BundesrechtBundesgesetzeBereinigung der Eigentumsverhältnisse des im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen Kunst- und Kulturgutes

Bereinigung der Eigentumsverhältnisse des im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen Kunst- und Kulturgutes

In Kraft seit 01. September 1969
Up-to-date

§ 1

(1) Gegenstand dieses Bundesgesetzes ist die Bereinigung der Eigentumsverhältnisse an dem im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen Kunst- und Kulturgut (laut Anlage ), dessen Eigentümer bisher nicht festgestellt werden konnten.

(2) Die Anmeldestelle (§ 2 Abs. 1) hat gemäß des in der Anlage zahlenmäßig angeführten Kunst- und Kulturgutes im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ vom 2. September 1969 eine Liste mit einer Beschreibung zu verlautbaren.

§ 2

(1) Personen, die das Eigentumsrecht an dem in der Liste (§ 1 Abs. 2) enthaltenen Kunst- und Kulturgut behaupten, können ihren Anspruch auf Herausgabe bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland – im folgenden Anmeldestelle genannt – anmelden. Die Anmeldung muß bei sofortiger Verwirkung spätestens am 31. Dezember 1972 bei der Anmeldestelle eingelangt sein.

(2) Die Ansprüche sind ausschließlich nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes geltend zu machen.

(3) Personen, die durch Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen der im § 1 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1946, BGBl. Nr. 106, über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind, bezeichneten Art in den Besitz des Kunst- und Kulturgutes gekommen sind, können Ansprüche auf dessen Herausgabe nicht geltend machen.

§ 3

(1) Die Anmeldung ist in doppelter Ausfertigung einzubringen und muß Angaben enthalten, aus denen zu ersehen ist, worauf der Anspruch gestützt wird. Beweisurkunden sind im Original oder in beglaubigter Abschrift anzuschließen. Wenn Personen, die im Ausland wohnhaft sind, ihre Anmeldungen durch einen Bevollmächtigten einbringen, muß ihre Unterschrift auf der Vollmacht, die nicht älter als drei Jahre sein darf, beglaubigt sein.

(2) Die rechtzeitig eingebrachten Anmeldungen (§ 2 Abs. 1) sind von der Anmeldestelle in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zu prüfen.

(3) Der Anmelder hat auf Verlangen der Anmeldestelle innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist zur Klärung des Sachverhaltes erforderliche ergänzende Angaben zu machen oder Beweismittel anzugeben oder vorzulegen. Können Angaben nicht gemacht oder Beweismittel nicht erbracht werden, so sind die Gründe hiefür innerhalb der von der Anmeldestelle festgesetzten Frist anzugeben.

(4) Ist der Anmelder nach Einbringung seiner Anmeldung verstorben, so ist die weitere Behandlung der Angelegenheit mit seinen Rechtsnachfolgern fortzusetzen. Die in den §§ 4 und 5 festgesetzten Fristen werden bis zum Abschluß des Verlassenschaftsverfahrens oder, falls die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen ist, bis zum Abschluß eines allfälligen ähnlichen Verfahrens im Ausland unterbrochen.

§ 4

(1) Kommt die Anmeldestelle zur Überzeugung, daß ein Herausgabeanspruch besteht, so hat sie den Anmelder nach Ablauf der Anmeldefrist davon zu verständigen, daß sie den Eigentumsanspruch anerkennt. Gleichzeitig sind dem Anmelder die Bedingungen bekanntzugeben, unter welchen der Gegenstand herausgegeben wird (Abs. 2).

(2) Sind dem Anspruchsberechtigten im Zuge eines nichtigen das herauszugebende Kunst- und Kulturgut betreffenden Rechtsgeschäftes Gegenleistungen zugekommen, so darf das Kunst- und Kulturgut nur Zug um Zug gegen Erstattung der Gegenleistung herausgegeben werden. Ansprüche aus Schäden, Verlusten und sonstigen Veränderungen am herauszugebenden Kunst- und Kulturgut, die bis zum Zeitpunkt der Herausgabe eingetreten sind, können gegen den Bund nicht geltend gemacht werden.

(3) Hat die Anmeldestelle ihre Bereitschaft zur Herausgabe des Kunst- und Kulturgutes erklärt, so hat der Anspruchsberechtigte sie binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung davon in Kenntnis zu setzen, an welchem Werktag innerhalb der Dienststunden und auf welche Weise das beanspruchte Gut ausgefolgt werden soll. Dieses wird an dem Ort, an dem es sich befindet, ausgefolgt, die Ausfolgung geht auf Kosten und Gefahr des Anspruchsberechtigten. Kommt der Anmeldestelle binnen vier Wochen keine derartige Mitteilung zu oder wird binnen vier Wochen seit Eingang der Mitteilung bei der Anmeldestelle der beanspruchte Gegenstand nicht übernommen, so trägt der Anspruchsberechtigte nicht nur die Gefahr des weiteren Gewahrsams, sondern er hat auch die notwendigen Barauslagen des Bundes zu ersetzen und eine Vergütung für die Aufbewahrung zu leisten.

§ 5

(1) Kommt die Anmeldestelle zur Überzeugung, daß ein Herausgabeanspruch nicht besteht oder sind auf ein und dasselbe Kunst- und Kulturgut zwei oder mehrere Ansprüche von verschiedenen Personen erhoben worden, dann hat die Anmeldestelle dem Anmelder mitzuteilen, daß und weshalb sie die Herausgabe verweigert.

(2) Der Anmelder kann seinen Anspruch auf Herausgabe nach Maßgabe der Bestimmungen des § 6 binnen einer Frist von drei Monaten nach Zustellung der ablehnenden Mitteilung bei sonstiger Verwirkung gerichtlich geltend machen. Innerhalb der gleichen Frist kann der Anmelder eine gerichtliche Entscheidung beantragen, daß die von der Anmeldestelle gemäß § 4 Abs. 2 gestellten Bedingungen zur Gänze oder in einem bestimmten Ausmaß zu entfallen haben.

(3) Mit der Anrufung des Gerichtes verlieren alle Erklärungen der Anmeldestelle über das beanspruchte Gut ihre Wirksamkeit.

(4) Ferner kann der Anmelder, wenn ihm die Anmeldestelle innerhalb von achtzehn Monaten nach Ablauf der in § 2 Abs. 1 festgesetzten Anmeldefrist keine endgültige Erklärung über die Herausgabe oder deren Ablehnung zugestellt hat, seinen Anspruch binnen einer weiteren Frist von sechs Monaten bei sonstiger Verwirkung gerichtlich geltend machen.

(5) Die Tage des Postenlaufes für Anträge nach Abs. 2 und 4 werden in die Frist nicht eingerechnet.

§ 6

(1) Zur Entscheidung über einen gemäß § 5 erhobenen Anspruch ist das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ausschließlich zuständig.

(2) Der Antrag ist in zweifacher Ausfertigung einzubringen. In dem Antrag sind die Gründe anzuführen, auf die der Antragsteller seinen Anspruch stützt; er hat die Beweismittel hiefür zu bezeichnen, soweit sie nicht bereits in der Anmeldung an die Anmeldestelle angegeben worden sind.

(3) Der Bund hat in dem Verfahren die Stellung einer Partei.

(4) Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat eine Ausfertigung des Antrages dem Bund zu Handen der Finanzprokuratur zuzustellen.

(5) Für das Verfahren gelten die Bestimmungen der §§ 1 bis 19 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen mit folgenden Besonderheiten:

a) Die Verhandlung und die Entscheidung obliegen dem Einzelrichter.

b) Die Verhandlung ist öffentlich. Das Gericht kann jedoch die Öffentlichkeit nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung ausschließen, desgleichen wenn Tatsachen erörtert oder bewiesen werden müssen, die durch die Amtsverschwiegenheit gedeckt wären.

c) Werden wegen desselben Gutes mehrere gerichtliche Verfahren von verschiedenen Personen beantragt, so sind die Verfahren zu verbinden.

d) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über den Beweis sind sinngemäß anzuwenden.

e) Die Verweisung auf den Rechtsweg und das Rechtsmittel der Vorstellung sind unzulässig.

§ 7

In das Eigentum des Bundes geht das Kunst- und Kulturgut (§ 1 Abs. 1) über

a) mit dem Ablauf der Anmeldefrist, wenn es innerhalb deren nicht beansprucht worden ist,

b) mit dem ungenützten Ablauf der Frist nach § 5 Abs. 2 und 4,

c) mit dem Tage des Eintrittes der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung, mit welcher das Begehren auf Herausgabe abgewiesen wurde, und, falls mehrere Herausgabeansprüche auf ein und dasselbe Kunst- und Kulturgut erhoben wurden, mit dem Tage des Eintrittes der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung, mit welcher über den letzten offenen Anspruch abweislich entschieden worden ist.

§ 8

Zur Abgeltung der Ansprüche der „Sammelstellen“ auf Übertragung von Kunst- und Kulturgut, das Personen gehört hat, die durch das NS-Regime verfolgt wurden, und von diesen nicht beansprucht wurde, ist den „Sammelstellen“ spätestens acht Monate nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes der Betrag von fünf Millionen Schilling zu überweisen.

§ 9

Alle nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Schriften, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte sind von den Stempel- und Rechtsgebühren, den Bundesverwaltungsabgaben sowie den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit, soweit sie die Anmeldung bei der Anmeldestelle betreffen.

§ 10

(1) Der Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten hat dafür Sorge zu tragen, daß die nach § 1 Abs. 2 verlautbarte Liste bei allen österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland zur Einsichtnahme aufliegt.

(2) Die Gemeinden sind verpflichtet, diese Liste während der Dauer der Anmeldefrist (§ 2 Abs. 1) zur allgemeinen Einsichtnahme aufzulegen und einen Hinweis darauf an der Amtstafel anzubringen.

§ 11

Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. September 1969 in Kraft.

§ 12

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Unterricht und, soweit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes von den Gerichten anzuwenden sind, der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, hinsichtlich des § 9 je nach dem sachlichen Wirkungsbereich die Bundesregierung, der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für Justiz und schließlich hinsichtlich des § 10 Abs. 1 der Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten betraut.

Anlage

Anl. 1

Liste der im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen und unter § 1 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes fallenden Kunst- und Kulturgegenstände, geordnet nach Art und Stückzahlen
Artikel Stück
Ölbilder 657
Miniaturen 4
Aquarelle (Mischtechnik, Tempera, Gouachen) 84
Zeichnungen (Pastelle) 250
Druckgraphik (Kupferstiche, Radierungen, Litho, Holzschnitte) 53
Plastiken 43
Möbel 35
Tapisserien 10
Porzellan 154
Keramik 23
Glas 80
Silber 365
Bronze 4
Kupfer 2
Messing 6
Waffen 66
Textilien 9
Teppiche 25
Münzen 3343
Schriftstücke 28
10 Kisten Theaterliteratur 2981
Bücher 114
Diverses 86