Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. M. Mayr als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des R O in R, geboren am 1. Dezember 1983, vertreten durch Mag. Wissam Barbar, Rechtsanwalt in 1110 Wien, Simmeringer Hauptstraße 99/2/10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Juni 2024, W257 2279302 1/16E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der im Jahr 1983 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 7. Februar 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 1. August 2023 hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Es erkannte dem Revisionswerber jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte mit der Gültigkeit für die Dauer eines Jahres.
3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Erhebung der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Dagegen richtet sich der Revisionswerber mit der vorliegenden Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision, nach § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zunächst vor, das angefochtene Erkenntnis enthalte keinerlei Feststellungen über seinen Einberufungsbefehl. Das Bundesverwaltungsgericht hätte sich für die Beurteilung der Authentizität des vorgelegten Einberufungsbefehls durch das syrische Regime eines Sachverständigen bedienen müssen.
9 Weiters wird vorgebracht, dem Bundesverwaltungsgericht sei die Widersprüchlichkeit der Beweiswürdigung zu den Länderfeststellungen anzulasten. Es habe sich unzureichend mit der Rekrutierungspraxis des syrischen Regimes in den kurdisch kontrollierten Gebieten auseinandergesetzt. Im Hinblick auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts wegen „angeblich fehlender Glaubhaftigkeit der Angaben des Revisionswerbers hätte das Bundesverwaltungsgericht auch in Hinblick seiner eigenen Länder Feststellungen“ ein zusätzliches Sachverständigengutachten einholen müssen. Die vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Negativfeststellungen zur „Verfolgungslage“ des Revisionswerbers ließen sich in einer Gesamtschau vom individuellen Vorbringen des Revisionswerbers und den Länderfeststellungen nicht mit der gebotenen Klarheit schlüssig ableiten.
10 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auch schon in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (VwGH 31.5.2024, Ra 2024/20/0286, mwN).
11 Im Übrigen entspricht es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein allgemeines Recht auf fallbezogene Überprüfung des Vorbringens eines Asylwerbers durch Recherche im Herkunftsstaat nicht besteht (vgl. VwGH 25.5.2021, Ra 2021/20/0163, mwN).
12 Die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflichten weitere Ermittlungsschritte setzen muss, unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 25.7.2022, Ra 2022/20/0166 bis 0167, mwN).
13 Das Bundesverwaltungsgericht stellte unter Berücksichtigung des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation nachvollziehbar fest, dass das syrische Regime keinen „Zugriff“ auf den Revisionswerber in seiner Herkunftsregion, welche für ihn auch ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar sei, habe und ihm schon deshalb nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Einziehung zum Reservedienst in der syrischen Armee drohe. Dass diese Überlegungen an einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel litten, zeigt der Revisionswerber nicht auf. Damit ist auch nicht ersichtlich, inwiefern das Bundesverwaltungsgericht angehalten gewesen wäre bezüglich des lediglich als Ablichtung vorgelegten Einberufungsbefehls zusätzlich ein länderkundliches Sachverständigengutachten einzuholen.
14 Darüber hinaus hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit dem durch den Revisionswerber vorgelegten Foto, welches einen Einberufungsbefehl zeige, im Rahmen der Beweiswürdigung hinreichend auseinandergesetzt. Dass die einzelfallbezogene Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts mit der den Angaben des Revisionswerbers die Glaubwürdigkeit versagt wurde, grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Ergebnis geführt hätte, ist nicht zu erkennen.
15 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 2. September 2024