LandesrechtTirolLandesesetzeVergabenachprüfungsgesetz 2018 – TVNG 2018, Tiroler

Vergabenachprüfungsgesetz 2018 – TVNG 2018, Tiroler

TVNG 2018
In Kraft seit 22. August 2018
Up-to-date

1. Abschnitt

Geltungsbereich, Vergabekontrolle

§ 1 § 1

§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt die Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen und von Bau- und Dienstleistungskonzessionen durch das Land Tirol, die Gemeinden und die Gemeindeverbände in Tirol sowie durch die landesgesetzlich eingerichteten Selbstverwaltungskörperschaften.

(2) Dieses Gesetz regelt weiters die Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen und von Bau- und Dienstleistungskonzessionen durch Einrichtungen und Verbände im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 BVergG 2018 sowie des § 4 Abs. 2 Z 2 und 3 BVergGKonz 2018, sofern es sich hierbei um folgende Rechtsträger handelt:

1. Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Organen des Landes Tirol oder von Organen der Gemeinden oder Gemeindeverbände in Tirol oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hierzu von Organen des Landes Tirol oder von Organen der Gemeinden oder Gemeindeverbände in Tirol bestellt werden,

2. Unternehmen, an denen das Land Tirol allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern, die der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen, mit mindestens 50 v. H. des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist, sofern im Fall der Beteiligung des Bundes die finanzielle Beteiligung oder der durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen vermittelte Einfluss (Abs. 4) der Länder größer ist als die finanzielle Beteiligung oder der Einfluss des Bundes und dem Land Tirol von allen beteiligten Ländern die größte finanzielle Beteiligung oder der größte Einfluss zukommt,

3. Unternehmen, an denen eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband in Tirol allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern, die der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen, mit mindestens 50 v. H. des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die die Gemeinde oder der Gemeindeverband allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt,

4. Rechtsträger, die nicht im Art. 14b Abs. 2 Z 1 lit. a bis d B-VG oder im Abs. 1 oder in den Z 1 bis 3 dieses Absatzes genannt sind und die

a) vom Land Tirol allein oder gemeinsam mit dem Bund oder anderen Ländern finanziert werden, sofern im Fall der Mitfinanzierung durch den Bund der Finanzierungsanteil der Länder größer ist als jener des Bundes und im Fall der Mitfinanzierung durch andere Länder dem Land Tirol der größte Landesanteil zukommt,

b) hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht des Landes Tirol unterliegen, sofern

aa) der Rechtsträger nicht vom Bund mitfinanziert wird oder der Finanzierungsanteil des Bundes mindestens gleich groß ist wie jener der Länder und

bb) hinsichtlich der Leitung neben dem Aufsichtsrecht des Landes Tirol kein Aufsichtsrecht des Bundes besteht und

cc) der Rechtsträger nicht unter lit. a fällt oder

c) Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane aufweisen, deren Mitglieder vom Land Tirol ernannt worden sind, sofern

aa) der Rechtsträger nicht vom Bund mitfinanziert wird oder der Finanzierungsanteil des Bundes mindestens gleich groß ist wie jener der Länder und

bb) die Einrichtung hinsichtlich ihrer Leitung nicht der Aufsicht des Bundes unterliegt und

cc) die Anzahl der vom Bund ernannten Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane kleiner ist als die Anzahl der von den Ländern ernannten Mitglieder und im Fall der Ernennung von Mitgliedern durch mehrere Länder das Land Tirol die größte Anzahl ernennt und

dd) der Rechtsträger nicht unter lit. a oder b fällt.

(3) Dieses Gesetz regelt ferner die Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen und von Bau- und Dienstleistungskonzessionen durch den Bund und die Länder oder durch mehrere Länder gemeinsam, sofern im erstgenannten Fall der Anteil der Länder am geschätzten Auftragswert größer ist als jener des Bundes und in beiden Fällen dem Land Tirol von allen beteiligten Ländern der größte Anteil am geschätzten Auftragswert zukommt.

(4) Einer finanziellen Beteiligung im Sinn des Abs. 2 Z 2 und 3 ist die Beherrschung von Unternehmen durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen gleichzuhalten. Die Zuständigkeit zur Nachprüfung erstreckt sich bei solchen Unternehmen auch auf Unternehmen jeder weiteren Stufe, bei denen die Voraussetzungen über die finanzielle Beteiligung im Sinn des Abs. 2 Z 2 und 3 oder des ersten Satzes vorliegen.

(5) Sind nach Abs. 2 Z 2 oder 4 oder nach Abs. 3 das Land Tirol und andere Länder beteiligt und ergibt sich aus den dort angeführten Merkmalen keine Zuordnung zum Land Tirol oder zu einem anderen Land, so unterliegt die Nachprüfung diesem Gesetz, wenn der Auftraggeber seinen Sitz in Tirol hat. Ergibt sich auch daraus keine Zuordnung zum Land Tirol oder zu einem anderen Land, so unterliegt die Nachprüfung diesem Gesetz, wenn der Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit des Auftraggebers oder der Sitz oder der Hauptwohnsitz der vergebenden Stelle in Tirol liegt. Ergibt sich auch nach diesen Merkmalen keine Zuordnung zu einem beteiligten Land, so unterliegt die Nachprüfung diesem Gesetz, wenn Tirol im Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens zum Vorsitz im Bundesrat berufen ist oder war.

(6) Im Fall der Beteiligung des Landes Tirol und anderer Länder bzw. von Gemeinden und Gemeindeverbänden anderer Länder an Unternehmen im Sinn des Abs. 2 Z 3 unterliegt die Nachprüfung diesem Gesetz, sofern der Anteil des Landes Tirol und der Gemeinden und Gemeindeverbände in Tirol am geschätzten Auftragswert größer ist als jener der anderen Länder und der anderen Gemeinden und Gemeindeverbände. Ergibt sich daraus keine Zuordnung zum Land Tirol oder zu einem anderen Land, so ist Abs. 5 sinngemäß anzuwenden.

(7) Dieses Gesetz gilt sinngemäß für Sektorenauftraggeber im Sinn des BVergG 2018 sowie des BVergGKonz 2018.

§ 2 § 2

§ 2 Rechtsschutz durch das Landesverwaltungsgericht, Verfahren

(1) Dem Landesverwaltungsgericht obliegt die Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen und von Bau- und Dienstleistungskonzessionen nach den vergaberechtlichen Vorschriften des Bundes durch die im § 1 genannten Auftraggeber einschließlich der Erhebung von Gebühren nach § 24.

(2) Im Verfahren nach diesem Gesetz entscheidet das Landesverwaltungsgericht in Senaten. Dies gilt nicht für Verfahren über Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.

(3) Im Verfahren nach diesem Gesetz hat das Landesverwaltungsgericht, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, das VwGVG in Verbindung mit dem AVG anzuwenden. Die §§ 11 bis 16 und 35 bis 54 VwGVG sowie die §§ 1 bis 5 AVG und der IV. Teil des AVG sind nicht anzuwenden.

2. Abschnitt

Nachprüfung, Allgemeines

§ 3 § 3

§ 3 Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts

(1) Das Landesverwaltungsgericht ist auf Antrag zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (3. Abschnitt), zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen (4. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (5. Abschnitt) nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Abschnitte zuständig. Derartige Anträge sind unmittelbar beim Landesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Erteilung des Zuschlages bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens bzw. eines Konzessionsvergabeverfahrens ist das Landesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG 2018 sowie das BVergGKonz 2018 und die zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen oder gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) Nach der Erteilung des Zuschlages ist das Landesverwaltungsgericht zuständig:

1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2018 sowie das BVergGKonz 2018 und die zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht in einem Vergabeverfahren der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot bzw. in einem Konzessionsvergabeverfahren der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde,

2. auf Antrag des Auftraggebers oder des Zuschlagsempfängers in einem Verfahren nach Z 1, 4 und 5 zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine reelle Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte,

3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren bzw. ein Konzessionsvergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde,

4. zur Feststellung, ob der Zuschlag in rechtswidriger Weise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde,

5. zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 155 Abs. 4 bis 9, § 162 Abs. 1 bis 5, § 316 Abs. 1, 2 oder 3 oder § 323 Abs. 1 bis 5 BVergG 2018 rechtswidrig war,

6. in einem Verfahren nach den Z 3, 4 und 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages,

7. in einem Verfahren nach den Z 3, 4 und 5 zur Verhängung von Sanktionen nach § 21 Abs. 9.

(4) Nach dem Widerruf eines Vergabeverfahrens bzw. eines Konzessionsvergabeverfahrens ist das Landesverwaltungsgericht zuständig:

1. im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob der Widerruf wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2018 sowie das BVergGKonz 2018 und die zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war,

2. auf Antrag des Auftraggebers in einem Verfahren nach Z 1 zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine reelle Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte,

3. zur Feststellung, ob der Widerruf in Vergabeverfahren in rechtswidriger Weise ohne Mitteilung oder Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung erklärt wurde,

4. in einem Verfahren nach Z 1 und 3 zur Unwirksamerklärung des Widerrufs nach § 22.

(5) Bis zur Erteilung des Zuschlages bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens bzw. eines Konzessionsvergabeverfahrens ist das Landesverwaltungsgericht zur Feststellung zuständig, ob der Auftraggeber nach einer erheblichen Überschreitung der Zuschlagsfrist und entgegen dem Ersuchen des Bieters um Fortführung des Verfahrens das Verfahren weder durch einen Widerruf oder die Erteilung des Zuschlages beendet noch in angemessener Weise fortgeführt hat.

§ 4 § 4

§ 4 Verfahrenshilfe

(1) Ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist nur für die Einbringung eines Feststellungsantrages zulässig. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist unmittelbar beim Landesverwaltungsgericht einzubringen. Dem Antrag sind jene Unterlagen beizulegen, aus denen hervorgeht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht offenbar mutwillig oder aussichtslos ist. Der Antrag kann ab Beginn der in § 19 Abs. 2 festgelegten Frist für die Geltendmachung der betreffenden Rechtswidrigkeit gestellt werden.

(2) § 8a Abs. 7 erster Satz VwGVG gilt mit der Maßgabe, dass die Frist für die Einbringung des Feststellungsantrages mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwaltes zum Vertreter und die für die Erfüllung seiner Aufgaben im gerichtlichen Verfahren erforderlichen Unterlagen diesem zugestellt sind.

(3) § 19 Abs. 3 ist sinngemäß auf den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe anzuwenden.

(4) Über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist unverzüglich zu entscheiden.

§ 5 § 5

§ 5 Auskunftspflicht

(1) Die dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegenden Auftraggeber bzw. vergebenden Stellen haben dem Landesverwaltungsgericht alle für die Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz notwendigen Auskünfte zu erteilen und alle hierfür erforderlichen Unterlagen in geordneter Weise vorzulegen. Gleiches gilt für die an einem Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren beteiligten Unternehmer.

(2) Hat ein Auftraggeber, eine vergebende Stelle oder ein Unternehmer Unterlagen nicht vorgelegt, eine Auskunft nicht erteilt oder eine Auskunft zwar erteilt, die Unterlagen des Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens aber nicht vorgelegt, so kann das Landesverwaltungsgericht, wenn der Auftraggeber oder der Unternehmer auf diese Säumnisfolge vorher ausdrücklich hingewiesen wurde, aufgrund der Behauptungen des nicht säumigen Beteiligten entscheiden.

§ 6 § 6

§ 6 Akteneinsicht

Parteien und Beteiligte können bei der Vorlage von Unterlagen an das Landesverwaltungsgericht verlangen, dass bestimmte Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen zum Schutz von technischen oder handelsbezogenen Betriebsgeheimnissen von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Auftraggeber können dies darüber hinaus aus zwingenden Gründen eines Allgemeininteresses verlangen. Die in Betracht kommenden Unterlagen oder Bestandteile von Unterlagen sind bei ihrer Vorlage zu bezeichnen.

§ 7 § 7

§ 7 Zustellungen

Soweit dem Landesverwaltungsgericht die im Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren bekannt gegebene Faxnummer oder elektronische Adresse einer Partei bekannt ist oder soweit dem Landesverwaltungsgericht von der betreffenden Partei eine Faxnummer oder eine elektronische Adresse bekannt gegeben worden ist, hat das Landesverwaltungsgericht schriftliche Erledigungen an eine dieser Adressen zuzustellen.

§ 8 § 8

§ 8 Mündliche Verhandlung

(1) Soweit dem weder Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen, kann das Landesverwaltungsgericht von einer mündlichen Verhandlung ungeachtet eines Parteiantrages absehen, wenn

a) der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen ist,

b) ein sonstiger verfahrensrechtlicher Beschluss zu erlassen ist oder

c) bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag stattzugeben oder dass er abzuweisen ist.

(2) Der Antragsteller hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Nachprüfungs- oder Feststellungsantrag zu beantragen. Dem Auftraggeber sowie etwaigen Antragsgegnern ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, eine Woche nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien rechtswirksam zurückgezogen werden.

(3) Im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung kann das Landesverwaltungsgericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedenfalls absehen.

3. Abschnitt

Nachprüfungsverfahren

§ 9 § 9

§ 9 Einleitung des Nachprüfungsverfahrens; Schlichtungsversuch

(1) Ein Unternehmer kann bis zur Erteilung des Zuschlages bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn

1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Geltungsbereich des BVergG 2018 bzw. des BVergGKonz 2018 unterliegenden Vertrages behauptet und

2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) Ist die zwischen dem Zugang der Verständigung über das Ausscheiden und der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung bzw. der Widerrufsentscheidung liegende Zeitspanne kürzer als die im § 10 festgelegte Frist, so ist ein Bieter berechtigt, unter einem die Nachprüfung des Ausscheidens und die Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung oder der Widerrufsentscheidung innerhalb der dafür vorgesehenen Fristen zu beantragen.

(3) Dem Antrag auf Nachprüfung kommt keine aufschiebende Wirkung für das betreffende Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren zu.

(4) Wird dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung von mehreren Unternehmern angefochten, so hat das Landesverwaltungsgericht die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Eine getrennte Verfahrensführung ist jedoch zulässig, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.

(5) Das Landesverwaltungsgericht kann bis zur Erteilung des Zuschlages einen Schlichtungsversuch zwischen dem Auftraggeber (der vergebenden Stelle) und einem oder mehreren Bewerbern oder Bietern vornehmen. Über den Schlichtungsversuch ist eine Niederschrift aufzunehmen. Insbesondere ist in einer solchen Niederschrift das Ergebnis einer gütlichen Einigung oder der Umstand festzuhalten, dass der Schlichtungsversuch erfolglos geblieben ist. Besteht keine Bereitschaft, an einer versuchten Schlichtung mitzuwirken und wird insbesondere das Erscheinen vor dem Landesverwaltungsgericht zu diesem Zweck verweigert, so ist ausdrücklich in einem Aktenvermerk festzuhalten, dass der Schlichtungsversuch erfolglos geblieben ist.

§ 10 § 10

§ 10 Fristen für Nachprüfungsanträge

(1) Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung sind bei einer Übermittlung bzw. Bereitstellung der Entscheidung mit Fax oder sonst auf elektronischem Weg sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen, bei einer Übermittlung über den Postweg oder einen anderen geeigneten Weg binnen 15 Tagen. Die Frist beginnt mit der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Entscheidung bzw. mit der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung.

(2) Bei der Durchführung einer Direktvergabe in einem Vergabeverfahren beträgt die Frist zehn Tage ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können.

(3) Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung – mit Ausnahme der Bekanntmachung bei einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung – sowie der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrags in Vergabeverfahren bzw. der Ausschreibung in Konzessionsvergabeverfahren können über die im Abs. 1 angeführten Zeiträume hinaus bis spätestens sieben Tage vor dem Ablauf der Angebotsfrist oder der Teilnahmeantragsfrist – bzw. der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten in einem Vergabeverfahren – eingebracht werden, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt. Wenn die Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen bzw. die Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages in Vergabeverfahren bzw. die Ausschreibungsunterlagen in Konzessionsvergabeverfahren nicht mit Fax oder sonst auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt, übermittelt bzw. bereitgestellt werden, tritt die Verlängerung der Nachprüfungsfrist erst ein, wenn die Angebotsfrist oder die Teilnahmeantragsfrist – oder in Vergabeverfahren allenfalls die Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten – mehr als 22 Tage beträgt.

§ 11 § 11

§ 11 Inhalt und Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags

(1) Ein Antrag nach § 9 Abs. 1 hat jedenfalls zu enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung,

2. die Bezeichnung des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, insbesondere bei der Anfechtung der Zuschlagsentscheidung die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters,

4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,

5. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

6. den Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung und

7. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(2) Der Antrag ist jedenfalls unzulässig, wenn

1. er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet,

2. er nicht innerhalb der im § 10 festgelegten Fristen gestellt wird,

3. in derselben Sache in einem Schlichtungsversuch nach § 9 Abs. 5 eine gütliche Einigung erzielt wurde, es sei denn, ein Streitteil macht glaubhaft, dass der andere Streitteil sich nicht an das Ergebnis der gütlichen Einigung hält oder gehalten hat, oder

4. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß nach § 24 vergebührt wurde.

(3) Enthält die Ausschreibung eine unrichtige Angabe über die zuständige Vergabekontrollbehörde, so gilt der Antrag auch dann als innerhalb der im § 10 genannten Fristen eingebracht, wenn er bei der in der Ausschreibung angegebenen Vergabekontrollbehörde eingebracht wurde. Enthält die Ausschreibung keine Angabe über die zuständige Vergabekontrollbehörde, so gilt der Antrag auch dann als innerhalb der im § 10 genannten Fristen eingebracht, wenn er bei einer nicht offenkundig unzuständigen Vergabekontrollbehörde eingebracht wurde.

§ 12 § 12

§ 12 Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung und einer Verhandlung

(1) Das Landesverwaltungsgericht hat den Eingang eines nicht offenkundig unzulässigen Nachprüfungsantrages unverzüglich auf seiner Internetseite bekannt zu machen.

(2) Die Bekanntmachung hat jedenfalls zu enthalten:

1. die Bezeichnung des betroffenen Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens, die Bezeichnung des Auftraggebers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle entsprechend den Angaben im Nachprüfungsantrag (§ 11 Abs. 1 Z 1 und 2),

2. die Bezeichnung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung entsprechend den Angaben im Nachprüfungsantrag (§ 11 Abs. 1 Z 1),

3. den Hinweis auf die Präklusionsfolgen nach § 13 Abs. 3.

(3) Der im Nachprüfungsantrag bezeichnete Auftraggeber und gegebenenfalls die vergebende Stelle sind unverzüglich persönlich vom Eingang des Nachprüfungsantrages zu verständigen. Diese Verständigung hat die im Abs. 2 Z 1 und 2 genannten Angaben zu enthalten.

(4) Im Fall der Anfechtung einer Zuschlagsentscheidung ist der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter jedenfalls unverzüglich persönlich vom Eingang des Nachprüfungsantrages zu verständigen. Diese Verständigung hat die im Abs. 2 genannten Angaben zu enthalten.

(5) In Nachprüfungsverfahren ist überdies die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung auf der Internetseite des Landesverwaltungsgerichts kundzumachen. Diese Kundmachung hat jedenfalls auch die im Abs. 2 genannten Angaben zu enthalten.

(6) In Nachprüfungsverfahren betreffend die Überprüfung einer Zuschlagsentscheidung ist der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung persönlich zu verständigen.

§ 13 § 13

§ 13 Parteien des Nachprüfungsverfahrens

(1) Parteien des Nachprüfungsverfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht sind jedenfalls der Antragsteller und der Auftraggeber. Soweit eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchführt, tritt sie als Partei des Nachprüfungsverfahrens an die Stelle des Auftraggebers. Der Auftraggeber kann, soweit die zentrale Beschaffungsstelle an seine Stelle tritt, dem Nachprüfungsverfahren als Nebenintervenient beitreten; die Bestimmungen der §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 ZPO gelten sinngemäß. Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so bilden die in der Ausschreibung genannten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Nachprüfungsverfahren. Die §§ 14 und 15 ZPO gelten sinngemäß.

(2) Parteien des Nachprüfungsverfahrens sind weiters jene Unternehmer, die durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung unmittelbar in ihren rechtlich geschützten Interessen nachteilig betroffen sein können (Antragsgegner); insbesondere ist im Fall der Anfechtung der Zuschlagsentscheidung der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter Partei des Nachprüfungsverfahrens.

(3) Der in einer Zuschlagsentscheidung für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter verliert seine Parteistellung, wenn er seine begründeten Einwendungen gegen die vom Antragsteller begehrte Entscheidung nicht binnen zehn Tagen ab der Zustellung der persönlichen Verständigung über die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens (§ 12 Abs. 4) erhebt. Andere Parteien im Sinn des Abs. 2 verlieren ihre Parteistellung, wenn sie ihre begründeten Einwendungen gegen die vom Antragsteller begehrte Entscheidung nicht binnen zehn Tagen ab Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung nach § 12 Abs. 1 erheben. Sofern eine mündliche Verhandlung vor dem Ablauf dieser Fristen stattfindet, können die Einwendungen spätestens in der mündlichen Verhandlung erhoben werden. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß.

(4) Haben mehrere Unternehmer dieselbe gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers angefochten, so kommt ihnen in allen Nachprüfungsverfahren betreffend diese Entscheidung Parteistellung zu.

§ 14 § 14

§ 14 Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers

(1) Das Landesverwaltungsgericht hat eine im Zug eines Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens ergangene, gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn

1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und

2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale in einem Vergabeverfahren bzw. hinsichtlich der technischen und funktionellen Anforderungen in einem Konzessionsvergabeverfahren sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.

(3) Erklärt das Landesverwaltungsgericht eine gesondert anfechtbare Entscheidung für nichtig, so ist der Auftraggeber verpflichtet, in dem betreffenden Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Landesverwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

4. Abschnitt

Einstweilige Verfügungen

§ 15 § 15

§ 15 Antragstellung

(1) Das Landesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der im § 9 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,

3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,

4. die genaue Darlegung der entstandenen oder unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,

5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(3) Wenn noch kein Nachprüfungsantrag zur Anfechtung der geltend gemachten Rechtswidrigkeit eingebracht wurde, ist der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur zulässig, wenn er vor dem Ablauf der im § 10 festgelegten Fristen für die Geltendmachung der betreffenden Rechtswidrigkeit eingebracht wird.

(4) Wird ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zwar rechtzeitig eingebracht, in weiterer Folge aber bis zum Ablauf der im § 10 festgelegten Fristen kein zulässiger Nachprüfungsantrag zur Bekämpfung der im Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung bezeichneten Rechtswidrigkeit eingebracht oder ein bereits eingebrachter Nachprüfungsantrag nach dem Ablauf der Antragsfrist wieder zurückgezogen, so ist das Verfahren zur Erlassung der einstweiligen Verfügung formlos einzustellen. Eine allenfalls erlassene einstweilige Verfügung tritt in diesem Fall mit dem Ablauf der im § 10 festgelegten Frist bzw. mit dem Zeitpunkt der Zurückziehung des Nachprüfungsantrages außer Kraft. Der Antragsteller und der Auftraggeber sind vom Außerkrafttreten der einstweiligen Verfügung zu verständigen.

(5) Das Landesverwaltungsgericht hat den Auftraggeber und gegebenenfalls die vergebende Stelle vom Einlangen eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit dem die Untersagung der Erteilung des Zuschlages, die Untersagung des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung, die Untersagung der Erklärung des Widerrufs oder die Unterlassung der Angebotsöffnung begehrt wird, unverzüglich zu verständigen. Solchen Anträgen kommt ab dem Zugang der Verständigung vom Einlangen des Antrages bis zur Entscheidung über den Antrag aufschiebende Wirkung zu. Der Auftraggeber bzw. die vergebende Stelle darf bis zur Entscheidung über den Antrag

1. den Zuschlag nicht erteilen oder die Rahmenvereinbarung nicht abschließen bzw.

2. das Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren nicht widerrufen bzw.

3. die Angebote nicht öffnen.

(6) Das Landesverwaltungsgericht hat in der Verständigung an den Auftraggeber und gegebenenfalls an die vergebende Stelle vom Einlangen eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung auf die Rechtsfolgen der Antragstellung nach Abs. 5 bzw. § 16 Abs. 2 hinzuweisen.

(7) Ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig, wenn er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß nach § 24 vergebührt wurde.

§ 16 § 16

§ 16 Erlassung der einstweiligen Verfügung

(1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Landesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, so ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens oder Konzessionsvergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach dem Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft. Das Landesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Landesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach dem Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar. Für die Vollstreckung gilt das VVG.

§ 17 § 17

§ 17 Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung

(1) Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind der Antragsteller und der Auftraggeber.

(2) Soweit eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchführt, tritt sie als Partei des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung an die Stelle des Auftraggebers. Der Auftraggeber kann, soweit die zentrale Beschaffungsstelle an seine Stelle tritt, dem Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung als Nebenintervenient beitreten; die Bestimmungen der §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 19 Abs. 1 ZPO gelten sinngemäß.

(3) Wird ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so bilden die in der Ausschreibung genannten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die §§ 14 und 15 ZPO gelten sinngemäß.

5. Abschnitt

Feststellungsverfahren

§ 18 § 18

§ 18 Einleitung des Verfahrens

(1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG 2018 bzw. des BVergGKonz 2018 unterliegenden (Konzessions-) Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass

1. der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2018 bzw. das BVergGKonz 2018, die zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde oder

2. die Durchführung eines Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2018 bzw. das BVergGKonz 2018, die zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war oder

3. die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2018 bzw. das BVergGKonz 2018, die zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war oder

4. der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 155 Abs. 5 bis 9, § 162 Abs. 1 bis 5, § 316 Abs. 1, 2 oder 3 oder § 323 Abs. 1 bis 5 BVergG 2018 rechtswidrig war oder

5. die Erklärung des Widerrufs eines Vergabeverfahrens wegen eines Verstoßes gegen das BVergG 2018 oder der Widerruf eines Konzessionsvergabeverfahrens wegen eines Verstoßes gegen das BVergGKonz 2018, die zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war.

Der Antragsteller kann in einem Antrag mehrere Feststellungen nach Z 1, 2 und 3 beantragen. Bei einem Antrag auf Feststellung nach Z 1, 3, 4 oder 5 kann der Auftraggeber die Feststellung beantragen, dass der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine reelle Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte. Bei einem Antrag auf Feststellung nach Z 2, 3 oder 4 kann der Auftraggeber beantragen, von der Nichtigerklärung des Vertrages abzusehen oder den Vertrag frühestens mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts aufzuheben.

(2) Ein Bieter, der ein Interesse am Abschluss eines dem Geltungsbereich des BVergG 2018 bzw. des BVergGKonz 2018 unterliegenden Vertrages hatte und dem durch das Vorgehen des Auftraggebers ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, kann die Feststellung beantragen, dass der Auftraggeber nach einer erheblichen Überschreitung der Zuschlagsfrist und entgegen dem Ersuchen des Bieters um Fortführung des Verfahrens das Verfahren weder durch eine Widerrufserklärung oder die Erteilung des Zuschlages beendet noch in angemessener Weise fortgeführt hat.

(3) Werden hinsichtlich desselben Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens Feststellungsanträge nach Abs. 1 von mehreren Unternehmern gestellt, so hat das Landesverwaltungsgericht die Verfahren nach Möglichkeit zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Eine getrennte Verfahrensführung ist jedoch zulässig, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.

(4) Wird während eines anhängigen Nachprüfungsverfahrens der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren widerrufen, so ist das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht auf Antrag des Unternehmers, der den Nachprüfungsantrag gestellt hat, als Feststellungsverfahren weiterzuführen. Dies gilt auch, wenn

1. ein Beschluss oder Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts über den Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vom Verfassungsgerichtshof oder vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde und vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren widerrufen worden ist, oder

2. eine Wiederaufnahme des Verfahrens oder Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf ein Nachprüfungsverfahren bewilligt oder verfügt wurde und vor der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts, des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren widerrufen worden ist.

Bis zur Stellung eines Antrages nach dem ersten Satz ruht das Verfahren. Ein solcher Antrag ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller vom Zuschlag bzw. vom Widerruf Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können, längstens jedoch innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten, nachdem der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren widerrufen wurde. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof ist in die Frist nicht einzurechnen. Wird bis zum Ablauf der Frist kein solcher Antrag gestellt, so ist das Verfahren formlos einzustellen.

(5) Das Landesverwaltungsgericht kann bis zur Erlassung der Entscheidung einen Schlichtungsversuch zwischen dem Auftraggeber (der vergebenden Stelle) und einem oder mehreren Bewerbern oder Bietern vornehmen. Über den Schlichtungsversuch ist eine Niederschrift aufzunehmen. Insbesondere ist in einer solchen Niederschrift das Ergebnis einer gütlichen Einigung oder der Umstand festzuhalten, dass der Schlichtungsversuch erfolglos geblieben ist. Besteht keine Bereitschaft, an einer versuchten Schlichtung mitzuwirken und wird insbesondere das Erscheinen vor dem Landesverwaltungsgericht zu diesem Zweck verweigert, so ist ausdrücklich in einem Aktenvermerk festzuhalten, dass der Schlichtungsversuch erfolglos geblieben ist.

§ 19 § 19

§ 19 Inhalt und Zulässigkeit des Feststellungsantrags

(1) Ein Antrag nach § 18 Abs. 1, 2 oder 4 hat jedenfalls zu enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens,

2. die Bezeichnung des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

3. soweit dies zumutbar ist, die genaue Bezeichnung des allfälligen Zuschlagsempfängers,

4. die Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss,

5. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,

6. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

7. ein bestimmtes Begehren und

8. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(2) Anträge nach § 18 Abs. 1 sind innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller vom Zuschlag bzw. vom Widerruf Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können.

(3) Enthält die Ausschreibung eine unrichtige Angabe über die zuständige Vergabekontrollbehörde, so gilt der Antrag auch dann als innerhalb der im Abs. 2 genannten Frist eingebracht, wenn er bei der in der Ausschreibung angegebenen Vergabekontrollbehörde eingebracht wurde. Enthält die Ausschreibung keine Angabe über die zuständige Vergabekontrollbehörde, so gilt der Antrag auch dann als innerhalb der im Abs. 2 genannten Frist eingebracht, wenn er bei einer nicht offenkundig unzuständigen Vergabekontrollbehörde eingebracht wurde.

(4) Ein Antrag auf Feststellung nach § 18 Abs. 1 ist unzulässig, wenn der behauptete Verstoß im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens nach dem 3. Abschnitt hätte geltend gemacht werden können.

(5) Ein Antrag auf Feststellung nach § 18 Abs. 1 oder 2 ist weiters unzulässig, wenn er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß nach § 24 vergebührt wurde.

(6) Ein Antrag auf Feststellung nach § 18 Abs. 1 oder 2 ist ferner unzulässig, wenn in derselben Sache in einem Schlichtungsversuch nach § 18 Abs. 5 eine gütliche Einigung erzielt wurde, es sei denn, ein Streitteil macht glaubhaft, dass der andere Streitteil sich nicht an das Ergebnis der gütlichen Einigung hält oder gehalten hat.

§ 20 § 20

§ 20 Parteien des Feststellungsverfahrens

(1) Parteien eines Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 3 und 4 sind der Antragsteller, der Auftraggeber und ein allfälliger Zuschlagsempfänger. Parteien eines Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 5 sind der Antragsteller, der Auftraggeber und alle im Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren verbliebenen Bieter.

(2) Soweit eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchgeführt hat, bildet sie mit dem Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Feststellungsverfahren. Die Anträge nach § 21 Abs. 2, 5 und 6 können nur vom Auftraggeber gestellt werden. Die §§ 14 und 15 ZPO gelten sinngemäß.

(3) Wurde ein Vergabeverfahren von mehreren Auftraggebern gemeinsam durchgeführt, so bilden alle am Auftrag beteiligten Auftraggeber eine Streitgenossenschaft im Feststellungsverfahren. Die §§ 14 und 15 ZPO gelten sinngemäß.

§ 21 § 21

§ 21 Feststellung von Rechtsverstößen, Nichtigerklärung und Verhängung von Sanktionen

(1) Das Landesverwaltungsgericht hat eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z 1 und 5 und Abs. 4 Z 1 und 3 bzw. nach § 3 Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 Z 1 bei Konzessionsvergaben nur dann zu treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des (Konzessions-) Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.

(2) Soweit in den Abs. 4 und 5 nichts anderes bestimmt ist, hat das Landesverwaltungsgericht im Oberschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z 3, 4 oder 5 für absolut nichtig zu erklären. Das Landesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages nach dem ersten Satz oder einer Aufhebung des Vertrages nach Abs. 4 abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und zwingende Gründe des Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrecht zu erhalten. Wirtschaftliche Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen, können die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht rechtfertigen, andere wirtschaftliche Interessen nur dann, wenn die Nichtigerklärung oder die Aufhebung des Vertrages in Ausnahmefällen unverhältnismäßige Folgen hätte.

(3) Soweit in den Abs. 4, 5 und 6 nichts anderes bestimmt ist, hat das Landesverwaltungsgericht im Unterschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z 3, 4 oder 5 für absolut nichtig zu erklären, wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftraggebers aufgrund der Bestimmungen des BVergG 2018 sowie des BVergGKonz 2018, der zu diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen oder des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts offenkundig unzulässig war. Im Fall einer Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z 3 gilt dies nicht, wenn der Zuschlag direkt an einen Unternehmer erteilt wurde, ohne dass andere Unternehmer an diesem Verfahren beteiligt waren.

(4) Kann die erbrachte Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, so hat das Landesverwaltungsgericht, sofern nicht Abs. 5 anzuwenden ist, im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z 3, 4 oder 5 auszusprechen, dass der Vertrag nur insoweit aufgehoben wird, als Teilleistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind.

(5) Das Landesverwaltungsgericht kann im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z 3, 4 oder 5 aussprechen, dass der Vertrag mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts oder einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wird, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat. Das Landesverwaltungsgericht hat dafür das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung bestimmter vertraglicher Rechte und Pflichten, das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung des Vertrages sowie allenfalls betroffene öffentliche Interessen gegeneinander abzuwägen.

(6) Das Landesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages nach Abs. 3 erster Satz oder einer Aufhebung des Vertrages nach Abs. 4 im Unterschwellenbereich abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses das Interesse des Antragstellers an dessen Beendigung auch unter Berücksichtigung der allenfalls betroffenen öffentlichen Interessen überwiegt.

(7) Die Abs. 2 bis 6 gelten nur, wenn der Antrag nach § 18 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 binnen sechs Monaten ab dem auf die Zuschlagserteilung folgenden Tag eingebracht wurde. Abweichend davon gelten die Abs. 2 bis 6 nur, wenn

1. ein Antrag nach § 18 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4, sofern es sich beim Antragsteller um einen im Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren verbliebenen Bieter handelt, innerhalb von 30 Tagen ab dem Tag der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Mitteilung nach § 144 Abs. 2 oder § 306 Abs. 2 BVergG 2018 bzw. § 73 Abs. 2 BVergGKonz 2018 bzw.

2. ein Antrag nach § 18 Abs. 1 Z 2 – sofern es sich beim Antragsteller nicht um einen im Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren verbliebenen Bieter handelt – binnen 30 Tagen ab der erstmaligen Verfügbarkeit einer Bekanntgabe

a) im Oberschwellenbereich nach § 61 Abs. 1 oder 2 und § 62 Abs. 1 oder 2 bzw. § 231 Abs. 1 oder 2 und § 232 Abs. 1 oder 2 BVergG 2018 bzw. § 34 Abs. 1 oder 2 und § 35 Abs. 1 oder 2 BVergGKonz 2018 bzw.

b) im Unterschwellenbereich nach § 66 Abs. 1 oder 2 bzw. § 237 Abs. 1 oder 2 BVergG 2018 bzw. § 37 Abs. 1 oder 2 BVergGKonz 2018

eingebracht wurde.

(8) Die Abs. 2 bis 7 gelten nicht für Anträge nach § 18 Abs. 1 Z 2, sofern der Auftraggeber in zulässiger Weise die entsprechend begründete Entscheidung

1. im Oberschwellenbereich nach § 58 und § 59 Abs. 4 bzw. § 227 und § 229 Abs. 4 BVergG 2018 oder nach § 32 und 33 Abs. 4 BVergGKonz 2018 bzw.

2. im Unterschwellenbereich nach § 64 Abs. 5 bzw. § 234 Abs. 5 BVergG 2018 oder nach § 36 Abs. 3 BVergGKonz 2018

bekannt gemacht hat und der Zuschlag nach Ablauf einer Frist von zehn Tagen nach der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung erteilt worden ist.

(9) Über den Auftraggeber ist eine Geldbuße zu verhängen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein muss, wenn

1. das Landesverwaltungsgericht von der Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages abgesehen hat, oder den Vertrag nur teilweise, mit dem Zeitpunkt seiner Entscheidung oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben hat,

2. ein Antrag nach § 18 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 nach den in Abs. 7 genannten Fristen eingebracht wurde und das Landesverwaltungsgericht eine Rechtswidrigkeit feststellt,

3. ein Fall des Abs. 3 zweiter Satz vorliegt.

Hat eine zentrale Beschaffungsstelle ein Vergabeverfahren oder Teile eines Vergabeverfahrens als vergebende Stelle durchgeführt, ist die Geldbuße abweichend vom ersten Satz über die zentrale Beschaffungsstelle zu verhängen, wenn die von ihr gesetzten Handlungen für die Feststellung der Rechtsverstöße von wesentlichem Einfluss waren.

(10) Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt 20 v.H., im Unterschwellenbereich 10 v.H, der Auftragssumme bzw. des Werts der Konzession. Wird ein Vertrag trotz festgestellter Rechtswidrigkeit nur teilweise, mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben, ist die Höchstgrenze von jenem Teil der Auftragssumme des Vertrages zu berechnen, der dem nicht aufgehobenen Teil des Vertrages entspricht. Das Landesverwaltungsgericht hat bei der Verhängung der Geldbuße die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers sowie sinngemäß die Erschwerungs- und Milderungsgründe nach § 5 VbVG, heranzuziehen.

(11) Geldbußen fließen der Tiroler Zukunftsstiftung zu.

§ 22 § 22

§ 22 Unwirksamerklärung des Widerrufes

Das Landesverwaltungsgericht hat im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 4 Z 3 sowie bei Verfahren im Unterschwellenbereich im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 4 Z 1 oder bei Konzessionsvergaben im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 4 Z 1 den Widerruf für unwirksam zu erklären, wenn

1. der Antragsteller dies beantragt hat und

2. das Interesse der Bieter an der Fortführung des Vergabeverfahrens bzw. des Konzessionsvergabeverfahrens das Interesse des Auftraggebers auch unter Berücksichtigung der allenfalls betroffenen öffentlichen Interessen an der Beendigung des Vergabeverfahrens bzw. Konzessionsvergabeverfahrens überwiegt.

6. Abschnitt

Entscheidungsfristen, Mutwillensstrafen, Gebühren

§ 23 § 23

§ 23 Entscheidungsfristen, Mutwillensstrafen

(1) Über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers ist unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Monaten nach dem Einlangen des Antrages zu entscheiden.

(2) Über Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen ist unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zehn Tagen nach dem Einlangen des Antrages zu entscheiden. Musste der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, so ist über ihn spätestens innerhalb von 15 Tagen zu entscheiden. Die Frist ist gewahrt, wenn die Erledigung an alle Parteien nachweislich vor ihrem Ablauf abgesendet wurde.

(3) Über Anträge auf Feststellung nach § 18 Abs. 1 und 2 ist unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von vier Monaten nach dem Einlangen des Antrages zu entscheiden.

(4) In Nachprüfungsverfahren und in Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gilt § 35 AVG mit der Maßgabe, dass die Höchstgrenze für Mutwillensstrafen ein Prozent des geschätzten Auftragswertes, höchstens jedoch 20.000,– Euro, betreffend Konzessionsvergaben höchstens jedoch 40.000,– Euro, beträgt. Für die Bemessung von Mutwillensstrafen ist § 19 VStG sinngemäß anzuwenden.

§ 24 § 24

§ 24 Gebühren, Gebührenersatz

(1) Für Anträge nach den § 9 Abs. 1, 15 Abs. 1 und 18 Abs. 1 und 2 hat der Antragsteller bei der Einbringung des Antrages eine Gebühr (Pauschalgebühr) zu entrichten, deren Höhe sich nach dem vom Auftraggeber durchgeführten Verfahren richtet.

(2) Die Landesregierung hat die Gebühren nach Abs. 1 durch Verordnung entsprechend dem mit der Durchführung dieser Verfahren verbundenen Aufwand in Pauschbeträgen festzusetzen. Dabei sind die hierfür erforderlichen Organe, die für die Vorbereitung und Durchführung der Verfahren erforderliche Zeit und die durchschnittlich anfallenden Auslagen zu berücksichtigen. Weiters ist vorzusehen, dass Bieter- und Arbeitsgemeinschaften die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten haben und dass für einen Antrag, der sich lediglich auf die Vergabe eines Loses bezieht, dessen geschätzter Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert nach den §§ 12 und 185 BVergG 2018 bzw. § 11 BVergGKonz 2018 nicht erreicht, nur die Pauschalgebühr für das dem Los entsprechende Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zu entrichten ist.

(3) Die Gebühren sind durch Barzahlung oder Zahlung mittels Erlagschein, Bankomatkarte oder Kreditkarte zu entrichten. Die über die Barzahlung und Zahlung mittels Erlagschein hinausgehenden zulässigen Entrichtungsarten sind durch das Landesverwaltungsgericht nach Maßgabe der vorhandenen technisch-organisatorischen Voraussetzungen festzulegen und elektronisch im Rahmen des Rechtsinformationssystems des Bundes (RIS) kundzumachen.

(4) Auf das Verfahren zur Einhebung der Gebühren ist das AVG anzuwenden. Das Landesverwaltungsgericht ist Behörde im Sinn der Abg.E.O.

(5) Der vor dem Landesverwaltungsgericht gänzlich oder zumindest teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz der von ihm nach Abs. 1 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber (Gebührenersatz). Der Antragsteller hat auch Anspruch auf Gebührenersatz, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Das Landesverwaltungsgericht hat über den Gebührenersatz in seiner Entscheidung abzusprechen.

(6) Ein Anspruch auf Gebührenersatz nach Abs. 5 besteht für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann, wenn

1. dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben oder der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und

2. dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben oder dieser Antrag nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde bzw. dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Fall der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder dieser Antrag im Fall der Klaglosstellung nur wegen einer Interessenabwägung abzuweisen gewesen wäre.

§ 25 § 25

§ 25 Verarbeitung personenbezogener Daten

(1) Das Landesverwaltungsgericht darf folgende Daten nachstehend angeführter Personen verarbeiten, soweit diese Daten zur Durchführung der Verfahren nach diesem Gesetz erforderlich sind:

a) von den Parteien und Beteiligten am Vergaberechtsschutzverfahren oder an Vergabeverfahren und von ihren Vertretern:

Identifikationsdaten, Erreichbarkeitsdaten, Bankverbindungen, Sozialversicherungsdaten einschließlich Sozialversicherungsnummer, Daten über strafbare Handlungen, Unternehmensdaten, Unternehmenskennzahlen, Daten über Vertretungsbefugnisse, Daten über strafbare Handlungen, alle Daten in Zusammenhang mit Angeboten, insbesondere betreffend zu erbringende Leistungen, Auftragskonditionen, Vertragsbestimmungen, Daten von Unternehmern und Subunternehmern im Zusammenhang mit Ausschreibungsverfahren, insbesondere betreffend die Eignung der Unternehmer und Subunternehmer, Daten von Dienstleistern in Zusammenhang mit Vergabeverfahren, Daten über allenfalls gewährte Förderungen, Daten in Vergabeakten, die den Vergaberechtsschutzverfahren zugrunde liegen und in Schriftsätzen und in allen sonstigen Eingaben enthaltenen Informationen,

b) von Sachverständigen und Projektanten:

Identifikationsdaten, Adressdaten, Erreichbarkeitsdaten, Daten über Befähigungen und berufsrechtliche Befugnisse.

(2) Das Landesverwaltungsgericht darf die zur Erfüllung der Verpflichtungen nach § 12 erforderlichen Daten auf seiner Internetseite veröffentlichen.

(3) Das Landesverwaltungsgericht hat personenbezogene Daten zu löschen, sobald diese für die Erfüllung der ihm nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben nicht mehr benötigt werden.

(4) Als Identifikationsdaten gelten:

a) bei natürlichen Personen der Familien- und der Vorname, das Geschlecht, das Geburtsdatum, allfällige akademische Grade, Standesbezeichnungen und Titel,

b) bei juristischen Personen und Personengesellschaften die gesetzliche, satzungsmäßige oder firmenmäßige Bezeichnung und hinsichtlich der vertretungsbefugten Organe die Daten nach lit. a sowie die Firmenbuchnummer, die Vereinsregisterzahl, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die Ordnungsnummer im Ergänzungsregister.

(5) Als Erreichbarkeitsdaten gelten Wohnsitzdaten und sonstige Adressdaten, die Telefonnummer, elektronische Kontaktdaten, wie insbesondere die E-Mail-Adresse und Telefax-Nummer, oder Verfügbarkeitsdaten.

7. Abschnitt

Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 26 § 26

§ 26 Verweisungen

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, beziehen sich Verweisungen auf Bundesgesetze auf die im Folgenden jeweils angeführte Fassung:

1. Abgabenexekutionsordnung – Abg.E.O., BGBl. Nr. 104/1949, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 117/2016;

2. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 161/2013;

3. Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018, BGBl. I Nr. 65/2018;

4. Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 – BVergGKonz 2018, BGBl. I Nr. 65/2018;

5. Verbandsverantwortlichkeitsgesetz – VbVG, BGBl. I Nr. 151/2005, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 26/2016;

6. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 138/2017;

7. Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 120/2016;

8. Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 33/2013;

9. Zivilprozessordnung – ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 59/2017.

§ 27 § 27

§ 27 Umsetzung von Unionsrecht

Durch dieses Gesetz werden folgende Richtlinien umgesetzt:

1. Richtlinie 89/665/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, ABl. 1989 Nr. L 395, S. 33, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/23/EU, ABl. 2014 Nr. L 94, S. 1,

2. Richtlinie 92/13/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, ABl. 1992 Nr. L 76, S. 14, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/23/EU, ABl. 2014 Nr. L 94, S. 1.

§ 28 § 28

§ 28 Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft, soweit in den Abs. 3, 4 und 5 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gleichzeitig tritt das Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2006, LGBl. Nr. 70/2006, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 130/2013, außer Kraft. Dessen § 23 Abs. 4 ist auf die am 31. Dezember 2013 beim Unabhängigen Verwaltungssenat anhängig gewesenen Verfahren weiter anzuwenden. Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens beim Landesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Landesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zu diesem Zeitpunkt bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage.

(3) § 21 Abs. 7 Z 2 und Abs. 8 tritt mit 1. März 2019 in Kraft.

(4) Für den Zeitraum bis zum 28. Februar 2019 hat im Abs. 7 des § 21 die Z 2 zu lauten:

2. ein Antrag nach § 18 Abs. 1 Z 2, sofern es sich beim Antragsteller nicht um einen im Vergabeverfahren bzw. Konzessionsvergabeverfahren verbliebenen Bieter handelt, innerhalb von 30 Tagen ab der erstmaligen Verfügbarkeit einer Bekanntgabe nach § 61 Abs. 1 oder 2 bzw. § 231 Abs. 1 oder 2 BVergG 2018 bzw. § 34 Abs. 1 oder 2 BVergGKonz 2018

(5) Für den im Abs. 4 genannten Zeitraum hat der Abs. 8 des § 21 zu lauten:

(8) Die Abs. 2 bis 7 gelten nicht für Anträge nach § 18 Abs. 1 Z 2, sofern der Auftraggeber in zulässiger Weise die entsprechend begründete Entscheidung

1. im Oberschwellenbereich nach § 58 und § 59 Abs. 5 bzw. § 227 und § 229 Abs. 5 BVergG 2018 oder nach § 32 und 33 Abs. 4 BVergGKonz 2018 bzw.

2. im Unterschwellenbereich nach § 64 Abs. 6 bzw. § 234 Abs. 6 BVergG 2018 oder nach § 36 Abs. 4 BVergGKonz 2018

bekannt gemacht hat und der Zuschlag nach Ablauf einer Frist von zehn Tagen nach der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung erteilt worden ist.