Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Februar 2025, L532 2306452 1/6E, betreffend Auftrag zur Bescheiderlassung gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (mitbeteiligte Partei: N A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Die als Revision zu wertende Revisionsbeantwortung der Mitbeteiligten wird zurückgewiesen.
1 Die aus Syrien stammende Mitbeteiligte stellte am 29. Juli 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Am 25. Oktober 2024 erhob die Mitbeteiligte Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis erteilte das BVwG der revisionswerbenden Partei gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG den Auftrag, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der im Erkenntnis festgelegten Rechtsanschauung binnen acht Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses zu erlassen. Weiters sprach es aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 In der Begründung gab das BVwG gesetzliche Bestimmungen des AsylG 2005 sowie allgemeine Rechtssätze aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wieder, wann an sich von einer asylrechtlich relevanten Verfolgung auszugehen sei. Weiters enthält die Begründung nach Wiedergabe des § 8 AsylG 2005 und von Bestimmungen der EMRK allgemein gehaltene Rechtssätze zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Verletzung des Art. 3 EMRK anzunehmen sei. Ferner merkte das BVwG nach Auflistung weiterer gesetzlicher Bestimmungen an, bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme könne ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat und Familienlebens des Fremden im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Es müsse daher überprüft werden, ob eine solche Maßnahme einen Eingriff in und wenn ein solcher gegeben sei eine Verletzung des Privat- und Familienlebens des Fremden darstelle. Als Erwägungen zur „Zulässigkeit der Abschiebung“ gab das Bundesverwaltungsgericht den Wortlaut des § 50 Fremdenpolizeigesetz 2005 wieder. Auf Basis dieser Rechtsansicht werde so das BVwG abschließend die Behörde „den hier vorliegenden Sachverhalt“ innerhalb der ihr gesetzten Frist zu entscheiden haben.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.
6 Der Verwaltungsgerichtshof leitete mit verfahrensleitender Anordnung vom 19. März 2025 das Vorverfahren ein.
7 Am 24. März 2025 langte beim Verwaltungsgerichtshof eine vom Rechtsanwalt der Mitbeteiligten verfasste und für sie eingebrachte Revisionsbeantwortung ein. In dieser führte die Mitbeteiligte mit näherer Begründung aus, warum die Amtsrevision begründet sei und beantragte (ebenfalls) die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses sowie, der Mitbeteiligten Aufwandersatz für die Erstattung der Revisionsbeantwortung zuzusprechen.
8 Mit dem am 24. April 2025 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schreiben vom selben Tag teilte das BVwG mit, dass seitens der revisionswerbenden Partei kein Bescheid erlassen worden sei und für den 11. Juni 2025 eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG in dieser Rechtssache geplant sei.
9 Mit weiterem Schreiben vom 11. Juni 2025 legte das BVwG eine Abschrift der am selben Tag angefertigten Niederschrift vor, aus der hervorgeht, dass es in der Verwaltungsangelegenheit der Mitbeteiligten an diesem Tag eine Verhandlung durchgeführt und am selben Tag im Anschluss an die Verhandlung das Erkenntnis mündlich verkündet hat. Mit diesem Erkenntnis wurde der Säumnisbeschwerde der Mitbeteiligten stattgegeben, ihr Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung des Asylberechtigten abgewiesen, ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
10 Daraufhin forderte der Verwaltungsgerichtshof die revisionswerbende Partei unter Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts mit verfahrensleitender Anordnung vom 11. September 2025 auf, bekanntzugeben, ob und weshalb weiterhin ein rechtliches Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung über die Revision bestehe.
11 Eine Äußerung erfolgte nicht.
12 Der gegenständliche Fall gleicht in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht jenem Fall, der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2025, Ra 2025/20/0073, entschieden worden ist. Auf die Begründung dieser Entscheidung wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
13 Auch im vorliegenden Fall wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Entscheidung über die in der konkreten Angelegenheit maßgeblichen inhaltlichen Rechtsfragen getroffen, weshalb insofern keine Bindung an die Rechtsanschauung des BVwG entstehen konnte. Die revisionswerbende Partei hat die ihr vom BVwG gesetzte Frist für die Nachholung des versäumten Bescheides verstreichen lassen, ohne den Bescheid zu erlassen. Mit Ablauf der nach § 28 Abs. 7 VwGVG gesetzten Frist ging aufgrund des letzten Satzes dieser Bestimmung die Zuständigkeit endgültig wieder auf das BVwG über. Daher ist nicht zu sehen, welchen Nutzen eine inhaltliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall für die revisionswerbende Partei noch haben sollte.
14 Somit war die Revision in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG für gegenstandslos geworden zu erklären und das Revisionsverfahren einzustellen.
15 Die Zurückweisung der Revisionsbeantwortung der Mitbeteiligten beruht darauf, dass das VwGG keinen Eintritt in das Revisionsverfahren auf Seite der revisionswerbenden Partei kennt. Wenn sich daher die Mitbeteiligte in ihrer Revisionsbeantwortung den Argumenten der revisionswerbenden Partei anschloss, war dieser Schriftsatz der Sache nach als Revision zu werten. Da die Mitbeteiligte bereits vor Einbringung der als Revision zu wertenden Revisionsbeantwortung gegen das vorliegend angefochtene Erkenntnis selbst eine (zu Ra 2025/19/0057 protokollierte) außerordentliche Revision erhoben hat, war die Revisionsbeantwortung wegen Verbrauchs des Revisionsrechts zurückzuweisen (vgl. zum Ganzen VwGH 15.4.2025, Ra 2025/01/0074, mwN).
Wien, am 10. Oktober 2025