Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der H in S, vertreten durch Mag. Dr. Josef Kattner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Burgfriedstraße 17, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 19. Dezember 2024, LVwG AV 2690/002 2023, betreffend Auftrag gemäß § 91 StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Amstetten), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.
1 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerberin als Eigentümerin näher genannter Grundstücke gemäß § 91 Abs. 1 StVO aufgetragen, die darauf befindlichen Bäume, die in die daran angrenzende Gemeindestraße hineinragen, auszuästen, erforderlichenfalls zu entfernen, um den Verkehrsraum der Gemeindestraße mit einer Querschnittsbreite von 3,1 Meter mal einer Höhe von 4,2 Meter befahrbar zu machen.
2 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung gestützt auf ein verkehrstechnisches Sachverständigengutachten zugrunde, dass die Äste der Bäume in den Verkehrsraum und in den Lichtraum des Güterweges ragen. Zur verkehrssicheren Gewährleistung der Benutzbarkeit der Gemeindestraße mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Arbeitsgeräten sowie Einsatzfahrzeugen sei der Verkehrsraum durchgehend mit einer Querschnittsbreite von 3,1 Meter mal einer Höhe von 4,2 Meter von allen Hindernissen freizuhalten. Alle in diesen Verkehrsraum hineinragenden Baumteile und Äste seien daher zu entfernen.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist. Dazu wird vorgebracht, dass durch die Ausästungen die Bäume gravierend geschädigt würden, sodass diese in der Folge gefällt werden müssten. Zudem werde auch die Entfernung von Bäumen, welche über hundert Jahre alt und vollkommen gesund seien, angeordnet. Es sei notorisch, dass der ursprüngliche Zustand nach Fällung der Bäume nicht wiederhergestellt werden könne. Im Verfahren seien keinerlei Verfahrensergebnisse vorgekommen, wonach angenommen werden könnte, dass der Weg, der nur äußerst vereinzelt von dritten Personen befahren werde, nicht befahren werden könne oder dass irgendwelche Gefahren von den Bäumen ausgingen. Zwingende öffentliche Interessen stünden einem Aufschub des Vollzugs des angefochtenen Verwaltungsaktes daher nicht entgegen.
4 Die belangte Behörde sprach sich gegen die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus und verwies in ihrer Äußerung insbesondere darauf, dass der Bewilligung zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden. Die konkrete Gefahr der Beschädigung von Sachen (Fahrzeuge) oder der Verletzung von Personen durch herabfallende Äste liege angesichts der getroffenen Feststellungen auf der Hand. Zudem werde im Antrag kein unverhältnismäßiger Nachteil dargetan.
5 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
6 Nach der ständigen Rechtsprechung ist im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/03/0066 bis 0068, mwN). Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Revision erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen des Verwaltungsgerichts auszugehen. Unter den „Annahmen des Verwaltungsgerichts“ sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. aus der ständigen Judikatur etwa VwGH 2.12.2021, Ro 2021/09/0028, mwN).
7 Es entspricht ferner der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Antragsteller bereits in seinem Aufschiebungsantrag zu konkretisieren hat, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil liege, wobei der Verwaltungsgerichtshof an die Konkretisierungspflicht strenge Anforderungen stellt. Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben über den eintretenden Nachteil ab (vgl. VwGH 30.8.2019, Ra 2019/10/0134, mwN). Bloß abstrakte von konkreten Sachverhaltsumständen losgelöste (hypothetische) Möglichkeiten sind nicht als ausreichend anzusehen (vgl. neuerlich VwGH 2.12.2021, Ro 2021/09/0028, mwN).
8 Mit dem allgemein und pauschal gehaltenen Verweis auf allfällige gravierende Schäden der Bäume infolge der aufgetragenen Ausästung wird ein für die Revisionswerberin unverhältnismäßiger Nachteil nicht hinreichend konkretisiert. Führt doch eine Ausästung nicht zwangsläufig zu einer nachhaltigen Schädigung eines Baumes. Dass die Entfernung von Bäumen in Umsetzung des Erkenntnisses notwendig wäre, wird im Antrag ebenfalls nicht konkret dargetan.
9 Im Übrigen stehen der begehrten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit Blick auf die oben wiedergegebenen, vom Verwaltungsgericht auf fachlicher Grundlage getroffenen und nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennenden Feststellungen zur Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch die Bäume zwingende öffentliche Interessen im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG entgegen.
10 Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.
Wien, am 26. Februar 2025