oder ***Bf***". Die Beschwerdeführerin war Mitinhaberin und Verfügungsberechtigte dieses Kontos (vgl. Aktenstück 26).

Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 2021 quartalsweise Umsatzsteuervoranmeldungen übermittelt (vlg. Einsichtnahme in das Abgabeninformationssystem des Bundes).

Das Finanzamt hat für das Jahr 2021 die Bemessungsgrundlagen der Umsatzsteuer und der Einkommensteuer anhand der von der Beschwerdeführerin übermittelten Umsatzsteuervoranmeldungen geschätzt. Dabei hat das Finanzamt die geltend gemachten Vorsteuerbeträge pauschal um 50 % gekürzt. Die Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurde mit rund 50 % der gemeldeten Umsätze und in ähnlicher Höhe wie im Vorjahr 2020 geschätzt (vgl. Aktenstück 21, Einsichtnahme in den Steuerakt der Beschwerdeführerin für das Jahr 2020 im Abgabeninformationssystem des Bundes).

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Eigentumsstand bezüglich der Liegenschaft EZ *** ergeben sich aus dem Grundbuch und den in der Urkundensammlung hinterlegten Urkunden, namentlich dem Schenkungsvertrag vom 7.2.2019 und dem gerichtlichen Vergleich vom 2.6.2023.

Seitens der Beschwerdeführerin wurde nicht einmal behauptet, dass zwischen ihr und ihrem ehemaligen Gatten Vereinbarungen über die Verfügung über die Liegenschaft EZ *** bestanden hätten. Aus dem Akteninhalt und dem Grundbuchsstand ergeben sich keine diesbezüglichen Hinweise. Die Beschwerdeführerin hat im Jahr 2020 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt (vgl. Einsichtnahme in das Abgabeninformationssystem des Bundes). Sie hat auch erklärt, dass ihr Mieteinnahmen in den Folgejahren zugeflossen sind ("Folgende Zeitraum, ab 04/2022 bis 06/2023, habe ich die Einkünfte von der Vermietung und Verpachtung bekommen"; vgl. E-Mail an den steuerlichen Vertreter - Aktenstück 18).

Der Umstand, dass die Liegenschaft EZ 273 KG 83008 an Dritte vermietet war, ist zwischen den Parteien unstrittig und angesichts des Parteivorbringens und der beim Akt befindlichen Kontoauszüge (Aktenstücke 26 und 27), auf denen Mieteinnahmen aufscheinen, glaubwürdig.

Nach § 138 BAO haben die Abgabepflichtigen und die diesen gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung. Die Glaubhaftmachung hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung (Ritz/Koran, BAO, 8.A., Rz 4 zu § 166 und Rz 5 zu § 138 mit Judikaturhinweisen).

Die Beschwerdeführerin hat trotz mehrmaliger Aufforderung durch das Finanzamt keinen Mietvertrag die Liegenschaft betreffend vorgelegt und auch sonst keine Beweismittel zu ihrem Vorbringen beigebracht, die Einkünfte aus der Vermietung der Liegenschaft seien nicht ihr zuzurechnen.

Dem gegenüber hat das Finanzamt wesentliche Beweismittel (namentlich Auszüge des Bankkontos, dessen (Mit-)Inhaberin die Beschwerdeführerin im Jahr 2021 war und auf welches Mietzahlungen geflossen sind, welche der vermieteten Liegenschaft zuzuordnen sind Aktenstücke 26 und 27) von Amts wegen beigeschafft.

Das Vorbringen im Vorlageantrag ("Aus dem gesamten Schriftverkehr geht klar hervor, dass aufgrund der Ehescheidung Frau ***Bf*** keinen Zugriff mehr auf das ursprünglich gemeinsam mit ihrem Ehegatten geführte Bankkonto hat. Sie kann daher ihre Behauptung, dass ihr 2021 Mieteinnahmen nicht zugeflossen sind, leider nicht beweisen. Diese Beweisführung in Form von Belegen ist uE jedoch nicht erforderlich. Im Abgabenverfahren ist neben einer Beweisführung ebenso eine Glaubhaftmachung vorgesehen und üblich bzw von der Finanzverwaltung zu praktizieren. Welchen Grund sollte Frau ***Bf*** haben eine unwahre Behauptung aufzustellen. Ihre Argumentation ist aufgrund der Erfahrungen des täglichen Lebens wohl nachvollziehbar…") ist nicht geeignet, Umstände glaubhaft zu machen, die darauf hindeuten würden, dass ihre Dispositionsfähigkeit über die vermietete Liegenschaft eingeschränkt gewesen wäre, oder dass Einnahmen aus der Vermietung der Liegenschaft nicht ihr zugeflossen wären. Es untermauert vielmehr, dass die Beschwerdeführerin ihre Pflicht zur Aufbewahrung von Büchern und Aufzeichnungen (§ 132 BAO) nicht erfüllt hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Umsatzsteuer, Einkommensteuer - Abweisung)

Nach § 2 Abs. 1 und Abs. 3 EStG 1988 ist der Einkommensteuer jenes Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres erzielt. Der Einkommensteuer unterliegen unter anderem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28).

Einkünfte werden jenem Steuersubjekt zugerechnet, das auf eigene Rechnung den Steuertatbestand aufgrund seiner Dispositionsfähigkeit durch Leistungserbringung am Markt erfüllt (Jakom/Ehgartner EStG, 18.A., Rz 36 f zu § 2 mwN).

Die Beschwerdeführerin war im Streitjahr 2021 alleinige zivilrechtliche Eigentümerin der vermieteten Liegenschaft. Es lagen im Jahr 2021 keine Umstände vor, welche die Dispositionsmöglichkeit der Beschwerdeführerin über die Einkunftsquelle eingeschränkt oder jene eines Dritten begründet hätten.

Die Beschwerdeführerin hat im Streitjahr 2021 Mietentgelte auf einem Bankkonto, dessen (Mit-)Inhaberin sie war, vereinnahmt. Sie hat im Jahr 2021 quartalsweise Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und ist dadurch nach außen als Unternehmerin aufgetreten.

Nach § 184 Abs. 1 BAO sind die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit die Abgabenbehörde diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Die Beschwerdeführerin hat die Höhe der vom Finanzamt geschätzten Bemessungsgrundlagen der Umsatzsteuer nicht bestritten. Die Beschwerdeführerin hat auch die Höhe der vom Finanzamt geschätzten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht in Zweifel gezogen. Das Bundesfinanzgericht erachtet das Schätzungsergebnis des Finanzamtes dem Grunde und der Höhe nach als mit größter Wahrscheinlichkeit den wahren Gegebenheiten nahe kommend. Da die Beschwerdeführerin durch Nichtabgabe von Abgabenerklärungen und unterlassene Mitwirkung an der Ermittlung der materiellen Wahrheit zur Schätzung Anlass gegeben hat, muss sie die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit bzw. Unschärfe hinnehmen (Ritz/Koran, BAO, 8.A., Rz 3 zu § 184 BAO mit Judikaturhinweisen).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Anspruchszinsen - Abweisung)

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer, die sich aus Abgabenbescheiden nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen. Nach § 252 Abs. 2 BAO kann der Anspruchszinsenbescheid nicht erfolgreich mit der Begründung angefochten werden, dass die in einem Abgabenbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Die Beschwerdeführerin hat kein Vorbringen dazu erstattet, aus welchem (anderen) Grund der Bescheid über die Festsetzung der Anspruchszinsen rechtswidrig ergangen wäre. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)

In diesem Erkenntnis war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Würdigung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.

Innsbruck, am 12. August 2025