Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Novak, den Hofrat Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. inLachmayer als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des G S, vertreten durch die LBG Wirtschaftsprüfung Steuerberatung GmbH in Wien gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 21. November 2023, Zl. RV/3100766/2018, betreffend u.a. Wiederaufnahme der Verfahren zu Umsatz und Einkommensteuer 2011 bis 2015; Umsatzsteuer 2011 bis 2017; Einkommensteuer bei beschränkter Steuerpflicht 2011 bis 2015, Einkommensteuer bei unbeschränkter Steuerpflicht 2015 und 2016, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber erwarb nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) im April 2010 eine Liegenschaft in R, für die ihm im September 2011 und Oktober 2013 die Bewilligung zur Errichtung eines Wohn und Bürogebäudes mit Tiefgarage mit einer Gesamtnutzfläche von 2.980,75 m 2 erteilt wurde. Seit August 2015 befindet sich auch der Hauptwohnsitz des Revisionswerbers in diesem Gebäude.
2 Mit Erklärung vom 12. Dezember 2013 errichtete der Revisionswerber die S GmbH, deren Alleingesellschafter und geschäftsführer er seither ist, ohne dass er ein Geschäftsführergehalt bezog. Der Unternehmensgegenstand der neu errichteten GmbH besteht vor allem in der Produktion von Juwelen und dem Großhandel mit Juwelen, Uhren und kunstgewerblichen Gegenständen im In und Ausland. Der Sitz der GmbH befindet sich auf der Liegenschaft in R. Die Aufnahme der operativen Geschäftstätigkeit der GmbH verzögerte sich über den Streitzeitraum hinaus, weil das mit strengen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattete Gebäude infolge verschiedener Mängel von der Versicherung erst Anfang 2020 abgenommen wurde.
3 Zwischen dem Revisionswerber und der S GmbH wurde nie ein schriftlicher Mietvertrag abgeschlossen. Im Streitzeitraum entrichtete die S GmbH auch keine Miete an den Revisionswerber. Erst seit Anfang 2021 verrechnete der Revisionswerber der S GmbH eine Miete in der Höhe von 30.000 € zuzüglich USt pro Monat, während ihm seinerseits von der S GmbH eine Miete in Höhe von 2.500 € für die von ihm bewohnte Wohneinheit verrechnet wurde.
4 Im August 2018 ergingen aufgrund einer Außenprüfung u.a. neue Bescheide betreffend die Einkommen und Umsatzsteuer 2011 bis 2015 nach Wiederaufnahme der Verfahren. Begründend führte das Finanzamt aus, dass Werbungskosten und Vorsteuern in Bezug auf das Grundstück in R nicht anerkannt würden, weil im Streitzeitraum keine Ernsthaftigkeit einer Vermietungsabsicht bestanden habe. Zudem ergingen nach der Prüfung im September 2018 als Erstveranlagung der Umsatzsteuerbescheid 2016 und die Einkommensteuerbescheide 2015 und 2016 (bei unbeschränkter Steuerpflicht). In der Folge ergingen Bescheide hinsichtlich Umsatzsteuer 2017 und Einkommensteuervorauszahlung 2018.
5 Gegen diese Bescheide erhob der Revisionswerber unter Verzicht auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Beschwerde.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine ordentliche Revision nicht zugelassen wurde, wies das BFG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide sowie gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid ab. Der Beschwerde gegen sämtliche Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer gab es teilweise Folge und setzte diese Abgaben neu (endgültig) fest. Den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid bei beschränkter Steuerpflicht hob es auf. Begründend führte es soweit für das gegenständliche Verfahren von Bedeutungaus, dass die Überlassung des Gebäudes in R durch den Revisionswerber an die S GmbH nicht im Rahmen eines fremdüblichen Mietverhältnisses erfolgt sei und deshalb Werbungskosten und Vorsteuern in Bezug auf das Grundstück in R nicht anerkannt würden. Ein Vertragsabschluss mit der S GmbH als (künftiger) Mieterin wäre frühestens im Zeitpunkt ihrer Gründung im Dezember 2013 möglich gewesen. Erst im August 2018 sei jedoch eine Aktennotiz verfasst worden, die dem Revisionswerber zufolge einen Mietvertrag ersetze. In Bezug auf diese späte vorbringliche Verschriftlichung des Bestandsverhältnisses mittels Aktennotiz ergäben sich zudem Widersprüche und Ungereimtheiten. So sei nicht nachvollziehbar, warum im Streitzeitraum als Verschriftlichung nur eine späte Aktennotiz fungiert habe, gleichzeitig aber der Abschluss eines schriftlichen Mietvertrages ab Benutzbarkeit des Gebäudes ausdrücklich in Aussicht gestellt worden sei. Im Übrigen sei gemäß § 18 Abs. 5 GmbHG eine schriftliche Urkunde unverzüglich zu errichten, wenn der Alleingesellschafter namens der GmbH mit sich selbst kontrahiere. Weiters sei in der Aktennotiz eine Monatsmiete in der Höhe von 35.000 € festgehalten, welche die S GmbH aber nie bezahlt habe. Schließlich sei nicht nachvollziehbar, dass laut Aktennotiz das Bestandsverhältnis seit 1. Jänner 2013 bestehe, wohingegen die S GmbH erst am 12. Dezember 2013 errichtet worden sei.
7 Zudem sei es nicht nachvollziehbar, warum der Revisionswerber ohne vertragliche Absicherung beider Vertragspartner ein Gebäude mit hohen spezifischen Investitionen errichtet und es neben den zur Beherbergung der Kunden vorbringlich vorgesehenen Wohnungen mit einem großen Gemeinschaftsbereich, Swimming-Pool und Spa Bereich inklusive Sauna, Dampfbad und Massageraum, einem Heimkino und einer eigenen Lounge ausgestattet haben solle. Auch wären Vereinbarungen hinsichtlich der Folgen einer Bauverzögerung in einem fremdüblichen Mietvertrag zu treffen gewesen. Darüber hinaus habe der Revisionswerber zwar behauptet, dass diese Räumlichkeiten zum Zwecke der Förderung der Geschäftstätigkeit der S GmbH errichtet worden seien, damit Kunden „hofiert“ und so zum Geschäftsabschluss motiviert würden. Nachweise dazu, die einen konkreten Umsatz mit Kunden darlegten, habe er jedoch nicht vorgelegt. Dass die Errichtung eines Gebäudes mit solchen luxuriösen Räumlichkeiten einer internationalen Übung für Geschäfte in der Edelstein bzw. Schmuckbranche entspreche, habe der Revisionswerber ebensowenig plausibel machen können.
8 Es sei daher im Streitzeitraum von keinem umsatzsteuerlich relevanten Leistungsaustausch zwischen dem Revisionswerber und der S GmbH auszugehen, weshalb der Abzug der in den Streitjahren iZm der Gebäudeerrichtung geltend gemachten Vorsteuern zu versagen gewesen sei. Auch in einkommensteuerlicher Hinsicht stünden die in den Streitjahren geltend gemachten (vorweggenommenen) Werbungskosten aus Vermietung angesichts eines fehlenden fremdüblichen Mietverhältnisses „nicht im Zusammenhang mit einer Vermietungstätigkeit“.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit folgende Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft:
„Muss eine Renditemiete oder bei Vorliegen eines funktionierenden Mietenmarkts für das gegenständliche Objekt eine Marktmiete, somit eine fremdübliche Miete vom Gesellschafter an seine GmbH verrechnet werden oder ist eine fremdunübliche, aber tatsächlich bezahlte Miete ausreichend für die steuerliche Anerkennung eines diesbezüglichen Mietverhältnisses, was dazu führt, dass der Gesellschafter (vorweggenommene) Werbungskosten und Vorsteuern im Zusammenhang mit diesem Mietverhältnis steuerlich geltend machen kann?
Muss zwischen Gesellschafter und Gesellschaft ein formell korrekter, schriftlicher Mietvertrag abgeschlossen werden, damit das Mietverhältnis steuerlich anzuerkennen ist und der Gesellschafter (vorweggenommene) Werbungskosten und Vorsteuern im Zusammenhang mit diesem Mietverhältnis steuerlich geltend machen kann?“
10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
13Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Auch die Erfüllung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen muss diesen Anforderungen genügen (vgl. VwGH 28.5.2015, 2013/15/0135, mwN).
15 In abgabenrechtlichen Belangen sind an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen einem die GmbH beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer und der Gesellschaft ebenso strenge Maßstäbe anzulegen wie an die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen. Derartige Abmachungen müssen insbesondere von vornherein ausreichend klar sein und einem Fremdvergleich standhalten. Diese in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die steuerliche Anerkennung von Verträgen aufgestellten Kriterien haben ihre Bedeutung im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfenden Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen (vgl. VwGH 16.11.2006, 2005/14/0070 und 0071, mwN).
16 Das BFG ist im angefochtenen Erkenntnis von keiner Vermietungstätigkeit des Revisionswerbers im Streitzeitraum ausgegangen. Es stützte sich dabei auf die Ausführungen des Revisionswerbers sowie die vorgelegten Dokumente. Insbesondere berücksichtigte es, dass trotz hoher und sehr spezifischer Investitionen kein schriftlicher Mietvertrag vorhanden war, die vorgelegte Aktennotiz vom August 2018 Widersprüche zum sonstigen Vorbringen des Revisionswerbers enthielt, eine Regelung wichtiger Modalitäten (Investitionsablösen, Bauverzögerungen) nicht festgestellt werden konnte und dem behaupteten Vermietungsverhältnis sohin kein fremdübliches Verhalten der vorbringlichen Vertragspartner gegenüberstand und der Revisionswerber erst über zehn Jahren nach Erwerb des Grundstückes und weit nach dem Streitzeitraum überhaupt eine Miete von der S GmbH erhalten habe.
17 Damit hängt das Schicksal der Revision aber nicht von den vom Revisionswerber aufgeworfenen Rechtsfragen ab. Weder hat das BFG seine Annahme einer fehlenden tatsächlichen Vermietungstätigkeit allein auf das Fehlen eines schriftlichen Mietvertrages zwischen Gesellschafter und Gesellschaft noch auf die vereinbarte/entrichtete Miethöhe gestützt, sondern vielmehr aus den dargestellten Gesamtumständen in nicht unvertretbarer Weisegeschlossen, dass im Streitzeitraum kein Mietverhältnis (und sohin auch kein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch) vorlag (vgl. VwGH 5.3.2025, Ra 2023/15/0045).
18 In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG liegt allerdings dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 24.4.2025, Ra 2024/15/0060, mwN).
19 Dass diesbezüglich dem BFG bei seiner Beweiswürdigung und der Beurteilung der festgestellten gegen eine Vermietung sprechenden Gesamtumstände ein vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifender Mangel unterlaufen sei, zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.
20 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. Juli 2025