JudikaturVwGH

Ra 2025/07/0069 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Stadtgemeinde F, vertreten durch Dr. Andreas Fussenegger, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, der gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 6. März 2025, Zl. LVwG 359 1/2025 R14, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit nach dem Flurverfassungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorarlberger Landesregierung; mitbeteiligte Partei: A A in F, vertreten durch die W. Blum Rechtsanwalts GmbH in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 18), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.

1 Mit Eingabe vom 6. Juli 2023 stellte die revisionswerbende Stadtgemeinde, die derzeit kein Mitglied der mitbeteiligten Agrargemeinschaft ist, bei der belangten Behörde Anträge, in denen sie unter anderem die Feststellung begehrte, dass es sich bei Liegenschaften, die mit dem Regulierungsbescheid vom 13. Juni 1960 in das formale Eigentum der mitbeteiligten Agrargemeinschaft übertragen wurden, um Gemeindegut der revisionswerbenden Stadtgemeinde handle und dieser ein Anteilsrecht im Umfang des über den Wert der Nutzungsrechte hinausgehenden Substanzwerts der im grundbücherlichen Eigentum der Agrargemeinschaft stehenden und zum Gemeindegut gehörenden Grundstücke an der Agrargemeinschaft zustehe.

2 In einem weiteren, hier gegenständlichen Verfahren wurden mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 29. November 2024 die in der ordentlichen Vollversammlung am 29. April 2022 und am 28. April 2023 beschlossenen Änderungen der Satzung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft aufsichtsbehördlich genehmigt.

3 Die gegen diesen Bescheid von der revisionswerbenden Stadtgemeinde erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (Verwaltungsgericht) vom 6. März 2025 als unzulässig zurückgewiesen.

4 Begründend hielt das Verwaltungsgericht zusammengefasst fest, die Revisionswerberin könne als Nichtmitglied der mitbeteiligten Agrargemeinschaft die aus einem Anteilsrecht an dieser Agrargemeinschaft erfließenden Rechte (denen auch Pflichten gegenüberstünden) nicht ausüben bzw. sie sei zur Ausübung gar nicht berechtigt. Aus diesem Grund könne die von der Agrargemeinschaft beschlossene und beantragte Satzungsänderung bzw. ihre aufsichtsbehördliche Genehmigung losgelöst von den einzelnen geänderten Bestimmungen die Rechte der Revisionswerberin und damit ihre rechtlichen Interessen im Sinne des § 8 AVG aktuell nicht berühren.

5 Ihre gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobene außerordentliche Revision verband die Revisionswerberin mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

6 Zu diesem Antrag führte sie begründend aus, der aufzuschiebenden Anwendung der „neuen“ Satzung stünden keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen. Demgegenüber habe die Revisionswerberin eine unwiederbringliche Schmälerung des von ihr beanspruchten Rechts auf den Substanzwert zu besorgen. Gegenüber den bis zuletzt in Geltung stehenden Bestimmungen würden mit der „neuen“ Satzung die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Nutzung der agrargemeinschaftlichen Liegenschaften und für die Verleihung der Mitgliedschaft an der Agrargemeinschaft gelockert (wird beispielhaft dargelegt), sodass sich der Kreis der Nutzungsberechtigten verändere, was sich auf den Überling und damit auf den Substanzwert der Grundstücke des atypischen Gemeindeguts nachteilig auswirke. Daraus folge, dass eine Anwendung der geänderten Satzung den Kreis der Nutzungsberechtigten erweitere und damit den Substanzwert in Form des Überlings, den die Revisionswerberin für sich beanspruche, zu ihrem Nachteil schmälere. Wenn auch Neu-Mitgliedern im Falle der Aufhebung des bekämpften Beschlusses die Mitgliedschaft wieder aberkannt werden könne, lasse sich ihre Teilnahme an den Nutzungen des atypischen Gemeindeguts nicht mehr rückgängig machen.

7 Die mitbeteiligte Partei sprach sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht nahm zum Aufschiebungsantrag nicht Stellung.

8 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat (ab Vorlage der Revision) der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach § 30 Abs. 5 VwGG sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses (Beschlusses) nicht zu beurteilen, Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben (VwGH 19.3.2025, Ra 2025/07/0034, mwN).

10 Nach den im angefochtenen Beschluss getroffenen Feststellungen erfolgte die gegenständliche, aufsichtsbehördlich genehmigte Überarbeitung der Satzung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft unter Berücksichtigung der im Zuge der behördlichen Prüfung geäußerten Einwände der belangten Behörde.

11 Mit ihrem Vorbringen zum Aufschiebungsantrag macht die Revisionswerberin keine Nachteile geltend, die mit dem Vollzug des angefochtenen Beschlusses einhergehen. Sie weist lediglich auf mögliche Folgen (der Änderungen der Satzung) hin, welche aber nicht Gegenstand des hier vorliegenden Beschlusses sind (vgl. VwGH 18.8.2015, Ra 2015/07/0106; 18.4.2016, Ra 2016/04/0044; 20.12.2018, Ra 2018/07/0478).

12 Die Revisionswerberin legt in ihrem Aufschiebungsantrag auch nicht schlüssig dar, dass in dem von ihr behaupteten Fall, dass ihr ein Anteilsrecht im Umfang des Substanzwerts (des Gemeindegutes) an der Agrargemeinschaft zustünde, der von ihr vorgebrachte mögliche Schaden im Zusammenhang mit dem Überling nicht im Rahmen einer allfälligen späteren vermögensrechtlichen Auseinandersetzung für die Vergangenheit ausgeglichen werden könnte.

13 Da die Revisionswerberin somit einen mit dem angefochtenen Beschluss einhergehenden unverhältnismäßigen Nachteil im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG nicht dargelegt hat, war dem Antrag nicht stattzugeben.

Wien, am 8. Juli 2025

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