Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulzbacher sowie die Hofrätin Dr. Wiesinger und den Hofrat Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen das Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2024, L507 2292878 1/9Z, betreffend Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in einer fremdenrechtlichen Angelegenheit (Mitbeteiligter: E S, in I (Türkei)), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 22. April 2024 wurde gegen den Mitbeteiligten, einen türkischen Staatsangehörigen, nach § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 FPG erließ das BFA des Weiteren gegen den Mitbeteiligten ein mit einem Jahr befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt III.). Überdies wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt werde (Spruchpunkt V.). Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
2 Mit dem angefochtenen Beschluss (richtig: Teilerkenntnis) des BVwG vom 10. Juni 2024 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA VG in (amtswegiger) Abänderung des Spruchpunktes V. des BFA Bescheides die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Amtsrevision des BFA, die dem Verwaltungsgerichtshof am 20. Juni 2024 vorgelegt wurde.
4 Mit Erkenntnis vom 2. August 2024, L507 2292878 1/15E, hat das BVwG wie sich aus dessen „Nachreichung“ vom 5. August 2024 ergibt über die Beschwerde des Mitbeteiligten auch gegen die übrigen Aussprüche des Bescheids vom 22. April 2024 entschieden.
5 Im Hinblick darauf wurde dem BFA mit Verfügung vom 8. August 2024 die Möglichkeit eingeräumt, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob bzw. inwieweit trotz der mittlerweile in der Hauptsache ergangenen Entscheidung des BVwG an einer Entscheidung über die vorliegende Revision noch ein rechtliches Interesse bestehe. Eine Stellungnahme des BFA ist nicht erfolgt.
6 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Diese Bestimmung ist nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat. Dies gilt auch für Amtsrevisionen (vgl. etwa VwGH 12.4.2019, Ro 2018/18/0007, Rn. 8/9, mwN).
7 Infolge der rechtskräftigen Beendigung des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht, für das die revisionswerbende Behörde die aufschiebende Wirkung hintanhalten möchte, ist nicht ersichtlich, weshalb eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über das hier angefochtene Teilerkenntnis, mit dem der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung abgeändert wurde, für die Behörde noch einen objektiven Nutzen hätte oder es sonst einen Unterschied machen würde, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Gründe dafür wurden auch vom BFA nicht ins Treffen geführt. Zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht berufen (vgl. neuerlich VwGH 12.4.2019, Ro 2018/18/0007, nunmehr Rn. 10, mwN, und darauf Bezug nehmend VwGH 30.11.2020, Ra 2020/19/0280, Rn. 9).
8 Auf Grund des Wegfalls des rechtlichen Interesses an einer Sachentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof war die vorliegende Revision in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Wien, am 29. August 2024