JudikaturBFG

RV/3100492/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
29. Oktober 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***3***, ***4***, über die Beschwerde vom 12. Jänner 2023 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 15. Dezember 2022 betreffend Grunderwerbsteuer 2022, zu Erf.Nr. ***5***, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid ist wie folgt abgeändert:Die Grunderwerbsteuer wird festgesetzt mit 73.407,54 Euro.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Grunderwerbsteuer für Geschäftsgrundstücke in Zusammenhang mit einem Umgründungsvorgang wurde vom Parteienvertreter am 15.09.2020 mit 72.456,22 Euro selbst berechnet.Nach einer abgabenrechtlichen Außenprüfung wurde die Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom 15.12.2022 mit 109.828,90 Euro festgesetzt. Durch den Umgründungsvorgang sei der Anteilsvereinigungstatbestand gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG verwirklicht. Die Steuer sei daher vom Grundstückswert der erworbenen Grundstücke zu berechnen, wobei hinsichtlich der gewerblich genutzten Hallen bei der Ermittlung der Gebäudewerte gemäß § 2 Abs. 3 Grundstückswertverordnung (GrWV) - abweichend von der eingereichten Abgabenerklärung - der Baukostenfaktor gemäß § 2 Abs. 3 Z 3 lit. d GrWV anzusetzen sei (somit in Höhe von 72,5 % des Baukostenfaktors gemäß § 2 Abs. 3 Z 2 GrWV). Für Betriebsgrundstücke und damit verbundene Gebäude sei in der Grundstückswertverordnung kein eigener Tatbestand geschaffen worden. Somit würden Betriebsgrundstücke grundsätzlich unter den Auffangtatbestand gemäß § 2 Abs. 3 Z 3 lit. d GrWV fallen. Gegen diesen Bescheid wurde am 11.1.2023 Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass keine Lagerhäuser von Werkstättengebäuden oder Fabriksgrundstücken vorliegen. Eigenständige Gebäude seien einer eigenständigen Bewertung zugänglich.Gegenständlich handle es sich um einfachste Gebäude und Kalthallen gemäß § 2 Abs. 3 Z 3 lit. c GrWV.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 4.7.2023 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und damit begründet, dass Lagerhäuser, welche Teile eines Werkstättengebäudes sind, den Baukostenfaktor mit dem Werkstättengebäude teilen (siehe Info des BMF vom 13.05.2016, BMF-010206/0058-VI/5/2016 gültig ab 13.05.2016).

Am 1.8.2023 wurde ein Vorlageantrag gestellt.

Am 21.11.2023 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung.

Am 26.9.2025 übermittelte die beschwerdeführende Partei dem Bundesfinanzgericht Unterlagen zur Beurteilung Bauweise der streitgegenständlichen Gebäude.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Laut Einbringungsvertrag vom 15.05.2020 brachten die Gesellschafter der ***1*** ihre gesamten Gesellschaftsanteile in die ***Bf1*** ein. Als Gegenleistung erhielten die Gesellschafter daher neue Anteile an der ***1***. Für die Einbringung wurden die umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art III UmgrStG in Anspruch genommen. Zum Gesellschaftsvermögen der ***1*** gehörte auch Liegenschaftsvermögen. Laut Einheitswertbescheiden handelt es sich bei den Grundstücken um Geschäftsgrundstücke.

Die für das Baustoffgeschäft (Kundenverkehr und Büros) direkt genutzten Gebäudeteile sind in Massivbauweise errichtet. Unstrittig ist hier bei der Ermittlung der Gebäudewerte der Baukostenfaktor gemäß § 2 Abs. 3 Z 3 lit. d GrWV mit 72,5% anzusetzen.

Aus den von der beschwerdeführenden Partei übermittelten Unterlagen (Fotodokumentation) ist ersichtlich, dass die strittigen Gebäudeteile, die als Lager verwendet werden, als einfachste Gebäude und Kalthallen einzustufen sind. Eine Ausnahme bildet der Gebäudeteil "d" in ***2***, der in Massivbauweise errichtet ist und eine Fläche von 316,22 m² aufweist.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt mit dem Vorlagebericht übermittelten Akten und aus den von der beschwerdeführenden Partei am 26.9.2025 übermittelten Unterlagen, welche an die belangte Behörde vom Bundesfinanzgericht weitergeleitet wurden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Da der Anteilsvereinigungstatbestand gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) verwirklicht wurde, ist die dabei angefallene Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs 3 GrEStG 1987 vom Grundstückswert zu berechnen. Die Modalitäten der Berechnung des Gebäudewertes als Bestandteil des Grundstückswertes bebauter Grundstücke sind in § 2 Abs. 3 GrWV näher geregelt.Gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 GrWV ist dabei zunächst die (anteilige) Nutzfläche ( § 2 Abs. 3 Z 1 lit. a GrWV) mit einem Baukostenfaktor ( § 2 Abs. 3 Z 2 GrWV), der im Ausmaß des § 2 Abs. 3 Z 3 GrWV anzusetzen ist, zu multiplizieren.

Der für das jeweilige Bundesland vorgesehene Baukostenfaktor je Quadratmeter ist gemäß § 2 Abs. 3 Z 3 GrWV je nach Art des betreffenden Bauwerkes in unterschiedlich hohem Ausmaß anzusetzen. Die in § 2 Abs. 3 Z 3 GrWV idF BGBl. II Nr. 291/2019 geregelten Gebäudekategorien lauten wie folgt:

"a) bei Wohnzwecken dienenden Gebäuden, soweit für diese kein Richtwert oder Kategoriemietzins gemäß § 16 des Mietrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 520/1981 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2014 gilt,100%

b) bei Fabriksgebäuden, Werkstättengebäuden und Lagerhäusern, die Teile der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstückes sind 60%

c) bei einfachsten Gebäuden (z. B. Glashäuser, Kalthallen, Gerätehäuser oder nicht ganzjährig bewohnbare Schrebergartenhäuser) sowie bei behelfsmäßiger Bauweise 25%

d) bei allen anderen Gebäuden 71,25%"

Die Einstufung eines Gebäudes unter einer bestimmten Kategorie hat alleine anhand objektiver Merkmale der betreffenden Baulichkeit zu erfolgen (Bodis in Arnold/Bodis, GrEStG, 18. Lfg., § 4 Tz 90). Ausgenommen davon sind Gebäude, die Teil einer wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstückes sind. Diese fallen auch dann unter § 2 Abs 3 Z 3 lit b GrWV, wenn sie aufgrund ihrer bautechnischen Beschaffenheit auch als einfachste Gebäude gemäß § 2 Abs 3 Z 3 lit c GrWV eingestuft werden könnten (VwGH Ro 2022/16/0023).

Die Grundstücke der beschwerdeführenden Partei stellen allerdings keine "Fabriksgrundstücke" dar. Unter einer "Fabrik" ist die vorherrschende Form des Industriebetriebes, die durch die Bearbeitung und Verarbeitung von Werkstoffen unter Einsatz mechanischer und maschineller Hilfsmittel bei räumlicher Zentralisation der Arbeitsplätze innerhalb einer Fertigungsstätte (im Gegensatz etwa zur Heimarbeit) gekennzeichnet ist, zu verstehen (VwGH 6.4.1995, 93/15/0059). Davon kann bei den gegenständlichen Baumärkten keine Rede sei.

Aus dem Wortlaut des § 2 Abs 3 Z 3 lit c GrWV - sowie anhand der genannten Beispiele - ist abzuleiten, dass unter die Kategorie "einfachste Gebäude" nur Gebäude fallen können, die in Leichtbauweise und nicht in Massivbauweise errichtet worden sind.

Leichtbauweise liegt etwa bei Bauausführungen im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden zB aus Holz, Blech, Faserzement oder Ähnlichem und nicht massiven Dächern vor (zB Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung) (Kirchmayr/Wimmer in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG25 § 8 Tz 25).

Ein in Leichtbauweise - zB in Stahl-Leichtbauweise - errichtetes Werkstättengebäude ist entweder als "einfachstes Gebäude" (als "Kaltgebäude": bei Fehlen von Heizung und/oder Dämmung) einzustufen oder fällt unter die Kategorie gem § 2 Abs 3 Z 3 lit b GrWV (bei Vorhandensein von Heizung und/oder Dämmung, wenn es Teil der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstückes ist) bzw in die Kategorie "anderes Gebäude" gem § 2 Abs 3 Z 3 lit d GrWV (bei Vorhandensein von Heizung und/oder Dämmung, wenn es aber nicht Teil der wirtschaftlichen Einheit eines Fabriksgrundstückes ist) (Bodis in Arnold/Bodis, GrEStG, 18. Lfg., § 4, Tz 110).

Nach Beurteilung des Bundesfinanzgerichts anhand der vorgelegten Unterlagen handelt es sich bei den strittigen Lagerhallen um in Leichtbauweise errichtete Lagergebäude ohne Heizung oder Dämmung. Die strittigen Gebäude sind nicht mit Beton oder Ziegeln, sondern mit einfachem Trapezblech ausgeführt. Sie sind an einer oder mehreren Stellen offen und haben Flugdachcharakter.Es ist daher der Baukostenfaktor gemäß § 2 Abs 3 Z 3 lit c GrWV von 25% anzusetzen.

Eine Ausnahme bildet der Gebäudeteil "d" in ***2***, der in Massivbauweise errichtet ist und eine Fläche von 316,22 m² aufweist. Diesbezüglich ist der Baukostenfaktor mit 72,5% und der Korrekturfaktor gemäß § 2 Abs 3 Z 4 GrWV mit 65% anzusetzen.

Gebäudewerte ***2*** lt. Selbstberechnung:

BK-Fak.Korr.-FakGebäudewert
1975,0771,25%65%1.417.791,66
551,4171,25%100%608.963,42
2154,2525,00%30%250.431,56
1213,4925,00%100%470.227,38
  Summe2.747.414,01

Gebäudewerte ***2*** nach Berechnung des Bundesfinanzgerichts:

ArtBK-Fak.Korr.-FakGebäudewert
Geschäft1975,0771,25%65%1.417.791,66
Geschäft551,4171,25%100%608.963,42
Büro316,2271,25%65%226.996,55
Lager1838,0225%30%213.669,83
Ladezone1213,4925,00%100%470.227,38
  Summe2.937.648,82

Die Erhöhung der GrESt-Bemessungsgrundlage gegenüber der Selbstberechnung beläuft sich auf 190.234,81 Euro. Davon 0,5% Grunderwerbsteuer (§ 7 Abs 1 Z 2 lit c GrEStG): 951,17 Euro.

Der angefochtene Bescheid ist wie folgt abzuändern:Die Bemessungsgrundlage beträgt 14.681.507,88 Euro.Die Grunderwerbsteuer wird mit 73.407,54 Euro festgesetzt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.Die Frage der Einstufung der Gebäude war im Rahmen der Beweiswürdigung im Einzelfall zu lösen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, weshalb eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am 29. Oktober 2025