JudikaturVwGH

Ra 2025/08/0054 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
05. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des Mag. B R in E, vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 71/10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2025, W121 2294881 1/9E, betreffend Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice St. Pölten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Bestätigung einer Beschwerdevorentscheidung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) gemäß § 10 Abs. 1 AlVG aus, dass der Revisionswerber seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 42 Tage ab dem 29. Februar 2024 verloren habe. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 Begründend stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dem im Bezug von Arbeitslosengeld stehenden Revisionswerber sei vom AMS am 31. Jänner 2024 ein Stellenangebot bei der W. GmbH Co KG (einem Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern) mit der Aufforderung übermittelt worden, sich für eine konkret genannte Arbeitsstelle bei der potentiellen Dienstgeberin online auf deren Webseite unter Verwendung eines im Stellenangebot bezeichneten Links zu bewerben. Der Revisionswerber habe sich bei der W. GmbH Co KG nicht beworben. Dieses Verhalten sei ursächlich für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses gewesen. Das sei vom Revisionswerber auch zumindest in Kauf genommen worden.

3 Der Revisionswerber habe darauf verwiesen, dass er am 6. Februar 2024 an die Muttergesellschaft des Konzerns, zu dem (neben anderen größeren Unternehmen) auch die W. GmbH Co KG gehört, eine Initiativbewerbung für Arbeitsstellen im gesamten Konzern abgegeben habe. Auch diese Bewerbung könne jedoch nichts daran ändern, dass der Revisionswerber der Aufforderung, sich für die Stelle bei der W. GmbH Co KG zu bewerben, nicht nachgekommen sei. Die an die Muttergesellschaft übermittelte Bewerbung habe darüber hinaus kein konkretes Interesse hinsichtlich der gegenständlichen Arbeitsstelle erkennen lassen und sei außerdem auch an die W. GmbH Co KG wie von dieser schriftlich bestätigt nicht weitergeleitet worden.

4 Das Verhalten des Revisionswerbers sei als Vereitelung nach § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG zu qualifizieren. Es sei im Sinn der näher bezeichneten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sowohl die Kausalität seines Verhaltens für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses sowie auch sein bedingter Vorsatz zu bejahen.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit geltend gemacht, der Revisionswerber habe sich bei der Muttergesellschaft, deren „Teilbetrieb“ die W. GmbH Co KG sei, beworben. Er habe dabei seine Arbeitswilligkeit für sämtliche im Konzern angebotenen Stellen, somit auch diejenigen bei der W. GmbH Co KG, zum Ausdruck gebracht. Sein Verhalten könne daher nicht als kausal für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses angesehen werden. Ebenso wenig könne ihm ein vorsätzliches Verhalten vorgeworfen werden. Auch sei von der Muttergesellschaft gegenüber dem Revisionswerber der Eingang seiner Bewerbung bestätigt worden. Dies stehe in einem Spannungsverhältnis zum Schreiben der W. GmbH Co KG, wonach diese seine Bewerbung nicht erhalten hätte. Insoweit wären amtswegig weitere Erhebungen durch Einvernahmen von Zeugen erforderlich gewesen.

9 Zur Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Arbeitslosen als Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist insoweit aber nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Die geforderte Kausalität liegt vielmehr bereits dann vor, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses auf Grund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. etwa VwGH 23.7.2024, Ra 2023/08/0092, mwN). Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt (vgl. VwGH 2.11.2022, Ra 2021/08/0133, mwN).

10 Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern (vgl. etwa VwGH 17.3.2023, Ra 2022/08/0071, mwN).

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Sinn dieser Judikatur eine Vereitelung etwa auch darin erkannt, dass ein Arbeitsloser die im Stellenangebot vom potentiellen Dienstgeber geforderte Form der Bewerbung nicht eingehalten hat (vgl. VwGH 18.6.2014, 2012/08/0187; 27.8.2019, Ra 2019/08/0065; vgl. zu einer solchen Konstellation auch VwGH 7.12.2022, Ra 2019/08/0075). Der Revisionswerber hat im vorliegenden Fall nicht nur die geforderte Form der Bewerbung online auf der Webseite der Dienstgeberin über einen näher bezeichneten Link nicht eingehalten, sondern unstrittig überhaupt keine Bewerbung an die potentielle Dienstgeberin die W. GmbH Co KG übermittelt. Dem Revisionswerber musste auch klar sein, dass seine an die Muttergesellschaft somit ein anderes Unternehmen gerichtete bloß allgemein gehaltene und nicht auf die konkret angebotene Stelle bezugnehmende Bewerbung die Chancen auf das Zustandekommen dieser Beschäftigung zumindest verringerte. Die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Verhalten des Revisionswerbers als Vereitelung nach § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG anzusehen war, steht somit im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.

12 Den nach dem Gesagten für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen ist der Revisionswerber im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegengetreten, sodass die Revision auch nicht aufzuzeigen vermag, dass das Bundesverwaltungsgericht gehalten gewesen wäre, amtswegig weitere Erhebungen durchzuführen. Darauf, ob die Bewerbung bei der Muttergesellschaft des Konzerns eingegangen ist, kam es nicht an.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 5. Juni 2025

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