JudikaturBFG

RV/2100356/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
06. August 2025

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom 11. Dezember 2023 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 9. November 2023 betreffend

1. Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2016

2. Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2017

3. Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2018

4. Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2019

5. Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2020

zu Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerden werden gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Im Antrag vom 16. Dezember 2022 auf Korrektur von Besteuerungsgrundlagen zur Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 2016-2020 bei der RB führte die Beschwerdeführerin (Bf.) aus, die RB sei rückwirkend zum 1.1.2021 mit der VR verschmolzen worden. Das Vermögen wurde dabei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger (VR) übertragen worden. Der maßgebliche Registereintrag sei am 22. September 2021 erfolgt.

Im Rahmen der Fusion habe sie festgestellt, sie habe beim innergemeinschaftlichen Versandhandel 13% österreichischer Umsatzsteuer abgeführt, obwohl 7% an deutscher Umsatzsteuer in Deutschland nach deutschem Recht entstanden sei. Da die identen Sachverhalte doppelt besteuert worden wären, ersuche sie um eine Berichtigung der Steuerbescheide. Die abzuziehenden Bemessungsgrundlagen wurden auf der Anlage 2 dargestellt.

Sämtliche angefochtenen Bescheide wurden noch an die übertragende Genossenschaft (RB) gerichtet.

Die angefochtenen Bescheide für 2016 und 2017 führten aus, der Antrag sei außerhalb der Antragsfrist eingebracht worden und werde daher zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Jahre 2018, 2019 und 2020 wurde antragsgemäß die Wiederaufnahme der Verfahren verfügt.

In den Sachbescheiden (Umsatzsteuerbescheide) 2018, 2019 und 2020 wurden die Umsätze in Höhe der Korrekturen neu festgesetzt, anstatt wie von der Bf. beantragt von bisherigen Bemessungsgrundlagen abzuziehen.

In ihrer Beschwerde beantragte die Bf. hinsichtlich der Jahre 2016 und 2017 die Korrektur der Bemessungsgrundlagen und verwies darauf, hinsichtlich beider Jahre seien die Formulare in Papierform auf der Homepage noch verfügbar.Hinsichtlich der Jahre 2018-2020 seien die Korrekturbescheide unrichtig erlassen und die Korrekturbeträge als Bemessungsgrundlage angesetzt worden. Daher habe sie korrigierte Jahreserklärungen angeschlossen.

Mit den Beschwerdevorentscheidungen für die Jahre 2016-2020 vom 7. August 2024, ebenfalls an die Rechtsvorgängerin gerichtet, wurden zahlenmäßig im Wesentlichen wieder die ursprünglichen Erstbescheide hergestellt und somit inhaltlich dem bf. Antrag nicht nachgekommen. In der Begründung führte sie Folgendes aus:

"Der Beschwerde wird (nur) teilweise stattgegeben.Wird für eine in Österreich nicht steuerbare Leistung (irrtümlich) USt ausgewiesen, liegt ein Fall des § 11 Abs. 12 UStG 1994 vor.Eine Rechnungsberichtigung steht im Belieben des Unternehmers - eine Zustimmung des Rechnungsempfängers ist ebenso wenig notwendig wie die Zustimmung zur Rechnungsausstellung selbst. Die Berichtigung ist nicht für jede einzelne Rechnung erforderlich, es sind auch Sammelberichtigungen oder -ergänzungen zulässig.Eine Rechnungsberichtigung wirkt nach § 16 Abs. 1 Z 2 UStG ex nunc, weshalb bis zur Berichtigung die Steuerschuld auf Grund der Rechnung/Gutschrift bestehen bleibt."

Gegen diese Entscheidung brachte die Bf. fristgerecht einen Vorlageantrag ein und führte aus, in den genannten Jahren wurden Rechnungen mit österreichischer Umsatzsteuer ausgestellt, die richtigerweise mit deutscher Umsatzsteuer hätten ausgestellt werden müssen. Der Korrekturprozess sei angestoßen, aber noch nicht abgeschlossen. Die korrigierten Rechnungen würden deshalb nachgereicht. Die angefallene deutsche Umsatzsteuer sei bereits an die deutschen Steuerbehörden abgeführt worden.

In ihrem Vorlagebericht vom 21. Mai 2025 führte die belangte Behörde u.a. aus, die Bf. gehe scheinbar irrigerweise davon aus, dass die Steuerschuld kraft Rechnungslegung mit ex-tunc-Wirkung wegfallen würde, und sie sei über die Möglichkeit einer Rechnungsberichtigung detailliert bereits im Sommer 2024 mehrmals informiert worden.Es werde die Abweisung der Beschwerde/Abänderung iSd Beschwerdevorentscheidung beantragt - im Vorlageantrag zur Umsatzsteuer 2016-2020 werde inhaltlich nichts Neues vorgebracht. Die Rechnungen seien zu Unrecht mit österr. USt ausgestellt worden, und es sei eine ausgewiesene USt abzuführen, werde für eine in Österreich nicht steuerbare Leistung (irrtümlich) USt ausgewiesen, liege ein Fall des § 11 Abs. 12 UStG 1994 vor.

Eine Rechnungsberichtigung wirke gem. § 16 UStG ex nunc, weshalb bis zur Berichtigung die Steuerschuld auf Grund der Rechnung/Gutschrift bestehen bleibe (siehe VwGH 27.03.2024, Ra 2022/13/0032, richtig: Ra 2024/13/0032).

Mit E-Mail vom 30. Mai 2025 wurde über Anforderung des Bundesfinanzgerichts von der Bf. eine Abschrift des Auszuges aus dem Registerblatt vom 22.9.2021 zur VR vorgelegt, woraus hervorgeht, dass die RB als übertragender Rechtsträger mit der Genossenschaft als übernehmender Rechtsträger (VR) verschmolzen wurde.

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen die sich aus Ausgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts.

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Da die angefochtenen Bescheide an eine Person (RB) gerichtet wurden, die im Zeitpunkt der Zustellung der Bescheide gar nicht mehr existierte, weil sie als Rechtsträger bereits untergegangen ist, entfalten diese keine rechtliche Wirkung und sind als "Nichtbescheide" anzusehen. Folglich richten sich die dagegen erhobenen Beschwerden gegen nicht wirksame behördliche Erledigungen und sind daher als unzulässig zurückzuweisen.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die vom übernehmenden Rechtsträger beantragte Korrektur der Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2016-2020 wiederum unerledigt aushaftet. Ebenso kommt sämtlichen nach dem 22. September 2021 erlassenen behördlichen Erledigungen, die noch an die Rechtsvorgängerin gerichtet wurden, keine rechtliche Verbindlichkeit zu und wären daher buchungstechnisch aufzuheben.

Mit E-Mail vom 3. Juni 2025 wurde die Bf. darüber informiert, nach bisheriger ständiger Judikatur des VwGH (zuletzt: 27.3.2024, Ra 2024/13/0032, Rz. 18-20, mwN.) wirkten Rechnungsberichtigungen auf der Umsatzseite nicht zurück. Daher obliegt es der Bf. zu entscheiden, ob sie ihren bisherigen an die belangte Behörde gerichteten Antrag vom 16. Dezember 2022 überhaupt noch aufrechterhalten möchte, zumal ihr die Rechtsansicht der belangten Behörde in der Zwischenzeit bekannt ist.

Über die vorzunehmenden nachweislichen Rechnungsberichtigungen wird erst in künftigen Abgabenverfahren bei der belangten Behörde zu entscheiden sein.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am 6. August 2025