BundesrechtInternationale VerträgeAbkommen zwischen Österreich und Deutschland über Gastarbeitnehmer

Abkommen zwischen Österreich und Deutschland über Gastarbeitnehmer

In Kraft seit 01. Januar 1953
Up-to-date

Artikel 1.

Art. 1

(1) Dieses Abkommen findet auf Gastarbeitnehmer Anwendung. Als Gastarbeitnehmer gelten Staatsangehörige eines der beiden vertragschließenden Staaten, die sich in das Gebiet des anderen vertragschließenden Staates begeben, um zur Vervollkommnung ihrer Berufskenntnisse bei einem Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis einzugehen.

(2) Die Gastarbeitnehmer sollen in der Regel das 30. Lebensjahr nicht überschritten haben.

Artikel 2.

Art. 2

Die Zulassung der Gastarbeitnehmer erfolgt im allgemeinen ohne Rücksicht auf die Beschäftigungslage in dem betreffenden Beruf; die obersten Verwaltungsbehörden der vertragschließenden Staaten können jedoch vereinbaren, daß bestimmte Berufe von der Anwendung des Abkommens ausgenommen werden.

Artikel 3.

Art. 3

Die Dauer des Arbeitsverhältnisses eines Gastarbeitnehmers ist auf den Zeitraum eines Jahres beschränkt. Dieser Zeitraum kann in Ausnahmefällen bis zu sechs Monaten verlängert werden.

Artikel 4.

Art. 4

(1) Die Zulassungen für jeden der beiden Staaten dürfen die Zahl von 500 im Laufe eines Kalenderjahres nicht überschreiten. Für die Anrechnung auf das Kontingent ist der Zeitpunkt der Einreise des Gastarbeitnehmers maßgebend.

(2) Das Kontingent jedes Jahres wird durch jene Gastarbeitnehmer nicht berührt, die sich noch im Gebiete des Einreisestaates befinden und auf ein früheres Kontingent zählen.

(3) Wenn das Kontingent im Laufe eines Jahres von den Gastarbeitnehmern eines der beiden Staaten nicht ausgeschöpft wird, so darf dieser Staat die Zahl der den Gastarbeitnehmern des anderen Staates zu erteilenden Zulassungen weder herabsetzen, noch den nicht in Anspruch genommenen Rest seines Kontingents auf das folgende Jahr übertragen.

(4) Die in Absatz 1 genannte Zahl von Gastarbeitnehmern kann auf Vorschlag eines der vertragschließenden Staaten durch Notenaustausch der obersten Verwaltungsbehörden geändert werden.

Artikel 5.

Art. 5

(1) Die Zulassung als Gastarbeitnehmer erfolgt unter der Bedingung, daß der Gastarbeitnehmer kein anderes Arbeitsverhältnis eingeht und auch sonst keine andere Erwerbstätigkeit ausübt.

(2) Die Gastarbeitnehmer dürfen keine Beschäftigungen in Betrieben antreten, die von Streik oder Aussperrung betroffen sind. Bricht eine solche Streitigkeit während der Dauer des Arbeitsverhältnisses aus, so sind dem Gastarbeitnehmer, soweit möglich, alle Erleichterungen zur Auffindung eines entsprechenden anderen Arbeitsplatzes zu gewähren.

(3) Die Hilfe zur Auffindung eines neuen Arbeitsplatzes soll auch gewährt werden, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Verschulden des Gastarbeitnehmers vor Ablauf der Zulassungsdauer endet.

Artikel 6.

Art. 6

(1) Die Gastarbeitnehmer sind unter den gleichen Arbeits- und Lohnbedingungen zu beschäftigen, wie sie für vergleichbare Arbeitsverhältnisse der eigenen Staatsangehörigen in den Betrieben gelten, in denen die Gastarbeitnehmer beschäftigt werden.

(2) Auf das Arbeitsverhältnis der Gastarbeitnehmer finden alle Vorschriften über die soziale Sicherheit von Arbeitnehmern (Sozialversicherung, Arbeitslosenversicherung, Arbeiter- und Rechtsschutz) Anwendung.

Artikel 7.

Art. 7

Die vertragschließenden Staaten bestimmen die für die Zulassung der Gastarbeitnehmer zuständigen Behörden (Zulassungsstellen).

Artikel 8.

Art. 8

(1) Personen, die von den Bestimmungen dieses Abkommens Gebrauch machen wollen, haben ihren Antrag über das Arbeitsamt ihres Wohnsitzes bei der Zulassungsstelle ihres Staates zu stellen. Der Antrag hat alle für seine Prüfung erforderlichen Angaben zu enthalten und muß insbesondere anführen, in welchem Beruf und gegebenenfalls in welchem Betrieb der Gastarbeitnehmer beschäftigt werden will. Dem Antrag ist ferner ein polizeiliches Zeugnis über den Leumund des Bewerbers beizuschließen.

(2) Die Zulassungsstelle leitet den Antrag, falls die Voraussetzungen erfüllt sind, an die Zulassungsstelle des anderen Staates weiter, die über die Zulassung entscheidet. Diese Stelle entscheidet auch über Verlängerungen gemäß Artikel 3.

(3) Die Zulassungsstelle des Gastlandes hat sich um die Vermittlung der Personen zu bemühen, die sich um eine Stelle als Gastarbeitnehmer bewerben. Die vertragschließenden Staaten verpflichten sich, die Vermittlung von Gastarbeitnehmern unter Mitwirkung der zuständigen Organisationen durch geeignet erscheinende Maßnahmen zu erleichtern.

(4) Die Zulassung schließt die nach den bestehenden Vorschriften für die Beschäftigung von Ausländern erforderliche Genehmigung ein.

Artikel 9.

Art. 9

Das Zulassungsverfahren im Sinne dieses Abkommens ist von den Stempeln, Gebühren und Abgaben befreit.

Artikel 10.

Art. 10

Die Bestimmungen dieses Abkommens berühren nicht die Verpflichtung der Gastarbeitnehmer, den in den Gebieten der vertragschließenden Staaten geltenden Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern nachzukommen.

Artikel 11.

Art. 11

Die obersten Verwaltungsbehörden der beiden Vertragsstaaten vereinbaren unmittelbar das Nähere über die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlichen Maßnahmen, die ein gegenseitiges Einverständnis bedingen. Die obersten Verwaltungsbehörden unterrichten sich gegenseitig über Änderungen innerstaatlicher Vorschriften auf den dieses Abkommen betreffenden Gebieten und regeln etwaige bei der Auslegung und Durchführung dieses Abkommens auftretende Schwierigkeiten untereinander.

Artikel 12.

Art. 12

Oberste Verwaltungsbehörden im Sinne dieses Abkommens sind in der Republik Österreich das Bundesministerium für soziale Verwaltung, in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesministerium für Arbeit oder die von ihm beauftragten Stellen.

Artikel 13.

Art. 13

(1) Dieses Abkommen gilt bis zum 31. Dezember 1952. Es tritt mit dem Beginn des zweiten Monats in Kraft, der dem Austausch der Ratifikationsurkunden folgt.

(2) Das Abkommen gilt stillschweigend jeweils um ein Jahr verlängert, sofern es nicht von der Regierung eines der beiden Vertragsstaaten spätestens drei Monate vor Ablauf der Jahresfrist schriftlich gekündigt wird.

(3) Im Falle der Kündigung bleiben die auf Grund des vorliegenden Abkommens ausgesprochenen Zulassungen für die vorgesehene Dauer gültig.

(4) Als Kontingent für den Rest des Jahres 1952 gilt der dem Zeitraum vom Inkrafttreten bis zum Jahresende 1952 entsprechende Anteil des in Artikel 4 genannten Kontingents.

Gefertigt in doppelter Urschrift in Bonn am 23. November 1951.

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten dieses Abkommen mit ihren Unterschriften und ihren Siegeln versehen.

Schlußprotokoll

Anl. 1

Bei der Unterzeichnung des heute zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Abkommens über Gastarbeitnehmer geben die beiderseitigen Bevollmächtigten im Namen der Vertragsstaaten die übereinstimmende Erklärung ab, daß über folgendes Einverständnis besteht:

1. Es soll danach getrachtet werden, die berufliche Ausbildung im Wege des Austausches von Staat zu Staat hinsichtlich solcher Personen zu fördern, die die Erweiterung ihrer Berufskenntnisse im Ausland nicht in der Form eines Arbeitsverhältnisses, zum Beispiel als Volontäre, Ferialpraktikanten u. ä., erstreben.

2. Das Abkommen bezieht sich, unbeschadet der Bestimmungen der Ziffer 1, nicht auf den Austausch von land- und forstwirtschaftlichen Praktikanten.

3. Soweit es in dem Abkommen oder diesem Schlußprotokoll auf die österreichische oder deutsche Staatsangehörigkeit ankommt, stehen gleich

a) den österreichischen Staatsangehörigen die Personen deutscher Sprachzugehörigkeit (Volksdeutsche), die staatenlos sind oder deren Staatsangehörigkeit ungeklärt ist und die sich nicht nur vorübergehend im Gebiete der Republik Österreich aufhalten,

b) den deutschen Staatsangehörigen die Flüchtlinge oder Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit oder deren Ehegatten oder Abkömmlinge, die im Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden haben.

Durch die Beschäftigung als Gastarbeitnehmer in einem der Vertragsstaaten tritt für die in Buchstaben a und b genannten Personen eine Änderung in ihrer staatsrechtlichen Stellung nicht ein.

4. Dieses Abkommen findet Anwendung im Staatsgebiet der Republik Österreich und im Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Die Ausdehnung des Abkommens auf das Land Berlin (West) bleibt einer Zusatzvereinbarung vorbehalten.

Dieses Schlußprotokoll, das Bestandteil des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Gastarbeitnehmer vom heutigen Tage bildet, gilt unter denselben Voraussetzungen und für dieselbe Dauer wie das Abkommen selbst.

Gefertigt in doppelter Urschrift in Bonn am 23. November 1951.

Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten dieses Abkommen mit ihren Unterschriften versehen.