Vorwort
Artikel 1
Bereiche und Ziel der Zusammenarbeit
Art. 1
(1) Die Vertragsparteien werden nach Maßgabe ihres jeweiligen Nationalen Rechts durch ihre zuständigen Behörden bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie bei der Vorbeugung und Aufklärung von strafbaren Handlungen einschließlich organisierter Kriminalität zusammenarbeiten.
(2) Diese Zusammenarbeit erstreckt sich insbesondere auf folgende Bereiche:
1. Straftaten gegen Leben und Gesundheit (die körperliche Unversehrtheit) von Personen;
2. Terrorismus;
3. illegale Migration, Schlepperei und Menschenhandel;
4. die Herstellung und Verbreitung von kinderpornographischem Material;
5. die illegale Produktion, den illegalen Handel und den Schmuggel Von Waffen, Munition und Sprengstoffen sowie von nuklearen und radioaktiven Substanzen;
6. den Diebstahl von Kunstgegenständen, Kraftfahrzeugen und Sonstigen Gütern von erheblichen Wert und den illegalen Handel damit;
7. die Fälschung von Geld und anderen Zahlungsmitteln sowie von Wertpapieren und Dokumenten und deren Inverkehrbringung;
8. die Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche;
9. die illegale Produktion, die Einfuhr, die Ausfuhr, den illegalen Transport von und den Verkehr mit Suchtgift, psychotropen Stoffen und Vorläuferstoffen;
10. die Computerkriminalität.
Artikel 2
Formen der Zusammenarbeit
Art. 2
(1) Die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien erfolgt nach Maßgabe ihres jeweiligen nationalen Rechtes und umfasst insbesondere
1. die gegenseitige Information über Umstände, deren Kenntnis zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung Sowie für die Vorbeugung und die Aufklärung von gerichtlich Strafbaren Handlungen beitragen kann;
2. den Austausch von Erfahrungen über die Anwendung von Rechtsvorschriften, über die Kriminalitätsvorbeugung sowie über angewendete Methoden, Mittel und Techniken der Kriminalistik;
3. den Austausch von Erfahrungen in bestimmten Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung und die Abhaltung von Expertentreffen;
4. die abgestimmte Durchführung von polizeilichen Maßnahmen der zuständigen Behörden der Vertragsparteien auf ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie zur Vorbeugung und Aufklärung von gerichtlich strafbaren Handlungen einschließlich der Anwendung des Verfahrens der kontrollierten Lieferung;
5. die Gestattung der Anwesenheit von Bediensteten der zuständigen Behörden einer Vertragspartei bei offenen Befragungen und Observationen durch Bedienstete der anderen Vertragspartei;
6. die Fahndung nach Personen und Sachen, die Personenfeststellung und die Identifizierung von unbekannten Leichen;
(2) Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien unterstützen einander auf Ersuchen.
(3) Informationen nach Absatz 1 Ziffern 1, 2 und 3 teilt die zuständige Behörde jederVertragspartei nach Maßgabe ihres nationalen Rechts der zuständigen Behörde der anderen Vertragspartei auch ohne Ersuchen mit, wenn sie für die andere Vertragspartei für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die Vorbeugung und Aufklärung von Straftaten von Bedeutung sein können. Die Vertragsparteien unterstützen einander hiedurch insbesondere dann, wenn im Staatsgebiet einer Vertragspartei eine Straftat vorbereitet Oder begangen wird und Anzeichen dafür bestehen, dass dies Auswirkungen auf dem Staatsgebiet der anderen Vertragspartei haben könnte.
Artikel 3
Zuständige Behörden
Art. 3
(1) Die Vertragsparteien informieren einander über jene Behörden, die nach ihrem jeweiligen nationalen Recht für die Zusammenarbeit im Sinne dieses Abkommens zuständig sind. Sie teilen einander weiters eintretende Änderungen der Zuständigkeit oder der Bezeichnung dieser Behörden mit.
(2) Der Informationsaustausch zwischen den Vertragsparteien im Rahmen der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation IKPO – Interpol kann durch direkte Kontakte zwischen den zuständigen Fachdienststellen ergänzt werden.
(3) Die Durchführung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien kann auch über Verbindungsbeamte erfolgen. Der Verbindungsbeamte führt Informations- und Beratungstätigkeiten aus und verfügt über keine Exekutivbefugnisse. Die Aufgaben des Verbindungsbeamten werden von den zuständigen Behörden nach Maßgabe des nationalen Rechts festgelegt.
Artikel 4
Besondere Formen der Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung
Art. 4
Im Bereich der Zusammenarbeit nach Artikel 1 Absatz 2 Ziffer 2 werden die zuständigen Behörden der Vertragsparteien insbesondere Informationen und Ermittlungsergebnisse über geplante und getätigte terroristische Akte, über Handlungsmethoden der Täter und die verwendeten technischen Hilfsmittel, über terroristische Vereinigungen, die Straftaten gegen gewichtige Staatsinteressen einer der Vertragsparteien planen beziehungsweise begehen, austauschen.
Artikel 5
Besondere Formen der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen Migration
Art. 5
Im Bereich der Zusammenarbeit nach Artikel 1 Absatz 2 Ziffer 3 werden die zuständigen Behörden der Vertragsparteien einander insbesondere Informationen über Methoden und Wege der organisierten illegalen Migration und Informationen, die die Kontrolle der Echtheit von Reisedokumenten und Sichtvermerken ermöglichen, übermitteln sowie Musterexemplare von Reisedokumenten und Sichtvermerken austauschen.
Artikel 6
Besondere Formen der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität
Art. 6
Im Bereich der Zusammenarbeit nach Artikel 1 Absatz 2 Ziffer 9 werden die zuständigen Behörden der Vertragsparteien einander insbesondere Informationen übermitteln über Orte und Methoden der illegalen Produktion und Lagerung von Suchtgiften, psychotropen Stoffen und Vorläuferstoffen, über eingesetzte Transportmittel und Bestimmungsorte. Sie werden einander Probemuster von neuen Suchtgiften, psychotropen Stoffen und Vorläuferstoffen zur Verfügung stellen.
Artikel 7
Schutz personenbezogener Daten
Art. 7
Die wechselseitige Übermittlung personenbezogener Daten zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien erfolgt unter Beachtung der von der übermittelnden Behörde erteilten Auflagen und folgender Grundsätze, welche gleichermaßen auf automationsunterstützt und nicht automationsunterstützt verarbeitete Daten Anwendung finden:
1. Die übermittelten Daten dürfen ohne Zustimmung der übermittelnden Behörden zu keinen anderen als den der Übermittlung zugrunde liegenden Zwecken verwendet werden;
2. Die übermittelten Daten sind zu löschen bzw. richtig zu stellen, sobald
a) sich die Unrichtigkeit der Daten ergibt, oder
b) die übermittelnde Behörde mitteilt, dass die Daten rechtswidrig ermittelt oder übermittelt worden sind, oder
c) die Daten nicht mehr zur Erfüllung der für die Übermittlung maßgeblichen behördlichen Aufgabe benötigt werden, es sei denn, dass eine ausdrückliche Ermächtigung besteht, die übermittelten Daten zu anderen Zwecken zu verwenden;
3. Auf Ersuchen der zuständigen übermittelnden Behörde erteilt die Empfangende Behörde Auskunft über die Verwendung der empfangenen Daten;
4. Die zuständige übermittelnde Behörde stellt die Richtigkeit und Aktualität der übermittelten Daten sicher. Zeigt sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden dürfen, übermittelt worden sind oder dass rechtmäßig übermittelte Daten gemäß den Rechtsvorschriften des Staates der übermittelnden Behörde zu einem späteren Zeitpunkt zu löschen sind, so wird die empfangende Behörde darüber unverzüglich informiert, um ihrerseits die erforderliche Löschung oder Richtigstellung gemäß Ziffer 2 durchzuführen;
5. Hat die empfangende Behörde Grund zur Annahme, dass übermittelte Daten unrichtig sind oder zu löschen wären, so unterrichtet sie die übermittelnde Behörde unverzüglich hierüber;
6. Die empfangende Behörde ist verpflichtet, die erhaltenen Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderungen und unbefugte Bekanntgabe zu schützen;
7. Die übermittelnde und die empfangende Behörde sind verpflichtet, die Übermittlung und den Empfang von Daten aktenkundig zu machen oder zu protokollieren;
8. Die betroffenen Personen haben in Übereinstimmung mit den Einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften das Recht auf Auskunft über die im Rahmen dieses Abkommens übermittelten sie betreffenden Daten, sowie auf Richtigstellung beziehungsweise Löschung dieser Daten in Fällen gemäß Ziffer 2 oder auf die Überprüfung dieser Daten. Im Falle eines Ansuchens auf Geltendmachung dieses Rechtes gibt die Behörde, die über die Daten verfügt, der übermittelnden Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme, bevor eine Entscheidung über das Ansuchen getroffen wird.
Artikel 8
Konsultationen
Art. 8
Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien können bei Bedarf Konsultationen abhalten, um Maßnahmen der Durchführung dieses Abkommens zu erörtern.
Artikel 9
Ausnahmeregelung
Art. 9
Wenn eine der Vertragsparteien der Ansicht ist, dass die Erledigung eines Ersuchens oder eine andere Art der Zusammenarbeit geeignet sind, die Souveränität ihres Staates zu beeinträchtigen, seine Sicherheit oder andere wesentlichen Interessen zu gefährden oder gegen Grundsätze seiner Rechtsordnung zu verstoßen, so kann sie die Zusammenarbeit ganz oder teilweise ablehnen oder sie von der Erfüllung von bestimmten Bedingungen abhängig machen.
Artikel 10
Verhältnis zu anderen Regelungen
Art. 10
Die Bestimmungen dieses Abkommens berühren nicht die Verpflichtungen der Vertragsparteien, die sich aus anderen zweiseitigen und mehrseitigen internationalen Verträgen ergeben.
Artikel 11
Auslegung des Abkommens
Art. 11
(1) Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung des vorliegenden Abkommens werden im Weg von direkten Verhandlungen zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien entschieden.
(2) Sollte im Weg der Verhandlungen nach Absatz 1 eine Einigung nicht erzielt werden, wird die Angelegenheit auf diplomatischem Weg einer Entscheidung zugeführt.
Artikel 12
In-Kraft-Treten und Kündigung
Art. 12
(1) Dieses Abkommen tritt mit dem ersten Tag des dritten Monates in Kraft, der auf den Monat seiner Unterzeichnung folgt.
(2) Das vorliegende Abkommen wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es bleibt in Kraft, solange es nicht von einer der beiden Vertragsparteien schriftlich auf diplomatischem Weg unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist gekündigt wird.
(3) Mit dem In-Kraft-Treten dieses Abkommens wird die Vereinbarung zwischen dem Bundesminister für Inneres der Republik Österreich und dem Ministerium für Inneres der Republik Lettland über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der internationalen organisierten Kriminalität, des internationalen illegalen Suchtgifthandels und des internationalen Terrorismus vom 16. Juli 1997 aufgehoben.
Geschehen zu Riga am 20. Jänner 2004 in zwei Urschriften jeweils in deutscher und lettischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind.