JudikaturBFG

VH/7500014/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
05. November 2024

BESCHLUSS-Verfahrenshilfe

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Doktor in der Verwaltungsstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über den Antrag vom 4. Oktober 2024 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe den Beschluss gefasst:

I. Gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG wird der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen.

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II. Eine Revision durch die antragstellende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 31. Juli 2024, Zahl: MA67/246700264137/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien als belangte Behörde der antragstellenden Partei ***Bf1*** angelastet, sie habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt in dem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am 22. Februar 2024 um 17:01 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1060 Wien, Lehargasse 8, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, da sich im Fahrzeug lediglich der bereits abgelaufene 30-Minuten-Parkschein Nr. ***Nr.*** mit den Entwertungen 22. Februar 2024, 14:30 Uhr, befunden habe. Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Ferner habe die beschwerdeführende Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Mit Eingabe vom 4. Oktober 2024 wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang samt Beigebung eines Rechtsanwaltes gestellt, ohne diesen zu begründen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 40 VwGVG normiert:

"(1) Ist ein Beschuldigter außerstande, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, so hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist.

(2) § 8a Abs. 3 bis 10 ist sinngemäß anzuwenden, § 8a Abs. 3 mit der Maßgabe, dass der Antrag auch mündlich gestellt werden kann."

§ 40 VwGVG entspricht weitgehend der Bestimmung des § 51a VStG in der Fassung vor BGBl. I 33/2013 (vgl. VfGH vom 25. Juni 2015, G7/2015 und VwGH vom 24. September 2015, Ro 2014/07/0068).

Nach der zu § 51a VStG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung Bedacht zu nehmen. Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers sind besondere Schwierigkeiten der Sachlage oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen, wobei die Beigabe eines Verfahrenshelfers nur dann vorgesehen ist, wenn beide in § 51a Abs. 1 VStG genannten Voraussetzungen (Mittellosigkeit, Interessen der Rechtspflege) kumulativ vorliegen (vgl. VwGH 29. September 2005, 2005/11/0094).

Besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage sind anzunehmen, wenn die Ermittlung oder Beurteilung des Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stößt oder eine besondere rechtliche Komplexität des Sachverhaltes gegeben ist. Sind sowohl die Sachverhaltsfragen als auch die Rechtsfragen vergleichsweise einfach, so ist Verfahrenshilfe nicht zu gewähren (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG, § 51a, Rz 3).

Im vorliegenden Fall wurde dem Antragsteller die Begehung der oben näher beschriebenen Verwaltungsübertretung zur Last gelegt; besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage können dem Akteninhalt nicht entnommen werden. Dass die Erstbehörde der Argumentation des Beschuldigten nicht gefolgt ist, bedeutet nicht, dass dieser nicht in der Lage ist, seinen Standpunkt vor dem Bundesfinanzgericht (allenfalls in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung) auch ohne anwaltlichen Beistand darzulegen, sowie etwaige Beweisanträge zu stellen. Auch die Höhe der Strafe, die dem Beschuldigten für das Delikt droht, gebietet nicht die Beigebung eines Verteidigers, darf doch gemäß § 42 VwGVG in einem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes keine höhere Strafe verhängt werden, als im angefochtenen Bescheid.

Da das Bundesfinanzgericht die Beigebung eines Verteidigers im Interesse der Verwaltungsrechtspflege sowie einer zweckentsprechenden Verteidigung für nicht erforderlich erachtet, muss nicht mehr geprüft werden, ob die antragstellende Partei außerstande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.

wichtiger Hinweis:

Wird gemäß § 40 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 8a Abs. 7 VwGVG der rechtzeitig gestellte Antrag [auf Verfahrenshilfe] abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen.

Auf die Rechtsmittelbelehrung des verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisses wird verwiesen, ebenso darauf, dass für die Behandlung derartiger Beschwerden gemäß § 5 WAOR das Bundesfinanzgericht zuständig ist.

§ 44 VwGVG normiert:

"(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn es einen Beschluss zu fassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen."

Ungeachtet eines Parteiantrages konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da ein Beschluss zu fassen war, die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstanden.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]

(9) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision erhoben werden kann, bestimmt das die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz."

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Der Begriff der "Verwaltungsstrafsache" schließt auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, ein (vgl. VwGH 1. Dezember 2015, Ra 2015/02/0223, mwN).

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch die beschwerdeführende Partei unzulässig (vgl. VwGH, 01. September 2022, Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Beschluss nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.

Wien, am 5. November 2024