Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der U AG in W, vertreten durch die TPA Steuerberatung GmbH in 1100 Wien, Wiedner Gürtel 13, Turm 24, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 29. November 2024, RV/7100455/2024, betreffend Rechtsgeschäftsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Am 3. Jänner 2022 wurde beim Finanzamt Österreich eine beglaubigte Abschrift eines am 9. November 2021 zwischen der Revisionswerberin als „Vermieterin“ und der H GmbH als „Mieterin“ abgeschlossenen Bestandvertrags angezeigt. Vertragsgegenstand war eine näher bezeichnete Liegenschaft mitsamt dem darauf errichteten Hotelgebäude und der darin befindlichen Hoteleinrichtung.
2 Mit Bescheid vom 7. April 2023 setzte das Finanzamt die Rechtsgeschäftsgebühr ausgehend von einer Bemessungsgrundlage iHv 32.214.108,08 € gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig mit 322.141,06 € fest. In der Folge wies es die gegen diesen Bescheid eingebachte Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 7. Juli 2023 ab.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das nach Stellung eines Vorlageantrags zuständig gewordene Bundesfinanzgericht die Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung ab. Unter einem sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
4 Das Bundesfinanzgericht gelangte nach Wiedergabe wesentlicher Teile des revisionsgegenständlichen Bestandvertrags zur Ansicht, dass dieser als Pachtvertrag zu beurteilen sei und hierfür nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Befreiungsbestimmung des § 33 TP 5 Abs. 4 Z 1 GebG nicht zur Anwendung komme.
5 Weiters hielt das Bundesfinanzgericht fest, dass der gegenständliche Bestandvertrag bis 31. Dezember 2051 befristetet sei. Das Vertragsverhältnis ende nach ausdrücklicher Regelung durch Zeitablauf, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Während der befristen Vertragszeit könne das Bestandverhältnis nur aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgekündigt bzw. aufgelöst werden. Die vertraglich vorgesehenen besonderen Kündigungsgründe ergäben sich aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw. qualifiziertem Fehlverhalten des jeweils anderen Vertragspartners, womit die Kündigungsrechte nicht nach Belieben durch einen Vertragspartner alleine ausgeübt werden könnten. Es lägen auch keine Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens vor.
6 Nach dem Gesamtbild sei kein schrankenloses Kündigungsrecht vereinbart worden und seien die Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Vertrags gegeben sei. Dazu komme, dass die Bestandnehmerin bei einer von ihr zu vertretenen vorzeitigen Auflösung des Bestandverhältnisses für den Ausfall der vertraglichen Leistungen hinsichtlich des Zeitraums, den das Bestandverhältnis nach den ursprünglich getroffenen Vereinbarungen mindestens gedauert hätte, hafte.
7 Die vertraglichen Kündigungsbestimmungen änderten im Revisionsfall nichts daran, dass eine Bindung der Vertragsparteien für eine bestimmte Dauer von mehr als 18 Jahren bestehe und daher nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG das 18 fache des Jahreswerts der wiederkehrenden Leistungen als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei.
8 Gegen diese Entscheidung wendet sich die Revisionswerberin mit der gegenständlichen Revision, die das Bundesfinanzgericht dem Verwaltungsgerichtshof gemeinsam mit den Verfahrensakten vorgelegt hat.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Gemäß § 33 Tarifpost (TP) 5 Abs. 1 Z 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) ist für Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im allgemeinen eine Gebühr von 1 v.H. zu entrichten.
13 Gebührenfrei sind nach § 33 TP 5 Abs. 4 Z 1 GebG Verträge über die Miete von Wohnräumen.
14 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst vorgebracht, es liege keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit der Gebührenbefreiung des § 33 TP 5 Abs. 4 Z 1 GebG vor. In diesem Zusammenhang legt die Revisionswerberin dar, warum sie die dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 2024, Ro 2024/16/0004, zugrundeliegende Rechtsansicht, wonach langfristige Hotelpachtverträge nicht von der Gebührenbefreiung des § 33 TP 5 Abs. 4 Z 1 GebG erfasst sind, nicht teilt.
15 Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die seitens der Revisionswerberin genannten Entscheidungen (VwGH 18.8.2020, Ra 2020/16/0077 und VwGH 29.6.2022, Ro 2021/16/0005) im Erkenntnis vom 14. Mai 2024, Ro 2024/16/0004, ausdrücklich Bezug genommen und diese für die auf den damaligen Revisionsfall anzuwendende Fassung des § 33 TP 5 GebG (BGBl. I Nr. 147/2017) präzisiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei insbesondere ausgesprochen, die „sachliche Bestimmung des revisionsgegenständlichen, als Einheit zu betrachtenden, Bestandobjekts ein zu errichtendes Hotelgebäude bestehend aus u.a. 134 Gästezimmern, Restaurant, Bar, Cafeteria, Lobby und 26 Kfz Stellplätzen ist, wie dem angefochtenen Erkenntnis entnommen werden kann, die Hotellerie bzw. Beherbergung, mithin eine gewerbliche Dienstleistung, nicht jedoch ‚Wohnzwecke‘, also die Ermöglichung privaten Lebens in abgeschlossenen Räumen im oben dargestellten Sinn.“
16 Die Revisionswerberin interpretiert dies dahingehend, der Verwaltungsgerichtshof habe auf die gewerbliche Tätigkeit der damaligen Bestandnehmerin abgestellt. Tatsächlich ging der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Zweckwidmung und Ausgestaltung des damals revisionsgegenständlichen Gebäudes davon aus, dass dieses gerade keinen Wohnraum im Sinn des § 33 TP 5 Abs. 4 Z 1 GebG darstellt. Gegenteiliges behauptet die Revisionswerberin auch für das Bestandobjekt im gegenständlichen Fall nicht.
17 Wenn schließlich die Revisionswerberin vorbringt, der Verwaltungsgerichtshof habe sich in Widerspruch zu seiner Rechtsprechung, wonach der Wortlaut des Gesetzes die äußerste Grenze für die Interpretation darstelle, gesetzt, so bleibt sie dafür jedes weitere Argument schuldig.
18 Schon mangels Vorliegens von Wohnraum im dargestellten Sinn überzeugt die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen, aus dem Wegfall der zeitlichen Befristung für die Gebührenfreiheit von Verträgen über die Miete von Wohnräumen ließen sich Rückschlüsse auf die Gebührenpflicht von Bestandverträgen über Hotelgebäude ableiten, nicht.
19 Soweit die Revisionswerberin weiters vorbringt, das Bundesfinanzgericht habe den gegenständlichen Vertrag unrichtig als Pachtvertrag und nicht als Mietvertrag beurteilt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die vertretbare Auslegung eines Schriftstückes in der Regel keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwirft (vgl. zu § 33 TP 5 Abs. 1 GebG: VwGH 27.11.2019, Ra 2019/16/0179, mwN). Darüber hinaus hat der gegenständliche Vertrag gerade keine Wohnräume im Sinn des § 33 TP 5 Abs. 4 Z 1 GebG zum Gegenstand, was dessen Anwendung ohnedies ausschließt.
20 Eine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt somit entgegen dem Revisionsvorbringen nicht vor (vgl. dazu Bodis , Ein Hotelpachtvertrag ist kein Vertrag „über die Miete von Wohnräumen“ und unterliegt der Bestandvertragsgebühr, SWK 25/2024, 1091, ff).
21 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision weiters vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob die revisionsgegenständlichen Auflösungsgründe zu einem Vertrag auf unbestimmte Dauer führten.
22 Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.
23 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen „auf bestimmte Zeit“ und „auf unbestimmte Zeit“ abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, steht der Beurteilung des Vertrags als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nach dem zweiten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht entgegen (vgl. etwa VwGH 29.8.2024, Ra 2022/16/0042; 29.3.2024, Ra 2021/16/0055; 26.5.2021, Ra 2021/16/0027; 9.9.2015, Ro 2014/16/0072, jeweils mwN).
24 Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. etwa VwGH 26.4.2018, Ra 2018/16/0040, mwN).
25 Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrags beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. etwa VwGH 3.6.2020, Ra 2019/16/0182, mwN).
26 Die Revisionswerberin bringt in diesem Zusammenhang vor, im revisionsgegenständlichen Vertrag seien für den Vermieter dreizehn Fälle vorgesehen, die ihn zur vorzeitigen Auflösung des Vertrags berechtigten. Angesichts der von der Rechtsprechung in den letzten Jahren ins Spiel gebrachten Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen handle es sich „daher um solche, die nicht aus dem Blickwinkel des Vermieters, sondern des Mieters von Bedeutung“ seien.
27 Dem ist zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass die Frage, in wessen Sphäre und Ingerenz die Verwirklichung eines Kündigungsgrundes liegt, noch nichts über die Wahrscheinlichkeit seines Eintrittes aussagt (vgl. erneut VwGH 29.8.2024, Ra 2022/16/0042).
28 Die Revisionswerberin bringt zudem vor, der Mieter habe es in der Hand „die vorzeitige Auflösung des Mietvertrages durch entsprechendes Fehlverhalten gezielt auszulösen“ und dem Umstand, dass die Auflösung „formal vom Vermieter vorzunehmen ist“ komme dabei „keine Relevanz“ zu. Einen Grund, warum ein (hypothetisches) bewusst vertragswidriges Verhalten das im Übrigen auch der Vermieter setzen kann dazu führen soll, gebührenrechtlich einen unbefristeten Vertrag anzunehmen, zeigt die Revisionswerberin aber nicht auf. Das offenbar von der Revisionswerberin unterstellte Interesse des Mieters an einer solchen Vorgangsweise, der wie die Revisionswerberin selbst anführt ihr gegenüber dadurch zum Schadenersatz verpflichtet wird, erschließt sich aus dem Vertragswerk auch angesichts der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Schadensminderungspflicht nicht.
29 Nicht nachvollziehbar ist der Verweis der Revisionswerberin, wonach aus ihrer Berechtigung, den Mietgegenstand jederzeit verkaufen zu können und ihrer Verpflichtung, einen allfälligen Käufer zu verpflichten, auf sein Kündigungsrecht gemäß § 1120 ABGB zu verzichten was gebührenrechtlich zu einem Neuvertrag führe , abzuleiten sei, der gegenständliche Vertrag unterliege keiner Befristung.
30 Auch die im Vertragswortlaut keine Entsprechung findende Behauptung der Revisionswerberin, bei dem revisionsgegenständlichen Objekt handle es sich um ein Investitionsobjekt, bei dem eine Haltedauer von 7 bis 10 Jahren unterstellt werde, spricht gerade gegen das Vorliegen eines unbefristeten Bestandvertrags.
31 Nach dem aus § 17 Abs. 1 GebG folgenden Urkundenprinzip ist für die Beurteilung der Gebührenschuld nur der schriftlich festgelegte Urkundeninhalt maßgeblich. Außerhalb der Urkunde liegende Tatsachen, wie insbesondere mündliche Nebenabreden, sind bei der Bemessung der Gebühr nicht zu berücksichtigen. Unmaßgeblich ist auch, ob das Rechtsgeschäft in weiterer Folge aufrechterhalten und ob und wie es ausgeführt wurde. Erfüllt ein Schriftstück die Voraussetzungen einer Urkunde über ein Rechtsgeschäft und enthält es alle für die Gebührenbemessung bedeutsamen Umstände, so richtet sich die Gebührenpflicht ausschließlich nach dem Urkundeninhalt (vgl. VwGH 24.5.2012, 2009/16/0257, mwN). Das oben wiedergegebene Vorbringen der Revisionswerberin zeigt kein Abgehen des Bundesfinanzgerichts von der aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf.
32 Festzuhalten ist weiters, dass die Beurteilung, ob ein konkreter Bestandvertrag vom Verwaltungsgericht, das sich auf dem Boden der erwähnten Rechtsprechung bewegt, im Einzelfall in seiner Gesamtgestaltung als Vertrag auf bestimmte Dauer oder auf unbestimmte Dauer gedeutet wird von krassen Fehlentscheidungen abgesehen keine Frage ist, die über den Einzelfall hinausgeht und daher nicht grundsätzlich im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG ist (vgl. etwa VwGH 17.5.2023, Ra 2023/16/0056, mwN). Dass das Bundesfinanzgericht eine krasse Fehlentscheidung getroffen hätte, ist nicht erkennbar, zumal der Vertrag nicht nur im Punkt 7.1. eine ausdrückliche mit „Mietzeit“ bezeichnete Befristung, sondern auch in seinem Punkt 23.7 ausführliche Regelungen zur „Vertragsbeendigung durch Zeitablauf“ enthält.
33 In der Revision wird somit insgesamt keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 17. April 2025
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