JudikaturVwGH

Ra 2024/20/0267 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
07. Mai 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, in der Rechtssache der Revision des R M, vertreten durch DDr. Rainer Lukits, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf Dietrich Straße 19/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Jänner 2024, L501 2276644 1/31E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Dem aus Syrien stammenden Revisionswerber wurde vom (damals zuständigen) Bundesasylamt mit Bescheid vom 13. Juni 2012 der Status des Asylberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zuerkannt.

2 Der Revisionswerber wurde in Österreich straffällig. Er wurde vom Landesgericht Salzburg mit Urteil vom 11. August 2022 wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe von 18 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

3 Mit Bescheid vom 1. Juni 2023 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der dem Revisionswerber früher zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt werde, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), ihm eine Aufenthaltsberechtigung nach § 57 AsylG 2005 nicht von Amts wegen erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 und § 9 BFA Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG ein Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.), und die Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Weiters sprach die Behörde nach § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung des Revisionswerbers nach Syrien nicht zulässig sei (Spruchpunkt V.).

4 Das Bundesverwaltungsgericht gab der dagegen erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 8. Jänner 2024 insoweit statt, als die Spruchpunkte III., IV., VI. und VII. des Bescheides vom 1. Juni 2023 ersatzlos behoben wurden. Im Übrigen wurde die Beschwerde mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Aberkennung des Status des Asylberechtigten (allein) auf § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gestützt wurde. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

5 Der Revisionswerber brachte in der Folge gegen dieses Erkenntnis betreffend den die Beschwerde abweisenden Ausspruch eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 12. März 2024, E 532/2024 5, die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision erhoben.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, dass die entscheidende Richterin befangen gewesen sei. Den Grund für eine solche sieht der Revisionswerber in von ihm zitierten Formulierungen in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses.

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes begründet der Einwand der Befangenheit des entscheidenden Richters nur dann die Zulässigkeit der Revision, wenn vor dem Hintergrund des konkret vorliegenden Sachverhaltes die Teilnahme eines oder mehrerer Mitglieder des Verwaltungsgerichts an der Verhandlung und Entscheidung tragende Rechtsgrundsätze des Verfahrensrechtes verletzt hätte bzw. in unvertretbarer Weise erfolgt wäre. Jeder Vorwurf einer Befangenheit hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (vgl. VwGH 19.3.2024, Ra 2023/09/0186 bis 0187, mwN).

11 Die vom Revisionswerber angeführten Zitate aus der Begründung lassen nicht ansatzweise erkennen, dass der im gegenständlichen Fall entscheidenden Richterin der Vorwurf der Befangenheit zu machen gewesen wäre. Vielmehr zielt (auch) das Vorbringen des Revisionswerbers zum Vorliegen einer Befangenheit (deutlich) erkennbar darauf ab, die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts zu bekämpfen.

12 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.6.2023, Ra 2022/20/0319, mwN).

13 Dass die ausführlichen und nicht unschlüssigen beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären, wird mit den Ausführungen in der Revision nicht dargetan.

14 Der Revisionswerber bringt weiters vor, dass Verfahrensmängel vorlägen. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auch schon in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 13.3.2024, Ra 2024/20/0062, mwN).

15 Zum einen erweisen sich in der Revision erhobene Vorwürfe zum Vorliegen von Verfahrensfehlern als unberechtigt. Dem Protokoll zur vom Bundesverwaltungsgericht abgehaltenen Verhandlung ist zu entnehmen, dass vom im Übrigen in der Verhandlung rechtsanwaltlich vertretenen Revisionswerber auf die „tatsächliche Verlesung“ der Akten im Sinn des § 25 Abs. 6a VwGVG verzichtet wurde. Dass der Revisionswerber im Rahmen der Verhandlung nicht ausreichend Gelegenheit gehabt hätte, sich (rechtliches) Gehör zu verschaffen, ist nicht zu sehen. Zum anderen kann dahinstehen, ob dem Bundesverwaltungsgericht sonst ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte, weil anhand des Vorbringens in der Revision nicht zu sehen ist, dass es bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

16 Der Revisionswerber wendet sich auch gegen die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach es die Voraussetzungen für die Erfüllung des Tatbestandes des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 bejaht hat. Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht hat das Bundesverwaltungsgericht auf die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juli 2023, Ra 2021/20/0246, zu dieser Bestimmung nach erfolgter Klärung unionsrechtlicher Vorgaben neu formulierten Leitlinien abgestellt und die maßgeblichen Kriterien berücksichtigt. Die anhand umfänglicher fallbezogen maßgeblicher Feststellungen auf den konkreten Einzelfall abstellende Beurteilung stellt sich aus revisionsrechtlicher Sicht als nicht korrekturbedürftig dar.

17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 7. Mai 2024

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