Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger und Dr. in Sabetzer als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des U in G, vertreten durch Mag. Michael Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. August 2024, W280 2233375 3/16E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der Volksgruppe der Tschetschenen, stellte am 23. September 2005 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Diesem Antrag wurde mit Bescheid des (damals zuständigen) Bundesasylamtes vom 13. Februar 2008 stattgegeben, dem Revisionswerber der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
2 In den Jahren 2015 und 2019 wurde der Revisionswerber zweimal wegen (versuchter) schwerer Nötigung und gefährlicher Drohung u.a. gegen seine frühere Ehefrau strafgerichtlich zu (teilweise) unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt.
In weiterer Folge erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Revisionswerber mit Bescheid vom 2. August 2021 den Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei, legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest und erließ ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 25. November 2021, W272 22333752, mit der Maßgabe ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Enthaftung betrage und das Einreiseverbot auf sieben Jahre herabgesetzt werde. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 2022, Ra 2021/19/0470, zurückgewiesen.
3 Am 27. Oktober 2022 stellte der Revisionswerber den nunmehr maßgeblichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, er habe in Tschetschenien einen Einberufungsbefehl erhalten und befürchte, in den Krieg in der Ukraine geschickt zu werden.
4Das BFA wies diesen Antrag mit Bescheid vom 20. November 2023 zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei, legte eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise fest, und erließ gegen ihn ein Einreiseverbot für die Dauer von sieben Jahren.
5 Mit dem gegenständlich angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerber als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
6Begründend hielt das BVwG zusammengefasst fest, dem Revisionswerber drohe bei einer Rückkehr in die Russische Föderation nicht mit der gebotenen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung. Es sei weder glaubhaft, dass er einen Einberufungsbefehl erhalten habe, noch sei es wahrscheinlich, dass ihm eine Einberufung zu den russischen Streitkräften bzw. ein Einsatz in der Ukraine drohe. Zudem drohe ihm bei Rückkehr keine Verletzung seiner nach Art. 2 und 3 EMRK garantierten Rechte. Der Revisionswerber sei erwerbsfähig und verfüge vor Ort über ein familiäres und soziales Netzwerk, von dem er unterstützt werden könne, weshalb er in keine ausweglose oder existenzbedrohende Rückkehrsituation geraten würde. Durch die angeordnete Rückkehrentscheidung liege auch keine Verletzung des Art. 8 EMRK vor, da eine Gesamtschau der individuellen Umstände ergebe, dass die privaten Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung nicht überwiegen würden.
7 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit geltend macht, das BVwG habe seinen Ausspruch, wonach eine Revision gegen das gegenständliche Erkenntnis nicht zulässig sei, ausschließlich mit der sinngemäßen Wiedergabe des Wortlautes des Art. 133 Abs. 4 BVG begründet. Auch wenn die „Erklärung“ eines Verwaltungsgerichts gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 VwGG nur „kurz“ sein müsse, dürfe sie jedenfalls wie im gegenständlichen Fallnicht inhaltsleer sein. Zudem habe die „belangte Behörde“ das Ermittlungsverfahren in Verkennung der maßgeblichen Bestimmungen der §§ 37 ff AVG mangelhaft geführt und die vom Revisionswerber im Verfahren dargelegten Gründe, insbesondere auch das von ihm vorgelegte Beweismittel, nur unzureichend zu seinen Gunsten berücksichtigt. Ebenso wenig habe die Tatsache, dass der Revisionswerber aufgrund seiner politischen Überzeugung nicht an den Kriegshandlungen der russischen Regierung teilnehmen wolle, nicht entsprechend im Verfahren Berücksichtigung gefunden.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Hat das Verwaltungsgericht wie im vorliegenden Fallim Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
12 Die vorliegende Revision macht keine Gründe geltend, die ihre Zulässigkeit begründen könnten.
13 So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass selbst eine fehlende Begründung des Ausspruchs über die Zulässigkeit der Revision nicht dazu führt, dass die Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG allein deshalb zulässig wäre (vgl. etwa VwGH 31.1.2024, Ra 2024/18/0030, mwN).
14Dem pauschalen Zulässigkeitsvorbringen, wonach „die belangte Behörde in Verkennung der maßgeblichen Bestimmungen der §§ 37 ff. AVG das Ermittlungsverfahren mangelhaft abgeführt“ habe, ist entgegenzuhalten, dass damit die behauptete Mangelhaftigkeit nicht näher konkretisiert wird und auch ihre Relevanz für den Verfahrensausgang nicht dargetan wird.
15 Die Revision bringt weiter vor, das BVwG habe die vom Revisionswerber dargelegten Gründe insbesondere das von ihm vorgelegte (nicht näher spezifizierte) Beweismittel nur unzureichend zu seinen Gunsten berücksichtigt. Es habe weiters unberücksichtigt gelassen, dass der Revisionswerber aufgrund seiner politischen Überzeugung nicht an den Kriegshandlungen der russischen Regierung teilnehmen wolle.
16 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen entfernt sich die Revision begründungslos vom festgestellten Sachverhalt, wonach der Revisionswerber keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen die politischen Machthaber in seinem Herkunftsstaat oder gegen den Dienst an der Waffe an sich aufweise und ihm zudem bei einer Rückkehr in die Russische Föderation weder mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Einberufung zu den Streitkräften noch eine Zwangsrekrutierung drohe. Die Revision vermag daher auch damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Dass die diesbezügliche Beweiswürdigung des BVwG in unvertretbarer Weise erfolgt wäre, bringt die Revision nicht vor.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. November 2024
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