Luftfahrt – Erleichterung von Ambulanzflügen in den Grenzregionen
Vorwort
Art. 1 Artikel 1
Im Sinne dieses Abkommens bedeuten die Begriffe
1. „Ambulanzflug“ einen Flug, der mit Luftfahrzeugen, die im Herkunftsstaat registriert sind, entweder gegen Bezahlung oder unentgeltlich zum Zwecke eines dringlichen Transportes von Verletzten oder Schwerkranken durchgeführt wird;
2. „Herkunftsstaat“ den Staat, von dessen Gebiet aus Luftfahrzeuge eingesetzt werden;
3. „Bestimmungsstaat“ den Staat, in dem vom Herkunftsstaat ausgehende Ambulanzflüge durchgeführt werden;
4. „Außenlandeplätze“ sind jene Flächen, die nicht als Flugplätze, Hubschrauberlandeplätze oder Wasserflugplätze gewidmet sind und die den Abflug und die Landung von Luftfahrzeugen, deren Bauart und technische Ausrüstung diese erlauben, ermöglichen;
5. „Grenzregionen“ die an der gemeinsamen Staatsgrenze liegenden Bundesländer der Republik Österreich und Regionen der Italienischen Republik.
Art. 2 Artikel 2
(1) Dieses Abkommen regelt Ambulanzflüge, die in die Grenzregionen des Bestimmungsstaates durchgeführt werden.
(2) Ambulanzflüge dürfen im Bestimmungsstaat von und nach Zivilflugplätzen und solchen Militärflugplätzen, die für den zivilen Verkehr geöffnet sind, sowie von und nach Hubschrauberlandeplätzen, Wasserflugplätzen und Außenlandeplätzen durchgeführt werden.
(3) In Übereinstimmung mit den Regeln der Luftnavigation und damit unter der Verantwortung des Piloten können sowohl Außenlandeplätze, die mit Signalzeichen versehen sind, als auch solche, die nicht mit Signalzeichen versehen sind, benützt werden, sofern die Flüge ausschließlich auf die bekanntgegebene Aktivität beschränkt bleiben und gemäß den geltenden Normen und Verfahren ausgeführt werden.
Art. 3 Artikel 3
(1) Für den Grenzübertritt zwischen den Vertragsstaaten im Rahmen von Ambulanzflügen benötigen Besatzungen, Sanitätspersonal und beförderte Personen keine Reisedokumente.
(2) Die Begleitung des Verletzten oder Schwerkranken durch Familienangehörige oder, falls solche nicht anwesend sind, durch eine Begleitperson ist zulässig.
(3) Sofern die Namen und die Personalien der beförderten Personen nicht schon im Flugplan bekanntgegeben werden konnten, sind diese den Polizeibehörden des anderen Vertragsstaates nach Durchführung des Ambulanzfluges unverzüglich mitzuteilen.
(4) Die Vertragsstaaten werden alle in den anderen Vertragsstaat beförderten Personen ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit zurücknehmen, auch wenn sie nicht im Besitz eines Reisedokumentes sind, ausgenommen jene Personen, die Staatsangehörige des anderen Staates sind oder die dort eine gültige Aufenthaltsberechtigung haben.
Art. 4 Artikel 4
(1) Die Ambulanzflüge dürfen nach Bekanntgabe des ICAO-Flugplanes an die im Art. 5 genannte Behörde des Bestimmungsstaates durchgeführt werden.
(2) Die Flüge haben im Bestimmungsstaat – soweit dies die Vorschriften des Bestimmungsstaates vorsehen – entlang der bestehenden Luftstraßen zu verlaufen und dürfen auch unterhalb der in der AIP (Aeronautical Information Publication) vorgesehenen Luftstraßenbegrenzung unter Bedachtnahme auf die Sicherheit der Luftfahrt durchgeführt werden. Falls die Luftstraßen nicht beflogen werden können, dürfen – soweit dies mit der Sicherheit der Luftfahrt vereinbar ist – die auf diplomatischem Wege bekanntgegebenen Korridore benützt werden. Die Flugstrecke, die von den bestehenden Luftstraßen oder Korridoren zum Außenlandeplatz führt, hat so kurz wie möglich zu sein.
(3) Der Flugplan, der den Anforderungen der ICAO zu entsprechen hat, muß jedenfalls durch folgende vom vorliegenden Abkommen vorgeschriebenen Angaben ergänzt werden:
a) Zweck des Fluges,
b) vollständiger Kurs des Ambulanzfluges mit Angabe bekannter geographischer Bezugspunkte,
c) geographische Koordinaten des Außenlandeplatzes oder, wenn dies nicht möglich ist, geographische Koordinaten des Mittelpunktes eines möglichst kleinen Gebietes, in welchem sich der Außenlandeplatz befindet,
d) Personalien der Besatzung, des medizinischen Begleitpersonals und der weiteren zu befördernden Personen.
Art. 5 Artikel 5
(1) Der Flugplan muß vor Durchführung des Fluges den im folgenden genannten Behörden bekanntgegeben werden:
– in Österreich: Bezirkskontrollstelle Wien, als Außenstelle des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (ACC Wien);
– in Italien: Centro Regionale Assistenza al Volo di Padova (Padova ACC).
(2) Der Flugplan muß für einen Instrumentenflug 30 Minuten vor dem Abflug bekanntgegeben werden. Sichtflüge dürfen unmittelbar nach Bekanntgabe des Flugplans durchgeführt werden.
(3) Falls der für den Flug Verantwortliche gezwungen sein sollte, Flugmanöver durchzuführen, durch welche Verfahren oder örtliche Vorschriften verletzt werden, oder den im Flugplan vorgesehenen Kurs wegen veränderter Umstände, die mit der Sicherheit des Luftfahrzeuges und der an Bord befindlichen Personen zusammenhängen, zu ändern, muß er dies unverzüglich der in Abs. 1 genannten Behörde des Bestimmungsstaates melden.
Art. 6 Artikel 6
(1) Für Luftfahrzeuge werden keine Zollpapiere verlangt oder ausgestellt. Luftfahrzeuge, Bordvorräte einschließlich Betriebsstoffe sowie die für die Durchführung des Transportes erforderlichen medizinischen Ausrüstungsgegenstände und Medikamente gelten im Bestimmungsstaat ohne förmliches Verfahren und ohne Leistung einer Sicherstellung als zur abgabenfreien vorübergehenden Verwendung vorgemerkt. Andere Waren, die über Reisegut hinausgehen, dürfen nicht mitgeführt werden.
(2) Die mitgeführten Bordvorräte, einschließlich Betriebsstoffe, die medizinischen Ausrüstungsgegenstände und Medikamente sind, soweit sie verbraucht werden, von allen Eingangsabgaben befreit. Soweit sie nicht verbraucht werden, sind sie wieder auszuführen.
(3) Für Waren, die nach den Absätzen 1 und 2 abgabenfrei sind, finden die Vorschriften über die Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze keine Anwendung.
(4) Die jeweiligen Polizei- und Zollbehörden behalten sich das Recht vor, falls sie es für notwendig erachten, nach Bekanntgabe des Flugplanes gemäß Art. 4 die nach den innerstaatlichen Vorschriften vorgesehenen Kontrollen durchzuführen.
Art. 7 Artikel 7
(1) Ambulanzflüge von und nach Außenlandeplätzen im Bestimmungsstaat dürfen nur von solchen Piloten durchgeführt werden, welche die notwendigen Berechtigungen im Herkunftsstaat besitzen.
(2) Die Berechtigungen gemäß Abs. 1 sind vom Piloten zusammen mit den nach den Rechtsvorschriften des Herkunftsstaates vorgesehenen Borddokumenten mitzuführen.
(3) Die Besatzung muß entsprechend ausgebildet sein und falls ein Außenlandeplatz benützt werden soll, die Vorschriften des Bestimmungsstaates, welche die Flüge von und nach Außenlandeplätzen regeln, kennen.
(4) Die Vertragsstaaten teilen einander ihre einschlägigen innerstaatlichen Vorschriften mit.
Art. 8 Artikel 8
(1) Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können im Gebiet des anderen Staates wohnhaften Personen, die Bestimmungen dieses Abkommens verletzt haben oder gegen die wegen strafbarer Handlungen auf dem Gebiet des Bestimmungsstaates dort ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet worden ist, die Teilnahme an Ambulanzflügen auf ihrem Gebiet untersagen.
(2) Solche Verbote werden den zuständigen Behörden des anderen Vertragsstaates auf diplomatischem Weg mitgeteilt.
Art. 9 Artikel 9
(1) Die Luftfahrzeuge, die Besatzung und die beförderten Personen dürfen nicht bewaffnet sein.
(2) In den Luftfahrzeugen dürfen keine fest installierten oder beweglichen Vorrichtungen, Ausrüstungen oder Sensoren mitgeführt werden, mit denen Aufnahmen jeder Art gemacht werden können, ausgenommen Bordinstrumente, die zum Betrieb des Luftfahrzeuges erforderlich sind, sowie Geräte für die medizinische Betreuung.
Art. 10 Artikel 10
(1) Jeder Vertragsstaat wird dem anderen Vertragsstaat vor Inkrafttreten dieses Abkommens eine vollständige Liste der Luftfahrzeughalter übermitteln, die zur Durchführung von Flügen gemäß diesem Abkommen ermächtigt sind, und auch allfällige Änderungen jeweils rechtzeitig bekanntgeben.
(2) Das Personal und die Luftfahrzeughalter, die zur Durchführung von Flügen gemäß diesem Abkommen berechtigt sind, müssen ausschließlich den Vertragsstaaten angehören.
Art. 11 Artikel 11
(1) Jeder Vertragsstaat kann aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit oder der Landesverteidigung die Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens gänzlich oder teilweise aussetzen. Hievon ist der andere Vertragsstaat unverzüglich auf diplomatischem Weg in Kenntnis zu setzen.
(2) Sofern aus den in Abs. 1 genannten Gründen eine zeitweilige Einschränkung der im vorliegenden Abkommen gewährten Erleichterungen erforderlich ist, wird dies den in Art. 5 genannten Behörden des anderen Vertragsstaates mitgeteilt.
Art. 12 Artikel 12
(1) Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation.
Die Ratifikationsurkunden werden sobald als möglich in Rom ausgetauscht.
(2) Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht wurden.
(3) Dieses Abkommen kann jederzeit schriftlich auf diplomatischem Wege gekündigt werden. Die Kündigung wird am ersten Tag des dritten Monats wirksam, der dem Monat folgt, in dem die Kündigung beim anderen Vertragsstaat eingelangt ist.
GESCHEHEN zu Wien, am 21. Februar 1989 in je zwei Urschriften in deutscher und italienischer Sprache, wobei beide Texte gleichermaßen authentisch sind.