Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des S A in W, vertreten durch Dr. Jörg Bohmann, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ditscheinergasse 3/12A, dieser vertreten durch Mag. Karlheinz Amann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20/8 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juni 2023, W283 2255885 1/19E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 7. Oktober 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid vom 10. Mai 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte jedoch dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung mit der Gültigkeit für ein Jahr.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an ihn gerichteten Beschwerde mit dem Beschluss vom 27. November 2023, E 2260/2023 11, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, ihm drohe in seinem Heimatland keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention, grob fehlerhaft erfolgt sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe das konkrete Vorbringen des Revisionswerbers, dass er in Syrien als Reservist einberufen worden sei und er im Falle einer Rückkehr Gefahr laufe, vom syrischen Regime verfolgt zu werden, ignoriert. Das Bundesverwaltungsgericht habe es unterlassen zu prüfen, ob er seine Herkunftsregion erreichen könne, ohne dass ihm am Weg dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung im Sinn des § 3 AsylG 2005 drohe.
9 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. VwGH 23.5.2023, Ra 2023/20/0110, mwN).
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes die Gewährung von Asyl rechtfertigen (vgl. VwGH 13.6.2023, Ra 2023/20/0195, mwN). Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen - wie etwa der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. erneut VwGH 13.6.2023, Ra 2023/20/0195, mwN).
11 Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. VwGH 26.7.2022, Ra 2022/20/0023, mwN).
12 Im gegenständlichen Fall zeigt die Revision nicht auf, dass der Revisionswerber in Bezug auf die ihm drohende Einziehung zum Wehrdienst im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder im Beschwerdeverfahren ein entsprechend begründetes Vorbringen erstattet hätte, das einen kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund im oben beschriebenen Sinn erkennen ließe. Damit ist aber dem auf der Prämisse des bloß behaupteten Vorliegens eines Verfolgungsgrundes des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK aufbauenden Revisionsvorbringen zur Erreichbarkeit der Herkunftsregion des Revisionswerbers der Boden entzogen (vgl. etwa VwGH 12.12.2023, Ra 2022/19/0281; VwGH 11.12.2023, Ra 2023/19/0142; VwGH 31.10.2023, Ro 2023/19/0002; idS auch VwGH 20.12.2023, Ra 2023/20/0415, mwN).
13 Soweit der Revisionswerber weiters vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe sich einerseits nicht mit näher genannten Länderberichten auseinandergesetzt und andererseits veraltete Berichte herangezogen, macht er einen Verfahrensmangel geltend.
14 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 13.6.2023, Ra 2023/20/0237, mwN).
15 Mit dem gänzlich unsubstantiiert gebliebenen Vorbringen in der Revision das die Darstellung jener Tatsachen, die sich aus den nicht konkretisierten aktuellen Länderberichten hätten ergeben sollen, vermissen lässt wird nicht aufgezeigt, dass das angefochtene Erkenntnis mit einem für den Verfahrensausgang relevanten Verfahrensmangel behaftet wäre.
16 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 22. Februar 2024