Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des H A, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr und Mag. Ralf Niederhammer, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. Jänner 2024, W226 2269612 1/9E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 15. Dezember 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid vom 27. Februar 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Revisionswerber jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung mit der Gültigkeit für die Dauer eines Jahres.
3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zur Zulässigkeit der Revision macht der Revisionswerber geltend, dass er in Syrien den Militärdienst nicht abgeleistet habe und ihm dort deswegen sowohl von der syrischen Armee als auch von den kurdischen Milizen Verfolgungshandlungen drohten, denen Asylrelevanz zukomme. Dabei bezieht sich der Revisionswerber allein auf die Berichtslage zur Situation in Syrien.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich jüngst in seinem Erkenntnis vom 28. Februar 2024, Ra 2023/20/0619, des Näheren mit dem gleichgelagerten Vorbringen eines syrischen Staatsangehörigen in Bezug auf die auch hier maßgebliche Berichtslage zu Syrien und mit zahlreichen Nachweisen aus der zum Thema der (behaupteten) Verfolgung wegen Wehrdienstverweigerung (sowie Desertion) ergangenen Judikatur ausführlich befasst.
9 Aus den dort genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen wird, kommt auch im gegenständlichen Fall dem bloß auf die Berichtslage zu Syrien abstellenden Vorbringen des Revisionswerbers keine Berechtigung zu.
10 So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass sich aus den auch hier maßgeblichen Länderberichten ein differenziertes Bild der Haltung des syrischen Regimes gegenüber Wehrdienstverweigerern ergäbe und aus dieser Berichtslage nicht mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden könne, dass jedem den Militärdienst verweigernden Syrer eine oppositionelle Haltung unterstellt werde. Nach dieser Berichtslage lasse sich gerade kein Automatismus dahingehend annehmen, dass jedem im Ausland lebenden Syrer, der seinen Wehrdienst nicht abgeleistet habe, im Herkunftsstaat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt und deswegen eine unverhältnismäßige Bestrafung drohen würde.
11 Es bedarf vielmehr unter Bedachtnahme auf die Verhältnisse in diesem Land immer einer Beurteilung unter Einbeziehung aller konkreten Umstände des Einzelfalls, ob im Fall der Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes eine Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus asylrechtlich relevanten Gesichtspunkten droht. Da nach der Rechtsprechung die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht genügt, ist es für die Gewährung von Asyl nicht ausreichend, derselben eine bloß theoretisch denkbare Möglichkeit eines Verfolgungsszenarios zugrunde zu legen (vgl. auch VwGH 28.2.2024, Ra 2023/20/0319).
12 Eine auf die konkreten Umstände des Einzelfalles Bedacht nehmende Prüfung, ob der Revisionswerber über den ihm zuteil gewordenen subsidiären Schutz hinaus aus asylrechtlich maßgeblichen Gesichtspunkten schutzbedürftig ist, hat das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen. Dass dessen Beurteilung aus revisionsrechtlicher Sicht zu beanstanden wäre, wird vom Revisionswerber nicht dargetan.
13 Gleiches gilt auch für das Zulässigkeitsvorbringen in der Revision, die Verweigerung des Wehrdienstes würde auch seitens der kurdischen Autonomiebehörden als Ausdruck einer oppositionellen Haltung gesehen werden. Auch hier verweist der Revisionswerber lediglich auf die allgemeine Berichtslage zu den kurdischen Autonomiegebieten ohne konkret Bezug auf seine Person zu nehmen.
14 Dem weiteren Vorbringen in der Revision, das auf der Prämisse des Revisionswerbers beruht, er würde im Herkunftsstaat aus in der GFK genannten Gründen verfolgt, ist somit der Boden entzogen.
15 Soweit in der Revision weiters zur Begründung der Zulässigkeit vorgebracht wird, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob sich in einem Verfahren nach § 3 AsylG 2005 die Prüfung auf die grundsätzliche Möglichkeit der Einreise in den Herkunftsstaat beschränken dürfe, oder ob der Prüfung stets die Annahme zu Grunde zu legen sei, dass die Rückkehr in den Herkunftsstaat legal zu erfolgen habe und tatsächlich möglich sei, ist der Vollständigkeit halber (weil sich dies nach dem oben Gesagten fallbezogen nicht mehr als wesentlich darstellt) auf das jüngst ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Februar 2024, Ra 2024/18/0043 zu verweisen. Demnach kommt es aus asylrechtlicher Sicht nicht darauf an, ob die Einreise in einen verfolgungssicheren Landesteil aus der Sicht des potentiellen Verfolgers legal stattfindet, sondern nur, ob die den Grenzübergang beherrschenden Autoritäten eine Reise in das sichere Gebiet zulassen. Dies wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit näherer Begründung bejaht und festgehalten, dass dem Revisionswerber die Rückkehr in seine Herkunftsregion über den Grenzübergang Semalka Fishkhabour, ohne Kontakt zu den syrischen Behörden, möglich sei.
16 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. April 2024