LandesrechtKärntenVerordnungenEuropaschutzgebiet "Tiebelmündung"

Europaschutzgebiet "Tiebelmündung"

In Kraft seit 24. Dezember 2010
Up-to-date

§ 1 § 1

§ 1 Schutzgebiet

(1) Das Gebiet der Tiebelmündung, welches auch einen Großteil des mit Verordnung der Landesregierung vom 19.5.1959, LGBl. Nr. 30/1959 idF LGBl. Nr. 1/2003 erklärten Naturschutzgebietes Tiebelmündung sowie einen Teil des mit Verordnung der Landesregierung vom 3.2.1970, LGBl. Nr. 26/1970 idF LGBl. Nr. 1/2003 erklärten Landschaftsschutzgebietes „Ossiacher See-Ost“ umfasst, wird zum Europaschutzgebiet „Tiebelmündung“ erklärt.

(2) Das Europaschutzgebiet „Tiebelmündung“ umfasst Gebietsteile der Gemeinden Steindorf am Ossiachersee und Ossiach (politischer Bezirk Feldkirchen) und ist innerhalb der im Abs. 3 umschriebenen Grenzen in den Katastralgemeinden Steindorf und Ossiach gelegen.

(3) Die Grenzen des Europaschutzgebietes sind in der planlichen Darstellung – Anlage B (Maßstab 1:6.000 – DIN A3) vom März 2012 (Datum Bearbeitungsstand) festgelegt. Diese planliche Darstellung ist wesentlicher Inhalt dieser Verordnung und liegt bei der für rechtliche Angelegenheiten des Naturschutzes zuständigen Abteilung des Amtes der Kärntner Landesregierung und bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen sowie bei den Gemeinden Steindorf am Ossiachersee und Ossiach während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden (§ 13 Abs. 5 AVG) zur allgemeinen Einsicht auf.

§ 2 § 2

§ 2 Erhaltungsziele

Diese Verordnung dient der Bewahrung, Entwicklung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Europaschutzgebiet Tiebelmündung vorkommenden Schutzgüter gemäß Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie (79/409/EWG) und den Anhängen I, II und IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) bzw. der in der Anlage A aufgelisteten Schutzgüter.

§ 3 § 3

§ 3 Schutzbestimmungen

(1) Im Europaschutzgebiet sind folgende Eingriffe untersagt:

1. Das Befahren des Schutzgebietes mit Wasserfahrzeugen und Schwimmkörpern aller Art;

2. Das Eindringen in Bestände der Schwimmblattgesellschaften und Röhrichte, wie Schilf-, Binsen- und Schachtelhalmbestände, sowie das Eindringen in Moor- und Verlandungsflächen und Bruchwälder abseits der Wege;

3. Das Überfliegen des Gebietes mit Flugkörpern aller Art in einer Entfernung von weniger als 300 m zum Boden;

4. Die Erregung störenden Lärms einschließlich der Lärmerregung durch Kofferradios, CD-Players und dgl.;

5. Das Mitführen von nicht angeleinten Hunden;

6. Das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden sowie jeglicher Düngemittel;

7. Die Errichtung von Anlagen jeder Art wie zB Badeplätze, Stege oder Schwimmplattformen;

8. Das Einbringen von Trittplatten, Brettern, Kies udgl.;

9. Jede Beeinträchtigung des Seebodens, des Wassers und der natürlichen Pflanzenbestände durch Verschmutzungen und Einbringung von Schadstoffen aller Art;

10. Frei lebende, im Gebiet natürlicher Weise vorkommende und nicht als Wild geltende und nicht dem Fischereirecht unterliegende Tiere mutwillig zu beunruhigen, zu verfolgen, zu verletzen, zu fangen, zu sammeln, zu töten oder sich anzueignen. Dieser Schutz bezieht sich auf alle ihre Entwicklungsformen und Bestandteile (Federn, Bälge usw), Brutstätten, Nester und Einstandsplätze;

11. Die Errichtung und wesentliche Änderung von Bauwerken aller Art, auch solcher, die keiner Baubewilligung bedürfen;

12. Das Gelände (Bodenoberfläche) zu ändern, wie durch Abbau, Sprengung, Grabungen, Anschüttungen und dergleichen;

13. Wasserläufe und Wasserflächen zu ändern oder den natürlichen Wasserhaushalt auf andere Weise zu beeinträchtigen;

14. Das Lagern und Zelten sowie das Abstellen von Wohnwägen;

15. Das Anbringen von Tafeln, Inschriften und dgl., soweit es sich nicht um amtliche oder im amtlichen Auftrag anzubringende handelt;

16. Das Stapeln von anderen als land- und forstwirtschaftlichen Gütern;

17. Das Verlassen der öffentlichen Fahrwege mit Kraftfahrzeugen aller Art;

18. Jede Verunreinigung des Geländes.

(2) Innerhalb der in der planlichen Darstellung (Anlage B) ausgewiesenen ökologischen Vorrangzone („Flutungsbereich“) mit Betretungsverbot ist jede Nutzung und jeder menschliche Eingriff, insbesondere das Betreten und Befahren, ganzjährig verboten.

§ 4 § 4

§ 4 Ausnahmen von den Schutzbestimmungen

(1) Von den Schutzbestimmungen nach § 3 Abs. 1 sind ausgenommen:

1. Die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung inklusive der rechtmäßigen Ausübung der Jagd und Fischerei, sofern dadurch keine nachhaltig nachteilige Beeinträchtigung der in dem Gebiet vorkommenden Schutzgüter erfolgt und dies dem Erhaltungsziel des Europaschutzgebietes nicht widerspricht;

2. Das Betreten oder Befahren von Grundstücken durch den Grundeigentümer für notwendige Verrichtungen in Ausübung des Grundeigentums, sofern dadurch keine nachhaltig nachteilige Beeinträchtigung der in dem Gebiet vorkommenden Schutzgüter erfolgt und dies dem Erhaltungsziel des Europaschutzgebietes nicht widerspricht;

3. Der notwendige Betrieb, der Umbau sowie Betreuungs- und Erhaltungsarbeiten an rechtmäßig bestehenden und im

öffentlichen Interesse stehenden Infrastrukturanlagen (zB Wasserver- und

-entsorgungsanlagen, Stromversorgung, Wege, Maßnahmen zum Seen-Sanierungsprojekt Bleistätter Moor usw.) sowie schutzwasserwirtschaftliche Maßnahmen, sofern dadurch keine nachhaltig nachteilige Beeinträchtigung der in dem Gebiet vorkommenden Schutzgüter erfolgt und dies dem Erhaltungsziel des Europaschutzgebietes nicht widerspricht;

4. Die Errichtung von Bauwerken und baulichen Anlagen, die keiner Baubewilligung bedürfen, welche jedoch für die Erreichung der Ziele des Europaschutzgebietes, wie beispielsweise in Form von Einrichtungen zur Besucherlenkung oder Bruthilfen für Vogelarten uÄ, notwendig sind;

5. Mit dem fachlichen Naturschutz abgestimmte Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen;

6. Maßnahmen im Rahmen von Einsätzen der Organe der öffentlichen Sicherheit, Organen der Kärntner Bergwacht, Rettungsorganisationen einschließlich der Maßnahmen zur Vorbereitung solcher Einsätze sowie Such- und Rettungsmaßnahmen im Sinne des § 135 Luftfahrtgesetz, BGBl. Nr. 253/1957 idFdG BGBl. I Nr. 83/2008;

7. Maßnahmen im Rahmen eines Einsatzes des Bundesheeres in den Fällen des § 2 Abs. 1 lit. a bis c des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146, idFdG BGBl. I Nr. 85/2009, einschließlich der Maßnahmen zur Vorbereitung solcher Einsätze;

8. Gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen und die Erfüllung bescheidmäßiger Verpflichtungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215 idFdG BGBl. I Nr. 123/2006, und nach dem Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440 idFdG BGBl. I Nr. 55/2007, sowie nach dem Kärntner Jagdgesetz 2000, LGBl. Nr. 21, idFdG LGBl. Nr. 33/2010, wie insbesondere die Nachsuche, die Seuchenbekämpfung und ähnliche Maßnahmen;

9. Maßnahmen zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder zur unmittelbaren Abwehr von Elementarereignissen und Maßnahmen im Zuge von Aufräumungsarbeiten im direkten Zusammenhang mit Elementarereignissen.

(2) Von den Schutzbestimmungen nach § 3 Abs. 2 sind ausgenommen:

1. Mit dem fachlichen Naturschutz abgestimmte Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen;

2. Maßnahmen zur Pflege und Erhaltung aller im Rahmen des Seen-Sanierungsprojektes Bleistätter Moor errichteten Bauwerke, Flutungsräume und sonstigen Einrichtungen im Einvernehmen mit dem fachlichen Naturschutz beim Amt der Kärntner Landesregierung.

§ 5 § 5

§ 5 Ausnahmebewilligungen

(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann auf Ansuchen im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des § 3 bewilligen, soweit diese Maßnahmen den Erhaltungszielen nach § 2 nicht widersprechen und keine erhebliche Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes zu erwarten ist.

(2) Als Maßnahmen, die einer Bewilligung im Sinne des Abs. 1 zugänglich sind, werden insbesondere festgelegt:

1. Vorhaben von wissenschaftlichen Institutionen und Fachgelehrten, wenn diese Vorhaben im Interesse der Wissenschaft und Erforschung des Gebietes (Erhaltungszustand von Schutzgütern) gelegen sind;

2. Maßnahmen, die der Bewahrung, Entwicklung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Schutzgüter oder der Sicherstellung einer möglichst ausgewogenen pflanzlichen und tierischen Artenvielfalt dienen;

3. Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung des natürlichen Wasserhaushaltes;

4. Vorhaben, die im Hinblick auf Art. 7a Abs. 2 K-LVG der Förderung des Umweltbewusstseins der Bewohner und Besucher Kärntens zu Schulungs- und Lehrzwecken dienen.

§ 6 § 6

§ 6 Kennzeichnung des Schutzgebietes

Die Kennzeichnung des Schutzgebietes hat durch Tafeln, die die Aufschrift „Europaschutzgebiet Tiebelmündung“ und das Kärntner Landeswappen tragen, zu erfolgen. Weitere, dem Schutzzweck entsprechende Hinweise sind zulässig.

§ 7 § 7

§ 7 Strafen

Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Verordnung werden als Verwaltungsübertretung nach § 67 des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 bestraft.

Anlage A:

Schutzgüter sind folgende natürliche Lebensräume und Tierarten.

Anl. 1

Vogelarten nach Anhang I Vogelschutz-Richtline:

Code Nr. Deutscher Name Wissenschaftlicher Name
A002 Prachttaucher Gavia arctica
A021 Rohrdommel Botaurus stellaris
A022 Zwergdommel Ixobrychus minutus
A026 Seidenreiher Egretta garzetta
A029 Purpurreiher Ardea purpurea
A030 Schwarzstorch Ciconia nigra
A031 Weißstorch Ciconia ciconia
A072 Wespenbussard Pernis apivorus
A081 Rohrweihe Circus aeruginosus
A082 Kornweihe Circus cyaneus
A084 Wiesenweihe Circus pygargus
A094 Fischadler Pandion haliaetus
A103 Wanderfalke Falco peregrinus
A119 Tüpfelsumpfhuhn Porzana porzana
A120 Kleines Sumpfhuhn Porzana parva
A166 Bruchwasserläufer Tringa glareola
A215 Uhu Bubo bubo
A229 Eisvogel Alcedo atthis
A234 Grauspecht Picus canus
A272 Blaukehlchen Luscinia [svecica] cyanecula
A293 Mariskensänger Acrocephalus melanopogon
A338 Neuntöter Lanius collurio

Lebensräume nach der FFH-Richtlinie Anhang I:

Code Nr. Lebensraumtyp
3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrochartions
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe
7140 Übergangs- und Schwingrasenmoore
91D0 *Moorwälder

Säugetiere nach Anhang II FFH-Richlinie:

Code Nr. Deutscher Name Wissenschaftlicher Name
1303 Kleine Hufeisennase Rhinolophus hipposideros
1324 Großes Mausohr Myotis myotis

Amphibien nach Anhang II FFH-Richtlinie:

Code Nr. Deutscher Name Wissenschaftlicher Name
1167 Alpen-Kammmolch Triturus carnifex
1193 Gelbbauchunke Bombina variegata

Wirbellose nach Anhang II FFH-Richtlinie:

Code Nr. Deutscher Name Wissenschaftlicher Name
1016 Bauchige Windelschnecke Vertigo moulinsiana
1078 *Russischer Bär Callimorpha quadripunctaria

Fischarten nach Anhang II FFH-Richtlinie:

Code Nr. Deutscher Name Wissenschaftlicher Name
1098 Ukrainisches Neunauge Eudontomyzon spp.
1134 Bitterling Rhodeus sericeus amarus
1149 Steinbeißer Cobitis taenia

Arten des Anhang IV FFH-Richtlinie:

Deutscher Name Wissenschaftlicher Name
Würfelnatter Natrix tessellata
Laubfrosch Hyla aborea
Moorfrosch Rana arvalis wolterstorffi
Wasserfledermaus Myotis daubentonii

* prioritärer Lebensraumtyp oder prioritäre Art nach Anhang I bzw. II FFH-Richtlinie