Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger sowie die Hofräte Dr. Terlitza und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Schimpfhuber, über die Revision des Z F D, vertreten durch Prof. Mag. DDr. h.c. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2025, G316 22995701/10E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 und Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit Nebenaussprüchen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Am 25. April 2024 beantragte der Revisionswerber, ein serbischer Staatsangehöriger, die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK in Form einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005.
2 Mit Bescheid vom 4. September 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen den Revisionswerber, stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien fest und räumte eine Frist für seine freiwillige Ausreise ein.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
8In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. erneut VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
9Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG (vgl. erneut VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
10Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFAVG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. erneut VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
11Das persönliche Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. erneut VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0016, mwN).
12 Der Revisionswerber begründet den Vorwurf der Rechtswidrigkeit der durch das Bundesverwaltungsgericht angestellten Interessenabwägung zunächst mit dem Umstand, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei. Jedoch durfte das Bundesverwaltungsgericht fallbezogen eine Reihe weiterer Aspekte wie die Umstände, dass die Ehe eingegangen wurde, als sich die Eheleute der Unsicherheit des Aufenthalts des Revisionswerbers im Bundesgebiet bewusst waren, dessen wiederholte und erfolglose auf die Legalisierung seines Aufenthalts im Bundesgebiet gerichteten Anträge in der Vergangenheit, die darauf schließen ließen, dass seine nunmehrige Wiedereinreise von vornherein dazu diente, die Regeln über den Familiennachzug zu unterlaufen, die seit dessen Wiedereinreise erst kurze Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet sowie dessen außerhalb der familiären Bindungen nur schwach ausgeprägte Integration in Österreich berücksichtigen. Soweit der Revisionswerber behauptet, das Eheleben könne nur in Österreich fortgesetzt werden, entfernt er sich zudem von den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, wonach sich die Eheleute schon in der Vergangenheit auf Grund des sichtvermerksfreien Aufenthaltsrechts rechtmäßig abwechselnd in Österreich und Serbien aufgehalten hätten, ihnen dies auch künftig möglich sein werde und der Kontakt zudem über moderne Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden könne. Soweit der Revisionswerber auf seine Gehörlosigkeit verweist und behauptet, die zu seinen Lasten berücksichtigte Schwarzarbeit hätte deswegen nicht ins Kalkül gezogen werden dürfen, weil „Gehandicapte“ in Österreich entgegen Art. 7 BVG nicht genügend Arbeitsplätze in angestammten Berufen vorfinden würden, gelingt es ihm mit dieser bloß pauschalen Behauptung nicht, aufzuzeigen, dass die Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichts mit einem im Revisionsverfahren aufzugreifenden Mangel behaftet wäre, zumal nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts eine Bewilligung nach AuslBG gerade für jene Beschäftigung des Revisionswerbers versagt wurde, der dieser seit mittlerweile geraumer Zeit ohne eine solche nachgeht.
13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
14Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 4. September 2025