JudikaturBFG

RV/7500335/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
23. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin ***2*** betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 19. Mai 2025 hinsichtlich des Erkenntnisses des Bundesfinanzgericht vom 09. Dezember 2024, GZ. RV/7500382/2024, in einer Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Wolfgang Peter Stütz, Gruberstraße 6 Tür 3, 4020 Linz, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung zu Recht:

I. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird als unbegründet abgewiesen.

II. Eine Revision ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 09. Dezember 2024, GZ. RV/7500382/2024, wurde die Beschwerde vom 18. Juli 2024 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 18. Juni 2024, MA67/***GZ***/2024, als unbegründet abgewiesen.

Am 19. Mai 2025 stellte die Beschwerdeführerin durch ihren Parteienvertreter einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, in welchem vorgebracht wurde, das Bundesfinanzgericht habe offensichtlich übersehen, dass mit Eingabe vom 17. Februar 2025 dem Magistrat Wien als erste Instanz das beiliegende Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Wien, dem der gleiche Sachverhalt betreffend die Verwaltungsübertretung nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) zugrundeliege, zugestellt wurde. Aus diesem Erkenntnis ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin von sämtlichen vorgeworfenen Punkten freigesprochen worden wäre.

Hätte das Bundesfinanzgericht ihrer Entscheidung das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Wien zu Grunde gelegt, hätte auch das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung kommen müssen, dass das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin einzustellen gewesen wäre.

Über einen am 23.05.2025 verfassten Auftrag zur Mängelbehebung, gab der Parteienvertreter dem Bundesfinanzgericht bekannt, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens begründen würden, der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Wien vom 12.02.2025, GZ VGW-031/020/15745/2024-15, zugrundeliegen würden und das Bundesfinanzgericht folglich zum Schluss kommen hätte müssen, dass aufgrund dieser neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel (selbiger Inhalt wie im gegenständlichen Verfahren vor dem BFG) das Verfahren gegen die Beschwerdeführerin hätte eingestellt werden müssen.

Außerdem wurde bekanntgegeben, das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 09. Dezember 2024 sei der Beschwerdeführerin am 06.05.2025 zugestellt worden.

Sachverhalt:

Im abweisenden Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 09. Dezember 2024 wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Kennzeichnung des abgestellten Fahrzeuges mit einer Tafel ("Arzt im Dienst") im Sinne des § 24 StVO 1960 und des § 6 Wiener Parkometerabgabeverordnung nicht vorlagen. Die abweisende Begründung wurde im Wesentlichen unabhängig davon, dass die Beschwerdeführerin die behandelnde Person nicht namhaft gemacht hatte, darauf gestützt, dass der Fußweg zwischen dem Abstellort ihres Fahrzeuges und dem angegebenen Wohnort der zu behandelnden Person zwölf Minuten betragen hatte, die Beschwerdeführerin daher das Fahrzeug nicht in der Annahme, dass in unmittelbarer Nähe der kranken Person kein Platz frei gewesen wäre, in der ***1***, abgestellt hatte.

Im erwähnten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts wurde zum Ausdruck gebracht, dass in Anbetracht einer nicht von der Dauer der Hilfeleistung umfassten Fahrtunterbrechung, eine Bestrafung des Verhaltens der Beschwerdeführerin nicht auf die von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmungen der §§ 24 Abs. 5 sowie 99 Abs. 3 lit. c StVO gestützt werden habe können, weshalb das Verfahren einzustellen gewesen wäre.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich eindeutig aus dem Akteninhalt und wird als erwiesen angenommen.

Rechtliche Würdigung:

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und denen allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.

Gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen. Gleiches gilt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf "alte" - d.h. nicht ebenfalls erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene - Tatsachen beziehen. Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhalts gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (vgl. VwGH 20.3.2019, Ra 2019/20/0096; 8.8.2017, Ra 2017/19/0120, jeweils mwN).

In diesem Sinne liegen keine neu hervorgekommenen Tatsachen vor, die allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeigeführt hätten. Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde festgestellt, dass der Fußweg, den die Beschwerdeführerin vom Abstellort ihres Fahrzeuges zur behandelten Patientin zurücklegen musste nach Google Maps mindestens zwölf Minuten betragen hatte, sodass abgesehen davon, dass sie nach den detaillierten und glaubwürdig gewürdigten Aufzeichnungen des Kontrollorgans die auf der gegenüberliegenden Straßenseite des angelasteten Tatortes befindliche Apotheke nicht betreten hatte, bereits das Besorgen von Medikamenten in der genannten Entfernung vom Wohnort der zu behandelnden Patientin nicht als ärztliche Hilfeleistung im Sinne der genannten Vorschriften zu werten war.

Der Verweis des Parteienvertreters auf den Einstellungsbeschluss des Landesverwaltungsgericht Wien vom 12. Februar 2025, VGW-031/020/15745/2024-15 war daher keineswegs abstrakt geeignet, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesfinanzgericht die zum Ergebnis seiner Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. etwa VwGH 18.7.2022, Ra 2020/18/0455, mwN). Infolgedessen sind die Feststellungen im genannten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes auch nicht geeignet, allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeizuführen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine vertretbare Auslegung eines Antrags oder von Vorbringen im Einzelfall stellt regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. VwGH 5.9.2018, Ra 2018/12/0030). Dies kann auch die Beurteilung betreffen, ob ein Tatsachenvorbringen "neu hervorgekommen" im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 ist, also nicht etwa bereits im wiederaufzunehmenden Verfahren erstattet (und abgehandelt) worden ist. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am 23. Juni 2025