LandesrechtVorarlbergVerordnungenSchutz der Landes- und Gemeindebediensteten vor Verletzungen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente

Schutz der Landes- und Gemeindebediensteten vor Verletzungen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente

In Kraft seit 19. Juli 2013
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§ 1 § 1 Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für die Verwendung von scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten (§ 2) durch die Bediensteten des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände.

(2) Diese Verordnung findet keine Anwendung auf

a) Bedienstete, die in Betrieben tätig sind;

b) Lehrer für öffentliche Pflichtschulen, für öffentliche land- und forstwirtschaftliche Berufs- und Fachschulen sowie auf Erzieher für öffentliche Schülerheime, die ausschließlich oder vorwiegend für Schüler öffentlicher land- und forstwirtschaftlicher Berufs- oder Fachschulen bestimmt sind.

(3) Die Verordnung über den Schutz der Landes- und Gemeindebediensteten gegen Gefährdung durch biologische Stoffe, LGBl. Nr. 57/2000, bleibt unberührt.

§ 2 § 2 Begriffsbestimmung und Grundsatz

(1) Im Sinne dieser Verordnung sind scharfe oder spitze medizinische Instrumente Arbeitsmittel zur Durchführung bestimmter medizinischer Tätigkeiten, die schneiden, stechen und Verletzungen oder Infektionen verursachen können (z.B. Injektionsnadeln).

(2) Die in den §§ 3 bis 6 festgelegten Schutzmaßnahmen beruhen auf dem Grundsatz, niemals davon auszugehen, dass kein Risiko besteht.

§ 3 § 3 Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und Festlegung von Maßnahmen

(1) Bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente sind alle Situationen zu erfassen, in denen Verletzungen und Kontakt mit Blut, mit anderen potenziell infektiösen Stoffen oder mit sonstigen gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen vorkommen können.

(2) Dabei sind Technologie, Arbeitsorganisation, Arbeitsbedingungen, Qualifikationsniveau, arbeitsbezogene psychosoziale Faktoren sowie der Einfluss von Faktoren der Arbeitsumgebung zu berücksichtigen.

(3) Auf diese Weise ist festzustellen, ob und wie die Ausstattung der Arbeitsumgebung und die Organisation der Arbeitsabläufe verbessert werden können, Expositionen vermieden oder beseitigt werden können und welche alternativen Systeme in Frage kommen.

(4) Aufgrund dieser Ermittlung und Beurteilung sind die Maßnahmen der Gefahrenverhütung unter Berücksichtigung der in Abs. 2 genannten Kriterien systematisch zu planen und sichere Arbeitsregelungen festzulegen.

§ 4 § 4 Expositionsvermeidung

(1) Arbeitsverfahren sind so zu gestalten, dass das Risiko von Verletzungen und Infektionen verhindert oder zumindest minimiert wird und Expositionen vermieden werden.

(2) Ergibt sich aus der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren ein Risiko der Verletzung oder Infektion durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente, sind zusätzlich zu § 4 der Verordnung über den Schutz der Landes- und Gemeindebediensteten gegen Gefährdung durch biologische Stoffe, LGBl. Nr. 57/2000, folgende Maßnahmen zu treffen:

a) Die Verwendung von scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten ist durch Änderung der Verfahren zu vermeiden und es sind medizinische Instrumente mit integrierten Sicherheits- und Schutzmechanismen zur Verfügung zu stellen sowie für deren Verwendung zu sorgen, sofern nicht die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren ergeben hat, dass für eine konkrete Tätigkeit keine geeigneten medizinischen Instrumente mit integrierten Sicherheits- und Schutzmechanismen erhältlich sind, mit denen ein gleichwertiges Arbeitsergebnis erzielt werden kann.

b) Das Wiederaufsetzen der Schutzkappe auf die gebrauchte Nadel ist verboten.

c) Es sind sichere Verfahren für den Umgang mit und für die Entsorgung von scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten festzulegen und umzusetzen. Für die Entsorgung solcher Instrumente sind, so nah wie möglich an den Bereichen, an denen sie verwendet oder vorgefunden werden können, deutlich gekennzeichnete Behälter in ausreichender Anzahl bereitzustellen, die ausreichend stich- und bruchfest, flüssigkeitsdicht, fest verschließbar und undurchsichtig sind.

§ 5 § 5 Information und Unterweisung

(1) Die Information und Unterweisung der Bediensteten hat jedenfalls zu beinhalten:

a) die richtige Verwendung von scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten mit integrierten Schutzmechanismen,

b) Risiken im Zusammenhang mit Verletzungen durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente und dem dadurch möglichen Kontakt mit Blut oder anderen potenziell infektiösen Stoffen oder sonstigen gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen,

c) Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung der am Arbeitsplatz üblichen Vorgehensweisen, einschließlich grundlegender Schutzmaßnahmen, sicherer Arbeitsverfahren, korrekter Verwendungs- und Entsorgungsverfahren sowie Bedeutung einer möglichen Schutzimpfung,

d) Meldepflichten und Meldeverfahren gemäß § 6 Abs. 1,

e) im Verletzungsfall zu treffende Maßnahmen gemäß § 6 Abs. 2,

f) die Verfahren nach § 4 Abs. 2 lit. c.

(2) Diese Information und Unterweisung der Bediensteten muss vor Aufnahme der Tätigkeit erfolgen und ist in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Diese Abstände sind auf der Grundlage der Ergebnisse der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren festzulegen.

(3) Der Dienstgeber hat zur Schaffung eines Gefahrenbewusstseins bewährte Präventions- und Meldeverfahren (§ 6 Abs. 1) zu fördern, bewusstseinsbildende Maßnahmen weiterzuentwickeln, Informationsmaterial auszuarbeiten und Informationen über vorhandene Unterstützungsprogramme bereitzustellen.

§ 6 § 6 Meldeverfahren und Folgemaßnahmen

(1) Der Dienstgeber hat ein Verfahren festzulegen, das gewährleistet, dass die Bediensteten systematisch jede Verletzung oder Infektion durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente und jedes Ereignis, das beinahe zu einer Verletzung oder Infektion durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente geführt hätte, unverzüglich dem zuständigen Vorgesetzten melden. Dieses Meldesystem ist so in die Betriebsabläufe zu integrieren, dass es ein anerkanntes und übliches Verfahren darstellt.

(2) Der Dienstgeber hat die im Fall von Verletzungen mit scharfen oder spitzen medizinischen Instrumenten erforderlichen Maßnahmen zur Versorgung verletzter Bediensteter (wie z.B. Beurteilung des Infektionsrisikos, Postexpositionsprophylaxe und Nachuntersuchungen, wenn dies aus medizinischen Gründen angezeigt ist) nach wissenschaftlich anerkannten Regeln festzulegen.

(3) Im Fall einer Verletzung durch scharfe oder spitze medizinische Instrumente hat der Dienstgeber zu prüfen, ob eine Meldung an den zuständigen Träger der Unfallversicherung gemäß § 363 ASVG zu erstatten ist.