BundesrechtInternationale VerträgeÜbereinkommen betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen einschließlich der allgemeinen Benützung und Personenbeförderung (Schweiz)

Übereinkommen betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeugen einschließlich der allgemeinen Benützung und Personenbeförderung (Schweiz)

In Kraft seit 19. Juli 1937
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I. Abschnitt.

Art. 1

(1) Unbeschadet der Bestimmungen internationaler Verträge, an denen die beiden Vertragsteile beteiligt sind, unterliegen alle Kraftfahrzeuge, und zwar auch hinsichtlich ihrer Verwendung sowie ihrer Führer, Fahrgäste und Ladungen, den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des Vertragsteiles, auf dessen Gebiet sie sich befinden, soweit das gegenwärtige Übereinkommen nichts anderes bestimmt.

(2) Insolange Gegenrecht gewährt wird, werden zulässig sein:

a) vorher von Personen im Gebiete des einen Vertragsteiles bestellte Personenfahrten durch einen im Gebiete des anderen Vertragsteiles ansässigen Unternehmer, sofern nicht mit dem nämlichen Kraftfahrzeug die Rückfahrt derselben Personen an den Ausgangspunkt erfolgt;

b) unbeschadet der Bestimmungen im V. Abschnitt solche Fahrten, bei denen Personen aus dem Gebiete des einen Vertragsteiles durch einen in dessen Gebiet ansässigen Unternehmer in das Gebiet des anderen Vertragsteiles befördert und gegebenenfalls rückbefördert werden, sofern nicht im Gebiete des anderen Vertragsteiles Personen zur Beförderung lediglich innerhalb dieses Gebietes übernommen werden.

II. Abschnitt.

Art. 2

(1) Die Vertragsteile werden mit den nachstehend angeführten Einschränkungen für Kraftfahrzeuge, die im Gebiete des einen Vertragsteiles eingetragen sind und vorübergehend im Touristenverkehr oder nach Maßgabe des gegenwärtigen Übereinkommens im erwerbsmäßigen Personenverkehr in das Gebiet des anderen Vertragsteiles eingebracht werden, keine Zoll- oder anderen Eingangsabgaben erheben. Derartige Kraftfahrzeuge werden nach Maßgabe der inländischen Vorschriften im Zollvormerkverfahren, mit Triptyk oder internationalem Grenz(Passier)scheinheft (carnet de passage en douane) abgefertigt.

(2) Unter der Bedingung der Gewährung des Gegenrechtes können innerhalb der in der Zusatzbestimmung § 1, zu Artikel 12, des Handelsvertrages zwischen Österreich und der Schweiz vom 6. Jänner 1926 festgesetzten Grenzzonen Lastkraftfahrzeuge aller Art, die von einem Angehörigen des einen Vertragsteiles in das Gebiet des anderen Vertragsteiles beladen oder unbeladen eingeführt werden, mit besonderem Triptyk abgefertigt werden, sofern der Eigentümer oder Halter des Kraftfahrzeuges nicht im Gebiete des anderen Vertragsteiles auch einen Wohnsitz oder eine Betriebsstätte besitzt. Dieses Triptyk muß einen auffälligen Aufdruck „Nur gültig für die österreichisch-schweizerischen Grenzzonen“ tragen.

Durch die Aufnahme von Waren zur Beförderung zwischen Orten des anderen Vertragsteiles wird diese Begünstigung verwirkt.

(3) Die Vertragsteile werden auch den Treibstoff und das Öl, die sich im Zeitpunkt des Grenzübertrittes in den Fahrzeugbehältern befinden, außer im Falle von Mißbräuchen, mit keiner Zoll- oder anderen Eingangsabgabe belegen.

(4) Von der Abfertigung im Zollvormerkverfahren, mit Triptyk oder internationalen Grenz(Passier)scheinheft usw. sind Kraftfahrzeuge der Post- und Eisenbahnverwaltungen sowie alle Kraftfahrzeuge, die eine konzessionierte, über die Grenze führende ständige Kraftfahrlinie bedienen, befreit.

Die zollamtliche Revision dieser Kraftfahrzeuge bleibt vorbehalten.

(5) An Zollabgaben dürfen für die nach Absatz 1 und 2 abgefertigten Kraftfahrzeuge keine anderen Gebühren erhoben werden als:

a) die statistischen Gebühren;

b) die Zollabfertigungsgebühren für Amtshandlungen außerhalb der Zollstunden (Amtsstunden).

(6) Kraftfahrzeuge, deren Eigentümer oder Halter in den Gebieten beider Vertragsteile zugleich ihren Wohnsitz oder zugleich eine Betriebsstätte oder in dem Gebiete des einen Vertragsteiles einen Wohnsitz und in jenem des anderen Vertragsteiles eine Betriebsstätte haben, kommen für die in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Erleichterungen nicht in Betracht.

Ausnahmen können unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes bewilligt werden.

III. Abschnitt.

Art. 3

(1) Kraftfahrzeuge, die im Gebiete des einen Vertragsteiles ihren Standort haben, können bei vorübergehendem Verkehr im Gebiete des anderen Vertragsteiles in diesem erst nach einem Aufenthalt von mindestens 90 aufeinanderfolgenden Tagen – errechnet vom jedesmaligen Überschreiten der Grenze – einer Gebühr oder Steuer unterworfen werden. Die Gebühr oder Steuer kann alsdann für die ganze Aufenthaltsdauer erhoben werden.

(2) Vorbehalten bleiben:

a) die Konzessionsgebühren und Verwaltungs- und Stempelabgaben. Brückenmauten werden von Kraftfahrzeugen nicht erhoben;

b) die gesetzlich zulässigen Mauten für die Benützung von Bergstraßen;

c) die Abgaben vom Verkehr, die unter Zugrundelegung der Sitzzahl oder des Ladegewichtes des Fahrzeuges, der Länge des Beförderungsweges, der Höhe des Beförderungspreises oder auf anderer Grundlage erhoben werden.

(3) Die zu erhebenden Steuern, Abgaben und sonstigen Gebühren dürfen jene nicht übersteigen, denen die im Gebiete des Vertragsteiles, der derartige Leistungen erhebt, eingetragenen Fahrzeuge unterliegen.

IV. Abschnitt.

Art. 4

Bei Kraftfahrzeugen, die in dem Gebiete des einen Vertragsteiles eingetragen sind und zeitweilig im Gebiete des anderen Vertragsteiles verkehren, wird in diesem von der Vorweisung des internationalen Zulassungsscheines (Artikel 4 des Internationalen Übereinkommens über den Verkehr von Kraftfahrzeugen vom 24. April 1926) und des internationalen Führerscheines (Artikel 7 des erwähnten Übereinkommens) abgesehen, wenn die heimischen Ausweise für Fahrzeuge und Führer vorliegen und die Fahrzeuge neben den heimischen Polizeischildern (Kennzeichen) mit dem internationalen Unterscheidungszeichen (Artikel 5 des erwähnten Übereinkommens) ausgestattet sind. Die Anerkennung der heimischen Ausweise kann unter den gleichen Bedingungen versagt werden wie die der internationalen Zulassungs- und Führerscheine. Die heimischen Führerscheine berechtigen nur zur Lenkung jener Kraftfahrzeuge, für die sie nach der heimischen Gesetzgebung gültig sind. Diese Erleichterung bezieht sich auch auf die der allgemeinen Benützung zugänglichen Betriebe zur gemeinsamen Personenbeförderung (V. Abschnitt).

V. Abschnitt.

Art. 5

(1) Wenn ein der allgemeinen Benützung zugänglicher Betrieb zur gemeinsamen Personenbeförderung, der sich auf das Gebiet des anderen Vertragsteiles erstreckt, in diesem nur auf Grund einer besonderen Konzession zugelassen wird, steht es jedem der Vertragsteile frei, die Konzession zu erteilen oder zu versagen.

Die Einrichtung und der Betrieb konzessionspflichtiger Fahrten unterliegen gemäß der Bestimmung im I. Abschnitt, Absatz 1, in jedem der beiden Vertragsteile den dort geltenden Gesetzen und Vorschriften.

(2) Die sachlich zuständigen Behörden der beiden Vertragsteile werden fallweise über die Einrichtung von Kraftfahrlinien für den öffentlichen Personenverkehr aus dem Gebiete des einen Vertragsteiles in das Gebiet des anderen Vertragsteiles oder darüber hinaus und über die Unternehmen, die diese Kraftfahrlinien betreiben sollen, übereinkommen. Die einzurichtenden Kraftfahrlinien sollen, soweit es die Verhältnisse gestatten, von je einem Kraftfahrunternehmen der beiden Vertragsteile betrieben werden; soweit ein solcher gemeinschaftlicher Betrieb nicht zweckmäßig ist, wird bei Einrichtung anderer Kraftfahrlinien ein Ausgleich geschaffen werden.

Den Unternehmen, hinsichtlich deren die beiden Behörden übereinkommen, werden die nach der innerstaatlichen Gesetzgebung erforderlichen Genehmigungen ohne Rücksicht auf etwa bestehende Vorzugsrechte Dritter erteilt werden.

(3) Bei Erteilung der Konzession wird keine neuerliche Prüfung der Kraftfahrzeuge, für die ein ordnungsmäßiger Zulassungsschein im anderen Vertragsteil bereits ausgestellt wurde, noch eine neuerliche Prüfung der Führer, die bereits den Führerschein im anderen Vertragsteil besitzen, verlangt werden. Vorbehalten bleibt das Recht, die Vorweisung eines Zeugnisses darüber zu verlangen, daß der Führer zur Lenkung von Kraftfahrzeugen zur gemeinsamen Personenbeförderung erfahren und geeignet ist. Dieses Zeugnis ist von der zuständigen Behörde des Vertragsteiles, in dem der Führer seinen Wohnsitz hat, auszustellen. Im übrigen bleibt das Recht vorbehalten, Angaben zwecks Feststellung zu verlangen, ob das Kraftfahrzeug den gesetzlichen Bestimmungen und den Konzessionsbedingungen des die Konzession gewährenden Vertragsteiles entspricht, soweit diese Angaben nicht bereits im Zulassungsschein enthalten sind.

(4) Bei der Konzessionserteilung sind keine höheren Gebühren zu beanspruchen als jene, die unter gleichen Bedingungen von den eigenen Staatsangehörigen erhoben werden.

(5) Jeder Vertragsteil behält sich das Recht vor, vom Eigentümer oder Halter von Kraftfahrzeugen, die in einem auf sein Gebiet sich erstreckenden Betrieb verwendet werden, den Abschluß einer Haftpflichtversicherung mit einer im Heimatstaate des Eigentümers oder Halters zugelassenen Versicherungsgesellschaft zu beanspruchen. Die Vertragsteile werden sich innerhalb zweier Monate nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Übereinkommens das Verzeichnis der in ihren Gebieten zum Abschluß von obligatorischen Haftpflichtversicherungsverträgen zugelassenen Gesellschaften und in der Folge die jeweiligen Änderungen daran mitteilen. Die Versicherungspolizzen müssen die Bestimmung enthalten, daß die Haftung des Versicherers sich auch auf Fahrten im Gebiet des anderen Vertragsteiles erstreckt und daß der Versicherer auch dann haftet, wenn der Eigentümer oder Halter auf Grund der zur Zeit des Abschlusses des Versicherungsvertrages geltenden gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen des anderen Vertragsteiles als schadenersatzpflichtig in Anspruch genommen wird. Im Falle einer Änderung dieser Haftpflichtbestimmungen ist der Eigentümer oder Halter verpflichtet, innerhalb von vier Monaten nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung seinen Versicherungsvertrag dahin gehend zu ergänzen, daß der Versicherer die nach der neuen gesetzlichen Bestimmung sich ergebende Schadenersatzpflicht deckt.

(6) Die Post sowie die der allgemeinen Benützung zugänglichen Betriebe zur gemeinsamen Personenbeförderung, die diese Beförderung unter der Verantwortung eines der Vertragsteile im Sinne der Bestimmungen in Artikel 2, § 1, des Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahn-, Personen- und Gepäckverkehr ausführen, sind von der oberwähnten Verpflichtung befreit.

(7) Vorbehalten bleiben besondere Vereinbarungen über den Postdienst.

VI. Abschnitt.

Art. 6

Dieses Übereinkommen wird für unbestimmte Zeit geschlossen. Es kann jederzeit von jedem der beiden Vertragsteile mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.

Dieses Übereinkommen wird ratifiziert und die Ratifikationsurkunden werden in Bern ausgetauscht werden. Es tritt mit dem Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Es besteht jedoch Einverständnis darüber, daß die Bestimmungen des Übereinkommens schon zu einem früheren Zeitpunkt vorläufig in Anwendung gebracht werden können. Dieser Zeitpunkt wird durch Notenaustausch festgelegt werden.

Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterschrieben.

Geschehen in Wien, den einundzwanzigsten November tausendneunhundertsechsunddreißig, in doppelter Ausfertigung.

Schlußprotokoll.

Anl. 1

Anläßlich der Unterzeichnung des gegenwärtigen Übereinkommens sind die Bevollmächtigten übereingekommen, wie folgt:

Es besteht Einverständnis darüber, daß zwischen den beiden Vertragsteilen unverzüglich Verhandlungen eingeleitet werden, um den Vertrag zwischen Österreich und der Schweiz vom 15. März 1927 über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in dem Sinne abzuändern, daß in Rechtssachen wegen Ersatzes von Schäden, die durch den Betrieb eines Kraftfahrzeuges verursacht sind, die Entscheidungen der Gerichte des einen der Vertragsteile im Gebiete des anderen Vertragsteiles auch dann anerkannt und vollstreckt werden, wenn der Schuldner zur Zeit der Erhebung der Klage seinen Wohnsitz in dem Gebiete des Vertragsteiles hatte, wo die Entscheidung geltend gemacht wird.

Zum I. Abschnitt, Absatz 1.

Es besteht Einverständnis darüber, daß für den Fall der Änderung der Gesetze eines der Vertragsteile auf den einschlägigen Gebieten des Bahn- und Postverkehres, des Kraftfahrwesens, des Zolldienstes und des erwerbsmäßigen Transportes von Personen, Gütern und Tieren sowie der obligatorischen Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge Verhandlungen zwecks Revision des Übereinkommens über Antrag eines Vertragsteiles erfolgen können.

Zum II. Abschnitt, Absatz 2.

Insolange der Eintritt von Lastkraftfahrzeugen und Anhängern in das Gebiet eines der Vertragsteile im Zollvormerkverfahren, mit Triptyk usw. nicht allgemein zugelassen ist, sind Lastkraftfahrzeuge und Anhänger, die ausschließlich der Beförderung des Reisegepäcks von Reisenden dienen, bei der Zollabfertigung gleich wie die diese Reisenden befördernden Kraftfahrzeuge zu behandeln.

Zum III. Abschnitt, Absatz 2, c.

Ein Ausgleich in bezug auf die Entrichtung der gegenständlichen Abgaben vom Verkehr bleibt besonderen Vereinbarungen der beiden Postverwaltungen vorbehalten.

Zum V. Abschnitt, Absatz 3.

Es besteht Einverständnis darüber, daß es im Interesse des beiderseitigen Fremdenverkehres wünschenswert ist, die Durchführung von geschlossenen Gesellschaftsfahrten, die von Unternehmen des anderen Vertragsteiles durch das eigene Gebiet bewerkstelligt werden, der Konzessionspflicht nicht zu unterwerfen.

Zum V. Abschnitt, Absatz 5.

Es besteht Einverständnis darüber, daß, wenn im Gebiete eines der Vertragsteile gesetzlicher Haftpflichtversicherungszwang für Kraftfahrzeuge besteht, für die hier in Frage kommenden Eigentümer oder Halter ein den bezüglichen Bestimmungen ihres Heimatstaates entsprechender Haftpflichtversicherungsvertrag genügt.

Dieses doppelt ausgefertigte Schlußprotokoll bildet einen integrierenden Bestandteil des Übereinkommens und tritt gleichzeitig mit diesem in Kraft.

Geschehen in Wien, den einundzwanzigsten November eintausendneunhundertsechsunddreißig.