JudikaturVwGH

Ra 2024/19/0059 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des R A, vertreten durch Dr. Gregor Holzknecht, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 29/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Jänner 2024, I416 2271755 1/6E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 21. September 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, aus Angst vor dem Militärdienst und wegen seiner Kinder, die eingezogen werden würden, aus Syrien geflohen zu sein.

2 Mit Bescheid vom 29. März 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das Erkenntnis des BVwG weiche von (nicht näher genannter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil keine mündliche Verhandlung durchgeführt worden sei. Zudem stehe die Beweiswürdigung in Widerspruch zu den aktuellen Länderberichten und es gebe wesentliche Ermittlungs und Begründungsmängel. Das Erkenntnis leide an Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil die begründete Gefahr für den Revisionswerber unrichtig eingeschätzt worden sei. Weiters sei der Fall nicht mit den üblichen Rückkehrentscheidungen zu vergleichen.

9 Diesen Ausführungen ist vorweg zu entgegnen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 22.2.2024, Ra 2023/19/0226, mwN). Ein derartiges Vorbringen fehlt im vorliegenden Fall.

10 Soweit in der Revision ein Verstoß des BVwG gegen die Verhandlungspflicht geltend macht wird, ist zunächst festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA VG ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt ist, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. zu diesen Leitlinien grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 , sowie aus der jüngeren Rechtsprechung etwa VwGH 18.4.2024, Ra 2023/19/0402, mwN).

11 Mit ihren pauschalen Ausführungen ohne auf die Voraussetzungen für das Unterbleiben einer Verhandlung Bezug zu nehmen gelingt es der Revision nicht, ein Abweichen des BVwG von den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG und § 21 Abs. 7 BFA VG aufzuzeigen (vgl. VwGH 5.4.2023, Ra 2023/19/0020, mwN).

12 Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit pauschal auf Ermittlungs und Begründungsmängel verweist und rügt, dass die Beweiswürdigung in Widerspruch zu den aktuellen Länderberichten stehe, macht sie Verfahrensmängel geltend.

13 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 9.5.2023, Ra 2023/19/0008, mwN). Eine solche Darstellung enthält die Revision nicht.

14 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 22.2.2024, Ra 2023/19/0227, mwN).

15 Mit dem pauschalen Verweis, wonach die Beweiswürdigung im Widerspruch zu den aktuellen Länderberichten stehe, gelingt es der Revision nicht, die Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung des BVwG aufzuzeigen.

16 Schließlich rügt die Revision, dass die Rückkehrentscheidung nicht mit den üblichen Rückkehrentscheidungen zu vergleichen sei. Dabei übersieht sie jedoch, dass gegen den Revisionswerber keine Rückkehrentscheidung erlassen, sondern diesem subsidiärer Schutz gewährt wurde.

17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 16. Mai 2024

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