JudikaturBFG

RV/7101915/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
08. September 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***** in der Beschwerdesache die Beschwerdeführerin, mit Adresse*, über die Beschwerde vom 4. Juli 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 3. Juli 2024 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer XXXXX zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Strittig ist, ob die Kosten einer Hüftoperation in einer Privatklinik abzugsfähige Kosten im Sinne von außergewöhnlichen Belastungen darstellen.

Mit Vorhalt vom 24.6.2024 wurde die Beschwerdeführerin (kurz BF) anlässlich der von ihr bei der Abgabenbehörde eingereichten Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2023 aufgefordert, für die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt eine Kostenaufstellung und Nachweise zu übermitteln.

In der Arbeitnehmerveranlagung machte die BF Ausgaben für außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung in Höhe von € 9.518,74 geltend.

Die Abgabenbehörde kürzte die beantragten Kosten im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) auf den Betrag von € 350,17 und führte begründend aus, dass die beantragten Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden können, als die geforderten Beweismittel (Rechnungen, usw.) vorgelegt worden seien. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei der Erwerb apothekenpflichtiger Präparate, die ohne konkrete ärztliche Verordnung erworben werden, nicht zwangsläufig erwachsen und daher keine außergewöhnliche Belastung. Daher seien die Kosten in Höhe von € 118,40 nicht berücksichtigt worden.

In der fristgerechten Beschwerde führte die BF aus: "Ich habe am 02.07.2024 5 Dateien mit dem Ergänzungsansuchen, die restlichen 20 Dateien unter sonstige Anbringung und Anfragen übermittelt. Alle Unterlagen liegen auf, berücksichtigt wurden aber nur 5. Mit der Bitte um Kontrolle."

Mit Vorhalt vom 23.10.2024 wurde die BF von der Abgabenbehörde aufgefordert das Gutachten des Sozialministeriumservice, das zur Einstufung der Behinderung geführt habe, einzureichen und zu den direkten Zusammenhang aller beantragten Krankheitskosten mit dieser Behinderung zu erläutern.

In der Vorhaltsbeantwortung vom 25.10.2024 teilte die BF folgendes mit: "Die Einstufung meiner Behinderung erfolgte 1987 aufgrund von 2 schweren Unterleibsoperationen samt Blinddarmdurchbruch, Gelbsucht, Bauspeicheldrüsenentzündung und anschließend schwere Gallen-OP von der Amtsärztin der BH N und liegt seit der AN Veranlagung 1986 am Finanzamt N auf. Folgende Operationen folgten im Laufe der Jahre, wie zwei weitere Unterleibsoperationen, Venen-OP, Schilddrüsen-OP, rechte Hüft-OP, weißer und schwarzer Hautkrebs. Die Krankheitskosten setzen sich wie folgt zusammen: Physiotherapien € 558,80, linke Hüft-OP € 7.792,87, Fahrtkosten € 367,25, Arztkosten € 24,93, Rehakosten € 500,72, Apotheke € 253,67, Impfung € 20,50, ergibt € 9,518,74. Sollten noch immer Unklarheiten bestehen, ersuche ich um einen persönlichen Termin."

Mit Vorhalt vom 30.1.2025 wurde die BF von der Abgabenbehörde aufgefordert, folgende Nachweise zu erbringen: "Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständig können gemäß § 35 Abs. 2 erster bis dritter Teilstrich EStG 1988 folgende Stellen sein: Der Landeshauptmann: Bei Empfängern einer Opferrente (bis 31.03.2012). Die Sozialversicherungsträger: Bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice): In allen übrigen Fällen und bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art. Bescheinigungen, die vor dem 1. Jänner 2005 ausgestellt wurden, behalten ihre Gültigkeit auch nach dem 1. Jänner 2005 weiter. Da keine entsprechende Bescheinigung vorliegt, werden Sie ersucht, eine Kopie der Bescheinigung einzureichen. Die beantragten Kosten für die Operation in einer Privatklinik sind nur dann steuerlich zu berücksichtigen, wenn keine entsprechende Operation in einem öffentlichen Krankenhaus hätte durchgeführt werden können. Sie werden ersucht, dies durch ein ärztliches Gutachten nachzuweisen."

In der elektronischen Vorhaltsbeantwortung vom 31.1.2025 teilte die BF mit: "Zu Ihrer Rückfrage teile ich Ihnen mit, das weder ich noch die Bezirkshauptmannschaft N Unterlagen aus 1986 über meine Behinderung aufliegen haben. Somit kann ich Sie nur ersuchen, meine außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt zu berücksichtigen. Sollte es noch Unklarheiten geben, ersuche ich um Mitteilung."

Mit abweisender Beschwerdevorentscheidung vom 3.2.2025 wurde von der Abgabenbehörde begründend ausgeführt: "Dem § 34 EStG 1988 liegt der Gedanke zugrunde, dass die in Österreich Steuerpflichtigen eine Gemeinschaft bilden, die in den Ausnahmefällen der außergewöhnlichen Belastung, die die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Angehörigen der Gemeinschaft wesentlich beeinträchtigt, den Steuerausfall auf sich nimmt, der dadurch entsteht, dass dem Betroffenen eine Steuerermäßigung gewährt wird. Man kann daher unter Beachtung dieses Gedankens nicht zum Ergebnis gelangen, dass es Sinn dieser Gesetzesstelle wäre, die mit hohen Kosten verbundene Operation in einer Privatklinik teilweise mit Mitteln aus dem Steueraufkommen der Allgemeinheit zu finanzieren, wenn der Steuerpflichtige für sein Leiden die Operation nach den allgemein üblichen wissenschaftlichen Methoden auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung in einem öffentlichen Krankenhaus in Anspruch nehmen hätte können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.6.1978, 0130/77, können derart aufgewendete Beträge nicht als zwangsläufig erwachsen angesehen werden, solange sie nicht medizinisch notwendig sind. Da eine medizinische Notwendigkeit trotz Aufforderung nicht nachgewiesen wurde, konnten die geltend gemachten Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt. Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 3.517,25 Euro."

Im fristgerecht elektronisch eingebrachten Vorlageantrag teilte die BF folgendes mit und übermittelte beiliegend einen Arztbrief vom 10.2.2025: "Am 31.01.2025 habe ich das Ergänzungsansuchen vom 30.1.2025 nach einem Telefonat mit einer Kollegin, welche mir sagte ich könnte die gesamten Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt eintragen, beantwortet. Und zwar in der Annahme, dass keine ärztliche Bescheinigung notwendig ist. Jetzt wurden die Kosten für die private Hüft-OP nicht akzeptiert, daher übersende ich beiliegend eine Bescheinigung meines Arztes, aus der hervorgeht, dass ich nicht zum Vergnügen operiert wurde. Ich ersuche daher um Berücksichtigung dieser Kosten."

Mit Vorlagebericht vom 23.6.2025 legte die Abgabenbehörde den elektronischen Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in der Stellungnahme aus, dass die Kosten einer Operation in einer Privatklinik strittig seien. Eine medizinische Notwendigkeit sei nicht nachgewiesen worden und werde eine Abweisung der Beschwerde beantragt.

Mit Vorhalt vom 4.7.2025 wurde die BF vom Bundesfinanzgericht aufgefordert, nachzuweisen, dass die Behandlung durch einen Wahlarzt bzw. die Operation in einem Privatspital aus triftigen medizinischen Gründen geboten war und darzulegen mit welchen konkreten medizinischen Nachteilen die BF bei Zuwarten auf einen Operationstermin in einem öffentlichen Krankenhaus zu rechnen gehabt hätte bzw. ob nachhaltige Schäden an ihrer Gesundheit durch die Operation von einem Wahlarzt im Privatspital verhindert wurden.In der Vorhaltsbeantwortung vom 18.7.2025 schilderte die BF ihre Krankheitsgeschichte und in der Stellungnahme vom 13.8.2025 wurde eine Schreiben des Arztes vom 12.8.2025 übermittelt. Die Unterlagen wurden der Abgabenbehörde zur Stellungnahme übermittelt, welche mit Schreiben vom 19.8.2025 mitteilte, dass eine Stellungnahme unterbleibe, da die BF keine entsprechenden Nachweise für die medizinische Notwendigkeit der Operation erbracht habe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die BF ist am x.x.xxxx geboren. Die BF bezog im Jahr 2023 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und machte zusätzliche Kosten für außergewöhnliche Belastungen in Ihrer Arbeitnehmerveranlagung in Höhe von € 9.518,74 geltend.

Die BF litt unter massiven Beschwerden ihrer beiden Hüftgelenke. Im April 2019 wurde die BF an der rechten Hüfte im öffentlichen Krankenhaus operiert. Nach der rechten HTEP Operation waren die Beschwerden beidseits besser und konnte die BF problemlos ihren Alltag bewältigen. Anfang 2023 kam es zu einer Verschlechterung der Beschwerdesymptomatik links. Laut radiologischer Abklärung besteht höchstgradige Coxarthrose links.

Die BF befand sich in physiotherapeutischer Behandlung. Konservative Therapieversuche (Tabletten, Spritzen und Infusionen) versagten.

Im öffentlichen Spital wurde der Patientin eine kurierende HTEP Operation in 12 bis 18 Monaten in Aussicht gestellt. Die BF litt unter massiven Leidensdruck und nach Versagen der konservativen Therapieversuche mit dem drohenden Verlust der Selbstständigkeit und der gewohnten Mobilität. Die BF konnte im öffentlichen Spital nicht vorgezogen werden, da keine Hüftkopfnekrose bestand, die eine Akutlistenaufnahme mit zeitnahen Operationstermin ermöglicht hätte. Die BF unterzog sich daher der zeitnahen heilenden Operation im Evangelischen Krankenhaus X auf Selbstzahlerbasis. Am 8.5.2023 wurde die BF am Nachmittag erfolgreich operiert und konnte das Krankenhaus am 11.5.2023 wieder verlassen. Durch den zeitnahen erfolgreichen Eingriff konnte die BF wieder vollständig genesen und ihre Mobilität bewahren.

Für die BF sind mit der Behandlung der beschriebenen Schmerzen folgende Kosten angefallen: Physiotherapien € 558,80, linke Hüft-OP € 7.792,87, Fahrtkosten € 367,25, Arztkosten € 24,93, Rehakosten € 500,72, Apotheke € 253,67, Impfung € 20,50, ergibt Gesamtkosten in Höhe von € 9,518,74.

Die Wartezeit auf einen OP-Termin in einem öffentlichen Krankenhaus ist tendenziell länger als in einer Privatklinik. Durch die längere Wartezeit wäre es bei der BF zu einem Muskelabbau der stabilisierenden Muskulatur und einer Verschlechterung der Mobilisation gekommen.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den von der Abgabenbehörde vorgelegten und aus den im Verfahrensverlauf angeführten elektronischen Verwaltungsakten, den darin befindlichen und von der BF beigebrachten Unterlagen (insbesondere aus dem im Vorlageantrag beiliegenden Arztbrief vom 10.2.2025 und dem Schreiben des Arztes vom 12.8.2025) sowie den Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung.

Im Arztbrief Dr. Y vom 10.2.2025 wurde ausgeführt: "Der massive Leidensdruck nach Versagen der konservativen Therapieversuche im Verbund mit dem drohenden Verlust der Selbstständigkeit und der gewohnten Mobilität hat die Patientin bewogen, sich einer baldigen heilenden Operation im Evangelischen Krankenhaus X auf Selbstzahlerbasis zu unterziehen. Durch den erfolgreichen zeitnahen Eingriff konnte die Patientin wieder vollständig genesen Ihre Mobilität bewahren."

In der Stellungnahme von Dr. Y vom 12.8.2025 wird ausgeführt:[…] "Im Landesklinikum N besteht seit der Coronapandemie ein erheblicher Operationsstau mit regulären Wartezeiten von bis zu 18 Monaten auf einen Hüft- oder Knieprothesen. Trotz Nachfrage bei meinem ehemaligen Kollegen im Landesklinikum N auf der orthopädischen Abteilung kann kein Patient vorgezogen werden, da bei BF kein Hinweis auf eine Hüftkopfnekrose bestand, die eine Akutlistenaufnahme mit zeitnahmen Operationstermin ermöglicht hätte. […] Ein weiteres Zuwarten auf den regulären Operationstermin hätte nicht nur zu einem Muskelabbau der stabilisierenden Muskulatur und damit eine nachhaltige Verschlechterung der Mobilisierung geführt, auch die psychische Belastung durch das jahrelange Leiden, die immer hochdosierter notwendigen den Körper belastenden Schmerzmedikamente wären aggraviert. Dieser unnötige Leidensweg ist meiner Meinung nach der Patientin sowohl aus menschlicher aber ebenso aus orthopädischer Sicht nicht zumutbar gewesen."

Daraus ergibt sich, dass die BF freiwillig im Evangelischen Krankenhaus den ehestmöglichen Operationstermin wahrnahm. Bei längerem Zuwarten hätte ein Muskelabbau der stabilisierenden Muskulatur zu einer nachhaltigen Verschlechterung der Mobilisierung geführt.

Ein zusätzliches Eintreten von gesundheitlichen Problemen wurde nicht betätigt. Medizinische Nachteile, mit denen die BF bei Zuwarten auf einen Operationstermin in einem öffentlichen Krankenhaus zu rechnen gehabt hätte, wurden keine bestätigt.

Das Bundesfinanzgericht hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht und durfte die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gesetzliche Bestimmungen und rechtliche Würdigung:

Nach § 34 Abs 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988) sind bei der Ermittlung des Einkommens nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Eine solche Belastung muss folgende Voraussetzungen (kumulativ) erfüllen:1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Nach § 34 EStG 1988 können Krankheitskosten bzw. Kosten der Heilbehandlung steuermindernd geltend gemacht werden, insoweit sie die dort normierten allgemeinen Voraussetzungen für außergewöhnliche Belastungen erfüllen.

Außergewöhnlich ist nach § 34 Abs 2 EStG 1988 die Belastung dann, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Im gegenständlichen Fall sind die Kosten für die Behandlung grundsätzlich als außergewöhnlich anzusehen, da eine Krankheit einen regelwidrigen Körperzustand darstellt, und ein im Vergleich zu gesunden Personen damit in Zusammenhang stehender Mehraufwand für Medikamente, Heilbehandlungen, etc. notwendig ist.

Die Zwangsläufigkeit ist gemäß § 34 Abs 3 EStG 1988 erfüllt, wenn sich der Steuerpflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Solche tatsächlichen Gründe, die die Zwangsläufigkeit der Belastung zu begründen vermögen, können insbesondere in der Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder Betreuungsbedürftigkeit des Steuerpflichtigen gelegen sein (VwGH 11.2.2016, 2013/13/0064, VwGH 1.9.2015, 2012/15/0117; 4.9.2014, 2012/15/0136; 26.5.2010, 2007/13/0051). Wie auch der VwGH in 11.2.2016, 2003/13/0064, ausgeführt hat, ist die Zwangsläufigkeit des Aufwands stets nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen (vgl. wGH 21.11.2013, 2010/15/0130). Ob standardmäßig längere Wartezeiten im öffentlichen Gesundheitssystem auf medizinisch indizierte Behandlungen als unzumutbar einzustufen sind und folglich schnellere Behandlungsmöglichkeiten in privaten Krankenanstalten auf eigene Kosten zu einer steuerlich anzuerkennenden außergewöhnlichen Belastung führen, hängt von den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalles ab und erfordert eine Befassung mit der konkreten Krankheit im Abgabenverfahren (vgl. zB. VwGH 13.3.2023, Ra 2020/13/0057; VwGH 11.2.2022, Ra 2020/13/0062; VwGH 5.10.2021, Ra 2021/15/0059; VwGH 27.9.2021, Ra 2020/15/0066; VwGH 10.5.2021, Ra 2021/15/0031, ua.).

Wie der Verwaltungsgerichthof in seiner ständigen Rechtsprechung (zB VwGH 13.3.2023, Ra 2020/13/0057, VwGH 20.9.2023, Ra 2021/13/0025 u.a.) judiziert, zählen zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind. Zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich. Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn ein Teil der angefallenen Aufwendungen von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen wird (vgl. etwa VwGH 11.2.2022, Ra 2020/13/0062, mwN). Auch Aufwendungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, können dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, wenn sie aus triftigen Gründen medizinisch geboten sind (vgl. VwGH 11.2.2016, 2013/13/0064). Die Beweislast dafür trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann (vgl. etwa VwGH 5.3.2020, Ra 2019/15/0159, mwN).

Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muss auch der Höhe nach gegeben sein (vgl. VwGH 22.2.2023, Ro 2021/15/0005).

Im Rahmen der Krankenbehandlung ist das Recht auf freie Arztwahl grundsätzlich anzuerkennen. Liegen triftige medizinische Gründe vor, sind auch höhere Aufwendungen als die von der Sozialversicherung finanzierten, als zwangsläufig zu beurteilen. (vgl. VwGH 11.2.2022, Ra 2020/13/0062, ua.)

Bloße Wünsche, Befürchtungen oder Standesrücksichten der Betroffenen reichen nicht, um die Zwangsläufigkeit zu rechtfertigen (VwGH 11.2.2016, 2013/13/0064, ua.).

Bei der Angemessenheitsprüfung ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Abgabepflichtigen, sondern allein nach objektiven Umständen zu beurteilen, inwieweit eine Aufwendung notwendig und angemessen ist. (VwGH 14.1.1992, 91/14/0243, ua.)

Freiwillig getätigte Aufwendungen können nach § 34 EStG 1988 keine Berücksichtigung finden (vgl. VwGH 18.9.2013, 2011/13/0029).

Für den Beschwerdefall ergibt sich Folgendes:Die BF wurde mit Vorhalt der Abgabenbehörde vom 30.1.2025 aufgefordert, ein Gutachten beizubringen, um die medizinische Notwendigkeit darzulegen. Von der BF wurde die mit Vorlageantrag übermittelte Stellungnahme von Dr. Y übermittelt. Aus dieser geht hervor, dass wenn sich die BF in einem öffentlichen Krankenhaus hätte operieren lassen, mit einer längeren Wartezeit zu rechnen gewesen wäre. Die Möglichkeit einer Operation in einem öffentlichen Krankenhaus wäre ihr offen gestanden, jedoch mit längerer Wartezeit. Es ist zu beurteilen, ob aus objektiven Gesichtspunkten triftige medizinische Gründe vorgelegen haben, aufgrund derer die BF die gegenständliche OP auf privatem Wege durchführen lassen musste. Bei der Beurteilung, ob solche Gründe vorlagen, ist zu beachten, dass die Krankheit, aufgrund derer man eine OP durchführen möchte, naturgemäß bis zur tatsächlichen Operation weiterbesteht, weshalb jedermann möglichst schnell operiert werden möchte, was aus Kapazitätsgründen unmöglich ist.

Aus dem Schreiben des Arztes vom 10.2.2025 ergibt sich weiters, dass die BF unter massivem Leidensdruck nach Versagen der konservativen Therapieversuche im Verbund mit dem drohenden Verlust der Selbstständigkeit und der gewohnten Mobilität litt. Im Schreiben des Arztes vom 12.8.2025 wurde mitgeteilt, dass das Zuwarten zu einem Muskelabbau der stabilisierenden Muskulatur zu einer nachhaltigen Verschlechterung der Mobilisierung geführt hätte.

Die Mehrkosten für eine erwartete schnellere Durchführung einer Operation in einer Privatklinik können nur in Ausnahmefällen - insbesondere, wenn durch das längere Zuwarten der Eintritt zusätzlicher gesundheitlicher Probleme zu befürchten ist - zu außergewöhnlichen Belastungen iSd § 34 EStG 1988 führen, da ansonsten jede in einer Privatklinik aus medizinischen Gründen durchgeführte Operation zu außergewöhnlichen Belastungen, und somit zusätzlichen Kosten für die öffentliche Hand, führen würden. Erwartete Komplikationen oder eine im Einzelfall gebotene Behandlung in einem spezialisierten Krankenhaus sind im gegenständlichen Beschwerdefall nicht ersichtlich.

Es ist für das Bundesfinanzgericht nachvollziehbar, dass sich die BF so schnell wie möglich operieren lassen wollte, um den Schmerz möglichst schnell zu beenden und daher naturgemäß eine ehestmögliche Operation durchführen ließ.

Objektiv ist jedoch kein medizinisch indizierter Grund zur Eile aus den vorliegenden Unterlagen ersichtlich. Durch das Zuwarten auf einen Termin in einem öffentlichen Krankenhaus wären laut den Arztbriefen keine gesundheitlichen Nachteile, insbesondere keine zusätzlichen Schäden, erwachsen. Eine durch einen Muskelabbau hervorgerufene Verschlechterung der Mobilisation stellt keinen medizinisch triftigen Grund für eine sofortige Operation dar. Jede Mobilitätseinschränkung indiziert einen gewissen Muskelabbau und würde folglich jede Operation in einer Privatklinik zu außergewöhnlichen Belastungen führen.

Es ist nachvollziehbar, dass eine Person auf eine möglichst schnelle Operation drängt, insbesondere, wenn sie Schmerzen hat. Für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung ist jedoch notwendig, dass durch das Zuwarten gesundheitliche Nachteile eingetreten wären, was sich aus den vorgelegten Unterlagen - wie schon ausgeführt - nicht ergibt.

Zusammengefasst lagen keine triftigen medizinischen Gründe vor, die die Zwangsläufigkeit der OP in einem Privatklinikum, anstatt einem öffentlichen Krankenhaus, begründen würden, weshalb die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Kosten nicht als außergewöhnliche Belastungen iSd § 34 EStG 1988 zu qualifizieren waren und spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Die Frage, ob triftige medizinische Gründe für die Anerkennung von Krankheitskosten vorliegen, ob die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung glaubhaft gemacht worden sind, sind auf Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfragen, die zu keiner Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung führen.

Salzburg, am 8. September 2025