BundesrechtInternationale VerträgeNiederlassungsverhältnisse der beiderseitigen Staatsbürger (Schweiz)

Niederlassungsverhältnisse der beiderseitigen Staatsbürger (Schweiz)

In Kraft seit 22. Mai 1876
Up-to-date

Artikel 1.

Art. 1

Die Angehörigen eines jeden der vertragenden Theile sollen bei ihrer Niederlassung oder während ihres kürzeren oder längeren Aufenthaltes in dem Gebiete des anderen, in Bezug auf Alles, was die Aufenthaltsbewilligung, die Ausübung der durch die Landesgesetze gestatteten Gewerbe und Berufe, die Steuern und Abgaben, mit einem Worte sämmtliche den Aufenthalt und die Niederlassung betreffenden Bedingungen anbelangt, den Inländern gleichgehalten werden.

Diese Bestimmungen haben jedoch auf das Apothekergewerbe und den Gewerbebetrieb im Umherziehen keine Anwendung zu finden.

Artikel 2.

Art. 2

In Ansehung des Erwerbes, Besitzes und der Veräußerung von Liegenschaften und Grundstücken jeder Art, sowie der Verfügungen über dieselben und der Entrichtung von Abgaben, Taxen und Gebühren für solche Verfügungen, sollen die Angehörigen jedes der vertragenden Theile in dem Gebiete des anderen die Rechte der Inländer genießen.

Artikel 3.

Art. 3

Jeder Vortheil in Bezug auf Niederlassung und Gewerbsausübung, den der eine der vertragschließenden Theile irgend einem dritten Staate, auf welche Weise es immer sei, gewährt hätte, – oder in Zukunft noch gewähren sollte, wird in gleicher Weise und zu gleicher Zeit gegenüber dem anderen Contrahenten zur Anwendung kommen, ohne daß hiefür der Abschluß einer besonderen Uebereinkunft nöthig wäre.

Artikel 4.

Art. 4

Die Angehörigen des einen der vertragenden Theile, welche in dem Gebiete des anderen wohnhaft sind, und in die Lage kommen sollten, durch gerichtliches Urtheil, oder durch gesetzmäßig angewendete und vollzogene Polizeimaßregeln, oder kraft der Verordnungen über die Sitten- und Armen-Polizei, weggewiesen zu werden, sollen sammt Familie jederzeit in ihrer ursprünglichen Heimat wieder aufgenommen werden.

Artikel 5.

Art. 5

Die Angehörigen des einen der contrahirenden Staaten, welche im anderen wohnhaft sind, stehen nicht unter den Militärgesetzen des Landes, in dem sie sich aufhalten, sondern bleiben denjenigen ihres Vaterlandes unterworfen.

Sie sind insbesondere von allen Geld- und Natural-Leistungen, welche als Ersatz für den persönlichen Militärdienst auferlegt werden, sowie von militärischen Requisitionen, befreit, mit Ausnahme der Einquartierungen und solcher Lieferungen, welche durch den Besitz bedingt sind.

Ebenso sind sie frei von jedem Dienste in der Nationalgarde, Miliz, Landwehr (Honved), Landsturm sowohl, als in den Ortbürgerwachen.

Artikel 6.

Art. 6

Unter keinen Umständen, weder in Friedens- noch in Kriegszeiten, darf auf das Eigenthum eines Angehörigen des einen der beiden contrahirenden Theile in dem Gebiete des anderen, irgend eine andere oder höhere Taxe, Gebühr, Auflage oder Abgabe gelegt oder gefordert werden, als auf das gleiche Eigenthum gelegt oder gefordert würde, wenn es einem Angehörigen des Landes oder einem Bürger oder Unterthan der am meisten begünstigten Nation angehören würde.

Ebensowenig wird einem Angehörigen des einen der beiden vertragenden Theile in dem Gebiete des anderen Theiles irgend eine andere oder höhere Abgabe auferlegt oder von ihm erhoben, als solche einem Angehörigen des Landes, oder einem Bürger oder Unterthan der am meisten begünstigten Nation auferlegt oder von demselben erhoben wird.

Unter den oberwähnten Abgaben sind die Zölle, sowie die Hafen- und Seegebühren nicht inbegriffen.

Artikel 7.

Art. 7

Die beiden contrahirenden Theile verpflichteten sich gegenseitig, mittellose Staatsangehörige des anderen Theiles, welche auf ihrem Gebiete erkranken oder verunglücken, mit Inbegriff der Geisteskranken, gleich ihren eigenen Angehörigen besorgen und bis zu dem Zeitpuncte verpflegen zu lassen, in welchem die Heimkehr ohne Nachtheil für die Betreffenden oder für Dritte stattfinden kann.

Für die in solchen Fällen, oder für die Beerdigung armer Verstorbener aufgewendeten Kosten, findet weder von Seite des Staates oder Landes, noch von Seite der Gemeinde oder anderen öffentlichen Cassen eine gegenseitige Vergütung statt; – nur der civilgerichtliche Anspruch gegen den Verpflegten oder gegen dritte Verpflichtete bleibt vorbehalten.

Die contrahirenden Theile sichern sich auch wechselseitig zu, auf Antrag der betreffenden Behörde die nach der Landesgesetzgebung zulässige Hilfe zu leisten, damit denjenigen, welche die Kosten bestritten haben, diese nach billigen Ansätzen erstattet werden.

Artikel 8.

Art. 8

In allen Geburts-, Trauungs- und Todesfällen österreichisch-ungarischer Staatsangehöriger in der Schweiz und umgekehrt Schweizerischer Staatsangehöriger in Oesterreich-Ungarn werden die competenten kirchlichen und weltlichen Functionäre die amtlichen Auszüge aus den Kirchenbüchern, respective Standesregistern (registres d`etat civil) ohne Verzug und kostenfrei ausfertigen und dieselben in Oesterreich-Ungarn an die Gesandtschaft der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Wien und in der Schweiz an die k. u. k. österreichisch-ungarische Gesandtschaft in Bern gelangen lassen.

Die Art und Weise der Legalisation dieser Ausfertigungen richtet sich nach den Gesetzen des Staates, wo sie zu geschehen haben.

Den in Oesterreich-Ungarn in einer anderen als in der deutschen oder lateinischen Sprache ausgestellten Geburts-, Trauungs- und Todesscheinen ist eine lateinische, von der zuständigen Behörde gehörig beglaubigte Uebersetzung beizuschließen, dagegen sind die in der Schweiz ausgestellten derlei Urkunden, wenn es sich um einen österreichischen Staatsangehörigen handelt, und die Urkunde in einer anderen als in der deutschen oder lateinischen Sprache ausgefertigt ist, mit einer deutschen oder lateinischen, wenn sie aber einen ungarischen Staatsangehörigen betrifft, und nicht in der lateinischen Sprache ausgefertigt ist, mit einer lateinischen, von der zuständigen Behörde gehörig beglaubigten Uebersetzung zu begleiten.

Weder durch die Ausfertigung, noch durch die Annahme der Geburtsscheine kann die Frage der Staatsangehörigkeit der Betreffenden präjudiciert werden.

Artikel 9.

Art. 9

Die gegenwärtige Uebereinkunft tritt für den Zeitraum von zehn Jahren in Kraft und zwar vier Wochen vom Tage der Auswechslung der Ratificationsurkunden an gerechnet.

Wenn sechs Monate vor Ablauf dieser Frist keine Aufkündigung von Seite eines der contrahirenden Theile stattfindet, so dauert die Uebereinkunft so lange fort, als nicht eine Aufkündigung erfolgt, für welche gleichfalls die Frist von sechs Monaten festgesetzt wird.

Artikel 10.

Art. 10

Diese Uebereinkunft ist zu ratificiren, und es sollen die beiderseitigen Ratificationsurkunden innerhalb sechs Monaten vom Tage der Unterzeichnung der Uebereinkuft an gerechnet, oder wo möglich noch früher in Bern ausgewechselt werden.

Dessen zur Urkunde haben die beiderseitigen Bevollmächtigten die vorstehenden Artikel unterzeichnet und ihre Wappensiegel beigedrückt.

So geschehen in doppelter Ausfertigung in Bern am siebenten December Eintausendachthundert und fünfundsiebenzig.