Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer sowie die Hofrätinnen Dr.in Sembacher und Mag. Bayer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, MA, in der Revisionssache des H A in W, vertreten durch Mag. Georg Knafl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schubertring 6, dieser vertreten durch Mag. Petra Trauntschnig, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Hegelgasse 13/4/21, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2024, I411 2282990 1/2E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 27. April 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den er damit begründete, Syrien wegen des Krieges verlassen zu haben. Er habe Angst vor der Regierung, dem Islamischer Staat und vor den Kurden.
2 Mit Bescheid vom 13. November 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf die Dauer eines Jahres befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Herkunftsort des Revisionswerbers befinde sich unter kurdischer Kontrolle, weshalb eine Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht drohe, weil dieses keinen Zugriff auf den Revisionswerber habe. Die Herkunftsregion sei ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar. Es liege kein Konventionsgrund vor. Ferner befinde sich der Revisionswerber außerhalb des Altersrahmens für die Rekrutierung durch die Kurden. Laut den Länderberichten würden die Autonomiebehörden die Wehrdienstverweigerung nicht als oppositionelle Gesinnung ansehen.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit zunächst mit einer behaupteten Abweichung des Bundesverwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind zur Beurteilung, ob im Sinn des § 21 Abs. 7 erster Satz BFA VG „der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich:
10 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa VwGH 9.3.2023, Ra 2023/14/0062, mwN).
11 Die Revision zeigt mit ihrem pauschalen Vorbringen weder auf, dass ein hinreichend substantiiertes Vorbringen vorgelegen wäre, das die Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausgelöst hätte. Noch gelingt es ihr, darzustellen, welche für die Versagung der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten maßgeblichen Feststellungen in entscheidungswesentlicher Weise ergänzt oder aktualisiert worden wären und weshalb diese der Erörterung in einer Verhandlung zu unterziehen gewesen wären (vgl. VwGH 3.10.2023, Ra 2023/14/0356, mwN). Der Revision gelingt es daher nicht darzustellen, dass das Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall von den aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht abgewichen wäre.
12 Soweit sich die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen auch gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes wendet, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 29.11.2023, Ra 2023/14/0436, mwN).
13 Entgegen den Behauptungen des Revisionswerbers hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit dessen Vorbringen zu einer Zwangsrekrutierung durch die kurdischen Milizen ausreichend auseinandergesetzt. Unter Zugrundelegung seiner Angaben im behördlichen Verfahren und Berücksichtigung der Länderberichte gelangte es zu dem Ergebnis, dass dem Revisionswerber nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine konkret gegen ihn gerichtete asylrelevante Verfolgung drohe. Dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären, wird in der Revision nicht ansatzweise aufgezeigt.
14 Wenn die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit schließlich Verfahrensmängel dahingehend geltend macht, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit näheren bezeichneten Länderberichten nicht auseinandergesetzt habe, fehlt es den in diesem Zusammenhang vorgebrachten Begründungsmängeln an der erforderlichen Relevanzdarstellung (vgl. zu den Erfordernissen einer Relevanzdarstellung VwGH 22.4.2024, Ra 2024/14/0073, mwN).
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 20. September 2024
Rückverweise