IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Wiebke Peperkorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 4. März 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 7. Februar 2022 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Einkommensteuer für das Jahr 2019 wird mit EUR -919,00 festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage ./I angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Strittig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf.) sowohl das Pendlerpauschale und den Pendlereuro als auch Kosten für Familienheimfahrten geltend machen kann.
Am 28.1.2022 langte beim Finanzamt Österreich die Erklärung des Bf. zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2019 ein. Darin beantragte er das Pendlerpauschale i.H.v. EUR 1.224,-, den Pendlereuro i.H.v. EUR 400,- und Kosten für Familienheimfahrten i.H.v. EUR 2.448,-. In der Beilage L 1i beantragte der Bf. gem. § 1 Abs. 4 EStG 1998 als unbeschränkt steuerpflichtig in Österreich behandelt zu werden.
Am 7.2.2022 erging der Einkommensteuerbescheid 2019. Die in der Erklärung geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten wurden darin nicht berücksichtigt und wurde begründend ausgeführt, dass mit dem Pendlerpauschale die Familienheimfahrten abgegolten seien.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Bf. vom 4.3.2022, worin dieser vorbringt, dass er aufgrund der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) neben dem Pendlerpauschale die Familienheimfahrten aliquot für die Strecke über 120 km beantragt habe. Er sei wöchentlich gefahren und wohne in Tschechien mit seiner Partnerin zusammen, die in Tschechien eigene Einkünfte habe.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.5.2022 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Eine doppelte Haushaltsführung läge nicht vor. Der Bf. unterhalte keinen zweiten Haushalt am Dienstort. Es könnten neben dem Pendlerpauschale keine weiteren Familienheimfahrten geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer brachte am 10.6.2022 den Vorlageantrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (BFG) ein. Zusätzlich zu seinem bisherigen Beschwerdevorbringen führte der Bf. an, dass er die Strecke zwischen Wohnsitz und Arbeitsstätte mit dem eigenen Auto gefahren sei.
Die belangte Behörde legte am 28.6.2023 den Beschwerdeakt dem BFG zur Entscheidung vor.
In der Vorhaltsbeantwortung vom 22.8.2025, eingelangt beim BFG am 3.9.2025, brachte der Bf. vor, die Strecke zwischen seinem Wohnsitz in Tschechien und seiner Arbeitsstätte in Österreich mit seinem eigenen Auto, einem Opel Astra, und stets allein gefahren zu sein. Das Auto habe er im Jahr 2020 verkauft und seien alle Dokumente (Zulassungsschein, Kaufvertrag, etc.) bei einer Überflutung im September 2024 verloren gegangen. Er habe aber Fotos vom Auto vor der Unterkunft bei seiner Arbeitsstätte beigelegt. Auch das Fahrtenbuch, das er auf seinem PC gespeichert hatte, mit den Daten der einzelnen Hin- und Rückfahrten lege er vor. Service-Belege und Reparaturrechnungen seien ebenfalls bei der Überflutung verloren gegangen. Eine Tankfüllung habe ca. CZK 1.600,- bis 1.700,- gekostet. Für die Hin- und Rückstrecke habe er ca. 2,5 bis 3 Tankfüllungen verbraucht.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Im Beschwerdejahr 2019 wohnte der Bf. zusammen mit seiner Lebenspartnerin in Tschechien.
Der Bf. war im Jahr 2019 in Österreich bei der Firma ***A-GmbH*** beschäftigt. Über diese Firma arbeitete der Bf. im Beschwerdejahr bei der Firma ***B-GmbH*** an der Adresse ***Adr in Ort1***.
Die Fahrtstrecke zwischen seiner Wohnung in Tschechien und seiner österreichischen Arbeitsstätte in ***Ort1*** betrug 574 km.
Seine Partnerin ging einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Tschechien nach und erzielte im Jahr 2019 Einkünfte in Höhe von CZK 454.542,-. Die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich war dem Bf. nicht zumutbar.
In Österreich hatte der Bf. im Beschwerdejahr keinen gemeldeten Wohnsitz.
2. Beweiswürdigung
2.1. Wohnort und Arbeitsstätte
Die Feststellung, wonach der Bf. im Jahr 2019 mit seiner Partnerin in Tschechien wohnte, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben in der Beschwerde sowie im Vorlageantrag. Darüber hinaus legte der Bf. der belangten Behörde im Rahmen einer Vorhaltsbeantwortung vom 9.5.2022 behördliche Meldebestätigungen vor, aus denen sich die gemeinsame Adresse des Bf. und seiner Partnerin in Tschechien ergibt.
Ebenfalls im Rahmen dieser Vorhaltsbeantwortung legte der Bf. auch das Formular L 33 betreffend die Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros vor. In diesem Formular wird die Anschrift der Arbeitsstätte mit "***B-GmbH***, A -***PLZ*** ***Ort1***" angegeben. Die schnellste Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wird mit 574 km erklärt. Eine von der Richterin vorgenommene Abfrage der Route bei Google Maps ergab eine Abweichung von 3 km (571 km), welche aufgrund der Geringfügigkeit vernachlässigt werden kann.
Dass der Bf. bei der Firma ***A-GmbH*** tätig war, zeigt sich bereits aus dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid. Diese Firma ist im Bereich der Personalüberlassung tätig.
Der Bf. gab gegenüber der belangten Behörde nicht nur im Wege des Formulars L 33, sondern auch im Rahmen einer weiteren Vorhaltsbeantwortung vom 12.7.2023 an, dass die Adresse seiner Arbeitsstätte im Jahr 2019 durchgehend jene der Firma ***B-GmbH*** in ***Ort1*** gewesen sei. Im Zuge einer Nachfrage der Richterin beim Dienstgeber des Bf., ***A-GmbH***, wurde dies bestätigt.
Dass der Bf. im Beschwerdejahr keinen (Haupt- oder Neben-)Wohnsitz in Österreich gemeldet hatte, ergibt sich aus einer Abfrage im Zentralen Meldesystem. Zudem gab der Bf. in seiner Vorhaltsbeantwortung vom 19.4.2022 an, in Österreich keinen Aufenthalt gehabt zu haben.
2.2. Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes
Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung kann ihre Ursachen sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen oder in der Erwerbstätigkeit seiner Ehegattin bzw. Partnerin einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (vgl. VwGH 28.11.2007, 2003/14/0104 m.w.N.) und ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (vgl. VwGH 29.5.2024, Ra 2023/15/0087; 25.2.2022, Ra 2022/13/0010 m.w.N.).
Eine unzumutbare Verlegung des Familienwohnsitzes zum Dienstort liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes u.a. dann vor, wenn steuerlich relevante Einkünfte des (Ehe)Partners bei der Verlegung des Familienwohnsitzes verloren gingen, wobei das Gewicht des Beitrags der vom (Ehe)Partner erzielten Einkünfte zum Familieneinkommen zu berücksichtigen ist (VwGH 17.2.1999, 95/14/0059, 26.4.2024, Ra 2023/15/0011; zur Unzumutbarkeit im Fall einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft vgl. nochmals VwGH 28.11.2007, 2003/14/0104).
Im gegenständlichen Fall erzielte die Lebenspartnerin des Bf. im Beschwerdejahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von CZK 454.542,-. Zum Nachweis dieser Einkünfte legte der Bf. eine Bescheinigung der tschechischen Steuerbehörde vor. CZK 454.542,- entsprechen umgerechnet in etwa EUR 18.500,-. Demgegenüber erzielte der Bf. im Jahr 2018 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von EUR 18.131,82 (ohne Abzug von Werbungskosten). Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Lebenshaltungskosten in Tschechien geringer sind als in Österreich, fällt der Beitrag der Lebenspartnerin zum Familieneinkommen deutlich ins Gewicht. Daraus ließ sich die Feststellung ableiten, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Österreich nicht zumutbar war.
2.3. Familienheimfahrten
Der Bf. gab sowohl in seiner Beschwerde als auch im Vorlageantrag an, die Fahrtstrecke zwischen seiner Wohnung in Tschechien und seiner österreichischen Arbeitsstätte in ***Ort1*** wöchentlich zurückgelegt zu haben. Auch auf dem ausgefüllten Formular L 33 betreffend die Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, gibt der Bf. an, dass die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an mindestens vier Tagen, aber nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat zurückgelegt worden sei.
Nach der Rechtsprechung des VwGH sind die Kosten für wöchentliche Familienheimfahrten eines Steuerpflichtigen, der in größerer Entfernung von seinem Familienwohnsitz einer Erwerbstätigkeit nachgeht, dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn der Familienwohnsitz im Hinblick auf eine dort vom Ehegatten des Steuerpflichtigen ausgeübte Erwerbstätigkeit beibehalten wird (VwGH 11.1.1984, 81/13/0171). Gleiches gilt in einer Partnerschaft in eheähnlicher Lebensgemeinschaft (siehe m.w.N. zur Frage der Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes bereits oben). Eine andere Betrachtungsweise könnte allerdings geboten sein, wenn die Anzahl der Familienheimfahrten mit Rücksicht auf die Entfernung bzw. auf die dadurch erwachsenden Kosten als völlig unüblich zu bezeichnen wäre (vgl. wiederum VwGH 11.1.1984, 81/13/0171).
Die Abfrage der Richterin der Route zwischen Wohnsitz und Arbeitsstätte über Google maps ergab, dass die schnellste Strecke 571 km und die Fahrtdauer etwas mehr als 7 Stunden beträgt. Aufgrund der großen Distanz und langen Fahrtdauer stellt sich grundsätzlich nicht nur die Frage, ob wöchentliche Familienheimfahrten aufgrund der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Werbungskosten anzuerkennen wären, sondern auch ob der Bf. die Strecke tatsächlich wöchentlich zurückgelegt hat.
Mit Beschluss vom 30.7.2025 wurde der Bf. von der Richterin u.a. dazu aufgefordert, das Fahrtenbuch und eine detaillierte Aufstellung der Familienheimfahrten mit Datum der Hin- und Rückreise zum Nachweis der wöchentlichen Heimfahrten vorzulegen. Auch wurde der Bf. gefragt, ob der Bf. unterhaltspflichtige Kinder im Jahr 2019 gehabt habe, was dieser in seiner Vorhaltsbeantwortung vom 22.8.2025, eingelangt beim BFG am 3.9.2025, verneinte. Die Frage nach dem Grund für die wöchentlichen Heimfahrten beantwortete der Bf. mit den engsten Familien- und Freundesbeziehungen in Tschechien und dem Umstand, dass seine Lebenspartnerin in Tschechien gelebt habe.
Zudem legte der Bf. mit seiner Vorhaltsbeantwortung vom 22.8.2025 eine Auflistung jener Tage vor, an denen er vom Wohnort zu seinem Arbeitsplatz und zurück gefahren ist, samt Abfahrts- und Ankunftszeiten und der zurückgelegten Kilometer. Etwa für den Monat Januar zeigt sich dabei das folgende Bild:
| Abfahrt(Datum + Uhrzeit) | Ankunft(Datum + Uhrzeit) | Reiseweg - Bemerkungen | Km Abfahrt / Ankunft | |
| 6.1. - 18.00 | 7.1. - 01.00 | ***CZ*** - ***Ö*** | 600 | |
| 11.1. - 16.00 | 11.1. - 23.00 | ***Ö*** - ***CZ*** | 600 | |
| 13.3. - 18.00 | 14.1. - 01.00 | ***CZ*** - ***Ö*** | 600 | |
| 18.1. - 16.00 | 18.1. - 23.00 | ***Ö*** - ***CZ*** | 600 | |
| 20.1. - 18.00 | 21.1. - 01.00 | ***CZ*** - ***Ö*** | 600 | |
| 25.1. - 16.00 | 25.1. - 23.00 | ***Ö*** - ***CZ*** | 600 | |
| 27.1. - 18.00 | 28.1. - 01.00 | ***CZ*** - ***Ö*** | 600 |
Nach dieser Auflistung ist der Bf. die Strecke zwischen seinem Arbeitsplatz und seiner Wohnadresse insgesamt 98 Mal gefahren. Die Tabelle dürfte allerdings erst im Nachhinein erstellt worden sein. Es ist nicht glaubhaft, dass der Bf. 98 Mal auf die Minute genau zur selben Zeit weggefahren und angekommen ist und jedes Mal exakt 600 Kilometer zurückgelegt hat. Zwar wurde bei der Aufstellung ein Weihnachtsurlaub berücksichtigt, weil die erste Fahrt zur Arbeitsstätte am 6.1.2019 stattfand und der Bf. nach dem 20.12.2019 nicht mehr nach Österreich fuhr. Auch im Sommer wurde auf einen zweiwöchigen Urlaub vom 5.7. bis zum 21.7.2019 Bedacht genommen. Bis auf einen Tag (18.4 statt 19.4.) zeigt sich in der gesamten Aufstellung aber ansonsten keine Abweichung vom Schema "Freitagnachmittag zum Familienwohnsitz, Sonntagnacht zurück". Weder etwaige Krankenstände, Behördengänge oder sonstige Verhinderungen am Arbeitsplatz, noch Feiertage im Jahr 2019 wurden bedacht, etwa Ostermontag (22.4.2019), Pfingstmontag (10.6.2019) oder Allerheiligen (1.11. 2019). Diese Feiertage hätten zwar nicht zwangsläufig die Anzahl der Familienheimfahrten reduziert. Es ist aber anzunehmen, dass der Bf. an solchen verlängerten Wochenenden zumindest an anderen Tagen gefahren sein dürfte.
Die vorgelegte Auflistung kann aus den oben genannten Gründen daher nicht zum Nachweis für die Anzahl der Familienheimfahrten herangezogen werden.
Auch die Kosten für die Heimfahrten konnte der Bf. nicht nachweisen. Er gab lediglich an, dass er für eine Hin- und Rückfahrt 2,5 bis 3 Tankfüllungen gebraucht und eine Tankfüllung CZK 1.600,- bis 1.700,- gekostet habe. Umgerechnet wären dies (abhängig vom Wechselkurs) ca. EUR 65,- bis 70,00,- pro Tankfüllung. Nachweise wie Tankbelege, Reparatur- oder Service-Belege wurden nicht vorgelegt. Der Bf. begründet das Fehlen der Nachweise damit, dass es im September 2024 zu einer Überflutung kam, wodurch die Dokumente verloren gingen.
Mangels Nachweises der tatsächlichen Fahrtkosten sind diese zu schätzen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht rechtswidrig, für die Schätzung von Fahrtkosten hinsichtlich eines im Eigentum des Steuerpflichtigen stehenden Fahrzeuges, dessen Fahrtleistung 30.000 Kilometer pro Jahr nicht übersteigt, das amtliche Kilometergeld heranzuziehen (vgl. VwGH 27.8.2008, 2008/15/0196; vgl. ferner auch VwGH 27.4.2017, Ra 2016/15/0078).
Unter Annahme von wöchentlichen Heimfahrten (auch wenn dies grds in Frage steht; siehe hierzu aber unten) würde der Bf. die Grenze von 30.000 Kilometer pro Jahr deutlich überschreiten, auch wenn fünf Wochen Urlaub im Jahr berücksichtigt werden würden: 574km x 2 x 47 Wochen = 53.956 km pro Jahr.
Zu beachten ist, dass sich die tatsächlichen Kosten für Fahrten mit einem Pkw bei höheren Kilometerleistungen im Hinblick auf den hohen Anteil an Fixkosten degressiv (d.h. abnehmend) entwickeln. Bei der Berücksichtigung der Pkw-Fahrten mit dem amtlichen Kilometergeld ergibt sich hingegen ein lineares Ansteigen, welches immer mehr von den tatsächlichen Aufwendungen (etwa bei einer Fahrtleistung von über 30.000 Kilometer jährlich) abweicht (VwGH 19.5.2005, 2001/15/0088).
Aus diesem Grund könnten - auch bei Annahme wöchentlicher Heimfahrten - im Rahmen der Schätzung der Fahrtkosten nur die amtlichen Kilometergelder für maximal 30.000 jährlich zurückgelegte Kilometer berücksichtigt werden (vgl. hierzu VwGH 20.1.2005, 2001/14/0191). Auf der Grundlage der amtlichen Kilometergelder könnten die Fahrtkosten daher maximal mit EUR 12.600,- angesetzt werden (30.000km x EUR 0,42). Dies entspräche ca. 26 Fahrten pro Jahr (30.000 km/1.148 km).
Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e i.V.m. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 können allerdings Familienheimfahrten nur bis zu einem Betrag von EUR 3.672,- pro Jahr als Werbungskosten angesetzt werden. Umgerechnet auf die gefahrenen Kilometer berücksichtigt dieser Höchstbetrag (3.672/0,42/1.148) nicht ganz acht Fahrten (hin und retour) des Bf. jährlich zwischen seinem Arbeitsort und seinem Familienwohnsitz.
Für die Richterin erscheint es völlig unzweifelhaft, dass der Bf. diese acht Mal im Beschwerdejahr von seiner Arbeitsstätte in Österreich zu seinem Familienwohnsitz in Tschechien und retour zurücklegte. Da damit aber bereits der Höchstbetrag für die Berücksichtigung von Kosten für Familienheimfahrten gewährt wurde, kann dahingestellt bleiben, wie oft der Bf. tatsächlich die Strecke zwischen Arbeitsstätte und Wohnsitz zurücklegte. Dies könnte nur für die Geltendmachung des Pendlerpauschales eine Rolle spielen, weil diese gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e EStG 1988 voraussetzt, dass der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Die Geltendmachung des Pendlerpauschales setzt allerdings wiederum voraus, dass keine Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt werden (siehe hierzu unten unter Punkt 3.1.a). Auch wenn man daher wöchentliche Familienheimfahrten annehmen wollte, hindert die Gewährung der Kosten für die Familienheimfahrten als Werbungskosten die gleichzeitige Berücksichtigung des Pendlerpauschales. Die Ermittlung der genauen Anzahl der Familienheimfahrten kann daher für den konkreten Fall dahin gestellt bleiben.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
a) Zu Familienheimfahrten und Pendlerpauschale/Pendlereuro
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 dürfen Kosten für Familienheimfahrten nicht abgezogen werden, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführten Betrag übersteigen (zu Familienheimfahrten vgl. u.a. etwa VwGH 12.5.2021, Ra 2019/13/0101).
Der höchste Betrag gemäß dieser Bestimmung beträgt EUR 3.672,- pro Jahr. Dieser steht dem Bf. im Beschwerdejahr zu.
Der Bf. hat neben den Kosten für Familienheimfahrten gleichzeitig das Pendlerpauschale bzw. den Pendlereuro für die Wegstrecke zwischen dem inländischen Arbeitsort und seinem Familienwohnsitz geltend gemacht. Wie oben unter Punkt 2.3. bereits festgehalten, ist fraglich, ob der Bf. aufgrund der großen Distanz zwischen Familienwohnsitz und Arbeitsstätte tatsächlich einmal pro Woche die Fahrtstrecke hin und retour zurückgelegt hat. Nur, wenn er tatsächlich mindestens vier Mal im Monat zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte hin- und herpendelte, stünde das Pendlerpauschale in Höhe eines Drittels zu (vgl. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e TS 2 EStG 1988).
Allerdings regelt die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e TS 2 EStG 1988 im nächsten Satz, dass im Fall der Berücksichtigung von Fahrtkosten als Familienheimfahrten kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zusteht:
"Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu" (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. e TS 2 EStG 1988).
Auch wenn der Bf. daher aufgrund wöchentlicher Fahrten dem Grunde nach einen Anspruch auf ein Drittel des Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e TS 2 Satz 1 EStG 1988 hätte, steht ihm im Falle der Berücksichtigung von Fahrtkosten als Familienheimfahrten das Pendlerpauschale für dieselbe Fahrtstrecke gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e TS 2 Satz 2 EStG 1988 nicht zu. Für den konkreten Fall kann es daher dahingestellt bleiben, ob ihm das Pendlerpauschale aufgrund § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e Satz 1 EStG 1988 oder aufgrund von § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e Satz 2 EStG 1988 verwehrt bleibt.
Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht dem Bf. damit auch der Pendlereuro nicht zu, da dieser an den Anspruch auf das Pendlerpauschale anknüpft.
Der Bf. verweist zwar für die Geltendmachung des Pendlerpauschales sowie der Familienheimfahrten aliquot für die Strecke über 120 km auf die Lohnsteuerrichtlinien. Diese sehen vor, dass für Wegstrecken über 120 km neben dem Pendlerpauschale die tatsächlichen Fahrtkosten geltend gemacht werden können.
Die Richtlinien der Finanzverwaltung stellen einen Auslegungsbehelf dar und geben die Rechtsansicht des Bundesministers für Finanzen wieder. Mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt handelt es sich um keine für das BFG beachtliche Rechtsquelle. Erlässe der Finanzverwaltung begründen keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen (vgl. VwGH 28.1.2003, 2002/14/0139).
Wenngleich auch nach der Auffassung der Finanzverwaltung der Gesamtbetrag (jeweiliges Pendlerpauschale und tatsächliche Fahrtkosten für die über 120 km hinausgehende Strecke) stets mit dem höchsten Pendlerpauschale gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG begrenzt sein soll, so ist festzuhalten, dass sich eine solche Aufteilung nicht aus dem Gesetz ableiten lässt.
Aus diesem Grund können zwar die Fahrtkosten als Familienheimfahrten in Höhe von EUR 3.672 pro Jahr berücksichtigt werden. Gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e TS 2 EStG 1988 steht jedoch kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz zur Arbeitsstätte zu. Daher steht auch der Pendlereuro nicht zu.
b) Zum Werbungskostenpauschbetrag
Im angefochtenen Bescheid wurde ein Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von EUR 132,- berücksichtigt.
Gem. § 16 Abs. 3 EStG 1988 kann dieser für Werbungskosten, die bei nichtselbständigen Einkünften erwachsen ohne besonderen Nachweis abgesetzt werden. Ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag sind gem. § 16 Abs. 3 Satz 4 EStG 1988 (vgl. die Fassung vor BGBl. I 52/2021) abzusetzen:
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3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das vorliegende Erkenntnis der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt und sich im Übrigen aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt, war die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen.
Klagenfurt am Wörthersee, am 26. September 2025