JudikaturVwGH

Ra 2024/19/0309 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision 1. des N A und 2. der H Q (auch H Q), beide vertreten durch Mag. Dr. Birgitta Braunsberger Lechner und Mag. Thomas Loos, Rechtsanwälte in 4400 Steyr, Leopold Werndl Straße 16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Mai 2024, 1. L506 2251058 1/70E und 2. L506 22510591/23E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Erst und die Zweitrevisionswerberin sind jordanische Staatsangehörige und miteinander verheiratet. Sie reisten illegal nach Österreich ein und stellten am 19. April 2021 Anträge auf internationalen Schutz.

2Mit Bescheiden vom 3. Dezember 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Revisionswerber auf internationalen Schutz ab, erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Jordanien zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden der Revisionswerber wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein, in dem eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet wurde.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revisionswerber bringen zur Begründung der Revision vor, nach den rechtlichen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes sei eine Registrierung beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East UNRWA) zwar grundsätzlich ein ausreichender Nachweis von UNRWA Leistungen, es komme jedoch auch darauf an, ob die betroffene Person die Hilfe des UNRWA zusätzlich tatsächlich in Anspruch genommen habe. Beide Voraussetzungen müssten nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes kumulativ vorliegen. Der Erstrevisionswerber habe (schon) durch die Registrierung bei UNRWA nachgewiesen, dass die Hilfe der UNRWA tatsächlich in Anspruch genommen worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht sei somit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Es ergebe sich aus näher zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der tatsächlichen Inanspruchnahme des Schutzes der UNRWA auch eine unklare Rechtslage.

9Asylwerbern, die bei UNRWA registriert sind und dessen Beistand tatsächlich in Anspruch genommen haben, ist nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte des öffentlichen Rechts, die wiederum auf einschlägige Judikatur des EuGH verweist, „ipso facto“ Asyl zu gewähren, wenn der Beistand von UNRWA nicht länger gewährt wird und keiner der Ausschlussgründe nach Art. 12 Abs. 1 lit. b oder Abs. 2 und 3 Statusrichtlinie vorliegt (vgl. VwGH 13.12.2024, Ra 2023/18/0478; 19.3.2024, Ra 2022/18/0326; 5.12.2022, Ra 2022/18/0179; vgl. auch aus der jüngeren Zeit VfGH 26.6.2024, E 2282/2023, mwN).

10 Das Bundesverwaltungsgericht verneinte in dem angefochtenen Erkenntnis das Vorliegen der Voraussetzung für die Prüfung des „ipso facto“ Schutzes, dass der Beistand der UNRWA durch den Erstrevisionswerber tatsächlich in Anspruch genommen worden sei. Dabei stützte sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Ergebnisse des verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens und die Angaben des Erstrevisionswerbers in der mündlichen Verhandlung. Dem setzt die Revision nichts Stichhaltiges entgegen. Die Revision legt mit ihrem Vorbringen nicht dar, dass das Bundesverwaltungsgericht von der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre; entgegen dem Vorbringen in der Revision ergibt sich aus der zitierten, auf die einschlägige Judikatur des EuGH verweisende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine unklare Rechtslage.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. Juli 2025