Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed und den Hofrat Mag. Tolar als Richter sowie die Hofrätin Dr. Kronegger als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des R F, vertreten durch Mag. Thomas Schuster, Rechtsanwalt in 9400 Wolfsberg, Roßmarkt 13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. September 2024, W153 2289072 1/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein der Volksgruppe der Araber angehöriger Bidun aus Kuwait, stellte am 18. Juli 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass er als Staatenloser in Kuwait diskriminiert werde. Die Regierung mache den Staatenlosen das Leben schwer, sie hätten keine Rechte, würden keine staatliche Arbeit bekommen, dürften kein Haus besitzen und nicht einmal die Schule besuchen. Im Zuge der Ausstellung seines Reisedokuments habe er unterschreiben müssen, dass im Falle einer über einjährigen Abwesenheit aus Kuwait eine Geld und Haftstrafe über ihn verhängt werde.
2 Mit Bescheid vom 8. Februar 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Kuwait zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
4Das BVwG führte begründend auf das Wesentliche zusammengefasst aus, es werde zwar nicht verkannt, dass die Situation von Bidun in Kuwait durch diskriminierende Ungleichbehandlung gekennzeichnet sei, aber gerade im Hinblick auf die individuelle Situation des Revisionswerbers seien keine Anhaltspunkte für eine drohende Verletzung grundlegender Rechte mit asylrechtlich relevanter Eingriffsintensität hervorgekommen. Er stamme aus sozial und ökonomisch stabilen Verhältnissen, sei uneingeschränkt in der Lage am Erwerbsleben teilzunehmen, könne neuerlich im Elternhaus wohnen und durch seine in Kuwait lebenden Angehörigen anfänglich finanziell unterstützt werden. Nicht festgestellt werden könne, dass dem Revisionswerber allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage in Kuwait aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder dass ihm im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung im Falle einer Rückkehr könne nicht erkannt werden. In Österreich habe der Revisionswerber keine familiären oder privaten Bindungen.
5Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vorbringt, das BVwG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 6.3.2024, Ra 2022/18/0246) ab, aus der sich ergebe, dass auch Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen, die die grundlegenden Rechte eines Menschen beeinträchtigen, als Verfolgung im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention gewertet werden können. Der gegenständliche „Sachverhalt“ (gemeint offenbar: das Vorbringen des Revisionswerbers) würde in vielen näher bezeichneten Punkten dem der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhalt gleichen und sei „hinsichtlich des Ablaufs größtenteils ident“. Das BVwG weiche überdies von seiner eigenen (näher bezeichneten) Rechtsprechung ab.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder gar nicht beantwortet hat. Dabei muss die Revision auch konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzeigen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt (vgl. VwGH 12.9.2024, Ra 2024/18/0430, mwN).
11Diesen Anforderungen wird die Revision nicht gerecht: Zwar weist die Zulässigkeitsbegründung auf eine konkrete Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hin, von der das BVwG im Revisionsfall abgewichen sein soll. Der Revisionswerber irrt jedoch mit seiner Auffassung, der Revisionsfall gleiche in den wesentlichen Punkten dem vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fall: Dort war einem Bidun aus Kuwait bereits vom BFA aufgrund der drohenden Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte wegen seiner Zugehörigkeit zur Gruppe der Bidun (teilrechtskräftig) subsidiärer Schutz gewährt worden. Vor diesem Hintergrund war es nicht nachvollziehbar, dass das BVwG eine aktuelle, landesweite Verfolgung des Revisionswerbers für nicht glaubhaft erachtete. Durch die bloße Gegenüberstellung des Verfahrensgangs und des jeweiligen Vorbringens der Revisionswerbers der beiden Fälle in der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung wird auf den Revisionsfall bezogen nicht dargetan, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre. Vielmehr entfernt sich die Revision stattdessen vom festgestellten Sachverhalt, wonach dem Revisionswerber im Falle einer Rückkehr nach Kuwait keine asylrelevante Verletzung grundlegender Rechte drohe und er in keine existenzgefährdende Notsituation geraten würde. Dass die diesbezügliche Beweiswürdigung des BVwG in unvertretbarer Weise erfolgt wäre oder dem BVwG Verfahrensfehler unterlaufen wären, bringt die Revision nicht ansatzweise vor. Da der festgestellte Sachverhalt den Ausgangspunkt der Prüfung darstellt, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, vermag die Revision somit keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG darzulegen (vgl. VwGH 21.2.2020, Ra 2020/18/0003, mwN).
12Soweit die Revision eine Abweichung von der Rechtsprechung des BVwG vorbringt, wird damit schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil es diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ankommt (vgl. etwa VwGH 7.5.2020, Ra 2020/18/0125).
13 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. April 2025