JudikaturBFG

RV/7100124/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
01. September 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Erich Schwaiger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***M***, ***Anschrift 1***, über die Beschwerde vom 7. November 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 6. November 2024 betreffend Einkommensteuer 2023 zu Recht erkannt:

I.Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II.Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde fällt in die Zuständigkeit des Fachgebietes FE 6 (Einkommensteuer) und damit in die Zuteilungsgruppe 1102. Auf Basis der gültigen Geschäftsverteilung wurde sie der Gerichtsabteilung 7013 zur Entscheidung zugewiesen.

Die im Spruch ausgewiesene steuerliche Vertreterin scheint zwar seit 21. Juni 2022 in FinanzOnline auf, sie trat im Beschwerdeverfahren allerdings nicht in Erscheinung.

I. Verfahrensgang und Akteninhalt

Die Beschwerde richtet sich gegen den Einkommensteuerbescheid 2023 vom 6. November 2024, der vom Finanzamt Österreich (kurz FAÖ) auf Basis der Einkommensteuererklärung vom 11. April 2024 erlassen wurde. In dieser Erklärung hatte der Beschwerdeführer (kurz Bf.) einen Verlustabzug von EUR 23.955,88 in Anspruch genommen, dessen Abzug vom FAÖ verweigert wurde, da dieser bereits in den Vorjahren zum Abzug gebracht worden sei.

Dies bekämpfte der Bf. mit einem via FinanzOnline eingebrachten Schriftsatz vom 7. November 2024 und brachte vor, in den Jahren 2021 und 2022 sei ein Verlust gemacht und kein Verlust abgezogen worden.

Das FAÖ wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. November 2024 als unbegründet ab und führte aus, 2022 sei kein vortragbarer Verlust entstanden, da die negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 5.419,61 zur Gänze mit positiven Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (vertikaler Verlustausgleich) ausgeglichen worden seien. Der 2021 entstandene Verlust in Höhe von EUR 2.268,96 hätte zur Gänze im Veranlagungsjahr 2022 als letzte Sonderausgabe mit den positiven Einkünften ausgeglichen werden können. Eine Wahlmöglichkeit, in welchem Jahr vortragbare Verluste ausgeglichen werden können, bestehe nicht.

Nachdem der Bf. daraufhin mit via FinanzOnline eingebrachtem Schriftsatz vom 2. Dezember 2024 die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt hatte, hob das FAÖ den Einkommensteuerbescheid 2022 vom 26. Juli 2024 gem. § 299 BAO auf und ersetzte ihn durch den Einkommensteuerbescheid vom 10. Jänner 2025.

Damit sind in den Steuerakten die folgenden letztgültigen Einkommensteuerbescheide für die Kalenderjahre 2018 bis 2023 abgebildet:

 

Nachdem der Gesamtbetrag der Einkünfte 2018 noch EUR 39.777,78 betrug, ergab sich aus der Veranlagung 2019 ein Gesamtverlust von EUR 28.829,63 (vor Abzug des Sonderausgabenpauschbetrages in Höhe von EUR 60,00).

[...]

Dieser Betrag wurde bei der Veranlagung 2020 zur Gänze als Sonderausgabe abgezogen. Dadurch fiel das Einkommen 2020 unter die Besteuerungsgrenze des § 33 Abs. 1 EStG 1988 (Tarifsteuer). Es verblieb kein verwertbarer Restverlust 2019.

[...]

2021 entstand neuerlich ein Gesamtverlust (Einkommen) von EUR 2.268,96.

[...]

Im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2022 vom 26. Juli 2024 fand dieser Verlust keine Berücksichtigung.

[...]

Erst im Einkommensteuerbescheid 2022 vom 10. Jänner 2025 wurde dieser Verlust als Sonderausgabe in Abzug gebracht, was sich allerdings nicht steuermindernd auswirkte, da der Gesamtbetrag der Einkünfte schon davor unter der Tarifsteuergrenze gelegen war. Es blieb trotz Korrektur bei der Abgabengutschrift von EUR 1.477,00 (Erstattung Sozialversicherung).

[...]

Damit verblieb auch kein Restverlust 2021.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten der Abgabenbehörde sowie des Gerichtes und ist unstrittig. Alle unter Akteninhalt dargestellten Einkommensteuerbescheide sind rechtswirksam.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Verlustabzug

Verluste, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind, sind gem. § 18 Abs. 6 EStG 1988 als Sonderausgaben abzuziehen (Verlustabzug). Dies gilt nur, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung oder bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, durch ordnungsgemäße Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, ermittelt worden sind und soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden. Die Höhe des Verlustes ist nach den §§ 4 bis 14 zu ermitteln.

Die Höhe des abzugsfähigen Verlustes ergibt sich grundsätzlich aus der Veranlagung des Verlustjahres, mit der der Verlustabzug der Höhe nach mit Bindung für die Folgejahre rechtskräftig festgestellt wird (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2015/15/0059 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt selbst dann, wenn der im rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Verlustbetrag objektiv unrichtig ist (vgl. VwGH 26.11.2015, 2012/15/0038 mit weiteren Nachweisen).

Gleiches gilt grundsätzlich auch für den Umfang des Abzuges im jeweiligen auf die Entstehung des Verlustes folgenden Jahr. Der Betrag, der im jeweils nachfolgenden Einkommensteuerbescheid als Sonderausgabe berücksichtigt worden ist, wird als abgabenrechtlich bedeutsame Tatsache mit Bindungswirkung für weitere Folgejahre festgestellt. Dieser Betrag gilt als verbraucht und kann nicht in weiteren Folgejahren als Sonderausgabe verwertet werden. Das gilt jedenfalls, wenn - wie hier - der Verbrauch in einem rechtswirksamen Einkommensteuerbescheid in Abzug gebracht wurde, würde aber selbst dann eintreten, wenn der Verlustabzug mit einem zu geringen Betrag berücksichtigt wurde, weil er vom Bf. nicht geltend gemacht wurde.

Zu beachten ist, dass der Verlustabzug von Amts wegen im ersten Jahr vorzunehmen, in welchem der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Abzug der anderen Sonderausgaben einen positiven Betrag ergibt. Ein allfälliger Rest ist bei Vorliegen hinreichender Einkünfte im jeweils nächstfolgenden Jahr abzuziehen. Die gesetzliche Vorschrift für den Verlustabzug gibt dem Bf. kein Wahlrecht, wann er vom Recht des Verlustabzuges Gebrauch machen will. Dieser ist daher auch insoweit zwingend geltend zu machen, als er das Jahreseinkommen - wie hier - unter jene Grenze absenkt, ab der nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 Steuerpflicht ausgelöst wird, auch wenn diesfalls der Verbrauch des Verlustvortrags keine Minderung der Steuerlast zur Folge hat (vgl. Fuchs/Renner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG24, § 18 Rz 282/5 und Rz 297 unter Verweis auf VwGH 26.11.2015, 2012/15/0038 mit weiteren Nachweisen).

Beim Ausspruch des Abgabenbescheides zur Einkommensteuer über das Ausmaß der Verrechnung des Verlustvortrages handelt es sich um die Feststellung einer abgabenrechtlich bedeutsamen Tatsache im Sinne des § 92 Abs. 1 lit. b BAO, der für das Verlustabzugsverfahren der Folgejahre betragsmäßig verbindlich ist (vgl. noch einmal VwGH 26.11.2015, 2012/15/0038). § 252 Abs. 2 BAO sieht vor, dass ein Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden kann, dass die in einem Abgabenbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Das gilt aufgrund des Neuerungsverbotes iSd § 270 BAO selbst dann, wenn der letztgültige Grundlagenbescheid (wie hier der Einkommensteuerbescheid 2022) erst nach dem abgeleiteten Bescheid (hier Einkommensteuerbescheid 2023) ergeht.

§ 252 BAO schränkt damit das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Werden Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen im Verfahren gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist eine solche Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen und nicht als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 252 Rz 3 unter Hinweis auf VwGH 7.7.2004, 2004/13/0069; 13.5.1955, 522/52).

Hier wurde über die Höhe des 2019 entstandenen Verlustes (EUR 28.829,63) im Einkommensteuerbescheid vom 23. November 2023 wirksam entschieden und über seinen Verbrauch im Einkommensteuerbescheid 2020 vom 7. Dezember 2023. Die Höhe des Verlustes 2021 (EUR 2.268,96) wurde im Einkommensteuerbescheid vom 7. Dezember 2023 rechtskräftig fixiert und dessen Verbrauch im Einkommensteuerbescheid 2022 vom 10. Jänner 2025. All diese Bescheide sind rechtswirksam.

Damit konnte der Bf. dem FAÖ nicht wirksam entgegentreten, selbst wenn der Verlustabzug sich aufgrund des Unterschreitens der Tarifgrenze im Jahr 2022 nicht steuerlich auswirkte.

2.2. Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen ( § 25a Abs. 1 VwGG). Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird ( Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag (VwGH 16.2.2023, Ra 2020/16/0015 mit weiteren Nachweisen) bzw. die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. VwGH 6.4.2016, Ro 2016/16/0006 mit vielen weiteren Nachweisen).

Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch höchstgerichtliche Rechtsprechung ausreichend geklärt (siehe oben), nicht von grundsätzlicher Bedeutung oder die anzuwendenden Normen sind klar und eindeutig.

Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg, am 1. September 2025