BundesrechtInternationale VerträgeVertrag zwischen Österreich und Niederlande über die Binnenschiffahrt

Vertrag zwischen Österreich und Niederlande über die Binnenschiffahrt

In Kraft seit 01. Januar 1993
Up-to-date

Art. 1 Artikel 1

(1) Im Sinne dieses Vertrages sind

a) „niederländische Schiffe“: die in einem niederländischen Binnenschiffsregister amtlich eingetragenen Binnenschiffe, für die eine Rheinschiffahrtszugehörigkeitsurkunde ausgestellt worden ist;

b) „österreichische Schiffe“: die in einem österreichischen Binnenschiffsregister amtlich eingetragenen Binnenschiffe, die unter den Voraussetzungen des Schiffahrtsgesetzes in seiner jeweils geltenden Fassung im Eigentum von österreichischen Staatsbürgern, von Personengesellschaften oder juristischen Personen stehen und mit denen Personen- oder Güterverkehr betrieben wird;

c) „zuständige Behörden“: für die Republik Österreich der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und für das Königreich der Niederlande der Minister für Verkehr und öffentliche Arbeiten, soweit die jeweilige innerstaatliche Rechtsordnung nichts anderes vorsieht;

d) „Häfen“: die See- und Binnenhäfen, Lade- und Löschstellen sowie Anlegestellen der Personenschiffahrt.

(2) Im Sinne dieses Vertrages bedeuten

a) „Transitverkehr“:

Verkehr, bei dem auf Schiffen eines Vertragsstaates Personen beziehungsweise Güter durch den anderen Vertragsstaat befördert werden.

b) „Wechselverkehr“:

Verkehr zwischen Häfen beider Vertragsstaaten mit Schiffen der Vertragsstaaten, wobei Personen beziehungsweise Ladung aufgenommen beziehungsweise abgesetzt werden.

c) „Drittverkehr“:

Verkehr zwischen Häfen beider Vertragsstaaten mit Schiffen eines dritten Staates, wobei Personen und Ladung aufgenommen beziehungsweise abgesetzt werden.

Art. 2 Artikel 2

Rechte und Pflichten der Vertragsstaaten aus bestehenden bilateralen und multilateralen Übereinkommen, wie insbesondere der Belgrader Konvention von 1948 und der Revidierten Rheinschifffahrtsakte von 1868 und ihrer Zusatzprotokolle sowie aus den einschlägigen Bestimmungen der Europäischen Union werden durch diesen Vertrag nicht berührt.

Art. 3 Artikel 3

Österreichische Schiffe dürfen die niederländischen Wasserstraßen und niederländische Schiffe die österreichischen Wasserstraßen im Zusammenhang mit Beförderungen nach Maßgabe der Artikel 4 und 5 befahren. Dies gilt auch entsprechend für den Transport von schwimmenden Geräten und Schwimmkörpern sowie für das Überführen von Schiffsneubauten.

Art. 4 Artikel 4

Österreichische und niederländische Schiffe dürfen Personen und Güter im Transitverkehr durch den anderen Vertragsstaat auf den in Artikel 3 genannten Wasserstraßen befördern.

Art. 5 Artikel 5

(1) Österreichische und niederländische Schiffe dürfen Personen und Güter im Wechselverkehr zwischen den Vertragsstaaten befördern.

(2) Jede zuständige Behörde kann den Gemischten Ausschuß gemäß Artikel 9 unbeschadet von Abs. 1 mit der Festsetzung von wirtschaftlich auskömmlichen Richtpreisen für die Beförderungsleistungen, allfälligen Nebenbedingungen sowie der Ergreifung sonstiger geeigneter Maßnahmen befassen, insoweit dies aus gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen, insbesondere im Fall schwerwiegender Wettbewerbsverzerrungen, unvermeidlich erscheint.

Art. 6 Artikel 6

Drittverkehr ist – soweit er nicht durch die einschlägigen Bestimmungen der Europäischen Union erfaßt wird – nur in dem Umfang zulässig, der von den zuständigen Behörden auf Vorschlag des Gemischten Ausschusses vereinbart wird.

Art. 7 Artikel 7

(1) Die Schiffe, ihre Besatzung, ihre Fahrgäste und ihre Ladung unterliegen im anderen Vertragsstaat dem jeweils geltenden Recht.

(2) In nicht durch die einschlägigen Bestimmungen der Europäischen Union erfaßten Fällen werden die zuständigen Behörden für die Schifffahrt auf Wasserstraßen im Sinne des Artikels 3 – ausgenommen Rhein und Donau – die im jeweils anderen Vertragsstaat ausgestellten Urkunden und Bescheinigungen anerkennen, die sich auf das Schiff, die Schiffsführung und Besatzung sowie die Ladung beziehen, soweit sie den im jeweils anderen Vertragsstaat geltenden Vorschriften entsprechen. Unabhängig davon werden für die österreichischen Wasserstraßen die für die Donauschiffahrt ausgestellten Urkunden und Bescheinigungen sowie für die niederländischen Wasserstraßen die für die Rheinschiffahrt ausgestellten Urkunden und Bescheinigungen anerkannt.

(3) Für die Schiffahrt auf der Donau gelten die für die Rheinschiffahrt ausgestellten Urkunden und Bescheinigungen, die sich auf das Schiff und seine Ladung beziehen; die für die Rheinschiffahrt ausgestellten Urkunden und Bescheinigungen, die sich auf die Schiffsführung beziehen, werden von den österreichischen Behörden anerkannt, sofern eine entsprechende Erfahrung in der Schiffahrt auf dem österreichischen Teil der Donau nachgewiesen wird.

(4) Schiffe dürfen gefährliche Güter nur dann befördern, wenn sie die für die jeweilige Wasserstraße vorgesehene Zulassung besitzen.

Art. 8 Artikel 8

Im Falle einer Havarie, eines Unfalls, einer schweren Erkrankung einer an Bord befindlichen Person, aus naturbedingten oder anderen schwerwiegenden Gründen – ausgenommen eine finanzielle Notlage –, die die Weiter- oder Rückfahrt verhindern, werden die zuständigen Behörden auf Grund der innerstaatlichen Vorschriften den betroffenen Schiffen beziehungsweise Personen des anderen Vertragsstaates die erforderliche Hilfe leisten; die Artikel 4 und 5 bleiben hievon unberührt.

Art. 9 Artikel 9

(1) Es wird ein Gemischter Ausschuß gebildet. Jeder Vertragsstaat entsendet drei Mitglieder, die jeweils von den zuständigen Behörden bestimmt werden. Jede Seite kann zu den Beratungen des Gemischten Ausschusses Sachverständige hinzuziehen. Der Gemischte Ausschuß gibt sich eine Geschäftsordnung.

(2) Der Gemischte Ausschuß hat die Aufgabe:

a) im Sinne von Artikel 5 Absatz 2 sich gegebenenfalls auf wirtschaftlich auskömmliche Richtpreise, allfällige Nebenbedingungen sowie sonstige geeignete Maßnahmen zu einigen;

b) den zuständigen Behörden Vorschläge für die in Artikel 6 vorgesehenen Vereinbarungen zu unterbreiten und

c) den Verkehr der Schiffe beider Seiten statistisch zu erfassen und die Einhaltung der in lit. b benannten Vereinbarungen zu überwachen.

(3) Richtpreise, allfällige Nebenbedingungen sowie sonstige geeignete Maßnahmen, auf die sich der Gemischte Ausschuß nach Befassung durch eine Vertragspartei geeinigt hat, sind von diesem den zuständigen Behörden erforderlichenfalls zur Genehmigung vorzulegen. Das Inkraftsetzen der Richtpreise, Nebenbedingungen und sonstiger geeigneter Maßnahmen wird zwischen den zuständigen Behörden vereinbart. Das Inkrafttreten gemäß innerstaatlichem Recht ist dem anderen Vertragsstaat unverzüglich mitzuteilen.

(4) Der Gemischte Ausschuß hat ferner die Aufgabe, den Vertragsstaaten Vorschläge zur Anpassung dieses Vertrages an die Entwicklung des Binnenschiffsverkehrs und zur Lösung aller Fragen zu unterbreiten, die sich aus der Anwendung dieses Vertrages ergeben.

(5) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten werden dem Gemischten Ausschuß über dessen Aufforderung die verfügbaren Unterlagen übermitteln, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt.

Art. 10 Artikel 10

(1) Die in den Artikeln 6 und 9 Abs. 3 zweiter Satz vorgesehenen Vereinbarungen kommen dadurch zustande, daß die zuständigen Behörden einander ihr Einverständnis mit den vom Gemischten Ausschuß unterbreiteten Vorschlägen schriftlich mitteilen.

(2) Kann eine Einigung im Gemischten Ausschuß nicht erzielt werden, treten auf Antrag einer Vertragspartei die Vertreter der Vertragsstaaten innerhalb von vier Wochen zu Konsultationen zusammen. Vorbehaltlich einer anderen einvernehmlichen Regelung finden diese Konsultationen in dem Vertragsstaat statt, der den Vorsitzenden im Gemischten Ausschuß stellt.

Art. 11 Artikel 11

(1) Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung dieses Vertrages werden durch direkte Verhandlungen zwischen den zuständigen Behörden geklärt. Falls kein Übereinkommen erzielt werden kann, werden die Streitigkeiten auf diplomatischem Weg beigelegt. Kann eine Streitigkeit auch auf diesem Weg nicht beigelegt werden, so ist sie auf Verlangen eines der beiden Vertragsstaaten einem aus drei Schiedsrichtern bestehenden Schiedsgericht zur endgültigen Entscheidung zu unterbreiten.

(2) Jeder Vertragsstaat bestellt einen Schiedsrichter. Der dritte Schiedsrichter, der auch der Vorsitzende des Schiedsgerichtes ist, wird von den zwei von den Vertragsstaaten bestellten Schiedsrichtern bestellt.

(3) Wenn einer der Vertragsstaaten es unterläßt, innerhalb von drei Monaten nach Empfang der Mitteilung über die Bestellung eines Schiedsrichters durch den anderen Vertragsstaat einen Schiedsrichter zu bestellen, wird der Schiedsrichter, der vom ersten Vertragsstaat zu bestellen gewesen wäre, auf Verlangen des anderen Vertragsstaates vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes bestellt. Wenn die zwei Schiedsrichter es innerhalb von drei Monaten nach ihrer Bestellung unterlassen, den dritten Schiedsrichter zu bestellen, ernennt der Präsident des Internationalen Gerichtshofes auf Verlangen eines der beiden Vertragsstaaten den dritten Schiedsrichter.

Art. 12 Artikel 12

Die Bestimmungen dieses Vertrages gelten im Falle des Königreiches der Niederlande nur für das Hoheitsgebiet des Reichs in Europa.

Art. 13 Artikel 13

(1) Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

(2) Dieser Vertrag tritt am ersten Tag des dritten Monats nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die beiden Vertragsstaaten einander in einem diplomatischen Notenwechsel bekanntgegeben haben, daß die Erfordernisse für sein Inkrafttreten nach ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Verfahren erfüllt worden sind.

(3) Dieser Vertrag kann von jedem Vertragsstaat mit einer Frist von zwölf Monaten schriftlich auf diplomatischem Wege gekündigt werden. In diesem Fall tritt der Vertrag mit Ablauf der Kündigungsfrist außer Kraft.

(4) Mit dem Tage des Inkrafttretens dieses Vertrages treten die Bestimmungen des Handels- und Schiffahrtsvertrages zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande vom 28. März 1929 *) insoweit außer Kraft, als sich diese auf die Binnenschiffahrt beziehen.

GESCHEHEN zu Den Haag am 26. September 1991 in zwei Urschriften, jeweils in deutscher und niederländischer Sprache, die beide gleichermaßen authentisch sind.

________________

*) Kundgemacht in BGBl. Nr. 299/1930

Unterzeichnungsprotokoll

Anl. 1

Aus Anlaß der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande über die Binnenschiffahrt haben sich die bevollmächtigten Vertreter beider Vertragsparteien in bezug auf eine etwaige Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Gemeinschaft auf die nachstehende, den Vertrag ergänzende Bestimmung geeinigt:

Sollten die Verhandlungen über einen Europäischen Wirtschaftsraum zu einer festen Einbindung Österreichs in den Europäischen Wirtschaftsraum führen, so haben im Falle eines Widerspruchs zwischen den Bestimmungen des vorliegenden Vertrages und denjenigen eines etwaigen Vertrages über den Europäischen Wirtschaftsraum die Bestimmungen des letzteren Vertrages Vorrang.

Geschehen zu Den Haag am 26. September 1991 in zwei Urschriften, jeweils in deutscher und niederländischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind.

Art. 1 (Anm.: aus BGBl. III Nr. 32/2007, zu den Artikel 2, 6 und 7, BGBl. Nr. 714/1992)

Des Weiteren macht die Botschaft das Ministerium auf folgende Erläuterung zu den Änderungen der Artikel 2 und 6 und des neuen

Artikel 7 aufmerksam.

Artikel 2: Soweit in diesem Vertrag Rechte und Pflichten für niederländische und österreichische Schffe bzw. Unternehmen geregelt werden, die Gegenstand der Verordnungen (EWG) Nr. 3921/91 und (EG) Nr. 1356/96 sind, sind die Schiffe bzw. Unternehmen, die den Bedingungen dieser Verordnungen entsprechen, den vorgenannten gleichgestellt.

Artikel 6: Dieser Artikel ist nicht auf Schiffe anzuwenden, die von Unternehmen gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1356/96 betrieben werden.

Neuer Artikel 7: In Vollziehung der Absätze 2 und 3 dieses Artikels sind für Urkunden und Bescheinigungen, die sich auf das Schiff und die Schiffsführung beziehen, die Richtlinien Nr. 76/135/EWG, Nr. 82/714/EWG, Nr. 91/672/EWG und Nr. 96/50/EG in ihren jeweils gültigen Fassungen anzuwenden.