(1) Die Landesregierung hat auf Grundlage der Ergebnisse der Erhebungen nach § 5a mit Verordnung ausreichend homogene Grundflächen auszuweisen, die sich jeweils unter Berücksichtigung der Besonderheiten und Anforderungen der Art oder Arten der Technologie in besonderem Maße für die Erzeugung erneuerbarer Energie eignen und für diesen Zweck vorgehalten werden (Beschleunigungsgebiete). Die vorgesehenen Nutzungen erneuerbarer Energie dürfen in Anbetracht der Besonderheiten der Gebiete keine erheblichen Umweltauswirkungen erwarten lassen.
(2) Bei der Bewertung der Umweltauswirkungen nach Abs. 1 sind
a) alle geeigneten und verhältnismäßigen Instrumente und Datensätze, wie z. B. die vom Land Tirol nach § 1 Abs. 4 lit. a des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 durchgeführten naturkundefachlichen Erhebungen, zu nutzen, um jene Gebiete zu ermitteln, in denen keine erheblichen Umweltauswirkungen durch Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu erwarten sind, und
b) die im Zusammenhang mit der Entwicklung eines kohärenten Natura-2000-Netzes verfügbaren Daten sowohl in Bezug auf Lebensraumtypen und Arten nach der Richtlinie 92/43/EWG als auch in Bezug auf nach der Richtlinie 2009/147/EG geschützte Vögel und Gebiete und die vorgesehenen Regeln für Minderungsmaßnahmen nach Abs. 5 entsprechend zu berücksichtigen.
(3) Bei der Ausweisung von Beschleunigungsgebieten sind vorrangig künstliche und versiegelte Flächen wie Dächer und Fassaden von Gebäuden, Erzeugungsanlagen, Verkehrsinfrastrukturflächen und ihre unmittelbare Umgebung, Parkplätze, landwirtschaftliche Betriebe, Abfalldeponien, Industriestandorte, künstliche Binnengewässer, Seen oder Reservoirs, Abwasserreinigungsanlagen sowie vorbelastete Flächen, die nicht für die Landwirtschaft genutzt werden können, auszuwählen.
(4) Von der Ausweisung als Beschleunigungsgebiet ausgeschlossen sind Natura 2000-Gebiete und Gebiete, die zum Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt ausgewiesen sind, wie insbesondere Schutzgebiete nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005, Hauptvogelzugrouten und andere Gebiete, die auf der Grundlage von Sensibilitätskarten ermittelt wurden, mit Ausnahme künstlicher und bebauter Flächen wie Dächer, Parkplätze oder Verkehrsinfrastruktur, die sich in diesen Gebieten befinden.
(5) Verordnungen nach Abs. 1 haben geeignete Regeln für wirksame Minderungsmaßnahmen zu enthalten, die bei der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie und von Energiespeichern am selben Standort sowie der für den Anschluss solcher Anlagen und Speicher an das Netz erforderlichen Anlagen zu ergreifen sind, um negative Auswirkungen
a) im Sinn des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 92/43/EWG auf Natura 2000-Gebiete,
b) im Sinn des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG auf Tierarten nach Anhang IV lit. a der Richtlinie 92/43/EWG und im Sinn des § 24 Abs. 3 TNSchG 2005 auf die durch Verordnung nach dieser Bestimmung geschützten weiteren Tierarten,
c) im Sinn des Art. 5 der Richtlinie 2009/147/EWG auf die im Gebiet der Europäischen Union natürlich vorkommenden Vogelarten und
d) im Sinn des Art. 4 Abs. 1 lit. a Z i und ii der Richtlinie 2000/60/EG auf Umweltziele für Oberflächenwasserkörper
zu vermeiden oder, falls dies nicht möglich ist, erheblich zu verringern. Sind nach der Bewertung nach Abs. 1 und 2 keinerlei Umweltauswirkungen bei Errichtung und Betrieb zu erwarten, so kann von der Festlegung von Regeln für Minderungsmaßnahmen in bestimmten Beschleunigungsgebieten abgesehen werden.
(6) Die Minderungsmaßnahmen müssen verhältnismäßig sowie geeignet sein und zeitnah umgesetzt werden, um die Verpflichtungen nach den in Abs. 5 lit. a bis d angeführten Bestimmungen einzuhalten. Die Minderungsmaßnahmen sind auf die besonderen Anforderungen der jeweiligen Technologie für erneuerbare Energie, die örtlichen Gegebenheiten und die ermittelten Umweltauswirkungen auszurichten, ferner können geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der wirksamen Umsetzung der Minderungsmaßnahmen festgelegt werden.
(7) Bei der Ausweisung von Beschleunigungsgebieten können für ein oder mehrere Pilotprojekte für einen begrenzten Zeitraum auch neuartige, hinsichtlich ihrer Wirksamkeit noch nicht umfassend geprüfte Minderungsmaßnahmen festgelegt werden, wobei in diesem Fall in der Verordnung zusätzlich auch Regelungen für die genaue Überwachung der Wirksamkeit der Maßnahmen und die bei festgestellter Unwirksamkeit der Minderungsmaßnahmen zur Vermeidung erheblicher Umweltauswirkungen sofort zu setzenden geeigneten Schritte zu treffen sind.
(8) Verordnungen nach Abs. 1 umfassen die Darlegung der Beschleunigungsgebiete und Regeln für Minderungsmaßnahmen nach Abs. 5 und 6. Den Verordnungen sind Erläuterungen anzuschließen, die eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen und eine Begründung der Ausweisung im Hinblick auf die Vorgaben nach Abs. 2 und 3 zu enthalten haben. In der Begründung ist insbesondere darzulegen, welche vorgesehenen Minderungsmaßnahmen welche Umweltauswirkungen vermeiden oder vermindern sollen und welche Maßnahmenwirkung erwartet wird. Zudem ist darzulegen, welche Bewertung bei ihrer Ermittlung nach den in Abs. 2 und 3 angeführten Kriterien sowie der Festlegung von Minderungsmaßnahmen nach Abs. 5 vorgenommen wurde.
(9) Die Landesregierung hat Entwürfe für Verordnungen nach Abs. 1 einer Umweltprüfung nach dem Tiroler Umweltprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 34/2005, zu unterziehen; dies hat in einem mit dem Verfahren zur Erlassung der Verordnung zu erfolgen. Dazu sind der Entwurf einer solchen Verordnung und der zugehörige Umweltbericht in jeder Gemeinde, auf deren Gebiet sich die darin vorgesehenen Beschleunigungsgebiete erstrecken, und im Amt der Tiroler Landesregierung während einer Frist von mindestens sechs Wochen zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Auflegung ist während der gesamten Auflegungsfrist auf den Internetseiten der betroffenen Gemeinden und auf der Internetseite des Landes Tirol bekanntzumachen. In der Kundmachung und der Bekanntmachung ist die Auflegungsfrist anzugeben und darauf hinzuweisen, dass jedermann befugt ist, bis spätestens eine Woche nach dem Ablauf der Auflegungsfrist zum Entwurf und zum Umweltbericht schriftlich Stellung zu nehmen. Die Gemeinden haben die für die Auflegung des Entwurfes und des Umweltberichtes erforderlichen Amtsräume zur Verfügung zu stellen, die Bekanntmachung im Internet und an der Amtstafel der Gemeinde durchzuführen, die schriftlichen Stellungnahmen entgegenzunehmen und diese nach dem Ablauf der Frist für die Abgabe der Stellungnahme unverzüglich an die Landesregierung zu übermitteln. Der für die Angelegenheiten des Elektrizitätswesens zuständige Bundesminister, die Planungsverbände nach § 23 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022, die Bezirksverwaltungsbehörden und die Gemeinden, auf deren Gebiet sich die Beschleunigungsgebiete erstrecken sollen, der Tiroler Gemeindeverband, die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol, die Wirtschaftskammer für Tirol, die Landwirtschaftskammer für Tirol, die Ziviltechnikerkammer für Tirol und Vorarlberg, der Naturschutzbeirat nach § 35 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005, die Landesumweltanwältin bzw. der Landesumweltanwalt nach § 36 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005, das Militärkommando Tirol, anerkannte Umweltorganisationen im Sinn des § 3 Abs. 11 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 und die jeweils betroffenen Verteilernetzbetreiber sind über die Auflage des Entwurfs und des Umweltberichtes schriftlich in Kenntnis zu setzen. Spätestens zeitgleich mit der Verständigung dieser Stellen sind der Entwurf und der Umweltbericht den öffentlichen Umweltstellen zu übermitteln. Im Fall erheblicher Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete ist von der Landesregierung vor Erlassung der Verordnung außerdem eine Verträglichkeitsprüfung nach § 14 Abs. 13 des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 vorzunehmen.
(10) Die Landesregierung hat im Verlauf des Verfahrens nach Abs. 9 eine Stellungnahme des Raumordnungsbeirates nach § 18 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 zu Entwürfen von Verordnungen nach Abs. 1 einzuholen. Den Mitgliedern des Raumordnungsbeirates ist auf Verlangen Einsicht in alle die Entwürfe betreffenden Unterlagen einschließlich allfälliger bereits vorliegender Stellungnahmen zu gewähren.
(11) Für das Verfahren zur Änderung von Verordnungen nach Abs. 1 gelten die Abs. 9 und 10 sinngemäß.
(12) Verordnungen nach Abs. 1 sind in regelmäßigen Abständen, längstens jedoch im Rahmen der Aktualisierung des integrierten nationalen Energie- und Klimaplans für Österreich nach der Verordnung (EU) 2018/1999 auf ihre Zielerreichung zu überprüfen. Wenn binnen fünf Jahren nach Erlassung der Verordnung in einem darin ausgewiesenen Beschleunigungsgebiet kein Vorhaben, für das das Gebiet ausgewiesen wurde, beantragt oder für ein beantragtes Vorhaben eine dafür nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften erforderliche Bewilligung rechtskräftig versagt wurde, ist die Verordnung in diesem Umfang aufzuheben.
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