JudikaturBFG

RV/5100373/2023 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
08. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ANWALTGMBH Rinner Teuchtmann, Hauptstraße 33, 4040 Linz, und Berthold Greif, Spittelwiese 7-11, 4020 Linz, über die Beschwerde vom 21. März 2019, 26. März 2019, 13. Juni 2019 und 12. August 2019 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 18. März 2019 25. März 2019, 14. Mai 2019 und 16. 2019 betreffend Verspätungszuschlag / USt 2016, Verspätungszuschlag / USt 2017, Zwangsstrafe vom 14.5.2019, Zwangsstrafe vom 12. August 2019 Steuernummer 1234 zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird hinsichtlich Verspätungszuschlag USt 2016 und Verspätungszuschlag USt 2017 gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Verspätungszuschläge Umsatzsteuer 2016 und 2017 werden jeweils mit 0 € festgesetzt.

II. Den Beschwerden hinsichtlich Zwangsstrafen vom 14.5.2019 und 12. August 2019 wird gemäß § 279 BAO teilweise stattgegeben. Die Zwangsstrafen werden mit jeweils 1000 € festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1) Verspätungszuschläge Umsatzsteuer 2016 und 2017

Mit Verspätungszuschlagsbescheid vom 18. März 2019 wurde hinsichtlich Umsatzsteuer 2016 ein Verspätungszuschlag von 10 % in Höhe von 3712,28 € festgesetzt. Begründend wurde auf § 135 BAO verwiesen.

Mit Verspätungszuschlagsbescheid vom 25. März 2019 wurde hinsichtlich Umsatzsteuer 2017 ein Verspätungszuschlag von 6,8 % in Höhe von 2216,72 € festgesetzt. Begründend wurde auf § 135 BAO verwiesen.

Mit Beschwerden vom 21.3.2019 und vom 26.3.2019 wurde zum einen auf das noch offene Beschwerdeverfahren zur Umsatzsteuer verwiesen und zum anderen eine Höhe des Verspätungszuschlages kritisiert, es sei maximal ein Verspätungszuschlag von 2 % angemessen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. Juli 2019 wurde betreffend Verspätungszuschlag U 2016 die Beschwerde abgewiesen und ausgeführt: "Begründung: Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung 2016 hat am 30.04.2017 (Papierform) bzw. 30.6.2017 (Elektronisch) geendet. Die ***Bf1*** war nicht durch einen Steuerberater vertreten. Folgende Erinnerungen zur Abgabe der Erklärungen sind im Jahr 2017 ergangen:2.11. und 01.12.; Erinnerungen im Jahr 2018: 12.4. und 06.06.. Die Erklärungen wurden erst im Zuge der Beschwerden im Jahr 2019 vorgelegt. Die Verspätung beträgt ca. 2 Jahre, daher ist die Höhe des Verspätungszuschlages mit 10% gerechtfertigt. Die im Vorhalt vom 1.4.2017 gesetzte Frist mit 30.4.2019 wurde nicht eingehalten. Weiters haben Sie die fehlenden Unterlagen auch nicht innerhalb der in Ihrem Schreiben vom 13.5.2019 angebotenen Frist bis 7.6.2019 eingereicht. Nach Ansicht des Finanzamtes war die Fristerstreckung zur Nachreichung der Unterlagen ausreichend bemessen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. Juli 2019 wurde betreffend Verspätungszuschlag U 2017 die Beschwerde abgewiesen und ausgeführt: "Begründung: Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung 2017 hat am 30.04.2018 (Papierform) bzw. 30.6.2018 (Elektronisch) geendet. Die ***Bf1*** war nicht durch einen Steuerberater vertreten. Folgende Erinnerungen zur Abgabe der Erklärungen sind im Jahr 2018 ergangen: 23.11.. Die Erklärungen wurden erst im Zuge der Beschwerden im Jahr 2019 vorgelegt. Die Verspätung beträgt ca. 1 Jahre, daher ist die Höhe des Verspätungszuschlages mit 10% gerechtfertigt. Die im Vorhalt vom 1.4.2017 gesetzte Frist mit 30.4.2019 wurde nicht eingehalten. Weiters haben Sie die fehlenden Unterlagen auch nicht innerhalb der in Ihrem Schreiben vom 13.5.2019 angebotenen Frist bis 7.6.2019 eingereicht. Nach Ansicht des Finanzamtes war die Fristerstreckung zur Nachreichung der Unterlagen ausreichend bemessen."

Mit Schreiben vom 26.8.2019 wurden fristgerecht Vorlageanträge gestellt. Es erfolgte kein weiteres Vorbringen.

Die Beschwerden wurden dem Bundesfinanzgericht am 31.5.2023 vorgelegt.

2) Zwangsstrafe vom 14.5. 2019 und Zwangsstrafe vom 16.7.2019

Mit Vorhalt vom 1.4.2019 wurde die Verhängung einer Zwangsstrafe in Höhe von € 2500 für den Fall der Nichtbeantwortung des Vorhaltes angedroht.

Mit Bescheid vom 14.5.2019 wurde eine Zwangsstrafe in Höhe von 2500 € wegen Nichtbeantwortung eines Vorhaltes vom 1.4.2019 festgesetzt, eine neue Frist bis 31.5.2019 gesetzt und wiederum eine Zwangsstrafe in Höhe von € 2500 für den Fall der Nichtbeantwortung angedroht.

Mit Bescheid vom 16.7.2019 wurde wiederum eine Zwangsstrafe in Höhe von 2500 € festgesetzt.

Mit Beschwerden vom 13.6.2019 und vom 12.8.2019 wurde zum einen angeführt, eine Zwangsstrafenverhängung sei grundsätzlich nicht möglich und zum anderen die Höhe der Zwangsstrafen kritisiert. Es sei maximal eine Zwangsstrafe in Höhe von 100 € angemessen. Zudem wurde eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 19. August 2019 wurde nach Zitierung der maßgeblichen Gesetzesbestimmung im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt:

"Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen (VwGH 9.12.1992, 91/13/0204; 27.9.2000, 97/14/0112) und die Partei (zB Abgabepflichtiger, Auskunftsperson) zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten (vgl VwGH 20.9.1988, 88/14/0066; 27.9.2000, 97/14/0112).

Mit Vorhalt vom 1.4.2019 hat das Finanzamt Unterlagen 2016-2018 mit angemessener Frist 30.04.2019 angefordert (Zwangsstrafenandrohung von € 2.500.-). Zwangsstrafen dürfen nur zur Erzwingung auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen angedroht und festgesetzt werden. Darunter fallen zB: Vorlage von Unterlagen (VwGH 28.2.1989, 86/14/0033; 25.6.2002, 97/17/0333; UFS 21.6.2004, RV 1528-W/02),

Da nur für 2016 und 2017 Beschwerden eingebracht wurden (Nach der Judikatur des VfGH darf der Berufungswerber nicht zur Vorlage von der Stützung seines Berufungsbegehrens dienenden Beweismitteln mit Zwangsstrafe verhalten werden (VfGH 5.3.1979, B 175/76, Slg 8510; glA VwGH 18.9.1991, 91/13/0012; BFG 16.6.2015, RV/1100415/2015; aM Prohaska, ÖStZ 1981, 293; vgl auch Tänzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 111, 321), nicht aber für 2018, hat das Finanzamt wegen Nichtbeantwortung des Vorhalts für 2018 die Zwangsstrafe zu Recht festgesetzt. Erst mit Schreiben vom 13.5.2019 wurde um Fristerstreckung bis 7.6.2019 zur Beantwortung des Vorhalts angesucht. Die Unterlagen sind bis heute nicht eingelangt."

Ergänzend wurde bei der zweiten Zwangsstrafe ausgeführt: "Mit Bescheid vom 14.5.2019 hat das Finanzamt eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von € 2.500.- angedroht (Frist 31.05.2019). Auch die von Ihnen im Schreiben vom 13.5.2019 angebotene Frist bis 7.6.2019 wurde nicht eingehalten. Im Bescheid vom 16.7.2019 wurde eine weitere Frist bis 9.8.2019 für die Einreichung der angeforderten Unterlagen gesetzt, diese wurden aber von Ihnen nicht abgegeben. Zwangsstrafen dürfen nur zur Erzwingung auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen angedroht und festgesetzt werden. Darunter fallen zB: Vorlage von Unterlagen (VwGH 28.2.1989, 86/14/0033; 25.6.2002, 97/17/0333; UFS 21.6.2004, RV 1528-W/02). Die Nichtvorlage der angeforderten Unterlagen zur Überprüfung der Umsatzsteuererklärung 2018 fällt daher eindeutig in den Anwendungsbereich des § 111 BAO. Die Umsatzsteuererklärung wurde am 26.3.2019 elektronisch eingereicht (Fristablauf wäre der 30.6.2019 gewesen). Die Überprüfung der Richtigkeit obliegt dem Finanzamt und erfolgte mit der Anforderung der entsprechenden Unterlagen 2018. Da diese Unterlagen bis heute nicht eingereicht wurden, erfolgte die Festsetzung der 2. Zwangsstrafe zu Recht."

Mit Schreiben vom 18.7.2019 und 26.8.2019 wurden fristgerecht Vorlageanträge gestellt. Es erfolgte kein weiteres Vorbringen.

Die Beschwerden wurden dem Bundesfinanzgericht mit Vorlagebericht vom 31.5.2023 vorgelegt.

Hinsichtlich der zeitgleich vorgelegten Einkünftefeststellungsbescheide und Umsatzsteuerbescheide 2016 und 2017 erfolgte eine Erledigung nach § 300 BAO.

Mit Schreiben vom 31.3.2025 wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung hinsichtlich Zwangsstrafen und Verspätungszuschläge zurückgenommen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Umsatzsteuererklärung 2016 wurde erst mit der Beschwerde vom 21.3.2019 gegen den Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 18.3.2019, mit dem die Umsätze nach § 184 BAO geschätzt wurden, eingereicht. Eine Verspätung liegt daher vor und war auch nicht entschuldbar. Dementsprechend erging gleichzeitig mit dem Umsatzsteuerbescheid der verfahrensgegenständliche Verspätungszuschlagsbescheid, in dem der Verspätungszuschlag mit 10% von € 37122,80, sohin mit € 3712,28 festgesetzt wurde.

Im neuen Umsatzsteuerbescheid 2016 (nach § 300 BAO) vom 10.3.2025 kommt es zu keiner Umsatzsteuerzahllast, weshalb auch kein Verspätungszuschlag verhängt wird.

Die Umsatzsteuererklärung 2017 wurde erst mit 22.3.2019 eingereicht. Eine Verspätung liegt daher vor und war auch nicht entschuldbar. Der verfahrensgegenständliche Verspätungszuschlagsbescheid erging mit dem Umsatzsteuerbescheid 2017 am 25.3.2017. Es wurde ein Verspätungszuschlag von 6,80 % von 32.598,88, sohin € 2216,72 verhängt.

Im neuen Umsatzsteuerbescheid 2017 (nach § 300 BAO) kommt es zu einer reduzierten Zahllast von € 10.088,19.

Mit Vorhalt vom 1.4.2019 hat das Finanzamt Unterlagen 2016-2018 mit angemessener Frist 30.04.2019 angefordert (Zwangsstrafenandrohung von € 2.500.-).

Der Vorhalt blieb unbeantwortet, die Zwangsstrafe wurde in der angedrohten Höhe festgesetzt. Weiters wurde neuerlich eine Nachfrist zur Vorhaltsbeantwortung bis 31.5.2019 festgesetzt und eine weiter Zwangsstrafe in Höhe von € 2500,-- angedroht.

Diese wurde mit Bescheid vom 16.7.2019 in der angedrohten Höhe festgesetzt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe hinsichtlich Verspätungszuschläge, Abänderung hinsichtlich Zwangsstrafen)

Verspätungszuschläge:

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Wie oben ausgeführt, war die Abgabe der Abgabenerklärungen verspätet und nicht entschuldbar. Der Verspätungszuschlag ist jedoch anzupassen, wenn die Bemessungsgrundlage nachträglich geändert wird. Auch das Ermessen ist neu zu üben.

Für 2016 kam es zu keiner Festsetzung einer Abgabe, weshalb auch die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht möglich ist. Der Verspätungszuschlag wird mit 0 Euro festgesetzt.

Für 2017 erfolgte die Berechnung des Verspätungszuschlags nach einem Erlass des BMF aus dem Jahr 2006 (BMF-010103/0030/VI/2006) mit 6,8 % festgesetzt. Folgt man dieser Berechnungsmethode, ist auch für 2007 kein Verspätungszuschlag festzusetzen, da zwar eine Zahllast vorliegt, sich in Summe aber eine Abgabengutschrift ergibt.

Umsatzsteuer 2017
ZahllastNachforderungVerspätungszu.
bisher32598,8822348,882216,72
ZahllastGutschrift
neu10088,2922510,590

Gegen eine diesbezügliche Ermessensübung liegen nach Ansicht der Richterin keine Bedenken vor.

Zwangsstrafen:

Gemäß § 111 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen iher besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Zwangsstrafen zu erzwingen.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. muss vor der Festsetzung der Zwangsstrafe eine schriftliche Androhung mit Setzung einer angemessenen Frist erfolgen. Dies ist erfolgt.

Entgegen den Ausführungen der steuerlichen Vertretung ist eine Vorhaltsbeantwortung mit Zwangsstrafe erzwingbar.

Grundsätzlich erfolgte die Festsetzung beider Zwangsstrafen zu Recht.

Die Festsetzung der Höhe der Zwangsstrafe liegt im Ermessen, wobei auch die Höhe der allfälligen Steuernachforderung zu berücksichtigen ist (Ritz, BAO2, § 111 Tz 10). Aus der Veranlagung der Bw. zu Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte 2018 gab es (vgl. Bescheide vom11. Dezember 2024) keine Nachforderung (Umsatzsteuergutschrift in Höhe von 694,02, Einkünfte wurden mit 0 € festgestellt), was zugunsten der Bw. berücksichtigt wird- Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass die Bf. ihre steuerlichen Pflichten bereits mehrfach und über einen längeren Zeitraum nur sehr schleppend erfüllt hat, weshalb eine Zwangsstrafe von jeweils 1000 Euro als angemessen erscheint.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor.

Linz, am 8. April 2025