JudikaturVwGhRa 2024/20/0080

Ra 2024/20/0080 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. Februar 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr. in Oswald als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revisionen von 1. S B, 2. K B, 3. J B und 4. R B, alle vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH, 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes je vom 9. Oktober 2023, 1. L519 2272981 1/7E, 2. L519 2272976 1/7E, 3. L519 2272972 1/7E, und 4. L519 2272979 1/6E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

1 Die revisionswerbenden Parteien sind türkische Staatsangehörige. Die Erstrevisionswerberin reiste gemeinsam mit ihren Kindern, dem minderjährigen Drittrevisionswerber und der minderjährigen Viertrevisionswerberin, am 1. Juni 2022 auf dem Luftweg in Österreich ein. Sie stellten am 22. Juni 2022 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Der Zweitrevisionswerber, Ehegatte der Erstrevisionswerberin und Vater des Drittrevisionswerbers und der Viertrevisionswerberin, reiste am 6. Jänner 2023 ebenfalls auf dem Luftweg in Österreich ein und stellte am 19. Jänner 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005.

2 Mit Bescheiden jeweils vom 14. April 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der revisionswerbenden Parteien ab, erteilte ihnen jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobenen Beschwerden nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Mit Beschluss vom 13. Dezember 2023, E 3614-3617/2023-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diese Erkenntnisse bei ihm erhobenen Beschwerden ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 In der Folge brachten die revisionswerbenden Parteien die gegenständlichen Revisionen ein.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Entgegen den Ausführungen der revisionswerbenden Parteien kann nicht davon gesprochen werden, die angefochtene Entscheidung erfülle die an die Begründung verwaltungsgerichtlicher Erkenntnisse zu stellenden Anforderungen nicht (zu diesen Anforderungen siehe etwa VwGH 29.12.2023, Ra 2021/20/0049, mwN). Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Erwägungen, weshalb es davon ausgehe, dass den revisionswerbenden Parteien in ihrem Herkunftsland nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung drohe und auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten nicht vorlägen, in hinreichender, die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ermöglichender Weise offengelegt.

10 Werden Verfahrensmängel wie hier: Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 9.11.2023, Ra 2023/20/0407, mwN).

11 Mit dem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen in den Revisionen wird nicht aufgezeigt, dass die angefochtenen Erkenntnisse mit einem für den Verfahrensausgang relevanten Verfahrensmangel behaftet wären.

12 Soweit sich die revisionswerbenden Parteien im Zulässigkeitsvorbringen erkennbar auch gegen die im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung erfolgte Interessenabwägung nach § 9 BFA Verfahrensgesetz wenden, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, derzufolge eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG ist (vgl. VwGH 21.12.2023, Ra 2023/20/0244, mwN).

13 Den revisionswerbenden Parteien gelingt es nicht aufzuzeigen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Interessenabwägung, bei der es sämtliche fallbezogen relevanten Umstände berücksichtigte, die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien nicht beachtet oder in unvertretbarer Weise zur Anwendung gebracht hätte.

14 In den Revisionen werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. Februar 2024

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