BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.Dr. Birgitt Koran über den Antrag des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom 7. Mai 2025 auf Verfahrenshilfe (Beigebung eines Verteidigers) für ein Beschwerdeverfahren gegen ein Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 30. April 2025, GZ. MA67/GZ/2025, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005 idF ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006 idF LGBl. für Wien Nr. 71/2018, beschlossen:
I. Der Antrag auf Verfahrenshilfe (Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers) wird abgewiesen.
II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Begründung
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 (belangte Behörde) vom 30. April 2025, GZ. MA67/GZ/2025, zugestellt am 1. Mai 2025, wurde der Beschwerdeführer (Bf.) für schuldig befunden, das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am 30. Jänner 2025 um 16:08 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Castlegasse 18, abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung bei Beginn mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Demnach habe der Bf. die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von 75,00 Euro verhängt und eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 17 Stunden festgesetzt.
Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) habe der Bf. zudem einen (Mindest)Beitrag von 10,00 Euro zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.
Auf dem verfahrensgegenständlichen Konto seien bereits 36,00 Euro verbucht gewesen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag betrage daher 49,00 Euro.
Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis am 7. Mai 2025 Beschwerde (E-Mail) und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Verfahrenshilfe sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen machte der Bf. geltend, er sei gegenwärtig arbeitslos, sorgepflichtig für zwei Kinder und könne sich die Höhe der Strafe nicht leisten.
Über den Antrag wurde erwogen:
§ 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in Folge: VwGVG) in der ab 01.01.2017 gültigen Fassung (BGBl. I Nr. 24/2017) lautet:
"Ist ein Beschuldigter außerstande, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, so hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist."
Gemäß Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat; jeder Angeklagte hat mindestens (englischer Text) insbesondere (französischer Text) das Recht, sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, falls er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist.
Der Verweis in § 40 Abs. 1 VwGVG auf Bestimmungen der EMRK (Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) bekräftigt somit den Inhalt des § 40 Abs. 1 VwGVG. Der dritte Absatz von Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ("Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten") bekräftigt ebenfalls den Inhalt des § 40 Abs. 1 VwGVG.
§ 40 VwGVG entspricht weitgehend der Bestimmung des § 51a Verwaltungsstrafgesetz (VStG) in der Fassung vor BGBl. I 33/2013, weshalb die zu § 51a VStG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hier anwendbar ist (vgl. VwGH 25.09.2018, Ra 2018/05/0227, Rnr. 10 unter Verweis auf VwGH 18.05.2016, Ra 2016/04/0041).
Bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege ist vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung Bedacht zu nehmen. Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers sind besondere Schwierigkeiten der Sachlage oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen, wobei die Beigabe eines Verfahrenshelfers nur dann vorgesehen ist, wenn beide in § 51a Abs. 1 VStG bzw. in § 40 Abs. 1 VwGVG genannten Voraussetzungen (Mittellosigkeit, Interessen der Rechtspflege) kumulativ vorliegen (vgl. VwGH 29.09.2005, 2005/11/0094; VwGH 25.09.2018, Ra 2018/05/0227, Rnr. 10).
Besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage sind anzunehmen, wenn die Ermittlung oder Beurteilung des Sachverhaltes auf besondere Schwierigkeiten stößt oder eine besondere rechtliche Komplexität des Sachverhaltes gegeben ist. Sind sowohl die Sachverhaltsfragen als auch die Rechtsfragen vergleichsweise einfach, so ist Verfahrenshilfe nicht zu gewähren (vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3, § 40 VwGVG, Rz 3 unter Verweis auf VwGH 25.09.2018, Ra 2018/05/0227). Dies selbst dann, wenn es sich beim Beschuldigten um eine Person ohne juristische Ausbildung handelt (vgl. VwGH 25.09.2018, Ra 2018/05/0227, Rnr. 13).
Im vorliegenden Fall wurde dem Antragsteller die Begehung der oben näher beschriebenen Verwaltungsübertretung (Abstellen des Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben) zur Last gelegt. Dass die Organstrafverfügung verspätet, nach der zweiwöchigen Einzahlungsfrist einbezahlt wurde und somit eine Anonymverfügung erlassen wurde, stellt keine besonderen Schwierigkeiten dar und können auch hinsichtlich der Beurteilung der entscheidungsmaßgeblichen Sach- und Rechtslage dem Akteninhalt besondere Schwierigkeiten nicht entnommen werden. Gegenteiliges behauptet selbst der Antragsteller nicht.
Auch sind die Rechtsfolgen des dem Bf. zur Last gelegten rechtswidrigen Handelns durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt.
Wie die zuvor wiedergegebenen Beschwerdeausführungen und auch der übrige aktenkundige Inhalt der Eingaben des Antragstellers zeigen, ist dieser zudem in der Lage, auch ohne Beigabe eines Verteidigers sein Anliegen entsprechend zu artikulieren und diesbezügliche Beweisanträge zu stellen (vgl. VfGH 25.6.2015, G 7/2015, wonach grundsätzlich kein Gebot zur Beigebung eines unentgeltlichen Verfahrenshelfers besteht, wenn ein Fall nicht komplex ist, sodass die Partei ihre Interessen selbstständig vertreten kann).
Das Interesse einer zweckdienlichen Verteidigung erfordert daher nach Lage des Falles keine Beigebung eines Verteidigers.
Für das Bundesfinanzgericht sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Antragsteller nicht in der Lage sein sollte, seinen Standpunkt vor dem Bundesfinanzgericht in einer Beschwerde und in einer (von ihm bereits beantragten) mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht auch ohne anwaltlichen Beistand darzulegen.
Weiters droht dem Antragsteller für das Strafverfahren keine höhere Geldstrafe als 75,00 Euro (bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine maximale Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden), weil gemäß § 42 VwGVG in einem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes keine höhere Strafe verhängt werden darf als im angefochtenen Bescheid. Auch aus diesem Grund ist keine besondere Tragweite des Falles zu erkennen, welche die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers erforderlich machen würde.
Da die Beigebung eines Verteidigers im Interesse der Rechtspflege nicht erforderlich ist, braucht auch nicht mehr geprüft werden, ob der Antragsteller außer Stande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.
Der Antrag war sohin abzuweisen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Eine Revision wegen Verletzung in Rechten ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und überdies im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wurde. Eine Angelegenheit, die einen Antrag zum Gegenstand hat, der mit einem Verwaltungsstrafverfahren untrennbar verbunden ist, stellt eine Verwaltungsstrafsache iSd § 25a Abs. 4 VwGG dar und es kommt daher der Revisionsausschluss zum Tragen.
Diese Voraussetzungen liegen in gegenständlicher Verwaltungsstrafsache vor. Wenn gegen die Verhängung der Geldstrafe eine Revision unzulässig ist, muss dies auch für die Entscheidung über die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers in einem solchen Verfahren gelten, sodass die Revision schon kraft Gesetzes ausgeschlossen ist.
Wien, am 15. Juli 2025