JudikaturVwGH

Ra 2024/04/0306 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. März 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak, die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des Mag. (FH) T S in W, vertreten durch Dr. Helmut Blum und Mag. a Andrea Blum, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. Februar 2024, Zl. VGW 107/V/092/1956/2024 1, betreffend Verhängung einer Ordnungsstrafe, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

11. Mit dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts wurde über den Revisionswerber gemäß § 17 VwGVG iVm § 34 Abs. 3 AVG wegen beleidigender Schreibweise in seiner Eingabe vom 5. Februar 2024 eine Ordnungsstrafe in der Höhe von € 500, zahlbar binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution, verhängt. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2 In seiner an den erkennenden Richter des Verwaltungsgerichts gerichteten Eingabe vom 5. Februar 2024 habe der Revisionswerber wörtlich Folgendes ausgeführt:

„Allein aufgrund dieser Ihrer sieben massiven Fehler, die in keinster Weise vollständig sind, bin ich berechtigt, Sie als schlampigen, ungenauen, rechtswidrig handelnden, verbrecherischen und korrupten Typen namens K[...] zu bezeichnen, der entweder nicht lesen kann oder meine Vorbringen absichtlich nicht gelesen hat. Beides ist widerwärtig. Ebenfalls sagen kann ich, dass Sie ein verbitterter alter Mann sind, denn jemand anderer schreibt so einen Unfug nicht. Außerdem kann ich berechtigterweise sagen, dass Sie eine Schande für das Verwaltungsgericht Wien sind, eine Schande für die österreichische Justiz sind, dass sie nicht ernst zu nehmen sind und dass sie nicht unparteiisch, nicht unvoreingenommen und nicht unbefangen sind! Wenn Sie glauben, dass dieses E-Mail respektlos ist, dann haben Sie völlig recht. Glauben Sie ernsthaft, dass Sie sich mit Ihrem Fehlurteil Respekt verdient haben? Ich darf nicht sagen, dass Sie ein widerlicher Arsch sind, daher sage ich das nicht, aber ich darf sagen, dass Sie ein amtsmissbrauchender, korrupter Verbrecher namens K[...] sind. Sie und Leute wie Sie sind der Grund, weshalb der internationale Korruptionsindex der Republik Österreich nicht gleich null ist. Sie wurden von einem Trottel zum Richter ernannt, der es nicht gut mit der Republik Österreich gemeint hat! Schämen Sie sich! Leute wie Sie widern mich an! Meine Gegenmaßnahmen aufgrund Ihrer korrupten Handlungen im Fehlurteil werden Sie in den nächsten Wochen und Monaten erhalten.“

3In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, nach dem gemäß § 17 VwGVG auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anzuwendenden § 34 Abs. 3 AVG könnten Ordnungsstrafen bis € 726,00 gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen. Zur Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen einer beleidigenden Schreibweise in schriftlichen Eingaben gemäß § 34 Abs. 3 AVG sei jene Behörde zuständig, die die Angelegenheit, in der die Eingabe eingebracht worden sei, zu erledigen oder sonst in Verhandlung zu nehmen habe. Im vorliegenden Fall habe sich die schriftliche Eingabe vom 5. Februar 2024 unmissverständlich auf das vor dem Verwaltungsgericht über die Beschwerde des Revisionswerbers geführte Verfahren bezogen. Dass dieses zwischenzeitig beendet worden sei, ändere an der Zuständigkeit nichts.

4Der Revisionswerber habe in seiner schriftlichen Eingabe vom 5. Februar 2024 den zuständigen Richter des Verwaltungsgerichts unter anderem als „amtsmissbrauchenden, korrupten Verbrecher“ bezeichnet und sich damit einer beleidigenden Schreibweise bedient. Für die Strafbarkeit nach § 34 Abs. 3 AVG reiche es aus, dass die in der schriftlichen Eingabe verwendete Ausdrucksweise den Mindestanforderungen des Anstands nicht gerecht werde und damit objektiv beleidigenden Charakter habe. Auf das Vorliegen einer Beleidigungsabsicht komme es hingegen nicht an. Zwar hätten Behörden und Verwaltungsgerichte in einer demokratischen Gesellschaft Äußerungen der Kritik, des Unmutes und des Vorwurfs ohne übertriebene Empfindlichkeit hinzunehmen. Eine in einer Eingabe an die Behörde gerichtete Kritik sei aber nur insofern gerechtfertigt, als sich die Kritik auf die Sache beschränke, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht werde und keine Behauptungen enthalte, die einer Beweiswürdigung nicht zugänglich seien. Eine Kritik sei dann „sachbeschränkt“, wenn die Notwendigkeit dieses Vorbringens zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung angenommen werden könne. Die Wortwahl des Revisionswerbers stellegemessen an den genannten Kriterien ein ungeziemendes Verhalten dar, das den Mindestanforderungen des Anstands nicht gerecht werde und objektiv beleidigenden Charakter habe. Bei der Bemessung der konkreten Höhe der Ordnungsstrafe sei zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsgericht den Revisionswerber bereits in seinem Erkenntnis hinsichtlich der in seiner Beschwerde gewählten Ausdrucksweise ermahnt habe, was diesen nicht davon abgehalten habe, sich neuerlich beleidigender Formulierungen zu befleißigen.

5 2. Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision.

6 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revision bringt zur Zulässigkeit die Verletzung des Parteiengehörs des Revisionswerbers vor, weil ihm vor der Erlassung des angefochtenen Beschlusses keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei. Damit wird ein Verfahrensmangel ins Treffen geführt.

10 Die Zulässigkeit der Revision setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs über das Vorbringen eines eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwerfenden Verfahrensmangels hinaus voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel nur dann ausgegangen werden, wenn die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen für die revisionswerbende Partei günstigerenSachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 4.7.2016, Ra 2016/04/0047, mwN). Die Partei hat die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten; im Fall einer unterbliebenen Vernehmung hat sie etwa darzulegen, was die betreffende Person ausgesagt hätte bzw. welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 8.6.2017, Ra 2016/08/0135). Im Zusammenhang mit einer ins Treffen geführten Verletzung des Parteiengehörs erfordert dies, konkret vorzubringen, welchen Verfahrensschritt - etwa Erstattung eines weiteren Tatsachenvorbringens - der Revisionswerber im Falle der Wahrung des Parteiengehörs unternommen hätte, der im Ergebnis zu für ihn günstigeren Tatsachenfeststellungen führen hätte können (vgl. VwGH 28.9.2016, Ra 2016/20/0070).

11Die Revision zeigt jedoch mit ihren diesbezüglichen, bloß rechtlichen und nicht weiter substantiierten Ausführungen, der Revisionswerber hätte im Falle der Gelegenheit zur Stellungnahme seine Zurechnungsunfähigkeit dargelegt, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht auf, weil diesem Vorbringen weder zu entnehmen ist, welche Tatsachenumstände diese Zurechnungsunfähigkeit begründen sollten, noch welche konkreten Verfahrensschritte der Revisionswerber zur Untermauerung dieses Vorbringens im Falle der Einräumung einer Stellungnahme beantragt hätte. Die weiteren Revisionsausführungen vermögen die erforderliche, gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert darzustellende Zulässigkeitsbegründungnicht zu substituieren.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. März 2025