JudikaturVwGH

Ra 2024/06/0081 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
18. Juni 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. der I S, 2. des Ing. J M, 3. der M M, alle in R und 4. des T M, MSc. in W, alle vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, MMag. Maja Ranc und Mag. Matej Zenz, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Karfreitstraße 14/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 17. Juli 2023, KLVwG 1386 1391/14/2022, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Maria Wörth; mitbeteiligte Partei: B GmbH in S, vertreten durch die Fetz Partner Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Hauptplatz 11, weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (Verwaltungsgericht) wurden die Beschwerden unter anderem der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17. Mai 2022, mit welchem der mitbeteiligten Partei gemäß § 17 Kärntner Bauordnung 1996 (K BO 1996) die Baubewilligung zur Errichtung einer aus zwei Baukörpern bestehenden Wohnanlage mit Tiefgarage und Stellplätzen auf näher bezeichneten Grundstücken der KG R. unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.

5 Soweit für den Revisionsfall relevant führte das Verwaltungsgericht zu der von den revisionswerbenden Parteien eingewendeten Nichteinhaltung der höchstzulässigen Geschoßflächenzahl aus, der Amtssachverständige sei in seinem Gutachten nachvollziehbar zu dem Schluss gekommen, dass die Geschoßflächenzahl einen Wert von 0,44 aufweise, weshalb das gegenständliche Bauvorhaben die maximal zulässige Geschoßflächenzahl von 0,5 einhalte. Aus den Bestimmungen des Bebauungsplanes der Gemeinde M. lasse sich die von den revisionswerbenden Parteien vertretene Ansicht, wonach lediglich die als „Bauland“ gewidmeten Flächen in die Berechnung der Geschoßflächenzahl einzubeziehen sei, nicht ableiten. Weiters führte das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung aus, dass das Tiefgaragengeschoß des gegenständlichen Bauvorhabens kein eigenes Geschoß darstelle und somit bei der Berechnung der Geschoßflächenzahl nicht zu berücksichtigen sei.

6 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 28. Februar 2024, E 2714/2023 17, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag der revisionswerbenden Parteien mit Beschluss vom 20. März 2024, E 2714/2023 19, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

7 In der vorliegenden außerordentlichen Revision werden als Revisionspunkte die Verletzung in den Rechten auf „Einhaltung der Geschossflächenzahl auf dem benachbarten Grundstück“, auf „Unterbleiben einer vereinbarungswidrigen Benützung der in ihrem (Mit)Eigentum stehenden Straße ‚Schulweg‘“, auf „auf Unterbleiben einer entschädigungslosen Enteignung“ sowie auf „eine wirksame Beschwerde im Sinne des Art. 13 EMRK“ geltend gemacht.

8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legt der Revisionspunkt den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fest und steckt den Rahmen ab, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Ist der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich. Die Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses, aber auch der Zulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof hat daher im Rahmen des Revisionspunktes zu erfolgen und sich auf das dort geltend gemachte Recht zu beschränken (vgl. VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322, mwN).

9 Bei dem in der Revision genannten Recht auf „Unterbleiben einer vereinbarungswidrigen Benützung der in ihrem (Mit)Eigentum stehenden Straße ‚Schulweg‘“ handelt es sich nicht um ein einem Nachbarn durch die Kärntner Bauordnung 1996 (vgl. § 23 Abs. 3 leg. cit.) eingeräumtes subjektiv öffentliches Recht. Abgesehen davon wird in diesem Zusammenhang bemerkt, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung grundsätzlich die zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen hat (vgl. etwa VwGH 7.3.2024, Ra 2023/06/0039, mwN).

10 Zum weiters geltend gemachten Recht auf „Unterbleiben einer entschädigungslosen Enteignung“ ist auszuführen, dass mit der angefochtenen Entscheidung keine Enteignung verfügt wurde, sodass die revisionswerbenden Parteien schon deshalb nicht in dem genannten Recht verletzt sein können.

11 Zum vorgebrachten Recht auf „eine wirksame Beschwerde im Sinne des Art. 13 EMRK“ wird bemerkt, dass eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte gemäß Art. 144 Abs. 1 B VG die Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof bildet und deren Verletzung zu prüfen der Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 5 B VG nicht berufen ist (vgl. etwa VwGH 7.10.2021, Ra 2021/06/0145, mwN).

12 Somit verbleibt als tauglicher Revisionspunkt das mit dem Vorbringen zur Geschoßflächenzahl relevierte Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über die Ausnutzbarkeit des Baugrundstückes, und die Revisionszulassungsbegründung ist nur insoweit zu prüfen (vgl. wiederum VwGH 15.5.2020, Ra 2019/05/0316 bis 0322, mwN).

13 Dazu bringen die revisionswerbenden Parteien in ihrer Zulässigkeitsbegründung vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „hinsichtlich der Geschossflächenzahl und zum Gemeindeplanungsgesetz“ ab. Dazu werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes „2005/05/0251“ hingewiesen. Zudem weiche das angefochtene Erkenntnis vom klaren Gesetzeswortlaut ab, nämlich von der Definition, wie die Geschossflächenzahl zu berechnen sei, im Sinn „des damaligen § 25 Abs. 4 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes (nunmehr § 47 Abs. 9 des Kärntner Raumordnungsgesetzes)“.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

14 Zunächst ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden habe und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. etwa VwGH 2.4.2024, Ra 2024/06/0045, mwN).

15 Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, in welcher lediglich auf ein mit einer Geschäftszahl näher bezeichnetes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen wird, nicht gerecht, zumal die revisionswerbenden Parteien nicht konkret darlegen, dass der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt der von ihnen angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gleicht und inwiefern das Verwaltungsgericht im Revisionsfall dennoch anders entschieden habe.

16 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung darüber hinaus ein Abgehen des Verwaltungsgerichtes „vom klaren Gesetzeswortlaut“ behauptet wird, lässt sich diesem Vorbringen nicht entnehmen, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. neuerlich VwGH 2.4.2024, Ra 2024/06/0045, mwN).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 18. Juni 2024

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