JudikaturVwGH

Ra 2023/20/0375 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Revisionssache des A H, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 6/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Juli 2023, W217 2266374 1/8E, betreffend Abweisung einer Säumnisbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.069,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Der aus Syrien stammende Revisionswerber stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 30. März 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Entscheidung über diesen Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten erlassen hatte, brachte der Revisionswerber eine Säumnisbeschwerde ein, die von der Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

3 Das Bundesverwaltungsgericht forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zwecks Beurteilung der Frage, ob die Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei, auf, diverse Fragen zu beantworten. Eine Abschrift der daraufhin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erstatteten Stellungnahme wurde sodann vom Bundesverwaltungsgericht dem Revisionswerber übersandt und ihm die Gelegenheit eingeräumt, sich dazu zu äußern. Der Revisionswerber machte von dieser Gelegenheit Gebrauch. Er legte auch diverse Schriftstücke als Beweismittel vor und beantragte die Aufnahme von weiteren Beweisen im Rahmen einer vom Bundesverwaltungsgericht durchzuführenden Verhandlung.

4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde ohne Durchführung einer Verhandlung gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 VG nicht zulässig sei.

5 Dagegen richtet sich die gegenständliche Revision, die am 1. August 2023 beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde. Das Verwaltungsgericht legte in der Folge die Revision samt den Verfahrensakten dem Verwaltungsgerichtshof vor, der mit prozessleitender Anordnung vom 12. September 2023 das Vorverfahren einleitete.

6 In der Folge teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in einer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Mitteilung vom 17. Oktober 2023 mit, dass die Behörde mit Bescheid vom 5. Oktober 2023, der dem Revisionswerber am 11. Oktober 2023 zugestellt worden sei, über den von ihm gestellten Antrag entschieden, ihm den Status des Asylberechtigten zuerkannt sowie festgestellt habe, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

7 Über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof teilte der Revisionswerber mit, dass aufgrund der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erfolgten Erlassung des Bescheides sein Rechtsschutzinteresse weggefallen sei. Er begehre aber weiterhin den Ersatz der ihm bisher im Revisionsverfahren erwachsenen Aufwendungen.

8 Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist die Revision, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach Anhörung des Revisionswerbers mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

9 Unter einer „Klaglosstellung“ im Sinn dieser Norm ist nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung eingetreten ist. § 33 Abs. 1 VwGG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht nur auf die Fälle dieser formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt danach insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hat und somit materiell klaglos gestellt worden ist (vgl. VwGH 30.6.2023, Ra 2023/20/0223, mwN).

10 Die Revision war sohin als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

11 Fällt bei einer Revision oder einem Fristsetzungsantrag das Rechtsschutzinteresse nachträglich weg, so ist dies gemäß § 58 Abs. 2 VwGG bei der Entscheidung über die Kosten nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

12 Zu der danach vorzunehmenden Beurteilung des (hypothetischen) Erfolges der Revision wird in Hinblick auf eine gleichgelagerte Konstellation auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juni 2023, Ra 2023/20/0166, und auf die dort dargelegten Erwägungen zur Kostenentscheidung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen. Dem Revisionswerber war sohin der Ersatz der Aufwendungen gemäß § 58 Abs. 2 VwGG unter Berücksichtigung der §§ 47 ff, insbesondere des § 55 VwGG das rechtliche Interesse infolge materieller Klaglosstellung ist nach Einbringung der Revision und Einleitung des Vorverfahrens, aber noch innerhalb der gemäß § 36 Abs. 1 VwGG gesetzten Frist weggefallen in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014 zuzuerkennen (vgl. dazu erneut VwGH Ra 2023/20/0223).

Wien, am 14. Dezember 2023

Rückverweise