JudikaturVwGH

Ra 2025/06/0120 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag. a Merl und Mag. Liebhart Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Dr. X Y, Rechtsanwalt in Z, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 13. März 2025, LVwG 352 4/2024 R20, betreffend Ersuchen nach dem Auskunftsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinde Schoppernau; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Erkenntnis vom 13. März 2025 gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) der Beschwerde des Antragstellers gegen einen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde S. vom 3. September 2024 betreffend ein näher genanntes Ersuchen nach dem (Vorarlberger) Auskunftsgesetz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid mit einer näher bezeichneten Maßgabe. Eine Revision wurde für unzulässig erklärt.

2 Dem vorgelegten Verfahrensakt zufolge wurde dieses Erkenntnis dem Antragsteller am Freitag, dem 14. März 2025 zugestellt; die sechswöchige Revisionsfrist (vgl. § 26 Abs. 1 VwGG) endete daher am Freitag, dem 25. April 2025. Am letzten Tag der Frist wurde durch den Antragsteller (einem Rechtsanwalt, der in der vorliegenden Angelegenheit in eigener Sache einschreitet) gegen das Erkenntnis vom 13. März 2025 eine außerordentliche Revision im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

3 Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 2025, Ra 2025/06/0120 3, wurde die Revision dem LVwG zuständigkeitshalber (vgl. § 25a Abs. 5 VwGG) übermittelt. Die Revision langte am 2. Mai 2025 beim LVwG ein. Unter einem wurde der Antragsteller vom Verwaltungsgerichtshof über die Weiterleitung der Revision an das LVwG informiert.

4 Mit Schreiben vom 12. Mai 2025, beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 15. Mai 2025, legte das LVwG dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision des Antragstellers wiederum vor.

5 Mit Schreiben vom 19. Mai 2025, beim Verwaltungsgerichtshof im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht am selben Tag, stellte der Antragsteller einen Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Revisionsfrist zur Erhebung einer Revision gegen das Erkenntnis des LVwG vom 13. März 2025; gleichzeitig wurde die außerordentliche Revision gegen das genannte Erkenntnis (nochmals) erhoben.

6 Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird zusammengefasst vorgebracht, der Antragsteller beschäftige in seiner Kanzlei keine Assistentin; er erledige seinen ERV Verkehr selbst. Am 25. April 2025 sei er mit der Einbringung der außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des LVwG vom 13. März 2025 beschäftigt gewesen; es sei ihm bewusst gewesen, dass die Revision beim LVwG einzubringen gewesen wäre. In näher genannten „ERV Reitern“ („Gerichtshof“; „Stammdaten“) habe er näher bezeichnete Daten eingegeben; das LVwG habe auf den Masken nicht direkt als Einbringungsbehörde ausgewählt werden können. Daher sei er davon ausgegangen, dass aufgrund seiner Eingaben in den genannten Reitern der Schriftsatz an das LVwG übermittelt werde. Es habe für ihn keinen Zweifel gegeben, dass die außerordentliche Revision beim LVwG eingebracht werde. Außerdem sei dem Deckblatt der Revision zu entnehmen, dass das LVwG als Adressat bestimmt gewesen sei. „Aufgrund des Vorbringens bei der Einbringung der außerordentlichen Revision beim VwGH“ liege „ein ‚unvorhergesehenes Ereignis‘ an der Versäumung der Einbringungsfrist beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg sowie ein ‚minderer Grad des Verschuldens‘ vor“. „Mit ERV Eingabe“ vom 2. Mai 2025 sei dem Antragsteller zur Kenntnis gebracht worden, dass die Revision nicht beim LVwG, sondern fälschlicherweise beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden sei. Der Wiedereinsetzungsantrag sei damit „innerhalb der normierten Frist eingebracht“.

7 Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

8 Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich ein beruflicher rechtskundiger Parteienvertreter (um einen solchen handelt es sich beim Antragsteller) bei der Übermittlung von Eingaben (insbesondere) im elektronischen Weg zu vergewissern, ob die Übertragung erfolgreich durchgeführt wurde. Die dazu in der Rechtsprechung entwickelten Leitlinien, die allgemein dem Umstand Rechnung tragen, dass die Sendung von Eingaben im elektronischen Wege fehleranfällig ist, lassen sich auch auf die Übermittlung von Eingaben im Web ERV übertragen. Unterbleibt diese Kontrolle aus welchen Gründen auch immer, stellt dies ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden dar (vgl. etwa VwGH 30.1.2020, Ra 2019/14/0595, mwN).

10 Zur Frage der Kontrolle des korrekten Einbringungsortes bei der Einbringung einer Revision im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs (Web ERV) hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits ausgesprochen, dass es die Einhaltung der den berufsmäßigen Parteienvertreter treffenden Sorgfaltspflicht erfordert, die ordnungsgemäße Einbringung des Schriftsatzes etwa dadurch zu kontrollieren, dass die Sendebestätigung über die Einbringung im elektronischen Rechtsverkehr geprüft wird. Gerade in Fällen besonderer Dringlichkeit, wie der Einbringung einer Revision am letzten Tag der Einbringungsfrist, ist die Unterlassung einer derartigen Kontrolle nicht mehr als minderer Grad des Versehens zu werten (vgl. etwa VwGH 15.5.2019, Ra 2019/10/0056, mwN).

11 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher schon aus diesem Grund gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

12 Zur Rechtzeitigkeit der Revision:

13 Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt eine Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die für die Erhebung der Revision geltende Frist ist nur dann gewahrt, wenn die Revision noch innerhalb der Frist einem Zustelldienst zur Beförderung an die zuständige Stelle übergeben wird oder bei dieser einlangt (vgl. für viele etwa VwGH 28.3.2020, Ra 2019/18/0479). Im vorliegenden Fall langte die fälschlich beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Revision erst am 2. Mai 2025 beim LVwG ein. Zu diesem Zeitpunkt war die Revisionsfrist bereits abgelaufen.

14 Die Revision wurde daher verspätet eingebracht und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen.

Wien, am 4. Juni 2025

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