JudikaturVwGH

Ra 2024/14/0678 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. November 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, MA, über die Revision des J S, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast und Mag. Mirsad Musliu, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. September 2024, W222 2298730 1/2E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Indiens, stellte am 15. Juni 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er im Wesentlichen damit begründete, er werde aufgrund seiner Teilnahme an den Bauernprotesten in Neu-Delhi von der Regierung und der Polizei gesucht.

2 Mit Bescheid vom 23. Juli 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer Verhandlung ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht zusammengefasst aus, das Fluchtvorbringen sei vage und widersprüchlich geblieben und es liege keine asylrelevante Verfolgung vor. Es seien keine Umstände hervorgetreten, die eine Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK gewärtigen ließen, und es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit zunächst mit dem Unterbleiben der mündlichen Verhandlung.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob im Sinn des § 21 Abs. 7 erster Satz BFA VG „der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:

10 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. dazu etwa VwGH 17.10.2024, Ra 2024/14/0137, mwN).

11 Fallbezogen verweist der Revisionswerber nur allgemein darauf, dass im Rahmen einer mündlichen Verhandlung hervorgekommen wäre, dass sein Vorbringen schlüssig sei, da er „vermeintliche Widersprüche“ ausräumen hätte können und die „anfängliche Zurückhaltung“ bei seiner Einvernahme vor dem BFA „plausibel belegbar“ gewesen wäre. Dass das Bundesverwaltungsgericht von den oben dargestellten, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien abgewichen wäre, vermag er damit nicht aufzuzeigen.

12 Soweit sich die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen überdies gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes wendet, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 20.9.2024, Ra 2024/14/0183, mwN).

13 Mit seinem pauschalen und nicht auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichtes eingehenden Vorbringen zeigt der Revisionswerber keinen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel der Beweiswürdigung auf.

14 Sofern die Revision abschließend das Fehlen „hinreichender Ermittlungen“ ins Treffen führt, fehlt diesem Vorbringen jegliche Relevanzdarlegung (vgl. zum Erfordernis der Relevanzdarlegung iZm Verfahrensmängeln etwa VwGH 25.10.2024, Ra 2024/14/0413, mwN).

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 29. November 2024

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