IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerde vom 1. April 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom 13. Februar 2025 betreffend Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist ein Kreditinstitut und unterliegt dem Stabilitätsabgabegesetz. Sie ist Mitglied des ***1***sektors und der ***2*** Bank AG als Zentralinstitut angeschlossen und damit gemäß § 27a BWG verpflichtet, zur Sicherung des Finanzmarktstabilitätsgesetzes an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen (Liquiditätsverbund).
2. Am 24. Oktober 2024 wurde die Stabilitätsabgabeerklärung 2024 übermittelt. In einem Begleitschreiben vom gleichen Tag wurde mitgeteilt, im Sinne der Verfahrensökonomie sowie in Kenntnis der Rechtsmeinung des ***3*** sei bei Berechnung der Bemessungsgrundlage die Kürzungsbestimmung des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG nicht angewendet worden. Die Bemessungsgrundlage sei nicht um die beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve vermindert worden. Die Beschwerdeführerin behalte sich vor, die gegenteilige Rechtsansicht im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens durchzusetzen.
3. Die Veranlagung zur Stabilitätsabgabe 2024 erfolgte erklärungsgemäß.
4. Gegen den Bescheid über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 vom 13. Februar 2025 wurde (nach Verlängerung der Beschwerdefrist) am 1. April 2025 fristgerecht Beschwerde erhoben. Neuerlich wurde darauf hingewiesen, dass in der Stabilitätsabgabeerklärung 2024 die Liquiditätsreserve nicht abgezogen worden sei. Die Beschwerdeführerin beantragte die Abänderung des Bescheides vom 13. Februar 2025, weil dieser auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe. Nach Aufhebung von Teilen des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG durch den Verfassungsgerichthof wäre die Bemessungsgrundlage um die gehaltene Liquiditätsreserve zu kürzen. Die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe 2024 sei daher um € 250.290.236,81 zu kürzen und die Abgabe mit € 288.740,25 festzusetzen. Zur Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG wurde vorgebracht, es lägen ein unsachlicher Systembruch hinsichtlich der doppelten Besteuerung von Einlagen, eine unsachliche Differenzierung zwischen Einlagensicherung und Liquiditätsverbund, eine sachwidrige Besteuerung gedeckter Einlagen, eine Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören müssen, sowie solchen, die einem dreistufigen Bankenverbund angehören, vor.
5. Die Beschwerde wurde gemäß § 262 Abs 3 BAO ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Verwaltungsgericht vorgelegt.
II. Rechtslage und Erwägungen
1. Der Betrieb von Kreditinstituten unterliegt gemäß § 1 StabAbgG der Stabilitätsabgabe.
Gemäß § 2 Abs 1 StabAbgG ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme ( § 2 Abs 2 StabAbgG) des Kreditinstitutes, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG genannten Beträge, die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe.
Gemäß § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG ist die Bilanzsumme ab 2015 um Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten zu vermindern, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt.
Gemäß § 27a BWG haben Kreditinstitute, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, zur Sicherung der Finanzmarktstabilität an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen. Dazu haben sie bei ihrem Zentralinstitut oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 vH der Spareinlagen und 20 vH der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 vH der gesamten Euro-Einlagen zu halten.
2. Im Erkenntnis vom 20. November 2024, Ro 2024/13/0019, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen:
"29 Da überdies eine Verminderung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut (oder ein anderes Kreditinstitut) bestehen, kann die Verminderung der Bemessungsgrundlage nach dieser Ziffer nur im Fall eines mehrstufigen Bankenverbundes eintreten, da nur in diesem Fall sowohl Verpflichtungen gegenüber einem Kreditinstitut (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses), anderseits aber auch Forderungen an das Zentralinstitut bestehen können. Eine derartige Verminderung der Bemessungsgrundlage wird daher insbesondere bei einem dreistufigen Bankenverbund, und zwar auf Ebene der Landesbank eintreten können, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen.
30 Zu verweisen ist auch darauf, dass in Satz 1 des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG nicht normiert ist, wessen Liquiditätserfordernisse erfüllt wurden. Im zweiten Satz dieser Bestimmung wird hingegen - in deutlicher Abweichung vom ersten Satz - auf die Erfüllung der "eigenen Liquiditätshaltungspflicht" (also jene des Kreditinstituts, dessen Stabilitätsabgabe zu beurteilen ist) abgestellt. In diesem Sinne verweisen auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (zur Stammfassung des § 2 Abs. 2 Z 3 StabAbgG) darauf, dass das steuerpflichtige Kreditinstitut "seinerseits" Guthaben und Forderungen an ein Zentralinstitut habe. Es kann somit abgeleitet werden, dass in Satz 1 dieser Bestimmung gerade nicht die Liquiditätserfordernisse jenes Kreditinstituts gemeint sind, dessen Stabilitätsabgabe zu beurteilen ist, sondern die Liquiditätserfordernisse jenes Kreditinstituts, das die Einlagen bei dem Kreditinstitut, dessen Stabilitätsabgabe zu beurteilen ist, geleistet hat (und damit die Verpflichtung ausgelöst hat).
31 Bei einem (wie hier vorliegenden) zweistufigen Bankenverbund liegen hingegen nicht (beim selben Kreditinstitut) sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor."
Der Verwaltungsgerichtshof ist sohin zum Ergebnis gelangt, dass § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG im zweistufigen Bankenverbund (sohin auch im gegenständlichen Fall) nicht anwendbar ist. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3. Der Meinung der Beschwerdeführerin, wonach der Bescheid über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe, vermag das Bundesfinanzgericht nicht zu folgen.
Nach Art 89 Abs 2 B-VG iVm Art 135 Abs 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof dann, wenn es gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aus Anlass des Revisionsverfahrens zu Ro 2024/13/0019 keinen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Dies lässt den Schluss zu, dass beim Verwaltungsgerichtshof verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Erkenntnisses nicht entstanden sind. Gleichermaßen hegt auch das Bundesfinanzgericht keine dahingehenden Bedenken. Es sah sich daher nicht veranlasst, eine Gesetzesaufhebung beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.
III. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist nicht zulässig, weil die zugrundeliegende Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019) hinreichend beantwortet sind. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Innsbruck, am 13. Mai 2025